Von Joseph Manson.
Der Autor war Professor für Anthropologie an einer Universität in Los Angeles. Hier beschreibt er seine Gründe, der Universität den Rücken zu kehren. Sie liegen nicht nur in woker Cancel-Culture, sondern auch in den antizionistischen Umtrieben in der Academia.
Ich gehe als Professor im Alter von 62 in den Ruhestand, weil die Woke-Ideologen an den Unis das akademische Leben zerstört haben.
Was war bei mir anders als zuvor schon bei Jordan Peterson, Peter Boghossian, Joshua Katz oder Bo Winegard?
Bei mir lief es so: Ich bin seit 1996 ordentlicher Professor in der Abteilung für Anthropologie an der UCLA [University of California, Los Angeles, Anm. d. Red.]. Meine Forschung umfasst Themen wie das Verhalten von Primaten bis hin zur Variation der menschlichen Persönlichkeit. Seit Jahrzehnten gibt es innerhalb der Anthropologie schwere Konflikte zwischen wissenschaftlichen und aktivistischen Fraktionen. Das führte dazu, dass sich viele Abteilungen aufspalteten, aber in der UCLA blieb es bis in die späten 2000er Jahre sehr friedlich und offen. Durch die Rekrutierung immer weiterer Verfechter der „kritischen“ (d.h. linksextrem-postmodernistischen) Anthropologie, die teilweise während der Vorstellungsgespräche ihre Gesinnung verbargen, nahm die aktivistische Clique überhand. Daraufhin rekrutierten sie noch extremere Doktoranden.
Ich kann leider keine vollständige Darstellung über die Verlogenheit und die Einschüchterungstaktiken dieser Aktivisten geben, das meiste davon fand vertraulich statt (häufig bei Beförderungen und Rekrutierung). Aber ich möchte auf die öffentliche Demütigung meines Kollegen P. Jeffrey Brantingham verweisen. Jeff hatte Simulationsmodelle zur örtlichen und zeitlichen Analyse städtischer Kriminalität entwickelt, die er an die Polizei vermarktete. Im Frühjahr 2018 verabschiedete die Anthropology-Graduate-Studentenvertretung (AGSA) eine Resolution, in der Jeff mit seiner Forschung unter anderem beschuldigt wurde, „die Kriminalisierung des Schwarzseins in den USA zu verankern und zu normalisieren“. Der Vizekanzler wurde aufgefordert, Jeffs Forschung zu „prüfen“. Diese Resolution enthielt keine wissenschaftlichen Argumente, stattdessen ähnelte der Vorgang mehr einer religiösen Verbannung.
Natürlich ist Jeff kein Rassist, sondern ein linker Demokrat. Die „Prüfung“ durch den Vizekanzler kam nie zustande, aber die AGSA-Resolution und ihre Nachwirkungen erreichten ihr eigentliches Ziel: Jeff, einer der hilfbereitesten Mitglieder der Abteilung, sollte als Paria gesehen werden. Er unterrichtete (bis heute) einen Kurs „The Ecology of Crime“, der stets mehr als 150 Studenten anzog und hervorragende Beurteilungen erhielt. Dieser Kurs war Teil des Studiengangs soziokultureller Anthropologie. Die Woke-Fraktion verbot ihm aus kleinlicher Bosheit oder auch im Dienste einer rituellen Säuberung, die Kursnummern der soziokulturellen Anthropologie zu verwenden. Jeff bot den Kurs weiterhin an.
Der Typ im Büro nebenan ist das gesellschaftliche Problem
Obwohl Jeff nicht mehr an Fakultätssitzungen teilnahm und auch in jeder anderen Hinsicht seine Stigmatisierung akzeptierte, waren seine Peiniger noch nicht fertig mit ihm. Anfang März 2020 erschien dieser Flyer in den Fluren der Abteilung für Anthropologie („Predpol“ heißt Jeffs Software). Das „Institute for Inequality and Democracy“ ist eine linksextreme UCLA-Abteilung, geführt von Vize-Direktorin Hannah Appel; der Mob zur Diffamierung von Jeff wurde also von einer Kollegin mitinitiiert. Wenige Tage später überschattete der Lockdown alles Weitere, und die polizeifeindlichen Demonstranten hatten nach der Tötung von George Floyd Wichtigeres zu tun. Dennoch blieb Jeff eine Hassfigur der Woke-Fraktion.
