Bereits vor 1989 gab es in der alten Bundesrepublik eine starke links-grüne Strömung. Und Kohl hätte wohl die nächste Wahl verloren, wäre nicht die deutsche Einheit gekommen. Diese links-grüne Strömung ist nun - dank entsprechender Medien - wieder obenauf und hat die politische Korrektheit (PC) wie ein Mehltau auf die Meinungsfreiheit gelegt. Letztere ist zwar noch vorhanden, aber viele Meinungen sind durch die PC moralisch diskreditiert worden. Das zeigt sich an Aussagen wie: “denen darf man keine Plattform geben”. Selbst wer aus rein naturwissenschaftlichen Gründen am menschengemachten Klimawandel zweifelt, wird durch den Begriff “Leugner” behandelt wie ein Holocaust-Leugner und damit wie ein Neonazi. Die Wende ist also tatsächlich nur halb geschafft worden - der bundesdeutsche Salon-Bolschewismus hat die Wende überstanden und schickt sich an, unter neuen Namen wie “Nachhaltigkeit”, “Klimagerechtigkeit” etc. ein pseudo-sozialistisches Dogma als Staatsdoktrin zu verankern. Schade, dass dies die Bürgerrechtler nicht erkennen wollen.
Je öfter ich den Artikel lese um, so zorniger werde ich. Gregor Gysi ist der richtige Gast für 30 Jahre friedliche Revolution in der Peterskirche in Leipzig. Nächstes Jahr wünsche ich euch Anetta Kahane und im Jahr darauf Egon Krenz. Wers dann noch nicht kapiert hat, tut mir leid. Ihr Rotwein Sozialisten und Nutella Kommunisten.
Auch wenn der Autor dem folgenden Satz eine Herabwürdigung der Rolle der Opposition in der Gott sei Dank verblichenen DDR zuordnet, bleibt gültig. Die DDR war finanziell am Ende. Der Schutz des Großen Bruders wurde von Gorbatschow abgezogen. Die Flüchtlingsbewegung war nach der “Öffnung” der Grenze zu Österreich durch Ungarn nicht mehr zu stoppen. Die Aufrechterhaltung des Wiedervereinigungsgebotes des Grundgesetzes war ein weiterer Knackpunkt, der ein Gelingen der “Wende” oder wer so will der “Friedlichen Revolution” erst möglich machte. Die Proteste konnten ihre Wirkung nur vor dem Hintergrund dieser ganzen Palette Wirkung erreichen. Ohne Ungarn, ohne Wiedervereinigungsgebot, ohne Bush, ohne Flüchtlinge, ohne finanziellen Bankrott, würde dieses System weiterbestehen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). So weit und jetzt zu Punkt zwei: Es drohen heute kein Stasi-Knast, kein Hohen-Schönhausen. Aber die alten Kader tragen (seit Stolpe) Regierungsverantwortung in der Bundesrepublik. Die Parlamente sind durchsetzt von Zuträgern (ausweislich Hubertus Knabe), es winkt die gesellschaftliche Ächtung, sich für die falsche Seite zu outen, Die Straße (Antifa) verhindert Demonstrationen, ein ÖRR ohne Binnenpluralismus wirkt als Machterhaltungsinstrument, Rassismus als Totschlagsargument, genauso wie die Nazi-Keule. Der Konsens, der alten Republik gegen alle Extremismen, gegen den von rechts und den von links, wurde aufgegeben. Die Schule als “Schule gegen Rassismus” instrumentalisiert Kinder, nimmt Kinder in Geiselhaft. Nun, wenn wir keine DDR II haben, zugegeben und konzediert. Aber was wir haben, reicht aus, um die Freiheit beschädigt zu sehen. Feinde des Eigenen, die Deutschland-Verrecker-Brüller, die Gegner der Einheit, nachzulesen, wie Steinmeier, wie Roth, wie Trittin dominieren. Ein Polizistenklatscher avanciert zum Elder-Statesmen. Es herrscht Demokratie, die Diktatur der Mehrheit. Das Grundgesetz will etwas anderes: die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Der AfD-Wahlkampf-Slogan “Vollende die Wende!” ist pfiffig und findet meine ungeteilte Zustimmung. Dass er hysterische Reaktionen bei den Etablierten auslöst, geht in Ordnung. Wie man aber auf den Gedanken kommen kann, Herrn Höcke wegen seiner späten Geburt und seiner westlichen Sozialisierung das Recht abzusprechen, solche Gedanken glaubwürdig zu vertreten, ist mir schleierhaft. Dass Egon Krenz mit dem Begriff von der Wende etwas anderes gemeint hat, ist heute nicht mehr von Belang. Wende wird allgemein synonym mit der Friedlichen Revolution verstanden, alle wissen, was gemeint ist. Und ohne Frage ist die Wende nicht vollendet, betrachtet man die Tatsache, dass die Täter aus dem SED-Bonzenstaat DDR sanfter in der vereinigten Bundesrepublik landeten als die Dissidenten. Als Mitglied des Neuen Forums habe ich gespürt, dass mit dem Mauerfall die östliche Opposition enorm geschwächt wurde. Den Rest bekam sie durch die Fusion mit den Grünen zum Bündnid90! Nicht wenige NF-Mitglieder haben vorausgesehen, dass mit diesem Bündnis die “Wende” gestoppt war. Den Stab der Friedlichen Revolution hat die AfD nun aufgenommen. Nicht mehr und nicht weniger!
