Markus E. Wegner, Gastautor / 13.07.2019 / 06:25 / Foto: iihs.org / 97 / Seite ausdrucken

Wie die Sachsenwahl gegen die Wand gefahren wird

Es mutet absurd an. Einer politischen Partei wurde vom Landeswahlausschuss die Anzahl der formal erreichbaren Sitze, die über die Landesliste erzielt werden könnten, von 60 Kandidaten auf 18 gekürzt. Aussicht hat die AfD bei den anstehenden Landtagswahlen in Sachsen im September nach gegenwärtigen Umfragen auf wenigstens 30 oder vielleicht gar 40 Plätze. Sie dürfte aufgrund der Entscheidung des Landeswahlausschusses viele Sitze nach dem prozentualen Listenstimmenergebnis nicht besetzen können. Es blieben somit Sitze frei. In Folge wäre davon auszugehen, dass die notwendige Parlamentsmehrheit zur Regierungsbildung geringer als nach dem Wahlergebnis ausfallen wird. 

Dieser Eingriff in das originäre Recht einer Partei, demokratisch auf der Nominierungsstufe des Wahlrechts selbst zu bestimmen, welche und wie viele Kandidaten sie aufstellen will, wurde durch eine Entscheidung der Vertreter der Konkurrenzpartien nach langer Diskussion beschnitten. Ein unerhörter Vorgang. Wodurch ist er gerechtfertigt? Eine dreistündige (!) Diskussion (?) bei formal einzuhaltenden Kriterien, lässt bereits darauf schließen, dass hier womöglich eher aus politischen Gründen eine Kandidatenliste gekappt wurde. Anderenfalls hätte die Beratung zur AfD keine 10 Minuten gedauert. Was denkt sich nun ein Wähler Sachsens, für den die Zeiten der stalinistischen Einheitslisten noch präsent sind?

Man muss kein Anhänger, Wähler oder Liebhaber der AfD sein, um zu befürchten, dass der demokratisch freien Wahl hier ein Bärendienst geleistet wurde. In ganz Europa gibt es keine bürokratischeren und rechtlich durch Verfassungsvorgaben, Partei- und Wahlgesetze sowie weiterer Verordnungen normierteren Regelungen, nach denen sich Parteien zu gründen haben, als in Deutschland, um Kandidaten den Wählern anbieten zu können. Unabhängige Kandidaten sind, abgesehen von Stadtstaaten, zu Bundestags- und Landtagswahlen nicht zugelassen. Von daher kommt diesen Zulassungsentscheidungen einerseits Bedeutung zu, andererseits haben Wahlausschüsse sich Abwägungen strikt zu enthalten und alles mit „spitzen Fingern“ anzufassen. 

Die Nominierung der Kandidaten liegt allein in den Händen der Parteien. Diese haben intern die Auswahl unter Einhaltung eines „Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen“ vorzunehmen, „ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorschlages“ sein kann (BverfGE 89, 242, 252 f.; HambVerfG DVBl. 93, 1072). Alles andere geht niemanden außerhalb einer Partei etwas an! Ob es darüber hinaus für das Wahlverfahren unbeachtliche Verstöße gegen internes Satzungsrecht der Partei gibt, ist allein innerhalb der Partei zu klären. Lediglich die Einhaltung eines Mindestmaßes an Unmittelbarkeit durch die Parteimitglieder oder Delegierte, der Freiheit bei der Stimmabgabe, die Gleichheit bei der Präsentationsmöglichkeit der Kandidaten und des Zähl- und Erfolgswertes der abgegebenen Stimmen auf einem Parteitag muss für die Wahlausschüsse gewährleistet sein – eben: die Kernbestandteile. Diese bestätigen die Vertrauensleute durch ihr Zeugnis, indem sie die Unterlagen wie ein Notar für die Partei zur Anmeldung bringen.

