EU-Berichte: Klima-Alarm bei drohendem Untergang der Wirtschaft

Der alarmistische Klimabericht der EU ist ein Musterbeispiel für als Wissenschaft verkleidete Politik. Der gleichzeitig erschienene Bericht zur ökonomischen Lage macht hingegen wirklich Angst. Die Deindustrialisierung Deutschlands schreitet voran.

Die EU-Kommission hat zwei aktuelle Berichte veröffentlicht, die auf den ersten Blick thematisch in keinem Zusammenhang zueinander zu stehen scheinen. Doch auf den zweiten Blick offenbaren sich durchaus Querverbindungen. Die Rede ist vom Europäischen Klimabericht auf der einen und vom Bericht zur makroökonomischen Lage auf der anderen Seite.

Am 22. April, dem sogenannten „Earth Day“, gab der Copernicus-Dienst der EU gemeinsam mit der Weltorganisation der Vereinten Nationen für Meteorologie (WMO) den jährlichen europäischen Klimasachstandsbericht (European State of the Climate 2023, kurz: ESOTC 2023) heraus. Copernicus ist der europäische Erdbeobachtungsdienst, der 1998 gemeinsam von der Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gegründet wurde.

Das „Auge der EU auf die Erde“ verfügt für seine Erdbeobachtungen über eine eigene Satellitenflotte sowie lokale Messsysteme am Boden, im Meer und in der Luft. Einen Tag später, am 23. April, legte die EU-Kommission dann ihre „Berichte zu makroökonomischen Ungleichgewichten“ vor – darunter auch einen Bericht über Deutschland, der in Hinblick auf die wirtschaftliche Situation des Landes nicht unbedingt optimistisch stimmt.

Copernicus ist keine unabhängige Einrichtung

Doch zurück zu Copernicus. Auf ihrer Website gibt die Institution freimütig zu: „Die Hauptnutzer der Copernicus-Dienste sind politische Entscheidungsträger und Behörden, die Informationen benötigen, um Umweltgesetze und -politiken zu entwickeln oder wichtige Entscheidungen im Krisenfall, wie beispielsweise bei einer Naturkatastrophe oder einer humanitären Krise, zu treffen.“ Das heißt: Copernicus ist keine unabhängige und nach wissenschaftlichen Standards arbeitende Einrichtung, sondern agiert weisungsgebunden, wobei die Europäische Kommission das Programm gemeinsam mit den Mitgliedstaaten beaufsichtigt und koordiniert.

Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz hat Deutschland dabei die „Führungsrolle“ übernommen. Für die Jahre 2021 bis 2027 wird Copernicus mit EU-Geldern in Höhe 5,42 Milliarden Euro finanziert. So ist es kaum verwunderlich, dass die von Copernicus veröffentlichten Daten in geradezu idealer Weise der Politikgestaltung der EU-Kommission entsprechen: Schließlich ist es die erklärte Aufgabe des Dienstes, der Kommission zuzuarbeiten.

Allerdings soll in der Öffentlichkeit ein anderer Eindruck entstehen und Copernicus als seriöses wissenschaftliches Programm wahrgenommen werden. Als Copernicus schon im vergangenen Jahr mit der Nachricht aufschreckte, dass der Juli 2023 der „heißeste je gemessene Monat“ gewesen sei, griffen etwa ZDF und Tagesschau diese Horrormeldung nur allzu bereitwillig auf. Im November 2023 legte Copernicus dann noch einmal nach und behauptete, dass der Oktober 2023 der wärmste Oktober seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen sei. Nicht nur das: Der Copernicus Climate Change Service – nomen est omen – verstieg sich sogar zu der Aussage, dass die Durchschnittstemperatur höher als in jedem anderen Oktober der vergangenen 125.000 Jahren gelegen habe.

