Rainer Bonhorst / 10.12.2014 / 19:05 / 5 / Seite ausdrucken

Äußerst korrekte Hebriden

In dem reizenden Städtchen Stornoway auf Lewis, der Hauptinsel der Äußeren Hebriden, gibt es einen Polizeiposten samt Gefängniszellen. Warum auch nicht. Die Äußeren Hebriden sind wegen ihrer dezentralen Lage ein sehr geeigneter Ort für einen Knast. Wer dort ausbrechen will, muss nicht nur die Gefängnismauern überwinden sondern auch den Atlantik, der die Äußeren Hebriden in Richtung Amerika und Schottland umspült. (Wer auf der Insel bliebe, würde wegen mangelnder Bewegungsmöglichkeit bald geschnappt.) Von den Äußeren dürfte es dann erstmal zu den Inneren Hebriden gehen, für die das gleiche gilt. Das Ausbruchsziel muss das schottische Festland sein, sonst endet der Traum von der Freiheit vorzeitig. Amerika dürfte von vornherein nur ein Traum sein.

Im Prinzip haben wir es also mit einem ausbruchsicheren Zellenblock zu tun, durchaus vergleichbar mit Alcatraz, der stillgelegten Mutter aller ausbruchsicheren Gefängnisse. Da wirkt, was ein Zellenbesucher berichtet, auf den ersten Blick wie blanker Hohn: Es hat doch jemand auf den Boden des Zellenblocks einen großen weißen Pfeil gemalt hat, der auf einen großen Buchstaben E weist. E für Exit? Ein höhnischer Ausgangspfeil tief im Knast? Handelt es sich um eine subtile Psychofolter?

Nein, wir dürfen aufatmen. Das E bedeutet East. Der weiße Pfeil auf dem Boden weist also in Richtung Osten. Nun kann man fragen, welche Rolle es in diesem engen, nördlichen Inselknast spielen kann, ob man sich nach Nord oder Süd, Ost oder West begibt? Die Antwort ist einfach und beglückend. Es geht hier nicht ums rastlose hin und her eilen sondern um ein tieferes Bedürfnis. Es geht ums Beten. Der nach Osten weisende Pfeil im Zellenblock der Polizeistation von Stornoway auf Lewis, der Hauptinsel der Äußeren Hebriden weit vor der Küste Schottlands, zeigt den dort einsitzenden Moslems, in welche Richtung sie knien müssen, um korangerecht zu beten.

Ich finde, das ist in dieser fernen und streng presbyterianischen Umgebung ein ganz vorbildlicher Service. Ich weiß nicht, wie viele Moslems den Bet-Orientierungssrevice auf den Äußeren Hebriden nutzen. Die Hebriden sind vergleichsweise menschenleer. Schon allein aus diesem Grund kann man wohl von einer islamischen Diaspora sprechen. Wo kaum ein Mensch, da kaum ein Moslem. Trotzdem: Ein außenhebridischer Knast ohne Bet-Pfeil für Moslems wäre ein Zeichen der Intoleranz und eine Zumutung für den vereinzelten frommen Inselgauner islamischen Glaubens.

Und man kann nur hoffen, dass der Pfeil tatsächlich in die korrekte Richtung zeigt. Da es an Orientierungsmöglichkeiten fehlt, wäre ja nicht auszuschließen, dass der Bet-Pfeil falsch justiert ist, ohne dass es jemand merkt. Ja, es ist sogar denkbar, dass ein Islamophob unter der außenhebridischen Malerzunft den Pfeil ganz bewusst und in bösartiger Absicht in die falsche Richtung platziert hat. Nicht Ost sondern West, also nicht Mekka sondern Grönland. Sollte eine solche Pervertierung der Bet-Richtung jemals an den Tag kommen, die Folgen für die Äußeren und wahrscheinlich auch für die benachbarten Inneren Hebriden wären dramatisch.

Zum Glück kann man in diesem politisch hochkorrekten Zellenblock davon ausgehen, dass die hebridische Malerarbeit von einem Moslem mit Kompass ordentlich überprüft worden ist. Die Gefahr einer Fatwa dürfte also nicht bestehen.

Der Besucher der Polizeistation berichtet im Übrigen, dass in dem Zellenblock selbstverständlich ein Koran vorhanden war. Die Bibel war unauffindbar.

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Rainer Bonhorst / 11.12.2014

Liebe kommentierende Leser, hier mein Kommentar zu den Kommentaren: Erstens: Von der Inselgruppe aus ist Schottland das Festland. Falls größere Genauigkeit gewünscht wird, bin ich gerne bereit, Europa künftig als Eurasien zu bezeichnen, weil wir geografisch nur ein Wurmfortsatz von Asien sind. Zweitens: Wenn Moslems in Richtung Osten beten sollen, fühle ich mich nicht dafür verantwortlich, wenn der Richtungspfeil von den Hebriden nicht nach Mekka sondern nach Sibirien zeigt. Drittens: Als Ausbrecher würde ich den Weg über die Inneren Hebriden bevorzugen, um eine kleine Erholungspause einzulegen. Der kürzeste Weg ist nicht immer der beste. Was die Zahl der kriminellen Moslems auf den Hebriden angeht: Auch ich vermute, dass sie sehr niedrig ist, ja gegen Null tendiert. Umso kurioser ist der Bet-Pfeil

Waldemar Undig / 11.12.2014

Gut, dass die ehrenwerte Gefängniszelle nicht direkt am Nordpol liegt. Denn dort würden alle Pfeile nach Süden weisen.

Ali Baba / 10.12.2014

“Schottisches Festland” - auch nicht schlecht. Ich Idiot dachte immer, ganz Großbritannien, einschließlich Schottland, sei eine Insel.

Rüdiger Happ / 10.12.2014

Wer von den Hebriden aus genau nach Osten schaut, schaut sowieso nicht nach Mekka (das liegt südöstlich), sondern Richtung Südskandinavien und Nordrußland.

Markus Miller / 10.12.2014

Lieber Herr Bonhorst, Ein Blick in den Atlas hätte auch Ihnen gezeigt, dass der Insel Lewis zum Festland hin keine innere Hebride im Wege steht. Deshalb nimmt der kluge Mensch die direkte Fähre zum Festland (Ullapool), nur wenn touristisch interessiert den Umweg über Skye. Des weiteren kann ich ihnen versichern, dass der (christliche) Sabbath wohl in wenigen Orten Euopas so geheiligt wird wie auf Lewis. Sie brauchen sich also um eine wie auch immer geartete (meistens ja schleichende) Islamisierung der Insel nicht zu sorgen. Was die Kriminalität angeht dient die angesprochene Zelle meist der Ausnüchterung. Der Pfeil mag evtl. den Weg zum Kotzkübel markieren. Autos lässt man auf Lewis im übrigen unabgesperrt.

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