Was wirklich undemokratisch ist

Der Bedeutung der Einhaltung demokratischer Wahlgrundsätze liegt in der Konsequenz, die diese parteiinternen Verfahren für die künftige Zusammensetzung der Parlamente haben: Wer auf aussichtsreichen Listenplätzen von einer Partei nominiert wurde, ist bereits vor der eigentlichen Wahl „gewählt“. Die Stimmenvergabe am Wahltag durch den Wähler entscheidet zwar über die tatsächliche Machtverteilung, aber letztendlich nur über die 15 bis 20 Prozent der sogenannten „Hinterbänkler“. Von daher müssen Parteimitglieder bzw. Delegierte gleiche Zugangs- und Teilnahmerechte an den Nominierungsparteitagen haben, und diese Rechte dürfen nicht „von oben“ aus der Funktionärsebene beispielsweise mittels „starrer“, vom Parteivorstand gebildeter und zum „Abnicken“ vorgelegter Kandidatenlisten beschnitten werden. Um dies alles ging es in Sachsen jetzt gerade nicht!

In Deutschland bestehen umfassende Regelungen und Vorgaben, die formal einzuhalten sind. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber es besteht vielfach nicht die Möglichkeit, gegen die Nichtzulassung eines Wahlvorschlages eine Beschwerde einzulegen und die Entscheidung höherer Instanz „vor“ der Wahl einzufordern. Da der souveräne Wähler erst mit der Wahl das Parlament bildet, welches dann immer erst im Nachherein über die Korrektheit des Wahlvorschlages mittels Ausschussvotum und Abstimmung entscheidet, wogegen dann erst die Anrufung eines Wahlprüfungs- oder Verfassungsgerichts zum Zuge kommt, ist eine Korrektur praktisch und de facto unmöglich. In Hamburg wurde 1993 erstmals und bislang zum einzigen Mal nach zwei Jahren eine Wahl für ungültig erklärt, da damals innerparteilich in der CDU keiner gegen eine starre Vorschlagsliste der Parteiführung kandidieren konnte. Allerdings kam es nur deshalb zu einer Neuwahl, da drei über die CDU gestellte Verfassungsrichter befangen waren und weil die SPD auf eine absolute Mehrheit einer kurzerhand neu geschaffenen Legislaturperiode hoffte.

Was also tun, wenn Wahlleiter gewichtigen Hinweisen nicht nachgehen oder der Wahlausschuss mit Mehrheit Verfahrensordnungen in einem anscheinend von der Konkurrenz geleiteten Interesse gegen eine Partei unzulässig anzuwenden meint? Selbst die OSZE hat Deutschland schon zu Änderungen zur kurzfristigen Überprüfbarkeit vor Wahlen angemahnt, die allerdings in Sachsen weiterhin nicht gegeben ist, oder über neues gerichtliches Handeln aufgrund möglichen grundgesetzwidrigen Eingriffs in die Rechte von Wähler und Kandidaten erst geschaffen werden müsste. Wie auch immer, derzeit kein befriedigendes Ergebnis.

Nirgendwo steht, dass das nicht erlaubt sei

Vorab wusste ein Journalist, Tino Moritz, in Sachsen bereits am 1. Juli in allen Einzelheiten zu berichten, um was es da im Landeswahlausschuss bei der AfD in Sachsen am 5. Juli gehen würde. Zitat: „Der Partei droht nach ‚Freie Presse‘-Informationen womöglich die Anerkennung von lediglich 18 Listenplätzen.“ 

Dabei hat die AfD eine recht besonders aufwendige und demokratische, mitunter ermüdende Mitwirkung aller Parteimitglieder vorgesehen. Allerdings bedurfte es mehrerer Parteitagswochenenden für 60 Listenplätze. Es ist in Folge keine Anrufung eines internen Parteischiedsgerichts bekannt. In der AfD waren alle mit den Abläufen und Ergebnissen offenbar voll zufrieden. Ein entsprechend „geimpfter“ Journalist hat nähere Einzelheiten vorab unters Volk gegeben und so den Entscheidungsgegenstand des Landeswahlausschusses quasi medial schon mal aufbereitet. Es hilft sicherlich nicht weiter, darüber zu sinnieren, ob somit die Richtung des langen Diskussionsergebnisses im Landeswahlausschuss zugleich parteiübergreifend vorweggenommen wurde.