Wenig belastbare Aussagen, Warmzeit ausgeblendet

Wie wenig belastbar diese sich einen wissenschaftlich fundierten Anschein gebenden Verlautbarungen sind, ergibt sich schon allein aus dem Mangel an Daten und der Methode der Modellierungen. So werden etwa per Algorithmen Temperaturen für Regionen ergänzt, in denen es keinerlei konkrete Messungen gibt (WELT und achgut berichteten). Außerdem ist als Vergleichsraum, der mit „vorindustriell“ bezeichnet wird, lediglich die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gemeint; frühere Wärmephasen wie etwa die mittelalterliche Warmzeit werden schlichtweg ausgeblendet. Dennoch reicht eine derart fragwürdige und dünne Datenlage der EU aus, um ihre Green Deal-Agenda – also Klimaneutralität bis 2050 – zu begründen und Anweisungen zur Bewältigung von „Klimakrisen“ zu erteilen.

Der Copernicus-Klimasachstandsbericht für 2023 zeige – so verkündet die EU-Kommission in ihrer Pressemitteilung unbeirrt – „anhand wissenschaftlicher Daten“ nun die „anhaltend alarmierende Entwicklung steigender Temperaturen und weiterer Auswirkungen des Klimawandels in ganz Europa“. 2023 habe Europa das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt, und Europa sei überhaupt der Kontinent, der sich am schnellsten erwärme. Es sei von 55.000 bis 72.000 Todesfällen aufgrund von Hitzewellen im Sommer 2022 auszugehen. Deswegen müsse Europa bis 2050 klimaneutral werden und die Energiewende weiter beschleunigen.

Copernicus fungiert also offen als Daten-Serviceleister, um die Klimapolitik der EU „wissenschaftlich“ zu verkaufen. So ist dem Bericht auch zu entnehmen, dass 2023 der Anteil der erneuerbaren Energien an der tatsächlichen Stromerzeugung in Europa 43 Prozent betrug – verglichen mit 36 Prozent im Jahr 2022. Kältebedingte Todesfälle sind übrigens nicht erfasst. Manche Grafiken, wie etwa diejenige zu Tagen mit vom Durchschnitt abweichenden Schneefällen (Seite 14 der 28-seitigen Zusammenfassung des Berichts), irritieren allerdings: Ihr ist zu entnehmen, dass Schneeflocken offenbar exakt an der Grenze zwischen Frankreich und Deutschland haltgemacht haben. Jedenfalls zeigt die entsprechende Europa-Landkarte, dass sich die gemessenen „Anomalien“ in der Anzahl von Schneetagen auffällig in Deutschland ballen. Oder sollte dieses Ergebnis durch die verwendete Messmethode respektive die Standorte der Messstationen bedingt sein? 

"Vielzahl von globalen Bedrohungen“

Copernicus erfasst aber nicht nur etwa Waldbrände, Dürren, Hochwasser, Stürme und Niederschläge, sondern kümmert sich auch um weitere Themenfelder wie Landwirtschaft, Ernährung und Gesundheit. Zusammen mit der Europäischen Umweltagentur (European Environment Agency, kurz: EEA) betreibt die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission (Joint Research Centre, kurz JRC) beispielsweise den Copernicus-Landüberwachungsdienst (Copernicus Land Monitoring Service – CLMS), durch den u.a. die Landnutzung und der Vegetationszustand erfasst werden kann. Diese Daten spielen wiederum eine Rolle für Gesetzesvorhaben wie etwa das umstrittenen EU-Renaturierungsgesetz, das die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen einschränkt und einen Rückgang der Ernten und der Lebensmittelerzeugung zur Folge hat

Bereits 2015 ist in einer auch in deutscher Sprache erschienenen Copernicus-Imagebroschüre die Rede von „einer Vielzahl von globalen Bedrohungen“ wie „einer sich abzeichnenden Energiekrise“ und „möglicher Nahrungsmittelknappheit“ sowie „immer häufigeren – und schwereren – natürlichen und vom Menschen verursachten Katastrophen“. In Bezug auf die Ausbreitung von „ansteckenden Krankheiten“, die laut Weltgesundheitsbehörde (WHO) durch Umweltfaktoren wie Wasser, Hygiene, Nahrung und Luftqualität verursacht werden können, könne Copernicus dabei helfen, „Gebiete zu identifizieren, die anfällig für das Auftauchen und die Verbreitung von Epidemien“ sind.

