Martina Binnig, Gastautorin / 09.04.2024 / 06:00 / Foto: Twitter / 41 / Seite ausdrucken

Die aktuellen Skandale der Ursula von der Leyen

Die europäische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen von der Leyen wegen Korruption, Einmischung in öffentliche Ämter und Interessenkonflikte bei den Impfstoffdeals.

Während die EU-Kommission eine Erfolgsbilanz veröffentlicht, mehren sich die Vorwürfe gegen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. So ermittelt die europäische Staatsanwaltschaft (European Public Prosecutor's Office, kurz: EPPO) aktuell gegen von der Leyen wegen Korruption, Einmischung in öffentliche Ämter und Interessenkonflikte bei den Impfstoffdeals. Zwar sind auf der Webseite der EPPO noch keine näheren Details zu finden, doch offenbar kommt Bewegung in die Untersuchungen zum Pharma-Skandal von der Leyens (wir berichteten ausführlich hier). Aber auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft wegen der Ernennung des CDU-Politikers Markus Pieper zum Mittelstandsbeauftragten der Kommission Ende Januar steht im Raum: Die vier EU-Kommissare Josep Borrell, Thierry Breton, Nicolas Schmit und  Paolo Gentiloni wiesen in einem gemeinsamen Brief, der auf den 27. März datiert ist und dem Nachrichtenmagazin Politico vorliegt, auf „Fragen zur Transparenz und Unparteilichkeit des Nominierungsprozesses“ hin, die geklärt werden müssten. Hintergrund ist, dass zwei Kandidatinnen – eine Tschechin (Martina Dlabajová) und eine Schwedin (Anna Stellinger) – nach Angaben eines EU-Beamten die letzte Phase des Einstellungsverfahrens für den neu geschaffenen Posten mit besseren Ergebnissen als Pieper erreicht hatten. Bislang wurde noch kein Datum festgelegt, an dem Pieper das Amt des Beauftragten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) antreten wird. Sein Gehalt soll bei etwa 18.400 Euro pro Monat liegen.

Am 5. April folgte ein weiterer Brief, der u.a. von den Nichtregierungsorganisationen Transparency International EU, Transparency International Germany und Abgeordnetenwatch.de unterzeichnet ist und in dem gefordert wird, die Ernennung Piepers zurückzunehmen, um ein transparentes, objektives Einstellungsverfahren durchzuführen. Außerdem solle eine Untersuchung wegen des möglichen Verstoßes gegen den Verhaltenskodex für die Mitglieder der Europäischen Kommission eingeleitet werden. Konkret wird moniert, dass Pieper gegenüber zwei Frauen aus unterrepräsentierten Mitgliedstaaten begünstigt worden sei, die zudem beide in den Einstellungsprüfungen besser abgeschnitten hätten. Das würde ein der Tat eklatant der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter widersprechen. Darüber hinaus wird ein potenzieller Interessenkonflikt angemahnt, da sowohl die politische Ausrichtung als auch die Staatsangehörigkeit Piepers nahe legten, dass die Kommissionspräsidentin ihren politischen Verbündeten bei der Vergabe des hochdotierten Postens bevorzugt habe. Zuvor schon hatten einige Abgeordnete des EU-Parlaments eine parlamentarische Anfrage an die Kommission gerichtet, in der sie Erklärungen zu Piepers Ernennung forderten und sich über den möglichen Einfluss von der Leyens in diesem Prozess besorgt zeigten.

Die EU-Kommission sieht jedoch keinerlei Anlass zur Selbstkritik. Im Gegenteil: Anfang März veröffentlichte sie eine 56 Seiten umfassende Broschüre mit dem Titel „Unser Versprechen an Europa einhalten: Die Bilanz der Kommission von der Leyen“. Sie endet mit dem Satz: „Wir haben versprochen, mutig und ambitioniert zu sein. Wir haben Kurs gehalten und geliefert.“ Insgesamt biegt sich die Kommission von der Leyen ihre Amtszeit wunderschön zurecht: „Seit Beginn des Mandats hat diese Kommission Tag für Tag daran gearbeitet, Europa geeinter und stärker zu machen. In der EU haben wir gemeinsam beispiellose Krisen überstanden. Auf der Weltbühne hat unser Team-Europa-Ansatz es der EU ermöglicht, strategischer, selbstbewusster und geeinter aufzutreten. In dieses Mandat fiel die Geburtsstunde einer echten geopolitischen Union – einer Union, die die Ukraine unterstützt, der Aggression Russlands standhält, die regelbasierte Ordnung fördert und in Partnerschaften investiert.“