Realiter gab es bei der AfD zwei Versammlungen, die jeweils einen Teil der Listenkandidaten abstimmten. Das war in der Partei bekannt, und niemand hatte aus der AfD dem Landeswahlausschuss bzw. gegenüber seiner Vorsitzenden … derartiges gerügt. Zuerst wurde bis Platz 18 nominiert. Dann später ab Platz 19 bis 60 bei Änderung ab Platz 31 mittels Gruppenabstimmungen über mehrere Plätze gleichzeitig. In einem Beitrag des mdr-Fernsehens über die Landeswahlausschusssitzung sollen unter anderem folgende formalen Verstöße für die Nichtzulassung des Großteiles der Landesliste entscheidend gewesen sein: „Wechselnde Versammlungsleiter; zu viele Vertrauenspersonen; Wechsel bei eidesstattlichen Versicherungen; fehlende Unterschriften oder ohne Datum“ (so die bedeutungsvollen textlichen Einblendungen).

Andererseits war zu vernehmen, dass diese Unterschriften rechtzeitig von der AfD nachgeliefert und die Daten ergänzt worden waren. Warum mehrere Versammlungsleiter ein Malus gegenüber einem Versammlungsleiter sein soll, bleibt ebenso rätselhaft wie der als negativ gewichtete Umstand, dass für die jeweiligen Versammlungen mehrere Vertrauensleute der Partei die Versicherung über die Abläufe abgegeben haben. Und? Soll dieser Hinweis zu einem Formular, auf dem nur eine Unterschrift vorgesehen ist, tatsächlich ernsthaft gemeint sein? Also entscheidend für die spätere Bildung einer ganzen Regierung?

Wer Gesetzestexte lesen kann, für den ist „der“ Versammlungsleiter derjenige, der die Versammlung im jeweiligen Augenblick leitet. Das können und übernehmen zwischenzeitlich auch dafür vorgesehene Vertreter. Selbstverständlich sieht das Wahlgesetz in § 27 „eine“ Landesliste vor, da die jeweilige Partei nur „eine“ Kandidatenliste zur Abstimmung auf dem Stimmzettel dem Wähler anbieten darf. Man möchte fragen, ja was denn sonst? Damit ist aber doch nicht gesagt, dass diese eine einzureichende Liste nicht in verschiedenen Teilen auf sich ergänzenden Versammlungen gebildet werden kann. Nirgendwo steht, dass das nicht erlaubt sei. Natürlich verbreitet man parteiintern den zweiten Termin an alle Mitglieder. Jederzeit kann auch zur ersten Versammlung jemand verspätet kommen oder jederzeit wieder gehen. 

Das Bestreben, eine Erbse unter der Matratze zu finden

Das Wahlverfahren sei ab Platz 31 unzulässig geändert worden. Aber warum wurden dann nicht alle Kandidaten bis Platz 30 zugelassen? Oder warum war die zweite Nominierungsversammlung nicht die einzig wahre und es wurden nur die Plätze 19 bis 30, also lediglich 12 Kandidaten zugelassen? Oder warum wurden dann nicht – sozusagen für Entscheidungsunwillige – gleich beide Listen für ungültig erklärt?

In den Medien findet sich das vom Landeswahlausschuss in seiner Presseerklärung verwendete Wort „Blockwahlverfahren“, mit welchem man auch undemokratisches Vorgehen assoziieren kann. Die AfD beschreibt in ihrer Satzung beziehungsweise Wahlordnung die anzuwendenden Wahlverfahren genau und verwendet den Begriff der „Gruppenwahl“. Dieses Verfahren tangiert keineswegs die Chancengleichheit der Bewerber. Es vereinfacht und bündelt in demokratisch zulässiger Weise Wahlgänge, ohne die Freiheit der Kandidatur und ohne den Zählwert der Stimmen zu beschränken. Parteiintern gab es dazu auch keinen Streit.

Der Wechsel vollzog sich ab Platz 31 demnach einvernehmlich, jedenfalls ohne weiteren Einspruch. Demokratische Wahlgrundsätze und die Chancengleichheit aller Bewerber wurden vollumfänglich eingehalten. Die Versammlung ist frei, das Aufstellungsverfahren selbst zu wählen, solange nicht Kernbestandteile demokratischer Natur verletzt wurden. Das wurden sie nicht! Hier findet sich auch nichts weiter in der dürftigen Presseerklärung des Landeswahlausschusses. Hat sich hier der Wahlausschuss, in seinem Bestreben, eine Erbse unter der Matratze zu finden, buchstäblich verzockt?