Copernicus, so heißt es weiter,  könne zur „Einsatzbereitschaft, Frühwarnung, Überwachung und der schnellen Reaktion bei einem Krankheitsausbruch“ beitragen. Das Verständnis „klimatischer und umweltbezogener Variablen“ sei „unumgänglich, um die mögliche Entwicklung einer Krankheit und ihre nachfolgende Ausbreitung auszuarbeiten“. Als Beispiel wird der Ebola-Ausbruch in Guinea 2014 angeführt: Von dort habe sich die Krankheit durch Fledermäuse, die auf Ölpalmen leben, schnell in andere westafrikanische Länder übertragen. Daher sei es wichtig gewesen, Flächen mit Ölpalmenplantagen zu identifizieren, um mögliche Hochrisikogebiete und auch potenzielle Krankheitsopfer zu lokalisieren.

Copernicus greift den One-Health-Begriff der WHO auf

Damit griff Copernicus  also bereits 2015 den One-Health-Begriff der WHO auf – samt Fledermäusen und Ölpalmen als anschaulichen Zutaten. Zuerst kam der One-Health-Ansatz, der die Gesundheit von Menschen, Tieren und der Umwelt als untrennbar miteinander verbunden betrachtet, 2004 bei einer Konferenz auf, zu der die Naturschutzorganisation Wildlife Conservation Society an die Rockefeller University in New York eingeladen hatte. Im Oktober 2022 machte die WHO dann mit ihrem One-Health-Aktionsplan Nägel mit Köpfen: Zusammen mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) entwarf sie einen Fünfjahresplan bis 2026, der darauf abzielt, Gesundheitsbedrohungen besser vorbeugen, vorhersagen, erkennen und auf sie reagieren zu können.

In diesem Plan bezieht sich die WHO ausdrücklich auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen, die auf die umfassende Transformation zur Klimaneutralität von Wirtschaft und Gesellschaft abzielt (achgut berichtete). Der Plan – so heißt es weiter – sei durch „die dringende Notwendigkeit einer globalen Governance im Bereich One Health motiviert“, bei der sich die WHO in der Führungsrolle sieht. In diesem Zusammenhang sind aktuell auch der geplante internationale Pandemievertrag und die überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften zu sehen, die der WHO tatsächlich immensen politischen Einfluss einräumen würden.

Ein Tummelplatz der globalen Bürokratien

Copernicus könne nun – so steht es in seiner Imagebroschüre – „die Gesundheitsbehörden unterstützen, indem es Umweltphänomene, die eine gesundheitsrelevante Auswirkung haben, überwacht und sachdienliche Informationen zu den angestrebten Maßnahmen liefert.“ Auch die Stadtentwicklung zur Vermeidung von „städtischen Hitzeinseln“ und die Verkehrsplanung sind ein Anliegen von Copernicus. Nicht zuletzt verspricht Copernicus „eine ganze Palette an neuen Geschäftsmodellen“, die durch die von Copernicus zur Verfügung gestellten Daten realisiert werden könnten.

Als Beispiel wird ThermCERT genannt, ein Dienst, der die thermische Effizienz von Gebäuden misst und die Effektivität von Wärmedämmungsmaßnahmen bewertet. Copernicus begleitet sogar die Modeindustrie auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit und versorgt sie mit Daten etwa zum Baumwollanbau. Auch tägliche Informationen über die globale atmosphärische Zusammensetzung (Treibhausgase, reaktive Gase, Ozon und Aerosole) stellt Copernicus bereit. Und während Corona wurden von Copernicus „sozioökonomische Auswirkungen“ mit Hilfe des Rapid Action Coronavirus Earth Observation Dashboards erfasst. Als Schnittstelle zwischen Erdbeobachtung, Umweltinformationen und Gesundheit hat Copernicus noch dazu ein eigenes „Health Hub“ eingerichtet.

Copernicus ist also ein wahres Zaubermittel für die EU-Politikgestaltung. Doch die Behörde ist damit nicht allein. Den Klimabericht 2023 gab sie gemeinsam mit der Weltorganisation der Vereinten Nationen für Meteorologie (World Meteorological Organization, kurz: WMO) heraus, die wiederum zusammen mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) eine der Mutterorganisationen des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz: IPCC) ist, der ebenfalls mit Copernicus zusammenarbeitet und mit alarmistischen, wissenschaftlich fragwürdigen Klimaberichten auffällt, dabei jedoch von der EU-Kommission unterstützt wird.

