Schwierig aus der Ferne, SIe schreiben es selbst. Trotzdem ist das Thema ein gutes. Was man staendig erlebt ist, dass Einsamkeit als Stigma verwendet und unterstellt wird. Das kann in Foren sein, wo “gute” Menschen andere verletzen wollen fuer eine “gute” Sache, das geschieht in den Medien, wenn Personen als negativ wahrgenommen werden sollen. Sogar z.B. A. B. Breivik wurde erst mal als sozial inkompetenter “Einzelgaenger” dargestellt, was ja absurd ist. Ja, sehr schade, dass sehr, sehr oft anstatt den Einsamen, die dies moechten, eine Hand auszustrecken, Einsamkeit mit Bosheit gleichgesetzt wird.
Sie haben sicher recht damit, daß die WELT den Mann nicht so hätte vorführen dürfen. Ihre Attitüde, nach der Asperger - S. soll wohl einer sein - “Hilfe und Unterstützung” brauchen, ist aber kaum besser, suggerieren Sie doch, daß Leute, die nicht normal sind, automatisch krank und hilfsbedürftig sind. Autisten sind anders. Wenn Normale damit nicht klarkommen, ist das deren Problem. Das sollte man sich nicht nur am 18. Juni, dem “Autistic-Pride-Day”, bewußt machen.
Vielen Dank an Herrn Dr. Schäfer für seine berechtigte Kritik an dem Artikel zum „Kampfschlesier“ in der WELT vom 15.06.2016. Die Beschreibungen der zahlreichen Auffälligkeiten des Betroffenen zeigen in der Tat stark in Richtung eines Autismus-Störung des Erwachsenenalters mit begleitender Zwangsstörung („Er würde gerne aufhören…Aber er kann nicht“) und schizotypische Persönlichkeitsmerkmale wie eine verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit („Er sieht in der Nachricht die Lüge, im Leitartikel die Verleumdung, in der Analyse die Ideologie. Überall linke Lügen“). Der gesamte Artikel lässt einen nicht unerheblichen Leidensdruck erkennen. Fachlich und menschlich wünscht man dem Betroffenen kompetente therapeutische Unterstützung und nicht die Präsentation als Zirkusattraktion vor einer staunenden Leserschaft.
Offensichtlich ist heute jedes Mittel Recht im Kampf gegen AfD und gegen Rechts. Traurig, das nun sogar so ein Mensch dafür herhalten muss.
Leider ist es nicht ungewöhnlich, nicht einmal selten, dass Journalisten psychiatrisches Halbwissen in ihre Texte einfließen lassen. Gelegenheit dazu bietet sich en masse. So wird - wie im Falle von Sascha Lewandowski - ein Burnout als Suizidgrund phantasiert und diagnostisches Vokabular instrumentalisiert, um Persönlickeiten - je nach Absicht - positiv oder negativ zu etikettieren. In der Migrationsdebatte grassiert aktuell die Behauptung von der hohen Inzidenz posttraumatischer Belastungsstörungen (“mindestens jeder zweite ist traumatisiert”), was eine unhaltbete Aussage ist, die auch die vorhandenen Therapiekapazitäten hoffnungslos überfordern würde. Dass eine Person wie in der zitierten Welt-Reportage so als unausgesprochen “psychisch akzentuiert” vorgeführt wird, gehört eher nicht zu dem von mir beklagten Missbrauch. Beim nochmaligen Lesen bin ich mir nämlich im Klaren darüber, dass die Autorin ihre (diagnostische) Ratlosigkeit zum Anlass genommen hat, so fotografisch und objektiv wie möglich ihr Objekt als kettenrauchenden, völlig isolierten, emotions- und hemmungslos Kaputten zu beschreiben. Der unkritische Leser soll schlussfolgern: AfD - ach solche Typen sind das. Das kommt auf jeden Fall als mainstreamig und politisch korrekt rüber. Die journalistische Schäbigkeit liegt im vorliegenden Fall darin, dass der Informand nicht geschützt sondern vorgeführt wird. So verständlich es ist, dass der (junge) Psychiater Diagnostik und Therapie für dringend geboten hält, ist diese Art der Öffentlichkeit ganz sicher ungeeignet, den Einzelfall mit einer Ferndiagnose versehen zu einem Psychiatriepatienten machen zu wollen.
Vielen Dank, daß Sie diesen Artikel geschrieben haben. Die medizinischen Details über den Splitter im Auge von Herrn S. sind sehr interessant. Wenn wir allerdings die Frage aufwerfen, ab wann ein Verhaltensmuster die Bezeichnung „Erkrankung“ verdient, müssen wir auch über den Balken im Auge der Journalistin reden.
Danke für diesen Artikel! Ich werde nie verstehen, wie Phobien aller Art (Homophobie, Islamophobie usw.) in Vorwürfe verwandelt und inzwischen auch zu Instrumenten politischen Gesinnungsterrors gewendet werden konnten. Waren wir nicht schon viel weiter, um zu wissen, dass menschliche Ängste durch Denunziationen und Verleumdungen nicht verschwinden, sondern sich immer weiter steigern? Dieses Land macht mir inzwischen Angst, habe ich also Germanophobie?
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