Der Missbrauch (oder Gebrauch, je nach Meinung) der Geschichte ist so alt wie die Geschichte selbst, man kann fast sagen, Geschichte ist dazu da, missbraucht zu werden oder anders: der Ursprung der Geschichtsschreibung ist die Manipulation der Gegenwart. Wer verlangt, dass dies nicht geschehen dürfe, äußert sich zwar - als Historiker im Rankeschen Sinn - wissenschaftlich integer, verkennt aber, dass für die politischen Auseinandersetzungen und Richtungsstreite die sogenannte historische Wahrheit gar nicht von Interesse ist. In einer politischen Auseinandersetzung - im Wahlkampf allzumal - sind alle Argumente, die irgendwie geeignet scheinen, die “Stimmung” von Wählern zu beeinflussen, insbesondere solche, die auf emotionaler Ebene den Wähler ansprechen, dem Wahlkämpfer zu Nutzen. Er wird immer versuchen, auch die Geschichte (oder das, was er glaubte, dass der Wähler dafür hält) zu verwenden, um auf den Wähler auf der Gefühlsebene anzusprechen und dazu zu bewegen, ihn und seine Partei zu wählen. Dass sich diese Methodik der Propaganda mit den Ergebnissen der Wissenschaft beißt, liegt auf der Hand. Der Streit darum, wer “richtig liegt”, ist auch nicht ein Streit der Historiker, sondern von Wahlkämpfern, der Streit um die Deutungshoheit der Geschichte ist damit Teil des Wahlkampfes selbst, denn er auch mobilisiert und emotionalisiert und hilft, “die Reihen zu schließen”. Dass sich Historiker in diese Debatte einmischen, ist absurd. Selbstredend hat die BRD 2019 nichts mit der DDR 1989 gemein, das ist eine Banalität. Die Botschaft muss deshalb aber - in politischer Hinsicht - nicht falsch sein. Oder anders gesagt: Nur weil ich meine Argumente mit einem schrägen historischen Vergleich untermauere, ist mein Argument deshalb nicht weniger wert (als politisches), wenn es auch im Hinblick auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden der reine Unfug sein mag.
Ich gebe Herrn Stefan Zorn vollkommen recht, dass Donald Reagan den Umbruch im sozialistischen Lager be- wirkt hat. Ich hatte als DDR-Bürger während einer Bahnfahrt einen Amerikaner gesprochen, der in Westberlin für seine Universität in Washington Studenten werben wollte. Und so kamen wir für mich nicht ganz ungefährlich, denn es war noch ein allerdings für mich als ungefährlich eingeschätzter Kollege dabei, der sich aber aus Angst schlafend stellte, ins Gespräch. Es hätte immerhin auch ein Provokateur sein können, zumal er vollkommen deutsch sprach. Nach einiger Zeit sagte er mir damals, dass es Reagans Ziel wäre, die Sowjetunion totzurüsten, was ich damals angesichts der diktatorischen Möglichkeiten des Ostblocks kaum glauben konnte.
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Für den markanten Satz mit der “Resterampe der Revolution” gibt es doch bestimmt einen passenden Journalistenpreis? Leider sind ein paar wichtige Personen aus jenen Tagen schon verstorben, die heute sicher die richtigen Antworten finden würden. Das Merkwürdigste an diesen Vorgängen sind die “Oppositionellen”. Das wurde man im Jahre 1990, wenn es eine Opferakte gab oder beispielsweise einen Fluchttatbestand bzw. einen solchen Versuch. Doch 90% von denen waren in der DDR bis dahin ganz normale Staatsbürger. Ich nehme es keinem Wessi übel, der das nicht sofort verstehen kann. Andererseits hatten es alle, die mit dem Staat und seiner Ideologie im realen Leben überkreuz lagen, nach der Wende außerordentlich schwer, wenn sie nie im Knast oder auf der Flucht gewesen waren. Von mir etwa existierte nur eine ganz bescheidene Vorlaufakte, die mir nach der Wende im Original zugesandt wurde, und in der alles fehlte, was mir zur Beantwortung aller offenen Fragen wichtig gewesen wäre. Ich habe nie etwas in die Hand bekommen, das sich auf der besagten Resterampe entschädigungsmäßig hätte verwerten lassen. Und die Akte meines Vaters, die ich aufgrund von durch hiesige SED-Altlasten in die Welt gesetzten Gerüchten einzusehen beantragt hatte, die kam mit der Post als völlig leerer Hefter hier an. Der Witz daran ist, man konnte das nicht einmal auf eine Stümperei der Gauck-Behörde zurück führen. Es war im System schon so angelegt. Darum bin ich vorsichtig schwerhörig, wenn ich das mit den “800 Oppositionellen” vernehme, ich weiss, es ist zum Teil nachträglich “gefühlte” Opposition, es gibt Leute, die sowohl im Knast und auf der Flucht waren, jedoch niemals in irgend einer Weise politisch aktiv. Aber wozu das jetzt aufwärmen, in drei, vier Monaten ist dieser Propagandaakt “30 Jahre Revolution” vorbei und auch für keine Partei noch von Nutzen.
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