Wenn nicht die lästige Realität stören würde

Auch die WMO, die wie die WHO eine UN-Organisation ist, verkündet auf ihrer Website, dass Klima und Gesundheit miteinander verknüpft seien und der Klimawandel „schwere und komplexe Auswirkungen“ auf Gesundheit und Wohlbefinden habe. Die WHO ihrerseits ging mit der Rockefeller Foundation eine Partnerschaft ein, um die globale Pandemievorsorge in Zeiten des Klimawandels auszubauen, während die Rockefeller Foundation gleichzeitig eine globale Impfinitiative unterstützt. Im Zuge der Zusammenarbeit von WHO und Rockefeller Foundation werden etwa Projekte des 2021 in Berlin gegründeten internationalen WHO-Zentrums zur Pandemiebekämpfung („Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence“) beschleunigt, die „die globale Zusammenarbeit bei der genomischen Überwachung, der Einführung von Datentools zur Erkennung von Krankheitserregern und der Bewertung von klimabedingten Ausbruchsgefahren“ vorantreiben. Gründungspartner des Hubs waren übrigens das Robert-Koch-Institut und die Charité-Universitätsmedizin Berlin.

So passt alles wunderbar zusammen: Die EU-Kommission setzt ihren Green Deal durch, mit dem sie u.a. der WHO entgegenkommt, die weitgehend von privaten Stiftungen und deren Interessen abhängig ist, während vorgeblich wissenschaftliche Institutionen, die jedoch weisungsgebunden arbeiten und von der EU finanziert werden, der Politikgestaltung der EU wissenschaftliche Legitimation verleihen. Jedenfalls könnte alles wunderbar passen, wenn nicht die lästige Realität dabei stören würde.

Und die platzt beispielsweise in Form des anderen aktuellen Berichts der EU-Kommission dazwischen, nämlich des Berichts zur makroökonomischen Lage (In-Depth Review), der übrigens ausschließlich in englischer Sprache veröffentlicht wurde. Kurz gesagt, ist der Leistungsbilanzüberschuss in Deutschland zwar von 4,2 Prozent des BIP im Jahr 2022 auf 5,9 Prozent im Jahr 2023 angestiegen, doch es wird nicht erwartet, dass er wieder das Niveau von vor Corona (8,2 Prozent des BIP im Jahr 2019) erreicht.

Das reale BIP sank um 0,3 Prozent im Jahr 2023 und lag deutlich unter dem des übrigen Euroraums (+4 Prozent) und der USA (+10 Prozent). Das BIP-Wachstum wird mit 0,3 Prozent im Jahr 2024 und 1,2 Prozent im Jahr 2025 voraussichtlich das niedrigste im Euroraum sein. Die Inlandsnachfrage blieb schwach und wuchs im Vergleich zu 2019 langsamer als in jedem anderen Land des Euroraums.

Eine der stärksten Korrekturen in der EU

Die Automobilproduktion, die für ein Sechstel der Bruttowertschöpfung der Industrie verantwortlich ist, sei mit Störungen und zunehmendem internationalen Wettbewerb konfrontiert: Sie schrumpfte von 4,7 Millionen Einheiten im Jahr 2019 auf 4,1 Millionen im Jahr 2023, mit einem entsprechenden Rückgang der Exporte. Dagegen sei die Beschäftigung im Gesundheitswesen, in der öffentlichen Verwaltung und im Bildungswesen seit Ende 2017 um 1,1 Millionen Arbeitsplätze und seit Ende 2019 um 0,7 Millionen Arbeitsplätze gestiegen.

Die Löhne lagen 2023 in Deutschland fast 7 Prozent unter ihrem realen Wert im Jahr 2019. Der reale private Konsum im Jahr 2023 bewegte sich um 1,6 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2019, und die Sparquote übertraf den Durchschnitt vor der Pandemie (2017 bis 2019) um 0,4 Prozentpunkte. Der Anstieg der Ersparnisse spiegele die Besorgnis der Verbraucher über die allgemeine Wirtschaftslage wider. Es wird erwartet, dass die Reallöhne steigen werden, wenngleich die wirtschaftliche Erholung nur schleppend verlaufen dürfte. Die Gewinnanteile der Unternehmen werden daher voraussichtlich unter ihrem langfristigen Durchschnitt bleiben. 

