Terror als Zeichen der Schwäche

Der Krieg in der Ukraine ist mittlerweile in seinen zehnten Monat eingetreten. Für Moskau kommt der Feldzug einem Desaster gleich. Was bleibt, sind ein Informationsembargo des Kremls, wütende Vergeltungsangriffe und sich abwendende Verbündete.  

Nach den katastrophalen Niederlagen gegen Japan (1905) und dem ruhmlosen Abzug aus Afghanistan (1989) dürfte der russische Krieg in der Ukraine einst als weiterer großer Fehlschlag in die Militärgeschichte des Landes eingehen. Als kurzfristige Operation geplant, trug die Kampagne von Anfang an alle Kennzeichen einer schlecht vorbereiteten Unternehmung, die zudem weitgehend auf falschen Prämissen basierten. Der russische Generalstab schätzte das eigene Potenzial ebenso falsch ein wie die Widerstandsfähigkeit der ukrainischen Streitkräfte. Im Ergebnis steht ein langfristiger Krieg, durch den sich Moskau in die schwerste Krise seit 1945 gestürzt hat. Die Verantwortung dafür trägt zuvorderst Wladimir Putin. 

Das Scheitern des russischen Militärs lässt sich vor allem an zwei Indikatoren festmachen. Dazu zählen die personellen bzw. materiellen Verluste ebenso wie die Fläche des von der Ukraine zurückeroberten Staatsgebietes. In beiden Bereichen kann Moskau keine Erfolgsmeldungen vorweisen. Überschattet werden die Rückschläge von einem Kampf jenseits der Front. Seit dem 24. Februar 2022 tobt eine Propagandaschlacht im Netz, in der Teilnehmer darüber streiten, wie hoch die russischen Verluste tatsächlich sind.

In Telegram-Gruppen wie „Finde die Deinen“ haben ukrainische Blogger seit dem ersten Kriegstag Fotos von getöteten russischen Soldaten veröffentlicht und dabei immer auch deren Wehrpässe und Ausweisdokumente hochgeladen. Flankiert wurde dies durch die regelmäßigen Meldungen des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Schnell stellte sich der Eindruck ein, dass der Blutzoll auf russischer Seite immens war. Unabhängig überprüfen ließen sich diese Angaben nicht. Klar war jedoch, dass sie für den Kreml und seine Erzählung von einer speziellen Militäroperation als Akt der Selbstverteidigung eine Gefahr darstellten. 

Immer wieder fielen auch sehr junge Rekruten

Das russische Verteidigungsministerium indes hat die ukrainischen Daten über Verluste stets als Fake News zurückgewiesen, sich zugleich aber kaum detailliert geäußert. Eine frühe, an ein internationales Publikum gerichtete, jedoch nebulöse Äußerung dieser Art stammte von Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow. Am 7. April 2022 veröffentlichte der britische Sender Sky-News ein Interview, worin Peskow unterwartet hohe Verluste einräumte und dies als Tragödie bezeichnete. Obwohl sich das tatsächliche Ausmaß damals nicht genau bestimmen ließ, schockierte vor allem die Erkenntnis, dass aufseiten der Russen immer wieder auch sehr junge Rekruten fielen. Das zumindest ging aus den Veröffentlichungen bei Telegram zweifelsfrei hervor. Betroffen waren vor allem Angehörige der Jahrgänge 2000 bis 2003, die nie einen anderen Präsidenten erlebt haben als Wladimir Putin. 

Peskows Statement war jedoch nicht die erste Einlassung zu dem Thema durch offiziöse russische Stellen. Zwei Wochen zuvor hatte sich das Verteidigungsministerium am 25. März 2022 erstmals geäußert. Demnach hatten die in der Ukraine eingesetzten Truppen während der Kämpfe insgesamt 1.351 Tote und 3.825 Verwundete registriert. Diese Angaben konnten jedoch nicht recht zufriedenstellen, da sie keine Daten zur Nationalgarde, OMON und der Polizei enthielten, die im Gegensatz zum Heer nicht dem Verteidigungs-, sondern dem Innenministerium unterstehen. Zur mangelnden Vollständigkeit dürfte auch beigetragen haben, dass die Angaben wohl niedriger angesetzt waren als die tatsächlichen Verluste. Aus politischen Gründen durfte der Feldzug nur als räumlich begrenzte Spezialoperation beschrieben werden, bei der im Gegensatz zu einem richtigen Krieg natürlich nur überschaubare Verluste darstellbar waren. 

Dies dürfte mithin der Grund dafür gewesen sein, dass Andrej Kartapolow in seiner Funktion als Vorsitzender des Verteidigungsausschusses der russischen Staatsduma am 1. Juni 2022 verkündete, die russische Armee habe aufgrund eines „veränderten Konzepts für Kampfeinsätze“ praktisch keine Verluste mehr zu beklagen. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits ein Vierteljahr her, dass das Verteidigungsministerium öffentlich Angaben zur Zahl von Gefallenen und Verwundeten gemacht hatte. Im Juli 2022 trat sodann ein Gerichtsbeschluss in Kraft, der die Medien verpflichtete, sämtliche Berichte über in der Ukraine getötete russische Soldaten zu entfernen. Begründet wurde dieser Zwang mit angeblichen Verstößen gegen die russländische Verfassung sowie mit einer Zersetzung der Wehrkraft. 