Positives Selbstbild stimmt nicht mehr mit der öffentlichen Wahrnehmung überein

Auch in der entsprechenden Pressemitteilung heißt es euphemistisch:

„Die Europäische Kommission hat einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse veröffentlicht, die das Kollegium der Kommissare seit ihrem Amtsantritt am 1. Dezember 2019 erzielt hat. Die Veröffentlichung zeigt, wie die Kommission bei den sechs Prioritäten, die sie zu Beginn ihrer Amtszeit festgelegt hat, Kurs gehalten und gleichzeitig Lösungen für einige der größten Herausforderungen gefunden hat, vor denen Europa je stand. Von der Bekämpfung einer globalen Pandemie bis zum Umgang mit extremen Wetterereignissen im Zuge des Klimawandels, von der Reaktion auf Russlands brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine bis zur Bewältigung der schlimmsten Energiekrise seit Jahrzehnten: Der Überblick zeigt, wie diese Kommission trotz des Drucks mehrerer Krisen die Ärmel hochgekrempelt hat und die Herausforderungen frontal angegangen ist. Sie hat auf die Sorgen der Europäerinnen und Europäer reagiert und es geschafft, entscheidende Herausforderungen anzugehen, mit denen künftige Generationen von Europäern konfrontiert sind. Auf der Weltbühne hat diese Kommission dazu beigetragen, dass die EU stärker und mutiger geworden ist und sich den aktuellen geopolitischen Herausforderungen stellt.“ 

Dieses positive Selbstbild stimmt allerdings längst nicht mehr mit der öffentlichen Wahrnehmung überein. So rät sogar der Europäische Rat für Auswärtige Beziehungen (European Council on Foreign Relations, kurz: ECFR), ein einflussreicher paneuropäischer Thinktank, auf der Grundlage von Daten aus einer Meinungsumfrage davon ab, die EU-Erfolgbilanz im Wahlkampf zu nutzen: Zu groß klaffe die Lücke zwischen der Selbstwahrnehmung der Kommission, erfolgreich zu sein, und der Wahrnehmung eines Großteils der europäischen Öffentlichkeit. Besonders deutlich wird diese Diskrepanz beim Thema Corona. Die „Bewältigung der Pandemie“ klingt in der Beschreibung der EU-Kommission so:

„Als die Welt von der schlimmsten Pandemie unserer Generation heimgesucht wurde, hat die Kommission Verantwortung übernommen, um Menschenleben, Lebensgrundlagen und unsere Wirtschaft zu schützen. Wir haben die Forschung unterstützt und in Rekordzeit lebensrettende Impfstoffe bereitgestellt. Wir haben dafür gesorgt, dass alle Europäerinnen und Europäer gleichzeitig Zugang zu Impfstoffen erhielten, egal in welchem Mitgliedstaat sie lebten. Wir haben im Namen der Mitgliedstaaten bis zu 4,6 Milliarden Impfdosen gesichert, um unsere Bevölkerung zu schützen, aber auch, um die Impfstoffe mit Partnerländern zu teilen.

Mehr als 80 % der Erwachsenen in der EU haben mindestens die erste Impfung erhalten. Als die Impfung den Ländern eine vorsichtige Wiederöffnung ihrer Grenzen erlaubte, haben wir praktische Tools für sicheres Reisen entwickelt. Wir haben ein digitales COVID-Zertifikat eingeführt, das von 78 Ländern und Gebieten genutzt wurde. Inzwischen ist es ein Modell für ein globales System geworden, das Mobilität erleichtert und Menschen weltweit vor Pandemien schützt. Als die Schließung von Unternehmen und der Abbau von Arbeitsplätzen durch die Ausgangsbeschränkungen drohten, haben wir ein Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) entwickelt. Im Jahr 2020 hat es 2,5 Millionen Unternehmen über Wasser gehalten und 31,5 Millionen Arbeitsplätze gesichert und eine massive wirtschaftliche und soziale Krise abgewendet. Und als die Grenzen geschlossen waren und Güter auf den Straßen feststeckten, haben wir `Green Lanes´ geöffnet, um den Warenverkehr im Binnenmarkt zu erleichtern und Engpässe bei grundlegenden Gütern zu verhindern.“

