Martina Binnig, Gastautorin / 30.03.2024 / 12:00 / Foto: Tomaschoff / 14 / Seite ausdrucken

EU-Aufruf zum Umgang mit Klimakrisen

Die EU veröffentlichte eine Mitteilung, in der sie Anweisungen zur Bewältigung von „Klimakrisen“ erteilt, die nach ihrer Ansicht die Mutter aller Krisen sind und eine große Problematik für die menschliche Gesundheit darstellen.

Während der Widerstand gegenüber der immer haltloseren Klima-Ideologie der EU-Institutionen spürbar wächst, hält die EU-Kommission unverdrossen an ihrem Klimakrisen-Narrativ fest. In einer harmlos als „Mitteilung“ bezeichneten Veröffentlichung vom 12. März legt sie dar, wie die EU-Mitgliedstaaten die „wachsenden Klimarisiken besser antizipieren, verstehen und bekämpfen“ sollen und ruft „zum Handeln auf allen Ebenen“ auf. Nur einen Tag später leitete sie dann übrigens gegen Deutschland, das sich bekanntlich gerne als Klima-Musterknabe geriert, ein EU-Vertragsverletzungsverfahren ein: wegen Nicht-Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. 

Doch zunächst zur „Mitteilung“, die es in sich hat: Sie wirkt einerseits geradezu wie ein Glaubensbekenntnis, enthält aber andererseits auch gleichermaßen dezidierte wie umfassende Anweisungen für die EU-Mitgliedstaaten zur Bewältigung von „Klimakrisen“ und zum „Schutz der Menschen und des Wohlstands“. In der Einleitung betont die EU-Kommission: „Der Umgang mit Unsicherheiten wirkt sich auf die Entscheidungen aus, die heute in der Gesellschaft, aber auch in Unternehmen oder auf Regierungsebene getroffen werden. Aktuelle Herausforderungen wie Kriege und geopolitische Unsicherheiten, die steigenden Lebenshaltungskosten, demographische Veränderungen, Umweltzerstörung, gesundheitliche Notlagen, soziale Ungleichheiten, politische Polarisierung und Desinformation sowie schnell voranschreitende technologische Entwicklungen und Migration erfordern dringendes Handeln. Politische Entscheidungsträger müssen ein Gleichgewicht zwischen der Aufmerksamkeit, die einem Thema zuteil wird, und den zur Verfügung stehenden Ressourcen finden. Da die Klimakrise eng mit der ebenfalls weltweit verbreiteten Problematik der Umweltverschmutzung und dem Verlust an biologischer Vielfalt verflochten ist und zahlreiche weitere Risiken verschärft, stellt sie die wohl gravierendste aller aktuellen Bedrohungen dar.“

Mit anderen Worten: Die Klimakrise ist nach Auffassung der EU-Kommission die Mutter aller derzeitigen Krisen. Besonders in Europa. Denn Europa erhitze sich doppelt so schnell wie der Rest der Welt und müsse daher lernen, „mit einem 3 Grad wärmeren Klima und den infolge dessen exponentiell häufiger auftretenden Hitzewellen und anderen Wetterextremen zu leben“. 2023 sei das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen gewesen: Die sogenannte Cerberus-Hitzewelle habe 2023 in vielen Ländern neue Temperaturrekorde geknackt. Schon im Sommer 2022 sei es zu Hitzewellen gekommen, und 60.000 bis 70.000 Europäer seien an dieser Rekordhitze gestorben. Dass diese Behauptungen keineswegs wissenschaftlich belegt sind, sondern im Gegenteil die Messergebnisse beispielsweise durch den Wärmeinseleffekt verzerrt werden, wird verschwiegen. Zudem – so die EU-Kommission weiter – hätten die Europäische Zentralbank und der Europäische Ausschuss für Systemrisiken anerkannt, dass Klimarisiken auch die Finanzstabilität in vielerlei Hinsicht beeinträchtigen könnten. Der Klimawandel könne „Risikokaskaden“ auslösen und die Umweltzerstörung sowie die bestehenden Ursachen von Konflikten, Vertreibung und Migration verschärfen. In den letzten zehn Jahren seien jedoch erhebliche Investitionen aus dem EU-Haushalt in die Anpassung an den Klimawandel und in den Klimaschutz getätigt worden. Für den Zeitraum von 2021 bis 2027 seien insgesamt Investitionen in Höhe von rund 118 Milliarden Euro vorgesehen.