Wie üblich wurden Meinungen von professoraler Seite eingeholt, die medial wirksam die Entscheidung des Landeswahlausschusses zu bestätigen scheinen. Der vom MDR aufgebotene Staatsrechtler Professor Jochen Rozek glaubt, einen gravierenden Mangel im Wechsel des Nominierungsverfahrens zu sehen. Warum, lässt er jedoch offen. Selbst wenn der Übergang zur Gruppenwahl vor weiteren Wahlgängen hinterer Plätze gefasst wurde, ist nirgends ein Hinweis darauf auffindbar, dass Parteimitglieder gegen diese Handhabung sich an die Parteischiedsgerichte oder an den Landeswahlleiter gewandt hätten. Da wird Professor Martin Morlok zitiert, der sich für strengste Beachtung formaler Vorgaben ausgesprochen hat. Das bringt uns hier jedoch nicht viel weiter, da eben die formalen Gesichtspunkte keine Mängel aufweisen. Und sein Hinweis, dass derartige Fehler wie seinerzeit in Hamburg 1991 vermieden werden müssten, ist vollkommen abwegig, da gerade von einem undemokratischen Verfahren, unter Missachtung der Kernbestandteile demokratischen Wahlrechts in Sachsen, nicht ansatzweise die Rede sein kann.  

Um Ermessen darf es nicht gehen. Richtig! Denn der Landeswahlausschuss hätte die Kandidatenliste bis einschließlich Platz 60 vollumfänglich zuzulassen, da gravierende Mängel nicht ansatzweise ersichtlich sind. Würde dieses Verhalten Schule machen, droht in Zukunft jeder Partei eine Mehrheitsentscheidung mittels herbeiphantasierter Mängelrügen in Wahlausschüssen und gravierende Einflussnahmen auf Bewerberlisten oder gar auf die Zusammensetzung eines Parlaments oder, wie hier, auf die Bildungsmöglichkeit einer Regierung. Genauer: Parteienvertreter entscheiden über den Umfang ihrer Konkurrenz. Ach was. Gibt’s nicht? Doch!  

Alles im Eimer

Was benötigt wird, ist die Klärung solcher Fragen „vor“ und nicht „nach“ einer Wahl. Wenn die Mitglieder im Wahlausschuss – in ihrem Taumel, die AfD mal so richtig an die Wand klatschen zu können – zu einem fragwürdigen Ergebnis sich haben hinreißen lassen, belegt dies zudem das Erfordernis einer Eilbeschwerde- und Prüfungsinstanz vor der Wahl, nötigenfalls vor einem Verfassungsgericht. So, wie jetzt in Sachsen, ist „alles im Eimer“ –  veranlasst durch vielleicht allzu Überschlaue. 

Denn einerseits fragt man sich, ob ein Verfassungsgericht noch vor der Wahl den Beschluss des Landeswahlausschusses kassieren kann und wird. Dieser würde sämtliche Parteivertreter im Landeswahlausschuss desavouieren, als Objektivität vermissende Politikhansel, die aber auch alles tun, um der ungeliebten Igitt-Partei AfD und ihren Vertretern Schaden zuzufügen. 

Nach der Wahl würde, rein faktisch, zwei oder drei Jahre gar nichts passieren, da wie immer das Parlament sich viel Zeit ließe mit seiner Bewertung, die wieder kaum anders ausfallen würde als diejenige des Landeswahlausschusses jetzt. Würde dann eine Beschwerde vor einem Verfassungsgericht Erfolg haben, wäre der Beleg der Willfährigkeit nachträglich erbracht, der Schaden für die Demokratie immens. 

Das Vertrauen in Wahlausschüsse und in ihre objektive Handhabung ist – in geradezu absurder Weise – momentan vollends an die Wand gefahren worden. Man stelle sich nur einmal vor, wie im Herbst aufgrund frei gebliebener Sitze eine vom Wahlergebnis abweichend geringere Parlamentsmehrheit bei der Wahl des sächsischen Ministerpräsidenten ausreicht. 

 

Markus E. Wegner  galt zu Beginn der 1990er Jahre als Hamburger CDU-Rebell. Er erwirkte beim Hamburgischen Verfassungsgericht die Aufhebung der Landtagswahl zur Hamburgischen Bürgerschaft wegen undemokratischer Kandidatenaufstellungen in der Hamburger CDU und zog anschließend 1993 mit der von ihm spontan gegründeten Wählervereinigung STATT Partei in die Bürgerschaft ein – er saß dort einige Jahre dem Ausschusses für Verfassung, Wahlprüfung und Geschäftsordnung vor.