Kritische Ansichten auch bei Mainstream-Wählern

Im Gegensatz dazu bejahen laut der Meinungsumfrage des ECFR, die von YouGov und Datapraxis durchgeführt wurde, jedoch lediglich 31 Prozent der Befragten, dass die EU eine positive Rolle in der Corona-Krise gespielt habe, während 35 Prozent der Ansicht sind, dass die EU eine negative Rolle gespielt habe. Ebenfalls 35 Prozent sind unentschieden. ECFR vermutet, dass die Entscheidung der Regierungen, auf Lockdowns und obligatorische Impfungen zu drängen, eine liberale Gegenreaktion hervorgerufen habe. Die Taktik, die Corona-Maßnahmen im Rückblick als ganz und gar erfolgreich zu verkaufen und etwa das Thema Impfschäden vollständig auszuklammern, geht demnach offenbar nicht auf. Auch was die Rolle der EU in Bezug auf die Finanzkrise und auf die Kriege in der Ukraine und in Gaza angeht, zeigt sich die Mehrheit der befragten EU-Bürger wenig überzeugt von der Politikgestaltung der EU. Und der Thinktank schlussfolgert, dass es ein Fehler wäre, wenn die etablierten Parteien ihre Wahlkampagnen mit der Vermittlung der Erfolge der EU führen würden. Denn: „Die Erfolge der EU zu feiern, könnte diese Bereiche zu leichten Zielen für rechtsextreme Parteien machen, deren Wählerschaft der EU bei der Bewältigung der verschiedenen Krisen besonders negativ gegenübersteht – und die daher am Ende mehr Wähler mobilisieren könnten als pro-europäische Parteien.“ Dabei seien kritische Ansichten nicht nur unter rechtsextremen Wählern weit verbreitet, sondern auch bei Mainstream-Wählern nicht zu leugnen. 

Laut Umfrage glauben beispielsweise 28 Prozent der CDU/CSU-Wähler in Deutschland, dass Scholz vor allem anderen die Benzin- und Energiepreise erhöhen will, um den Klimawandel zu bekämpfen. 15 Prozent der CDU/CSU-Wähler glauben, dass von der Leyen vor allem die Macht von Berlin nach Brüssel verlagern will; weitere 28 Prozent sagen, sie wolle dies zwar erreichen, aber nicht vorrangig. Die entsprechenden Zahlen für die deutschen SPD-Wähler sind ebenfalls hoch: 14 Prozent glauben, dass dies von der Leyens Priorität sei und 36 Prozent, dass es zumindest eines ihrer Ziele sei. Die Klimapolitik der EU ist besonders umstritten: In der Umfrage wurden die Teilnehmer darum gebeten, einen hypothetischen Kompromiss zwischen den beiden Zielen Klimaschutz auf der einen und Vermeidung des Anstiegs von Energiekosten auf der anderen Seite zu finden. In den meisten Ländern – mit Ausnahme von Schweden und Portugal – zogen es die Befragten vor, die Energiekosten zu senken, statt Klimaschutzmaßnahmen zu folgen.

Wie gefährlich es sei, EU-Prioritäten wie den Europäischen Green Deal in den Wahlkampf einzubringen, zeige die Gegenreaktion auf die grüne Politik in Deutschland. Nachdem sich etwa das Heizungsgesetz der Regierung als außerordentlich unpopulär erwiesen habe, dümpelten die deutschen Grünen nun in den Umfragen bei kläglichen 13 Prozent. Die deutschen Kritiker der Klimapolitik neigten zwar nicht dazu, den Klimawandel zu leugnen, aber sie stellten das Tempo der Veränderungen in Frage. Es scheine eine große Diskrepanz zwischen den Ansichten der Grünen-Wähler zum Klimawandel und denen der übrigen Wähler zu geben. Aus wahltaktischer Sicht wäre es ebenfalls falsch, die Unterstützung Europas für die Ukraine im Vorfeld der Wahl zu sehr zu betonen. Viele Menschen sähen die Reaktion der EU auf den Krieg eher negativ als positiv. Es gebe eine Spaltung zwischen denjenigen, die der Meinung sind, dass Europa die Ukraine bei der Befreiung aller besetzten Gebiete unterstützen sollte, und denjenigen, die die Ukraine lieber zu Friedensverhandlungen mit Russland drängen würden. Die politischen Eliten der EU könnten daher leicht Opfer ihrer energischen Rhetorik werden. Wenn sie den Aufstieg der Rechtsextremen aufhalten wollten, müssten sie eine authentischere Art des Wahlkampfs finden. Sie sollten die Europawahl auf keinen Fall zu einer Wahl etwa zum Thema Migration oder eben über die Erfolge der letzten Europäischen Kommission machen.