Bewältigung von Klimarisiken

Dabei stellt die EU-Kommission allerdings soziale Ungleichheiten fest: „Aufgrund einer Vielzahl sozioökonomischer Faktoren wie Einkommen, Geschlecht, Alter, Behinderung, Gesundheit und sozialer Ausgrenzung sind Klimarisiken vor allen Dingen für die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen (insbesondere Migranten, ethnische Minderheiten und indigene Völker) spürbar.“ Zwar gestehen die Autoren der EU-Mitteilung durchaus ein, dass das Klimasystem komplex ist und Vorhersagen daher mit Unsicherheiten behaftet sind, doch Unsicherheit sei „kein berechtigter Grund für Untätigkeit“. Nach dem Vorsorgeprinzip seien Entscheidungsträger dazu verpflichtet, „einen präventiven, proaktiven Ansatz verfolgen, um eine verantwortungsvolle Führung unserer Gesellschaft zu gewährleisten“. Daher fordert die EU-Kommission die Mitgliedstaaten dringend dazu auf, „die einschlägigen Empfehlungen der Kommission zu berücksichtigen“.

Dazu müssten die Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften weiter verbessert und kohärenter gestaltet werden. So enthalten beispielsweise das Europäische Klimagesetz, die Verordnung über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, die Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren (die u.a. bei Ereignissen gilt, „die eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite gemäß den Internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation darstellen können“), der überarbeitete EU-Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung, die Verordnung über die Wiederherstellung der Natur, die Vogelschutzrichtlinie, die Hochwasserrichtlinie, die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und der Beschluss über das Katastrophenschutzverfahren der Union sämtlich auch Bestimmungen im Zusammenhang mit der Bewältigung von Klimarisiken.

Von großer Bedeutung seien zudem die Erfassung von hochwertigen und leicht verständlichen Klimadaten sowie entsprechende Klimamodelle, die für eine fundierte Entscheidungsfindung bei der langfristigen Planung bis hin zu Frühwarnsystemen unerlässlich seien. Die Kommission und die Europäische Umweltagentur (EUA) wollen daher für den Zugang zu wichtigen Daten, Anwendungen, Indikatoren und Diensten sorgen, insbesondere über die Europäische Plattform für Klimaanpassung und die einschlägigen Datenplattformen des Copernicus-Dienstes, nämlich das Copernicus Data Space Ecosystem 20 und WEkEO. Hierbei handelt es sich vor allem um Satellitendaten. Außerdem spielen sogenannte digitale Zwillinge, also hochgenaue digitalen Modelle der Erde, eine Rolle: Die ersten beiden digitalen Zwillinge im Rahmen der Initiative „Destination Earth“ (DestinE) – für Anpassung an den Klimawandel und für Wetterextreme – sollen ab Mitte 2024 über mehrere Jahrzehnte hinweg detaillierte Simulationen von Klimaszenarien auf globaler, nationaler und subnationaler Ebene liefern. Der digitale Zwilling des Ozeans soll dazu beitragen, Prozesse wie den Anstieg des Meeresspiegels, die Eisschmelze oder die Küstenerosion besser zu verstehen. Und im Rahmen von „Horizont Europa“, dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, soll weiterhin eine Forschung unterstützt werden, die darauf abzielt, „große Reihen nahtloser, jahrzehnteumspannender Klimasimulationen mit hoher Auflösung durchzuführen, um lokale Risiken und Unsicherheiten besser zu beschreiben“.