Die öffentliche Investitionsquote stieg dagegen kontinuierlich von 2,1 Prozent des BIP im Jahr 2014 auf 2,7 Prozent des BIP in den Jahren 2022 und 2023. Damit liegt sie jedoch sowohl unter dem Durchschnitt des Euroraums (3,0 Prozent des BIP im Jahr 2022) als auch unter dem EU-Durchschnitt (3,2 Prozent). Wörtlich heißt es: „Der Investitionsbedarf für den digitalen und grünen Wandel, insbesondere für die erforderlichen Netze und die saubere Energieerzeugung, wird auf mehrere hundert Milliarden geschätzt. Umfragedaten deuten auch darauf hin, dass die abnehmende Qualität der öffentlichen Infrastruktur und die unzureichende Modernisierung der öffentlichen Dienste die Unternehmenstätigkeit behindern.“

Mit dem Urteil des Verfassungsgerichts vom November 2023 sei jedoch die Verwendung von Pandemiekrediten zur Finanzierung der grünen Transformation für nichtig erklärt worden. Daher stünden die 60 Milliarden Euro (1,5 Prozent des BIP), die für zusätzliche Ausgaben für grüne Investitionsprojekte in den Jahren 2024 bis 2027 vorgesehen waren, nicht mehr zur Verfügung. Über die Folgen für die öffentlichen Finanzen in Deutschland werde derzeit diskutiert.

Die deutschen Immobilienpreise haben laut EU-Bericht im vergangenen Jahr eine der stärksten Korrekturen in der EU erfahren. Auch der Wohnungsbau sei zurückgegangen. Konkret wird festgestellt: „Die Hauspreise begannen in Q3-2022 zu fallen, da die hohe Inflation die Realeinkommen verringerte und höhere Zinssätze die Kreditaufnahme verteuerten. Bis Q3-2023, lagen die Hauspreise 10,9 Prozent unter ihrem Höchststand von Q2-2022. Deutschland erlebte damit einen der stärksten Rückgänge der Immobilienpreise in der EU.“ Die Zahl der Wohnungsfertigstellungen habe 2020 mit 306.000 einen Höchststand erreicht, sei danach zurückgegangen und bleibe weiter hinter dem Regierungsziel von 400.000 zurück. Dabei bestehe eine Wohnungslücke, die auf 720.000 geschätzt wird.

Künftig sei mit einem Anstieg der Hauspreise durch das verringerte Wohnungsangebot sowie durch Zuwanderung und Reallohnsteigerungen zu rechnen. Die Preise für Bürogebäude seien in Deutschland seit ihrem Höchststand im Jahr 2022 allerdings deutlich schneller gesunken als im übrigen Euroraum.

Beelzebub gegen Teufel

Positiv wird konstatiert, dass sich die Regierung dazu verpflichtet hat, in „Verteidigung, Infrastruktur und den grünen Wandel zu investieren“. Der Ausbau der Glasfasernetze sei im Zuge einer geänderten Subventionspolitik beschleunigt worden, und im Juni 2023 seien Investitionen in Höhe von 30 Milliarden Euro in Mikroelektronik angekündigt worden. Außerdem bemühe die Regierung sich darum, den Mangel an Arbeitskräften durch qualifizierte Zuwanderung zu lindern. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das im Juni 2023 verabschiedet wurde, werde voraussichtlich die Zuwanderung von Fachkräften in Deutschland erleichtern.

Darüber hinaus seien die Planungs- und Genehmigungsverfahren etwa für Solar- und Windenergie beschleunigt worden, und Mitte 2023 seien drei Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Betrieb genommen worden. Der Bau von Wind- und Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen sei deutlich vereinfacht worden. Schließlich enthalte das Wachstumschancengesetz ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Steuersystems und zum Bürokratieabbau, um klimafreundliche Investitionen sowie Forschung und Entwicklung zu fördern. Weitere Investitionen seien jedoch erforderlich, um die seit langem bestehenden Schwachstellen im Zusammenhang mit dem geringen Produktivitätswachstum sowie die neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem ökologischen und digitalen Wandel und den Rückgang der Binnennachfrage zu bewältigen.

