Oliver Marc Hartwich, Gastautor / 12.08.2007 / 21:36 / 0 / Seite ausdrucken

Sub-Prime-Krise und Raumplanung

Nur eine kurze Anmerkung zur gegenwärtigen Börsenkrise: Die Kommentatoren scheinen sich ja hinsichtlich der Ursachen einig zu sein. Die Rating-Agenturen hätten versagt, amerikanische Banken viel zu großzügig Hypotheken gewärt, die staatliche Finanzaufsicht geschlafen.

Das mag ja auch alles zutreffen, aber trotzdem greift es doch etwas zu kurz. Der Hauptgrund, warum sich viele amerikanische Haushalte, die Wohneigentum erwerben wollten, bis “Oberkante Unterlippe” verschuldet haben, liegt in den sehr hohen amerikanischen Immobilienpreisen. Wo Hauspreise in astronomische Höhen gestiegen sind, bleibt vielen Normalverdienern eben kaum etwas anderes übrig, als sich bis zum Anschlag zu verschulden, um überhaupt noch eine Chance auf dem Wohnungsmarkt zu haben. Und genau dies sind die Hypotheken, deren Platzen den jüngsten Börsenkrach mittelbar ausgelöst haben.

Somit sollte sich die Frage nach der Ursache der hohen Immobilienpreise in den USA stellen, und hier wird es abermals sehr spannend. Denn hohe Hauspreise sind in den USA kein national einheitliches, sondern ein regional sehr differenziertes Phänomen. Während etwa in Los Angeles-Orange County das durchschnittliche Haus das 11,4-fache des örtlichen Durchschnittseinkommens kostet, ist es in Indianapolis nicht einmal das Dreifache. Woher kommen also diese Unterschiede? Was hat in Teilen der USA zu exorbitant hohen Hauspreisen geführt, während in anderen Teilen Wohneigentum nach wie vor erschwinglich geblieben ist?

Wendell Cox und Hugh Pavletich haben es untersucht, und das Ergebnis ihrer “Demographia”-Studie ist eindeutig:

“The research has identified a strong link between more restrictive land use regulations and inflated housing markets. ... The more highly regulated markets overwhelmingly exhibit inflated housing prices, while more liberally regulated markets tend to remain more affordable.”

In den Teilen der USA, in denen Stadtplaner die Ausweisung von Bauland begrenzt haben (in den USA laufen solche Programme unter der Überschrift “smart growth”), sind die Hauspreise in den letzten 10 Jahren drastisch gestiegen. Dort, wo dies nicht der Fall war, sind sie hingegen stabil geblieben.

Könnte es also sein, dass die amerikanische Raumplanung zum Teil für den gegenwärtigen Crash an den internationalen Finanzmärkten verantwortlich ist? Ohne künstliche Angebotsverknappung auf dem Markt für Bauland keine erhöhten Landpreise. Ohne erhöhte Landpreise keine Hauspreisinflation. Ohne Hauspreisinflation keine übermäßige Hypothekenbelastung von Durchschnittsverdienern. Ohne die übermäßige Hypothekenbelastung keine Sub-Prime-Krise. Ohne Sub-Prime-Krise kein Börsencrash.

Warum weist eigentlich niemand in der Wirtschaftspresse darauf hin? Die Sub-Prime-Krise hat nicht nur etwas mit der Nachfrage nach Wohneigentum und dem Angebot von “cheap credit” zu tun, sondern auch mit dem künstlich verknappten Angebot auf dem Wohnungsmarkt. Eine Kommentierung, die diesen Zusammenhang übersieht, kann die gegenwärtige Krise kaum hinreichend erklären.

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