„Der europäische Grüne Deal“

So weit die Einschätzungen des durch und durch pro-europäischen Thinktanks ECFR. Ob seine Erkenntnisse bei der EU-Kommission – oder auch der Bundesregierung – Gehör finden werden, bleibt fraglich. Zu sehr berauscht man sich dort gerne am eigenen vermeintlichen Erfolg. So führt die EU-Kommission in ihrer Bilanz auch ihre sechs Prioritäten für die Jahre 2019 bis 2024 auf. Ursprünglich handelte es sich dabei um: „Der europäische Grüne Deal“ (Klimaneutralität bis 2050),  „Ein Europa für das digitale Zeitalter“, „Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen“, „Ein stärkeres Europa in der Welt“, „Förderung unserer europäischen Lebensweise“ sowie „Neuer Schwung für die Demokratie in Europa“. Im Lauf der letzten knapp fünf Jahre haben sich diese Formulierungen leicht geändert. Die Priorisierung des „Green Deal“ ist jedoch geblieben. Hierzu führt die Kommission aus, dass die Treibhausgas-Emissionen bis zum Ende dieses Jahrzehnts um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 sinken müssten. Dafür seien klimarelevante Projekte mit EU-Mitteln in Höhe von fast 400 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds NextGenerationEU und dem Kohäsionsfonds unterstützt worden. Die EU sei heute der weltweit größte Emittent grüner Anleihen. 

Die EU habe außerdem gezeigt, dass es möglich sei, das Wachstum der Wirtschaft von Emissionen abzukoppeln. Der Rest der Welt müsse jedoch noch nachziehen. Um das Problem der Verlagerung von CO2-Emissionen in den Griff zu bekommen, sei das CO2-Grenzausgleichssystem geschaffen worden. Dieses System solle sicherstellen, dass Emissionen – unabhängig davon, wo sie entstehen – reduziert werden und dass die Klimaziele der EU nicht hintertrieben werden. Wörtlich heißt es: „Von Beginn an haben wir den Europäerinnen und Europäern versprochen, den Übergang sozial gerecht zu gestalten. Wir haben unser Versprechen gehalten. So haben wir den Fonds für einen gerechten Übergang und den Klima-Sozialfonds eingerichtet, um diejenigen zu unterstützen, die am stärksten betroffen sind und die größten Herausforderungen bei der Anpassung bewältigen müssen. Unser Grüner Deal erfüllt die gesteckten Zielvorgaben – Europa ist auf Kurs, um seine Klimaziele zu erreichen. Und wir machen aus der notwendigen Dekarbonisierung unserer Industrie eine Wachstumschance.“ Abgesehen davon, dass die Grundannahme des Green Deal, nämlich dass es sich bei dem menschengemachten Klimawandel um die größte Krise der Menschheit überhaupt handele, keineswegs wissenschaftlich belegt ist und lediglich auf hypothetischen Modellen beruht, bleibt mehr als fraglich, ob der „Klima-Sozialfonds“ tatsächlich ausreichen würde, um etwa die Kosten der energieeffizienten Gebäudesanierungen für weniger Bemittelte zu decken.