Bekämpfung von Desinformationen und finanzielle Anreize

Wie zuverlässig – oder eben gerade nicht – Modellierungen sind, kann man etwa an den Vorhersagen des Weltklimarats (IPCC) erkennen, die regelmäßig falsch liegen. Dennoch verwendet die EU-Kommission das mittlere Emissionsszenario des Weltklimarats als niedrigstes akzeptables Basis-Klimaszenario. Von den Mitgliedstaaten wie auch von „privaten Interessenträgern“ wird erwartet, dass sie ebenso verfahren. Die EU-Kommission hebt hervor, dass es grob fahrlässig wäre, „künftige klimapolitische Maßnahmen in erster Linie auf extrapolierte historische Daten zu gründen“. Historische Daten könnten das Klimakrisen-Narrativ der EU-Kommission in der Tat nur stören. Denn wie lässt sich etwa die mittelalterliche Wärmeperiode zwischen 800 und 1300 nach Christus erklären, in der zum Beispiel Alpengletscher zum Teil kürzer waren als heute? Erst während der Kleinen Eiszeit (etwa 1450 bis 1850) kühlte sich das Klima wieder ab, und zwar auf das kälteste Temperaturniveau der gesamten letzten zehntausend Jahre. Der Weltklimarat setzt jedoch in seinen Szenarien als Bezugspunkt für „vorindustriell“ genau hier an, also zu Beginn der Industrialisierung, und klammert die vorhergehenden Wärmephasen der Erdgeschichte aus. Dadurch ergibt sich der Eindruck eines ausschließlich oder zumindest in erster Linie „menschengemachten“ Klimawandels, den es nun mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Die EU-Kommission schließt sich dem Dogma des menschengemachten Klimawandels jedoch vorbehaltlos an und will sogar „die Entwicklung von Schulungsmaterial und offenen Online-Kursen zum Thema Klimaresilienz“ über eine zentrale Online-Plattform unterstützen, zum Teil auch über die bereits bestehende Europäische Plattform für Klimaanpassung.

Außerdem will die EU-Kommission Desinformationen zum Thema Klima bekämpfen. Wörtlich heißt es in der Mitteilung: „Die Kommission wird zu den Bemühungen beitragen, die Verbreitung von Desinformation im öffentlichen Raum und ihren Einfluss auf Meinung und Verhalten zu beobachten und zu analysieren. Sie wird den Einsatz einschlägiger politischer Instrumente, digitaler Lösungen und Kommunikationskonzepte zur Bekämpfung von Desinformation auf dem Gebiet der Klimapolitik verbessern. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass die Einhaltung des Gesetzes über digitale Dienste auch im Hinblick auf Desinformation ordnungsgemäß gewährleistet und dass die Klimawissenschaft bei der Einhaltung des Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation durch Social-Media-Unternehmen angemessen berücksichtigt wird.“ Die EU-Kommission spielt sich also als oberster Internetzensor auf, indem sie definiert, was als „Desinformation“ gilt und im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz: DSA) von den großen Online-Plattformen wie Google, Twitter/X oder Facebook gelöscht werden muss.

Auch über finanzielle Anreize will die EU-Kommission ihre Agenda durchdrücken und fordert: „Um Klimarisiken wirksam steuern zu können, sollten die öffentlichen Ausgaben, einschließlich sozialer Investitionen, auf EU- und nationaler Ebene sowie Anreize für private Investitionen so gestaltet werden, dass die Vermeidung klimabedingter Störungen und Schäden die wirtschaftlich beste Wahl darstellt. Die Einhaltung der Vorschriften über staatliche Beihilfen muss sichergestellt werden.“ Dazu zählt etwa die Einbeziehung der „Klimaresilienz“ in die Vergabe öffentlicher Aufträge, und auch private Investitionen sollen künftig leichter mobilisiert werden können. Die EU-Kommission will sogar eine „befristete Reflexionsgruppe zur Mobilisierung von Finanzmitteln für Klimaresilienz“ einberufen, die „wichtige Akteure der Industrie und Vertreter öffentlicher und privater Finanzinstitute“ zusammenbringen soll und sich auf „das Wissen der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung im Bereich der Finanzierung von Anpassungs- und Resilienzmaßnahmen“ stützen kann.

Klimabedingte Gesundheitsgefahren

In der Mitteilung der Kommission wird zudem auf die erste europäische Klimarisikobewertung (European climate risk assessment, kurz: EUCRA) eingegangen: ein Bericht der Europäischen Umweltagentur, der am 11. März veröffentlicht wurde. In einer 40 Seiten umfassenden Zusammenfassung des vollständig 425 Seiten zählenden Berichts wird besonders betont, wie katastrophal der Klimawandel sich auf die menschliche Gesundheit auswirke. Und es wird darauf beharrt, dass allein in Europa zwischen 60.000 und 70.000 vorzeitige Todesfälle auf die Hitzewelle 2022 zurückzuführen seien. Durch kontinuierliche Erwärmung und extreme Wetterereignisse könne der Klimawandel zur Ausbreitung nicht übertragbarer Krankheiten, die für etwa zwei Drittel aller Todesfälle in der europäischen Region verantwortlich sind, beitragen oder diese verschlimmern. Außerdem habe die Klimakrise schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Es fällt auf, dass Kältetote gar nicht erwähnt werden. Insgesamt werden 36 Klimarisiken und fünf große Bereiche in dem Bericht benannt, in denen der Klimawandel eine existenzielle Bedrohung darstelle: Ökosysteme, Ernährung, Gesundheit, Infrastruktur sowie Wirtschaft und Finanzen. Hitze stelle das größte und dringendste Klimarisiko für die menschliche Gesundheit dar.

Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (European Agency for Safety and Health at Work, kurz: EU-OSHA) stärke daher ihre „Vorausschau“ in Bezug auf den Themenkomplex Klima und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und werde 2025 ein Projekt zur Stärkung der „Klimaresilienz am Arbeitsplatz“ auf den Weg bringen. Außerdem soll das Europäische Klima- und Gesundheitsobservatorium ausgebaut werden, das dazu beiträgt, „lokale und nationale Gesundheitssysteme auf den Klimawandel vorzubereiten, zusätzliche Kapazitäten aufzubauen, Überwachungs- und Frühwarnsysteme zu stärken, das Personal im Gesundheitswesen auszubilden und aufzuklären und evidenzbasierte Anpassungslösungen und Gesundheitsmaßnahmen zu fördern“. Dafür soll etwa der Überwachungs- und Reaktionsmechanismen für klimabedingte Gesundheitsgefahren durch die Umsetzung der Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren gestärkt werden sowie das Frühwarn- und Reaktionssystem mit anderen Warnsystemen (z.B. für Klima- und Wetterwarnungen) verknüpft werden, um „ein gemeinsames Management von Gesundheitsrisiken“ zu erleichtern. Auch die neue EU-Gesundheits-Taskforce soll die Reaktionen der EU auf schwerwiegende Gesundheitsgefahren, einschließlich klimabezogener Ereignisse, unterstützen. 2025 soll der Galileo-Satellitendienst für Notfallwarnungen (Emergency Warning Satellite Service, kurz: EWSS) verfügbar gemacht werden, um Menschen, Unternehmen und Behörden Warnmeldungen zu übermitteln, selbst wenn „terrestrische Warnsysteme“ ausgefallen sind.

Im Rahmen von Horizont Europa und EU4Health unterstützt die EU-Kommission ausdrücklich auch die Entwicklung von Impfstoffen gegen neu auftretende oder vernachlässigte Infektionskrankheiten. Ebenso werde die „zukunftssichere Gestaltung der Lebensmittelerzeugung in der EU“ für die Kommission vorrangig sein. Durch die Gemeinsame Agrarpolitik sollen die Klimaresilienz verbessert und Risikomanagementinstrumente breiter genutzt werden, und die Kommission werde in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Überwachung der Bodengesundheit verstärken. Sie werde ferner eine Studie über die Anpassung in der Landwirtschaft durchführen, die bis Ende 2025 abgeschlossen sein soll. Auch um die Themenbereich Gebäude und Verkehr will sich die EU-Kommission kümmern, beispielsweise im Rahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzes (Trans-European Networks, kurz: TEN). Investitionen in klimaresiliente Gebäude, Verkehrs- und Energienetze könnten „erhebliche Geschäftsmöglichkeiten schaffen und der europäischen Wirtschaft insgesamt zugutekommen, indem Arbeitsplätze für hoch qualifizierte Fachkräfte entstehen, sowie für erschwingliche saubere Energie sorgen“. Konservativen Annahmen zufolge könnten die zunehmenden Klimaauswirkungen nämlich bis zum Ende des Jahrhunderts zu einem Rückgang des BIP der EU um etwa 7 Prozent führen.

„Globale Governance im Bereich One Health“

Auch im auf den 12. März datierten Bericht der Kommission zu „Prävention und Management von Katastrophenrisiken in Europa“ wird auf das „unerwartet rasche Einsetzen des Klimawandels“ verwiesen: „Die Landschaft des Katastrophenrisikomanagements hat sich verändert. In den letzten Jahren kam es weltweit zu Rekordtemperaturen und zu vielen verheerenden Katastrophenereignissen. Der europäische Kontinent und seine Nachbarschaft wurden von katastrophalen Hitzewellen, Waldbränden, Dürren und Überschwemmungen getroffen. Angesichts des unerwartet raschen Einsetzens des Klimawandels werden extreme Wetterereignisse und Bedrohungen für das Leben und die Existenzgrundlagen der Menschen in Zukunft höchstwahrscheinlich noch zunehmen.“