Mit anderen Worten: Die Automobilindustrie wird zwar zerstört, dafür ist es jedoch leichter geworden, Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen zu bauen. Insgesamt richtet der „ökologische und digitale Wandel“ offensichtlich unermesslichen Schaden an, doch als Rezept dagegen wird lediglich zur Optimierung von „klimafreundlichen Investitionen“ geraten. Der desaströse Green Deal soll also durch noch mehr Green Deal geheilt werden. Das heißt nichts anderes, als dass der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden soll und eine umfassende Deindustrialisierung droht.

Ausgerechnet Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung fand gegenüber dem Nachrichtenportal Euractiv nun klare Worte und stellte fest, dass eine teilweise Abwanderung der Industrie wohl unvermeidlich sei. Denn die Umstellung auf „grüne Rohstoffe“ sei in Europa nur durch Subventionen möglich, während die Produktion von Rohstoffen im Ausland billiger sei. Daher sei Europa bei Auslaufen der Subventionen in den 2030er Jahren wahrscheinlichunter dem Druck der Weltmärkte nicht wettbewerbsfähig“. Und Ueckerdt gab zu bedenken: „Wenn man dann Milliarden von Euro ausgegeben hat, kann man entweder die Subventionen beibehalten oder diese Industrien langsam zerfallen lassen“. Mit anderen Worten: Er setzt bewusst auf Deindustrialisierung in Europa. 

Euraktiv sah sich allerdings zu einer Korrektur genötigt und stellte dem Artikel den Hinweis voran: „In einer früheren Version des Artikels wurde der Begriff ‚Deindustrialisierung‘ anstelle von ‚Abwanderung‘ verwendet.“ Natürlich: Abwanderung klingt gleich viel besser als Deindustrialisierung, nämlich nach frischer Luft und Stock und Hut. An der Realität ändert die Umbenennung freilich nichts. Alarmierend ist in Wahrheit nicht der im europäischen Klimabericht erfasste angebliche Hitzerekord, sondern vielmehr die katastrophale ökonomische Bestandsaufnahme für Deutschland im Lagebericht der EU!

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

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Geert Aufderhaydn / 08.05.2024

Was habe ich neulich gelesen - “Fachkräfte, die mit dem Schlauchboot kommen.”  Besser kann man es nicht sagen.

Geert Aufderhaydn / 07.05.2024

Frau Binnig, bin Ihnen sehr dankbar für diese enorme Fleißarbeit, die ganz offensichtlich notwendig war, um die von Interessierten verschwiegenen Zusammenhänge zwischen den scheinbar einzelnen Teilstücken konzertierter Aktionen sichtbar zu machen.  Wieder jemand, der ihnen in die Suppe spuckt!

Wolfgang Richter / 07.05.2024

@ Bernd Neumann - “Dienstleistungs- oder Staatssektors mit seinen zahlreichen akademischen Bullshit-Jobs. Mit denen verdienen sie gut,”—Da gibts aktuell zB “Energieberater”, die aufgrund des habeckschen Heizungs- und Gebäudesanierungsgedönses “öffentliche” Institutionen wie Schulen, Kindergärten, kommunale sonstige Einrichtungen “abklappern” und denen entsprechende “Gutachten” erstellen, selbiges über Steuergeld bezahlt, wie auch der Wust der vorgeschlagenen Maßnahmen zur Gebäude- und energetischen Sanierung. Eine gigantische Steuergeldumverteilung, solange dort noch Geld zu verteilen ist, Lösung auch hier “Sondervermögen ” schaffen? Zukünftige Generationen werden die heutigen noch verfluchten und steinigen wollen.