In Hinblick auf die Priorität der Digitalisierung befindet die EU-Kommission, dass Europas digitale Führungsposition beispielsweise durch das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz: DSA) gefestigt worden sei. Außerdem habe die Kommission den „Kompetenzpakt auf den Weg gebracht, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Ausbildung zu ermöglichen, die sie für eine erfolgreiche Zukunft benötigen“. Und sie habe durch ein neues Migrations- und Asylpaket dafür gesorgt, die Migration in die EU besser zu steuern. Nicht zuletzt habe sie der europäischen Demokratie neuen Schwung verliehen, indem sie „einen jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit mit maßgeschneiderten Empfehlungen für jeden Mitgliedstaat zur Verhinderung von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit und zu ihrer weiteren Stärkung“ eingeführt habe. Und durch den „Global Gateway“, dem „größten globalen Investitionsprogramm Europas aller Zeiten“ mit einem Volumen von 300 Milliarden Euro, habe sie „eine neue Generation von Partnerschaften“ etwa in Afrika oder Südamerika entwickelt. „Global Gateway“ unterstütze nicht nur den „sauberen und digitalen Wandel“ weltweit, sondern erhöhe auch „das Gewicht der EU auf der Weltbühne“. Damit habe Europa „seinen Ruf als fairer langfristiger Partner“ gefestigt, dem es „um Vorteile für beide Seiten geht“. Fragt sich allerdings, ob es er EU-Kommission bei der Abhängigkeit von Rohstoffen nicht doch in erster Linie um die eigenen Vorteile geht (wir berichteten).

Die negative Wahrnehmung überwiegt

Nicht nur der Thinktank ECFR kommt zu wenig schmeichelnden Ergebnissen für die Kommission von der Leyen, sondern auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos für Euronews zeigt, dass eine Mehrheit der Wähler (63 Prozent) die Arbeit der Kommission entweder negativ beurteilt oder gar keine Meinung dazu hat. Die Zustimmung zur EU-Kommission sei bei den 26.000 befragten EU-Bürgern aus 18 Mitgliedstaaten tief gespalten und in einer Handvoll Mitgliedsstaaten sogar alarmierend niedrig. Nur in drei der Mitgliedstaaten hat die Mehrheit der Befragten eine positive Meinung zur aktuellen EU-Kommission: in Portugal (61 Prozent), in Dänemark (54 Prozent) und in Spanien (54 Prozent). In Frankreich, einem der Gründungsmitglieder der EU, ist die Zustimmung dagegen auf einen Tiefstand von nur 18 Prozent gesunken. Auch in den mittel- und osteuropäischen Staaten wie Österreich, Ungarn und Tschechien überwiegt die negative Wahrnehmung mit 38 bis 41 Prozent.

Ein weiteres Problem stellen die Betrugsfälle im Zusammenhang mit dem EU-Wiederaufbaufonds dar. So teilte die europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) am 4. April mit, dass in Italien, Österreich, Rumänien und der Slowakei Dutzende von Durchsuchungen und Beschlagnahmungen durchgeführt und 22 Personen festgenommen wurden. Dabei ging es um eine mutmaßliche kriminelle Vereinigung, die im Verdacht steht, 600 Millionen Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds unterschlagen zu haben. Im Jahr 2021 beantragten die Mitglieder dieser Vereinigung demnach nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Förderung der Digitalisierung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen mit dem Ziel, ihre Geschäftstätigkeit auf ausländische Märkte auszuweiten. Die Verdächtigen sollen falsche Unternehmensbilanzen erstellt haben, um zu dokumentieren, dass ihre Unternehmen aktiv und profitabel seien, während es sich in Wirklichkeit um fiktive Unternehmen handelte. Um die betrügerischen Geschäfte zu verbergen, seien Cloud-Server im Ausland, Kryptowährungen und Software für künstliche Intelligenz genutzt worden. Auch Notare seien in die illegalen Handlungen verstrickt gewesen. 

Dem EPPO-Jahresbericht für 2023 lässt sich entnehmen, dass 2023 allein in Italien 556 Untersuchungen eingeleitet wurden, bei denen es um etwa 6 Milliarden Euro an missbräuchlich verwendeten Mitteln ging. In insgesamt 19 EU-Mitgliedstaaten liefen im vergangene Jahr 1.927 aktive Untersuchungen. Der Gesamtschaden für den EU-Haushalt wird auf 19,2 Milliarden Euro geschätzt. Auch der Europäische Rechnungshof (ERH) warnte vor möglichen „Unregelmäßigkeiten oder gar Korruption“ bei der Verwendung des Wiederaufbaufonds und kritisierte, dass die EU-Kommission das Konjunkturprogramm nicht auf dieselbe Weise überwache wie die regulären Haushaltsausgaben. Die europäische Staatsanwaltschaft hat offenbar viel zu tun. Während sie den Schaden durch den Missbrauch von Geldern aus dem Corona-Wiederaufbaufons jedoch öffentlich macht, warten die EU-Bürger immer noch darauf, dass von der Leyens geheimer Impfstoffdeal mit Biontech/Pfizer im Wert von vermutlich 35 Milliarden Euro endlich aufgeklärt wird (Von der Leyen oben im Bild mit Pfizer-Chef Albert Bourla).