Die „Berücksichtigung der Klimafestigkeit“ soll jedoch nicht nur zentrales Anliegen bei allen EU-Ausgabenentscheidungen sein, sondern auch die Europäische Zentralbank (EZB) schlägt in dieselbe Kerbe. Bereits am 30. Januar teilte sie mit, dass ihr für die Jahre 2024 und 2025 drei Schwerpunktbereiche als Wegweiser dienen sollen: die Auswirkungen und Risiken des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft, insbesondere welche Übergangskosten damit verbunden sind und welcher Investitionsbedarf hier besteht; die zunehmenden physischen Auswirkungen des Klimawandels und wie sich die Maßnahmen zur Anpassung an eine Welt mit heißerem Klima auf die Wirtschaft auswirken; die Risiken aufgrund der Umweltzerstörung – in welcher Beziehung sie zu Klimarisiken stehen und wie sie die Arbeit der EZB durch ihre Folgen für Wirtschaft und Finanzsystem beeinflussen könnten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird zitiert mit der Aussage: „Das heißere Klima und die Zerstörung natürlicher Ressourcen zwingen unsere Wirtschaft und unser Finanzsystem zur Anpassung. Wir müssen diese Anpassung verstehen und mit ihr Schritt halten, damit wir unser Mandat auch weiterhin erfüllen. Wenn wir unsere Bemühungen ausweiten und intensivieren, können wir die Tragweite dieser Anpassung besser nachvollziehen und somit zur Förderung der Stabilität und des grünen Wandels in der Wirtschaft und im Finanzsystem beitragen.“

Zusammengenommen klingen die Ausführungen der EU-Kommission und der EZB bestens aufeinander abgestimmt – und auch danach, dass sie unter massivem Druck vor allem durch die Digital- und die Pharmabranche stehen. Die Verknüpfung der Themenbereiche Gesundheit und Daten mit der „Klimaresilienz“ findet sich dazu auch schon im One-Health-Aktionsplan, den die WHO im Oktober 2022 zusammen mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) sowie der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) vorgestellt hat. Diese vier Institutionen fordern darin ausdrücklich eine führende Rolle bei einer „globalen Governance im Bereich One Health“ für sich ein, also bei der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften. Zudem hat die WHO, die den Klimawandel als größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit einstuft, 2022 eine Allianz für transformative Maßnahmen zu Klima und Gesundheit (Alliance for Transformative Action on Climate and Health, kurz: ATACH) gegründet, in der sie die kollektive Macht der WHO-Mitgliedstaaten und anderer Akteure nutzen will, um die Integration des Zusammenhangs von Klimawandel und Gesundheit in die jeweiligen nationalen, regionalen und globalen Maßnahmen umzusetzen. Auch beim Weltgesundheitsgipfel in Berlin im Oktober vergangenen Jahres, der von Impfkonzernen und Stiftungen wie der Bill & Melinda Gates Foundation und dem Wellcome Trust gesponsert wurde (wir berichteten), wurde das Thema „Green Health” behandelt.

Vertragsverletzungsverfahren

Und das neue Pandemieabkommen sowie die überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften, die in wenigen Monaten verabschiedet werden sollen, würden tatsächlich die entscheidenden rechtlichen Grundlagen für den One-Health-Ansatz schaffen, sodass die WHO im Fall eines „Notstandes“, der auch eine Klimakrise sein könnte, einen immensen politischen Einfluss gewinnen würde (wir berichteten zum Beispiel hierhier und hier). Das Robert Koch-Institut (RKI) tutet in seinem „Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit“ ebenfalls ins Horn vom Klimawandel als größter gesundheitlicher Herausforderung für die Menschheit. Und auf der Website der Vereinten Nationen ist gar zu lesen, dass die Treibhausgaskonzentrationen derzeit so hoch seien wie seit 2 Millionen Jahren nicht mehr. Außerdem erwarten die UN, dass der Klimawandel jährlich etwa 250.000 zusätzliche Todesfälle durch Unterernährung, Malaria, Durchfall und Hitzestress verursachen wird.

