Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
Kassel, 2. Mai 2011 - Zum Tod des angeblichen Al-Kaida-Führers Osama bin
Laden erklärte der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag in
einer ersten Stellungnahme:
Wir können in den Triumphgesängen von US-Präsident Obama, Kanzlerin
Merkel und NATO-Generalsekretär Rasmussen nicht einstimmen. Alle drei
feiern heute den Tod Osama bin Ladens als “Erfolg für alle Menschen”
(US-Botschafter Murphy), als “Erfolg für die Sicherheit der
NATO-Alliierten” in Afghanistan (Rasmussen) und als “Erfolg für die
Kräfte des Friedens” (Angela Merkel). Wenn die Tötung eines Menschen,
wie groß auch seine Verbrechen sein mögen, von westlichen
Politiker/innen mit “Erleichterung” aufgenommen und gefeiert wird,
begeben sie sich auf das Niveau derjenigen Terroristen, denen ein
Menschenleben nichts wert ist.
Aus vier Gründen wollen wir dem Jubel ausdrücklich widersprechen:
1) Wegen des Attentats vom 11. September 2001, dessen Urheberschaft
Osama bin Laden zugeschrieben wird, wurde ein nun schon fast zehn Jahre
dauernder Krieg in Afghanistan angezettelt. Diesem Krieg ist eine
Vielfaches von Menschen zum Opfer gefallen, als damals beim Anschlag auf
das World Trade Center ums Leben kamen. Der von US-Präsident Bush
angeordnete Rachefeldzug ist in seiner Wirkung monströser ausgefallen
als das Terrorattentat.
2) Von mehr “Sicherheit”, wie Merkel fabuliert, kann doch keine Rede
sein - weder in Afghanistan noch in Pakistan. Und auch in anderen
Ländern haben sich Terrororganisationen während des 10-jährigen “Krieges
gegen den Terror” weiter verbreitet und zahlreiche Regionen
destabilisiert. Ein Ende dieser Entwicklung ist mit der Ausschaltung
einer terroristischen Führungsperson nicht zu erwarten.
3) Der Tod eines Top-Terroristen ist nie eine gute Lösung. Gerade wenn
man an Aufklärung über terroristische Netzwerke und Aktivitäten
interessiert ist, wäre ein lebender bin Laden wertvoller als ein toter.
4) 2011 bestand das wesentliche Ziel des Afghanistan-Krieges die
Gefangennahme bin Ladens (siehe dazu auch die UN-Resolution 1273 vom 28.
September 2001). Nun, nach seinem Tod, ist ein Hauptgrund für den Krieg
entfallen. Zeit also, ihn sofort zu beenden! Leider ist davon in keiner
Regierungs-Stellungnahme die Rede.
Der “Friedensratschlag” betont zum wiederholten Mal: Terrorismus ist mit
Krieg nicht zu bekämpfen. Terrorismus ist eine besondere Form von
Schwerkriminalität, die mit rechtsstaatlichen Mitteln zu beantworten ist.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)