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Eberhard Berger / 13.07.2019

In der Medieninformation LWL 16/2019 der Landeswahlleiterin vom 05.07.19 heisst es: >> Die Landesliste der AfD wurde in 2 Versammlungen im Februar und im März 2019 aufgestellt. Der Ausschuss hatte zu entscheiden, ob dies als eine einheitliche Aufstellungsversammlung angesehen werden kann oder ob der Gesamtablauf für zwei getrennte Versammlungen spricht. Mit den anwesenden Vertretern der AfD wurde die Sach- und Rechtslage ausführlich diskutiert. „Letztlich stand für die Mitglieder des Ausschusses nicht sicher fest, dass es sich um eine einheitliche Versammlung gehandelt hat“, erklärte Carolin Schreck weiter. Der Ausschuss hat daher entschieden, die Landesliste mit den Listenplätzen 1 bis 18, so wie sie in der ersten Mitgliederversammlung im Februar 2019 aufgestellt war, zur Landtagswahl zuzulassen. << Die Landeswahlleiterin gibt also offen zu, dass der Wahlausschuss einen Ermessensspielraum hatte und diesen zuungunsten der AfD genutzt hat. So geht Demokratie heute.

Manfred Lang / 13.07.2019

Die drei Artikel („Warum der Bürger…“, „Rechts das neue Dick“ und „Wie die Sachsenwahl…) haben im Grunde ein gemeinsames Leitthema, nämlich die Erosion des Rechtsstaates und der Demokratie. Die Sündenbocktheorie von Dr. Frank beschreibt den Mechanismus der Ausgrenzung mit Hilfe der Stigmatisierung als „Rechts =Rechtsextremismus“, das von den Altparteien und deren Korona aus willfährigen Medien, Kirchen und Sozialverbänden gerne aufgegriffen und bedient wird. Demokratischer Diskurs und Debattenkultur werden durch moralinsaure Haltung ersetzt. Dort, wo der Wähler das letzte Wort haben könnte, nehmen sich die parteipolitischen Funktionäre im Landeswahlausschuss die Frechheit heraus, eine demokratisch zustande gekommene Landesliste der AfD für rechtswidrig zu erklären. Wohlwissend, dass die gerichtliche Klärung erst nach der Wahl möglich sein und viele Jahre dauern wird. In der Zwischenzeit können die Mainstreamparteien munter weiterregieren. So ersetzt man das materielle Recht der Wahlgesetze durch Verfahrensrecht und stellt den Sinn und das Ziel der Wahlgesetze auf den Kopf. Vergleichbares geschieht, wenn der Rechtsstaat seine Gesetze nicht mehr durchsetzen kann, weil bei Strafgerichten wegen des Personalmangels Delikte „unterhalb von Mord und Totschlag“  nur noch unzureichend zur Anklage kommen, Kleinkriminalität wie Diebstahl etc. kaum mehr. Fahrraddiebstähle oder Beschädigung des Autos mit anschließender Fahrerflucht werden zwar von der Polizei zu Protokoll genommen, aber mit sehr wenig Aussicht auf Erfolg quittiert. Verwaltungsgerichte stöhnen wegen Überlastung, z.Zt. wegen Klagen gegen den nicht bewilligten Aufenthaltsstatus von Flüchtlingen. Politisch ist das vermutlich gewollt. Denn dann schaut der Richter nicht so genau hin. Der Normalbürger wartet Jahre auf sein Verfahren. Wenn unser Rechtsstaat erodiert (wird), dann erodiert auch unsere Demokratie. Ohne funktionierenden Rechtsstaat herrscht das Faustrecht, das Recht des Stärkeren.