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

Foto: Twitter

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Markus Viktor / 09.04.2024

Wikipedia zu einem gewissen James Ladson: “James H. Ladson war ein großer Plantagenbesitzer und besaß um 1850 etwa 200 Sklaven. Unter den Nachkommen des Letzteren waren Mary Ladson Robertson, die Urgroßmutter von Ursula von der Leyen; … von der Leyen lebte kurzzeitig unter dem Pseudonym Rose Ladson.” “Er verbrachte einen Teil des Jahres auf seiner Plantage in North Santee, wohnte aber ansonsten mit zwölf Haussklaven in einem Stadthaus in Charleston.” Wikipedia zitiert aus: James H. Ladson: The Religious Instruction of the Negroes: “Den Neger zu verbessern ist eine weitaus mühsamere Aufgabe, als sich viele, die keine Erfahrung im Unterricht der Neger haben, bewusst sind. Sie sind von Natur aus einfach und von schwachem Verstand, besitzen aber im Allgemeinen gute Erinnerungen, und diejenigen, die sich mit diesem Werk der Nächstenliebe befasst haben, müssen nach viel Mühe beklagen, dass der Unterricht, die sie zu erteilen versucht haben, obwohl sie in Erinnerung geblieben sind, pervertiert und fehlgeleitet worden ist.“  Ob solche Vorstellungen auf Leyens unübersehbare Wertschätzung der Bürger der EU Einfluss genommen haben?

Jürgen Langer / 09.04.2024

Es wäre wunderbar, wenn Frau Binnig ihre Texte zwecks besserer Lesbarkeit etwas “straffen” oder kürzen würde. So wichtig und wertvoll ihre Recherchen sind, sie erscheinen mir manchmal etwas ermüdend. Und das ist schade.

Sabine Heinrich / 09.04.2024

Danke, @Jürgen Fischer und @Ilona Grimm! Auf den aktuellen Fotos hat der Bourla allerdings keinerlei Ähnlichkeit mit diesem Menschen, bei dem ich Brechreiz bekomme, wenn ich nur sein Gesicht sehe. - Dieser Kommentar ein Jahr später - und dann wird wohl meine Wohnung für eine Flüchtlingsfamilie mit 5 Kindern frei - und ich darf mich hinter gesiebtem Licht auf 12m²einrichten, wenn es nach dem H. geht.

Regina Lange / 09.04.2024

Das “Röschen” hat schon immer eine gewisse Affinität zur Korruption, bzw. zur Vetternwirtschaft. Unter “vier Augen” lässt’s sich trefflich und harmonisch korrumpieren! Und unsere EUschi ist immer um Harmonie bemüht.

W. Renner / 09.04.2024

Inspektor Clouseau und die Geheimnisse der Goldgruberin. Von wem wurde die Handy Daten-Vorratsspeicherung ausgesetzt und warum? Wird der Cold Case noch gelöst und gibts am Ende lebenslänglich in der Goldgrube, oder doch die Todesspritze?

Helmut Patzina / 09.04.2024

Kriminelle, mafiöse Strukturen haben solche Leute an der Spitze. Eine andere Person würde da gar nicht an diese Position kommen. Arte hat vor kurzem eine sehr interessante Doku gebracht, die so einiges beleuchtet. Geld stinkt nicht.

Gisel Schinnerer / 09.04.2024

@Richard Löwe Eingesetzt - was für ein Wort - in Brüssel wird „e r n a n n t“! Fragt sich nur von wem ….

Thomas Kurt / 09.04.2024

@L. Luhmann: In letzter Zeit bin ich immer so vergesslich. Was sind gleich die Werte, die wir am Donbas verteidigen?

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