In September 2020, während eines Webinars mit dem Titel „The Case for Letting Anthropology Burn?“ verunglimpften ihn viele Doktoranden und forderten weitere Maßnahmen gegen ihn. All das erinnert an eine Beobachtung des großen psychologischen Anthropologen Roy D'Andrade aus dem Jahr 1995: „Ist es nicht komisch, wenn sich herausstellt, dass das wahre gesellschaftliche Problem der Typ im Büro nebenan ist?“
Jeff wurde nicht nur diffamiert, er wurde auch ausgegrenzt: Keiner sprach mehr mit ihm. Gleichzeitig begann unser Abteilungsleiter, die meisten Fakultätssitzungen damit zu betonen, dass unsere Abteilung eine Familie sei und „wir füreinander da sind“. In privaten Gesprächen stimmten mir einige meiner Kollegen zu, dass die Woke-Fraktion Jeff abscheulich behandelt hatte und wir mehr einer dysfunktionalen Familie ähnelten. Dieses allgegenwärtige institutionelle Doppeldenken war teils das Ergebnis von Jeffs eigener Entscheidung, jeden offenen Konflikt zu vermeiden. Als ich ihm anbot, ihn öffentlich zu verteidigen, dankte er mir, bat mich aber höflich, mich herauszuhalten. Der Haupttreiber dieser Heuchelei war aber die Angst vor der Willkür der Woke-Fraktion.
Durch Online-Mobbing sabotierte Karrieren
Anzeichen dieser Angst sind überall: Zum Beispiel beim Umgang mit standardisierten Aufnahmetests wie dem GRE. Obwohl ein Kollege den GRE als den aussagekräftigsten Teil einer Bewerbung betrachtete, sah er für uns keine andere Möglichkeit, als für dessen Abschaffung zu stimmen. Sonst würde man uns als Rassisten ansehen. Ich habe als Einziger gegen die Abschaffung des GRE-Tests gestimmt. Ein anderer Kollege benutzte bewusst das Wort „Latinx“, obwohl die Rednerin sowohl sich selbst als auch ihre Forschungsthemen als „Latinas“ bezeichnet hatte und er selbst zuvor spöttisch die Meinungsumfragen erwähnte, laut denen nur eine kleine Minderheit der hispanischen Amerikaner als „Latinx“ bezeichnet werden will.
Auch außerhalb der anthropologischen Abteilung zeigt die UCLA als Ganzes alle Anzeichen der Woke-Ideologisierung, die mittlerweile innerhalb der US-Unis typisch sind. Dissidenten werden bestraft: Der emeritierte Professor Val Rust (Graduate School of Education) wurde vom Campus verbannt, die Forscher James Enstrom (Environmental Health Sciences) und der Dozent Keith Fink (Communication Studies) wurden suspendiert. Gordon Klein holte sich Rechtsbeistand, nachdem er im Frühjahr 2020 von der Business School der UCLA suspendiert worden war, weil er sich geweigert hatte, rassenbasierte Bewertungskriterien zu verwenden.
Er wurde rehabilitiert und verklagt nun die UCLA. Absichtserklärungen, wie man sich selbst bei allen Unternehmungen für „Diversity, Equity and Inclusion“ einsetzen will, sind für alle obligatorisch. Als Empfehlung zur „Anerkennung der Geschlechter“ fordert eine Task Force Updates für die Lehrbücher zur „Inklusion von nicht-binären und intersexuellen Identitäten in Biologiekursen für Ärzte.“ Ist das eine Aufforderung, die Binarität der menschlichen Geschlechtsbiologie zu leugnen? Die Erfahrungen des ehemaligen Evolutionsbiologen Colin Wright deuten darauf hin. Wegen seines Widerstands gegen Behauptungen, dass das „biologische Geschlecht ein kontinuierliches Spektrum sei und biologisch männlich und weiblich lediglich soziale Konstrukte wären“, wurde Wrights akademische Karriere mittels Onlinemobbing sabotiert.
