Politik und Physik fangen beide mit P an, sie sind aber noch nicht das gleiche. Obwohl man es mit allen Mitteln versucht, konnte die Politik die physikalischen Gesetze noch nicht ganz außer Kraft setzen. Das zeigte sich in den kalten Tagen sehr schön an der so genannten Elektromobilität, die von der Bundesregierung in den nächsten Jahren mit einer runden Milliarde subventioniert werden soll. Der Strom für die Elektroautos kommt bekanntlich aus der Steckdose, das ist wunderbar so. Weniger wunderbar ist, wie er in die Steckdose kommt.
Damit Deutschland nicht im Dunkeln stand, musste die so genannte Notreserve in Anspruch genommen werden, also Uralt-Kohlekraftwerke und sogar ein österreichisches Ölkraftwerk. Daraus ensteht ein wahrhaft zukunftsfähiges Mobilitäts-Konzept: Ein guter alter Kessel wird mit Heizöl erhitzt und der entstehende Dampf treibt eine Turbine an. Die erzeugt Strom, und der wird dann von Österreich nach Deutschland geschickt. Dort endet er nach einer langen und verlustreichen Reise in einer Steckdose. Mit Hilfe dieser Steckdose wird dann eine Batterie geladen, die ein Elektroauto antreibt. Es ist keine Übertreibung dies als fossile Energie-Vernichtungskette zu beschreiben. Wenn der Autofahrer das Heizöl (ist im Grunde das gleiche wie Diesel), gleich in seinen Tank kippen würde, käme er mit dem Liter Kraftstoff um ein vielfaches weiter. Und er würde obendrein weniger CO2 emittieren.
Bis zum Jahr 2020 sollen nach dem Willen der Bundesregierung über eine Million Elektroautos auf Deutschlands Strassen unterwegs sein. Das wird eine sehr unterhaltsame Zukunft, besonders bei Kälte. Das Magazin „Stern“ testete in den vergangenen Tiefkühltagen zwei neue Elektromobile und kam mit dem Besten sagenhafte 39 Kilometer weit. Kein Wunder, - und angesichts der Ökobilanz ein Glück - dass in Deutschland bislang nur 4300 Elektromobile einen Käufer fanden. Privatkunden kann man dabei mit der Lupe suchen, die meisten Zulassungen gehen auf das Konto der Elektroauto-Händler oder von zum Gutauto politisch verdammten Behörden und Institutionen. Im entfernten China steht das Elektroauto indes schon wieder in Frage, seit Regierungschef Wen Jiabao Zweifel an der Sinnhaftigkeit der dortigen Subventionen angemeldet hat. Chinesische Kader haben mit der Physik offenbar weniger Probleme als deutsche Weltretter.
Erschienen in DIE WELT vom 17.2.2012