In Anbetracht dieser geballten Front von UN, WHO, EU, EZB, RKI, Stiftungen & Co, die sicher nicht nur aus reiner Menschenfreundlichkeit die Themen Klimakrise und Gesundheit miteinander verbinden, klingt die Nachricht von dem EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Nicht-Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie geradezu nach einer Lappalie. Ist sie auch. Doch gleichzeitig fügt sie sich ins Gesamtbild der schwinden Kompetenzen von Nationalstaaten angesichts demokratisch fragwürdiger supranationaler Bündnisse ein. Zum Hintergrund: Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie bildet den Rechtsrahmen für den Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien in den Bereichen Stromerzeugung, Heizung, Kühlung und Verkehr in der EU. Sie hätte bis zum 30. Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die EU-Kommission hatte Deutschland bereits im Juli 2021 und im Mai 2022 gerügt, weil Deutschland die Richtlinie noch nicht umgesetzt hatte. Doch das hat es bis zum heutigen Tag nicht. Deutschland muss nun innerhalb von zwei Monaten Maßnahmen ergreifen.

Darüber hinaus leitete die Kommission übrigens noch drei weitere Verfahren gegen Deutschland ein, die den Schutz von Vögeln und deren Lebensräume, die Lärmaktionspläne für Hauptverkehrsstraßen sowie den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten betreffen. Zu der Vogelschutzrichtlinie, die dem Schutz von 500 wild lebenden Vogelarten in der EU dient, wird in der Pressemitteilung der Kommission angemerkt: „Deutschland hat für fünf Vogelarten keine Ausweisung der geeignetsten Gebiete als besondere Schutzgebiete vorgenommen und damit kein ausreichend kohärentes Netz solcher Gebiete geschaffen. Darüber hinaus wurden noch keine Erhaltungsmaßnahmen für 220 von 742 bestehenden Schutzgebieten festgelegt. Deutschland hat ferner das Schutzgebiet „Unterer Niederrhein“, in dem die Zahl der geschützten Vogelarten erheblich zurückgegangen ist, nicht ausreichend geschützt. Nach Ansicht der Kommission reichen die von Deutschland innerhalb und außerhalb des Netzes der Schutzgebiete ergriffenen Maßnahmen bislang nicht aus, um die Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen. Das hat zu einem deutlichen Rückgang der Populationen geschützter Vogelarten geführt.“ Auch hier muss Deutschland nun binnen zweier Monate reagieren.

Tod durch Lärm

Zu den Lärmaktionsplänen für Hauptverkehrsstraßen führt die Kommission aus: „Lärm ist – nach der Luftverschmutzung – die zweithäufigste Ursache für vorzeitige Todesfälle. Deshalb hat sich die Kommission das Ziel gesetzt, den Anteil der durch Verkehrslärm chronisch beeinträchtigten Menschen bis 2030 um 30 Prozent (im Vergleich zu 2017) zu senken. Die Richtlinie über Umgebungslärm soll die menschliche Gesundheit schützen, indem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die Lärmbelastung zu bewerten, damit die Behörden sowie die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen verbindlicher Aktionspläne die besten Lösungen auswählen können.“ Zwar habe Deutschland die erforderlichen Aktionspläne für Ballungsräume, Eisenbahnstrecken und Flughäfen erstellt, es fehlten jedoch nach wie vor viele Aktionspläne für die etwa 16.000 Hauptverkehrsstraßen außerhalb von Ballungsräumen. Die Kommission richtete daher ein ergänzendes Aufforderungsschreiben an Deutschland, das nun wiederum zwei Monate Zeit hat, um die vorgebrachten Mängel zu beheben.

Und Deutschlands Problem mit dem Europäischen Haftbefehl resultiert aus der Tatsache, dass es in der Bundesrepublik keine hinreichende Gewähr für die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften gegenüber der Exekutive gibt, wie der Europäische Gerichtshof urteilte. Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass die deutschen Staatsanwaltschaften der Gefahr ausgesetzt seien, im Rahmen der Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls Anordnungen seitens der Exekutive, etwa eines Justizministers, unterworfen zu werden und daher nicht unter den Begriff „ausstellende Justizbehörde“ im Sinne des Rahmenbeschlusses fallen. Die mit der Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls betraute Behörde müsse jedoch bei der Ausübung ihrer Aufgaben unabhängig handeln können. Dass deutsche Staatsanwaltschaften nicht weisungsunabhängig agieren können, stellt im Grunde einen Skandal dar, und es ist nicht abzusehen, dass sich daran in nächster Zeit etwas ändern wird.