Bjoern M. Nagel / 13.07.2019

Die Sachsen sollten sich genau überlegen ob sie Politiker wünschen, die Teile der alte SED-Diktatur wiederbeleben! Diktatur fängt nämlich mit Willkür an und endet damit, das keine staatliche Instanz dieser Willkür mehr Widerstand leistet. Wenn die Listenplätze 19- 60 gestrichen werden - weil man die demokratischen Rechte der Mitglieder der AfD gefährdet sieht - dadurch der gesamten Partei um die demokratische Chancengleichheit bringt, dann ist das politische Willkür und keine Demokratie. Und wenn weiter die Machthaber willkürlich der Opposition die demokratische Chancengleichheit mit bürokratischen Tricks verwehren können und die Wähler, den Souverän des Staates selbst um das Gewicht ihrer Stimmen betrügen, und wenn VOR der Wahl keine Abhilfe gegen diese Demokratieverzerrung zugunsten der Regierenden möglich ist, ist dann das nicht schon ein Versuch, die öffentliche Ordnung zu beseitigen? Und wenn diese Willkür gegen die AfD ungeahndet angewand werden kann, dann bedeutet das, dass diese Willkür immer stärker betrieben wird, wie wir aus der Geschichte, vor allem der Eigenen gelernt haben müssten. In dieser, unseren Republik stellt anscheinend niemand die richtigen Fragen mehr…  

Steffen Huebner / 13.07.2019

Die BRD entwickelt sich in Richtung Diktatur - so ähnlich ein Artikel in der NZZ. Erinnert mich alles an Erdogan. Sollte es bei diesem wohl faktischen Wahlausschluß hundertausender Wähler in Sachsen bleiben, deren Stimme damit wohl gleich in den Abfalleimer landet, muß man den Sächsischen Landtag und die daraus folgende Landesregierung wohl als illegitim ansehen. Es geht völlig in Ordnung, wenn der Bürger nachfolgende Verordnungen & Gesetze nach seinem Belieben befolgt oder auch nicht (Ziviler Ungehorsam).

Wolfgang Lang / 13.07.2019

Das Verhalten der Altparteien und ihrer Lakaien wird immer demokratiefeindlicher. Könnte aber so gewollt sein.

Marc Blenk / 13.07.2019

Lieber Herr Wegner, die neue nationale Einheitsfront versucht vehement, die Demokratie in Deutschland abzuschaffen. Und es fängt dort an, wo es vor 30 Jahren aufhört: In Sachsen. Diese Wahl im Herbst wird in die politische Geschichte Deutschlands eingehen. So oder so. Deutschland bräuchte inzwischen Wahlbeobachter. Hier werden wie in Hessen und NRW Stimmen unterschlagen und nun will man durch Winkelzüge eine ganze Partei und ihre Wähler ihrer demokratischen Rechte berauben. Und dann regt man sich sich über Erdogans Türkei auf. Wie man auch bei dem Rothschen Hammelsprungskandal sehen kann, funktionieren die checks and balances in Deutschland überhaupt nicht mehr. Die herrschaftsgewohnten Parteien haben sich den Staat Untertan gemacht und jeder Störenfried wird weggebissen. Die Entziehung bürgerlicher Rechte für Träger unliebsamer Meinungen steht schon im Raum.  Die Demokratie wird von innen ausgehöhlt.

Gabriele Kremmel / 13.07.2019

Man kommt zu dem Eindruck, dass den Protagonisten, die sich aktiv und ziemlich kreativ an der AfD-Verhinderung beteiligen der Vorwurf einer Beschädigung der Demokratie ziemlich schnuppe ist, sofern er sich nicht im persönlichen Verlust von Amt, Würden und Diäten oder sonstigen Vergütungen niederschlägt. Da sich parteiübergreifend alle in dem selben Ziel einig zu sein scheinen, wird es auch voraussichtlich keine Folgen haben, eine Partei auf unlautere Weise an der Vertretung des Wählerwillens zu hindern - ob wissentlich oder unwissentlich undemokratisch.

Michael Behrmann / 13.07.2019

Wenn die “Entscheidung der Vertreter der Konkurrenzpartien nach langer Diskussion” tatsächlich 3 Stunden gedauert hat, dann gibt mir das zu denken. Denn es wird ja vom Wahlausschuss auf einen formalen Fehler verwiesen, und dazu braucht man tatsächlich nur 10 Minuten. Also was tat sich da hinter verschlossenen Türen? Drei Stunden lang? Es waren ja nur die Konkurrenzparteien anwesend, nicht die AfD selbst. Das heißt, es muss lange hin und her gegangen seien zwischen, sagen wir es vereinfachend, Anständigen und Kadern. Letztere haben gewonnen, wie wir wissen. Das ist es, was mir am meisten Angst macht, was unsere Demokratie anbelangt.

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