Wird sie eine Margaret Thatcher oder wird sie eine Angela Merkel? Naja, Theresa May, die neue britische Premierministerin ist in ihrer Wahl, welche der beiden politischen Persönlichkeiten sie annehmen soll, nicht ganz frei. Sie muss ihr Land ja aus der Europäischen Union hinausführen. „Brexit heißt Brexit“, hat sie gesagt.
Musste sie sagen, denn sie steht als ehemalige RemaIn-Politikerin unter dem Generalverdacht, den Mehrheitswillen der Engländer womöglich tückisch zu unterlaufen. Könnte sie auch. Denn die große Mehrheit der Unterhaus-Abgeordneten ist eigentlich gegen einen Austritt aus der EU. Eigentlich. Aber jetzt müssen in Westminster lauter scharfe Überzeugungskurven genommen werden. Man kann sich ja daheim nicht vollends unglaubwürdig und in Europa vollends lächerlich machen. Also muss die Premierministerin mutig vorangehen und zeigen, was eine scharfe Kurve ist.
Was bedeutet das für ihre Persönlichkeitswahl? Ganz einfach: Margaret Thatcher geht nicht. „I want my money back!“ ginge nur, wenn England in der EU bliebe. Nein, Theresa May muss das Gegenteil tun und nach ruhiger, ermüdender und hoffentlich zielführender Merkel-Art versuchen, eine für beide Seiten vernünftige Regelung künftiger Zusammenarbeit zu finden. England als eine Art Insel-Norwegen oder als eine alpenlose Schweiz. Nur wenn sie das schafft, kann sie hoffen, nicht auf einem Rumpf-England sitzen zu bleiben. Denn in Schottland steht Nicola Sturgeon bereit zu einem neuen Austrittsreferendum.
Ein Triumph der Frauen über die Laschheit der Männer
Nicola Sturgeon? Natürlich, die dritte Frau in diesem europäischen Ringelreihen. Angela Merkel, Theresa May, Nicola Sturgeon: Über einen akuten Frauenmangel kann man in der aktuellen Politik nicht klagen. Demnächst kommt wohl noch jenseits des Atlantiks eine weitere hinzu. Bei allem Chaos mendelt sich dieser Tage doch ein großer Triumph der Frauen heraus. Wohl auch als Antwort auf eine um sich greifende Laschheit (Flasche leer) der Männer.
Angela Merkel hat sich seinerzeit als einzige getraut, das Ende der Kohl-Kanzlerschaft einzuläuten. Margaret Thatcher hat sich „als einziger Mann“ (so Volkes Stimme) getraut, den Vorsitz der Tories zu ergreifen und die Gewerkschaften in die Knie zu zwingen. Nicola Sturgeon hat zweifellos den Mumm, bei Bedarf ein zweites Mal für Schottlands Unabhängigkeit zu kämpfen. Und Hillary Clinton? Sie profitiert weniger von männlicher Feigheit als vom absurden Machismo ihres Gegners. Aber auch so geht’s.
Werden die Damen es besser machen als die Herren? Die übliche und wahrscheinlich korrekte Antwort auf diese Frage lautet: Viel schlechter können sie es kaum machen. Margaret Thatcher hat seinerzeit ihr Durchsetzungsvermögen mehrmals bewiesen. Sie hat, als wollte sie ein zweiter Churchill werden, sogar einen Krieg geführt, wenn auch nicht um die große Insel England sondern um die hauptsächlich von Schafen bewohnten Falkland-Inseln. Aber Krieg ist Krieg. Angela Merkel hat der Welt bewiesen, dass Helmut Kohls Rekord des erfolgreichen Aussitzens durchaus überboten werden kann.
Theresa May hält bereits einen Rekord auf dem Schleudersitz
Theresa May kann bereits eine ähnliche Leistung vorweisen: Sie hat sich fast sechs Jahre (ein Rekord) auf dem Schleudersitz des Londoner Innenministeriums gehalten, ehe sie Premierministerin wurde. Und dann hat sie schlauerweise den großen Brexit-Löwen Boris Johnson, nachdem er sich als Brexit-Maus entpuppte, zu ihrem Außenminister(-Kätzchen?) gemacht. Und Hillary Clinton, wenn sie es denn wird? Sie hat schon so viele wichtige politische Positionen bekleidet, dass von ihr zumindest keine Überraschungen zu erwarten sind, weder positive noch negative. Das ist in diesen Zeiten keine schlechte Empfehlung.
Und was sagen die Frauen über die neue Frauenherrschaft? Natürlich Unterschiedliches. Es gibt ja sogar Frauen, die Donald Trump wählen. Und viele, die Hillary Clinton nicht ausstehen können. Meine Vermutung: Die jungen Frauen nehmen die neue Frauenherrschaft gelassen, fast als eine Selbstverständlichkeit. Und die älteren Damen der Gattung Emanze werden noch lange nicht ganz zufrieden sein. Schließlich regiert in Frankreich immer noch eine Art Mann. Im Hintergrund lauert dort zwar auch eine Frau. Aber nicht alle Frauen sind die besseren Menschen.