Antizionismus und Israel-Bashing
Genau wie andere US-Elite-Universitäten ist auch die UCLA geprägt von Antizionismus, also leicht zu enttarnendem Judenhass. Im Mai 2019 lud meine Kollegin Kyeyoung Park die Professorin Rabab Abdulhadi als Gastdozentin ein. Laut Abdulhadi sei Zionismus eine Form weißer Vorherrschaft, was viel Streit entfachte. Im Gegensatz zu Rust, Enstrom, Fink, Klein oder Brantingham wurde Park als mutige Kämpferin der Wissenschaftsfreiheit gefeiert; auch die AGSA stimmte mit Abdulhadi überein. Vor kurzem veröffentlichte die Fakultät für asiatisch-amerikanische Studien eine Erklärung, in der Israel des Siedlerkolonialismus, der Apartheid usw. bezichtigt wurde.
Verletzt es unabhängig vom Inhalt nicht die akademische Freiheit einzelner Professoren (und von allen, deren Karriere von den Empfehlungen der Fakultät abhängt), wenn eine gesamte Abteilung im Namen aller ihrer Mitglieder auf diese Weise Stellung bezieht? Gemeinsam mit mehreren jüdischen Mitarbeitern beschwerte ich mich aus diesem Grund erfolglos bei der Universitätsleitung.
Wie Doris Day einst sang, kann man die Zukunft nicht vorhersehen. Aber für die UCLA und die meisten anderen amerikanischen Universitäten lässt sich eines sagen: Die Willkür der Woke-Ideologie wird sich eher noch verschlimmern.
Die jungen Akademiker sind noch woker als die Älteren. Bürokraten und woke Studenten führen eine Art von Schauspiel auf: Inszenierte Studentenproteste dienen als Vorwand, um bereits zuvor beschlossene Regeländerungen zu legitimieren. Da es keine zuverlässige Aufnahmetests mehr gibt, wird es immer mehr Studenten geben, die erstens unfähig sind, akademische Leistungen zu erbringen und zweitens dazu motiviert sind, ihre Professoren zu denunzieren, da sie in der Aufnahme auch wegen ihres linksradikalen Aktivismus ausgewählt wurden. Bereits in den Schulen wird der Bildungsauftrag durch psychologisch schädliche politische Indoktrination ersetzt.
Die Unis können sich nicht mehr selbst heilen
Warum nicht bleiben und einfach durchhalten? Einer meiner zynischen Freunde, ebenfalls Professor, schlug mir das vor. Er hat aufgehört mit seinen Kollegen zu sprechen, lehnt es ab, in Ausschüssen zu arbeiten, und verbringt so viel Zeit wie nur möglich außerhalb der USA. Er hält es für dämlich, jetzt schon in Rente zu gehen. Vielleicht hat er recht.
Vielleicht bin ich selbst zu feige, diesen Weg zu gehen oder als ständiger Unruhestifter an meiner Universität durchzuhalten. Aber vieles spricht dafür, dass der Mainstream an US-Hochschulen moralisch und intellektuell bankrott ist. Die Unis sind weit jenseits der Möglichkeit einer Selbstheilung und daher kein Ort, an dem ich meine Zeit und Mühe verbringen kann und möchte. Der Aufstieg alternativer Institutionen wie der University of Austin und Ralston College ist ein positives Signal. Leider geschieht er viel zu langsam.
Ein Artikel von Liel Leibovitz aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „Get Out“ argumentierte, dass die zunehmend offenere Feindseligkeit amerikanischer Universitäten gegenüber Juden untrennbar mit der zunehmend dreisteren Ablehnung zweier zentraler Werte verbunden ist: Meritokratie und freie Debatte. Mit diesen Werten waren Unis im 20. Jahrhundert Orte, an denen Juden im Speziellen und neugierige, ambitionierte und aufgeschlossene Menschen im Allgemeinen gedeihen konnten. Im Jahr 2019 dachte ich noch, dass Leibovitz ziemlich übertreiben würde. Alles, was seit damals passiert ist, hat mir gezeigt, wie vollkommen recht er hatte.
Das war es: Ich bin raus. Was kommt nun? Ich werde die Zeit, die früher von der Universität in Anspruch genommen wurde, für meinen Blog nutzen. Lassen Sie sich überraschen.
Übersetzt von Achgut-Autor und Wokeness-Kritiker Adrian Müller.