Insgesamt hält die EU-Kommission ihre Mitgliedstaaten also auf Dauertrab, indem sie versucht, ihren Green Deal, durch den Europa 2050 klimaneutral sein soll, in allen Bereichen durchzudrücken, während sie gleichzeitig selbst Getriebene ist, die die Agenda 2030 der Vereinten Nationen umsetzen und dabei eben auch einer WHO parieren muss, die wiederum durch Konzerninteressen unter Druck steht. Da kann man mit Karl Valentin nur sagen: „Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist.“

 

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

Foto: Tomaschoff

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Leserpost

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Wilfried Cremer / 30.03.2024

hi, die Abwelt aus dem Ehebruch schließt auf zur Unwelt aus der Zwangsehe.

Thomas Kurt / 30.03.2024

@Dr. Joachim Lucas: Die Erkenntnisse des Testlaufes PLANdemie sind ausgewertet. Das lange geplante Hauptprogramm kann hochgefahren werden.

Gerhard Schweickhardt / 30.03.2024

Als Laie würde ich die Diagnose stellen, Anmaßung von Allmacht. Mit bekannten Methoden sind, eine Gefahr, die keine ist, so oft wie möglich zu widerholen. Die menschengemachte Reduktion von ca 50% CO2 im Lockdown hatte absolut keine Wirkung gezeigt. Und der tote Gaul wird weiter geritten. Die NASA berichtet von einer Abkühlung von -0,16 Grad in 10 Jahren trotz 6% mehr CO2 in der Atmosphäre. In der aktuellen Warmzeit geht es der Menschheit sehr viel besser als von 150 Jahren., Eine Klimaneutralität hat keinen wirtschaftlichen Nutzen nur Schaden. Der Namensraum Klima+(X) wird beliebig erweitert und die zugehörigen Posten auch. Der Grüne Schleim hat sich im System eingeschlichen und verfestigt. Mal sehen was dann das Ergebnis der Europawahlen wird ob es einen Kärcher gibt.

Ingo Schöler / 30.03.2024

Immer wieder bewundernswert wie Sie sich durch diese Berge von Unrat arbeiten können. Mir ist schon schlecht von den Überschriften. Es gehören mindestens 2/3 der EU Beamten entlassen damit diese Flut von Nonsens aufhört.

W. Renner / 30.03.2024

Der Lärm der Green Dealer ist inzwischen unerträglich und schadet dem menschlichen Wohlbefinden inzwischen mehr als alles andere. Wo ist die Staatsanwaltschaft, welche diese Dealer vor Gericht und in den Kerker bringt?

Thomas Müller / 30.03.2024

Hört sich immer so toll an, die mit ihren ganzen “Modellen”. Problem ist nur für jeden, der sich damit auskennt, dass die meisten Vorgänge nicht ansatzweise modellierbar sind, da chaotische, nichtlineare Differentialgleichungssysteme! Man kann seit über 100 Jahren nicht einmal berechnen, wie Zigarettenrauch sich beim Ausatmen zeitlich verteilt! Da es sinnlos ist, hier weiter in die Tiefe zu gehen, verweise ich Interessierte auf den Wikipedia-Eintrag der Navier-Stokes-Gleichungen. Nichts, absolut nichts können diese verdammten Computermodelle, außer Unwissenden Sand in die Augen zu streuen!!

L. Luhmann / 30.03.2024

“EU-Aufruf zum Umgang mit Klimakrisen” - Ich hatte Uschis Hilferuf vernommen und daraufhin “Allklimawettertaft - Concrete Forte Heat Resistant” entwickelt. Albert, Uschi und die Lagarde haben mir jeweils eine Kiste gekühlten “Comirnaty Appellation d’Origine non Contrôlée” zukommen lassen!—- “Die Klimakrise ist nach Auffassung der EU-Kommission die Mutter aller derzeitigen Krisen. Besonders in Europa.” - Dass die Klimakrise absolut nichts mit dem Wetter zu tun hat, sollte klar sein. Jedenfalls hat die WEF-UNO-EU-Kommission an dieser Stelle tatsächlich mal nicht gelogen, denn die “Klimakrise” wird wohl die größte Wohlstandsvernichtung und der größte Geldumverteilungscoup werden, den die Welt je erlebt hat. Dafür werden unsere prospektiven Sklavenhalter schon Sorge tragen.

Peter Holschke / 30.03.2024

Gibt’s dafür eine Diagnose? Irrsein? Institutioneller Wahn? Tollwut? Nur so oder so ähnlich kann das Problem benannt werden.

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