H. Hoffmeister / 07.05.2024

Frau Binning, danke für die Berichterstattung zum EU-Irrsinn. Eine Clique demokratisch nicht legitimierter Politbürokraten ist dabei ihre Allmachtsphantasie einer “großen Transformation” mittels übelster Propagandamaschinerien wie Copernicus und unter Ersinnung zerstörerischer Programme wie “Green Deal” oder “EU-Taxonomie” den ahnungslosen Bürgern überzuhelfen.

Wolfgang Richter / 07.05.2024

“Der desaströse Green Deal soll also durch noch mehr Green Deal geheilt werden. Das heißt nichts anderes, als dass der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden soll und eine umfassende Deindustrialisierung droht.” - Was eindeutig belegt, daß vom hellen Wahn befallene in “Brüssel” und “Berlin” die “Strippen” ziehen, ausgelöst ua. vom “WEF-Virus” und einem Zirkel von monetär ausgerichteten Raffkes, die durchaus weltweit aktiv sind.

Bernd Neumann / 07.05.2024

Die Deindustrialisierung Deutschlands interessiert oder bekümmert weder die Wähler der Union, noch der SPD, oder der FDP und schon gar nicht der Grünen. Nicht, daß sie, ausgenommen die Grünen, eine Deindustrialisierung des Landes bewußt wollten, Aber sie glauben, es betrifft sie nicht. Denn kaum einer der Wähler dieser vier Kartellparteien arbeitet wirklich noch im industriellen Sektor, nur ein kleine Minderheit überhaupt außerhalb des Dienstleistungs- oder Staatssektors mit seinen zahlreichen akademischen Bullshit-Jobs. Mit denen verdienen sie gut, für den Rest sorgen die Erbschaften, denen Boomer und perspektivisch die staatstragende Generation X oder ihre Nachfolger entgegensehen. Und warum sollten sie, so werden sie antworten, sich vor einer Deindustrialisierung fürchten?? In den 1970er und 80er Jahren wurde die deutschen Stahl- und Montanindustrie nach Fernost verlagert - hat es sie betroffen? Nein, Stahl kommt nun eben aus Indien und China und an der Ruhr ist der Himmel wieder blau, ist doch toll, oder nicht? Die paar arbeitslosen Türken, ein Rassist der dabei böses denkt. In den 1980er und 90ern wurde die deutsche Radio- IT/Telekommunikations- und Haushaltsgeräteindustrie zerstört und nach Polen, Rumänien oder Fernost verlagert. Na und? Mediamarkt, ich bin doch nicht blöd! Haben nur noch Waren aus China, und doch, wir fahren weiter jedes Jahr nach Malle! Was wollt Ihr denn, ist doch toll, das Smartphone für nur 1 € bei 1&1! Dann folgte allmählich die Auto- und Pharmaindustrie, und so viele andere. Wen kümmerts? KEINEN. Die entlassenen Arbeiter werden mit Frührente oder Fake-Umschulungen ruhiggestellt, die Unterschicht bezieht Bürgergeld, die Kartellparteiwähler Pensionen oder ihren Konsum auf Staatsschulden. Und alle sind glücklich und wählen CDU, SPD, Grüne und FDP. Am 6. Juni werdet Ihr es erleben.

Fred Burig / 07.05.2024

Die, die die Wahrheit vermutlich kennen, haben nichts zu bestimmen - und die, die etwas zu bestimmen haben, leugnen die Wahrheit aus Eigennutz! So bleibt scheinbar jeder in seiner Ecke! Aber die Wahrheit drängt ans Licht - schon immer! Nur, aus “schon immer”, lässt sich eben keine konkrete Zeitangabe ableiten .... MfG

H. Nietzsche / 07.05.2024

Es brummt einem der Kopf, wenn man sich anschaut, welch gigantisches Netzwerk um den Begriff “Klima ” herum besteht, in dem weltweit Millionen von Menschen ein einträgliches Auskommen finden.  Aber anstatt innovativ an der Effizienz bestehender Verfahren zu arbeiten, wird, flankiert von der Hof-Wissenschaft, wertvolles materielles und ideelles Potential in haltungsgerechter Technik und politisch “korrekten” Lösungen vergeudet.  Vor allem hierzulande.  Und in Potsdam bejubelt man die De-Industrialisierung des Landes in wissenschaftlicher Verbrämung.

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