Tot ist nur, wessen Leiche identifiziert wurde

Man darf annehmen, dass die neue Gesetzgebung maßgeblich mit den Erkenntnissen einer im Juni 2022 von der Zeitung „Projekt“ herausgegebenen Untersuchung zu tun hatte. Die auf der Auswertung von insgesamt 196 Lageberichten des russischen Verteidigungsministeriums basierende Analyse kam zu dem Ergebnis, dass die von Generalleutnant Igor Konaschenkow vorgetragenen Daten häufig falsch waren. Damit verbunden war der Vorwurf, die Zahl getöteter feindlicher Soldaten und deren Ausrüstung werde grundsätzlich zu hoch angegeben. Ebenso werde wiederholt die Einnahme derselben Siedlungen gemeldet und vielfach unklare Begriffe wie z.B. die „Anhäufung von Arbeitskräften und Ausrüstung“ verwendet. Besonders gravierend war der Befund, die Zahl vernichteter Flugzeuge übersteige deren tatsächliche Anzahl in der ukrainischen Luftwaffe.

Noch bedeutsamer ist das Folgende: Tatsächlich waren die russischen Behörden gar nicht dazu in der Lage, die Zahl gefallener Soldaten vollständig zu erfassen. Im Militär Russlands gilt ein Soldat grundsätzlich nur dann als tot, wenn seine Leiche identifiziert wurde. Soldaten, deren Körper im Kampf verschollen sind, werden hingegen nicht als Tote erfasst. Aus diesem Grund ist das Verteidigungsministerium nicht allzu erpicht darauf, die Leichen eigener Soldaten zurückzunehmen. Nach Angaben von Oleksij Arestowytsch befanden sich bereits im April 2022 mehr als 7.000 nicht identifizierte Leichen von russischen Soldaten im Besitz der ukrainischen Armee. Zur selben Zeit kamen Meldungen über mobile Krematorien auf, mit denen die Russen die Körper gefallener Soldaten beseitigten. Die hatten mutmaßlich damit zu tun, dass Moskau offenbar in großer Zahl Wehrpflichtige einsetzte – ein schwerwiegender Verstoß gegen die russländische Verfassung, den der Kreml später als organisatorischen Fehler eingestand. 

Davon abgesehen, dass sich die tatsächlichen Verluste an Menschen und Material auf beiden Seiten kaum definitiv feststellen lassen, lässt sich doch konstatieren, dass die Streitkräfte Russlands mit Verlusten zu kämpfen haben, die bei weitem über das Ausmaß hinausgehen, welches man im Generalstab bei Kriegsbeginn für möglich gehalten hätte. Das liegt ganz einfach daran, dass der Feldzug lediglich als kurzfristige Operation geplant war, wobei man nur in den ersten zehn Tagen mit nennenswertem Widerstand gerechnet hatte. Die heiße Phase sollte danach in eine dauerhafte Besatzung übergehen, wobei die ukrainische Regierung bereits nicht mehr im Amt gewesen wäre.

Auf einen gefallenen Soldaten dreieinhalb Verwundete

Da Moskau im April 2022 ein Informationsembargo zu Angaben über die eigenen Gefallenen auf dem Schlachtfeld verhängt hat, russische Soldaten zugleich aber erwiesenermaßen in großer Zahl getötet werden, hatte sich die BBC näher mit der Thematik befasst. Am 2. September 2022 veröffentlichte der russischsprachige Dienst des Senders in Zusammenarbeit mit der in Russland als ausländischer Agent geltenden Agentur „Mediazona“ die Namen von insgesamt 6.024 in der Ukraine getöteten Soldaten und Offizieren. Dabei handelt es sich um Todesfälle, die jeweils von offizieller Stelle bestätigt wurden. Dies betraf auch die Angaben in den Verzeichnissen von Friedhöfen, die sich seit dem 24. Februar 2022 in ganz Russland mit jungen Männern gefüllt haben. Gleiches gilt für Orte mit größeren Ansammlungen von Soldatengräbern, die oftmals nicht über die Behörden ermittelt werden können.

Von den 6.024 identifizierten russischen Militärangehörigen, die in der Ukraine getötet wurden, waren laut BBC insgesamt 1.025 Offiziere, darunter vier Generäle und 35 Oberstleutnants. Damit entsprach der Anteil der Offiziere insgesamt 17 Prozent. Aber auch die jüngeren Offiziersjahrgänge sowie die Anwärter auf diese Posten haben erhebliche Verluste erlitten, da ihnen die wichtigsten taktischen Entscheidungen auf dem Schlachtfeld obliegen und sie somit an vorderster Front stehen. Gleichzeitig sind die meisten von ihnen noch relativ jung und unerfahren, müssen aber bereits darüber befinden, wie sie die von der Führung gesetzten Ziele erreichen.

Darüber hinaus ist es der BBC gelungen, den Tod von 326 seit dem 22. September 2022 mobilisierten Rekruten zu belegen – keine einfache Aufgabe, bei einem Regime, das derartige Informationen streng unter Verschluss hält. Mittlerweile gelten die Tode von 9.311 russischen Soldaten als zweifelsfrei belegt. Nichtsdestoweniger weiß niemand, wie hoch die Anzahl der in der Ukraine Gefallenen tatsächlich ist. Die konservativste Schätzung besagt, dass die Verluste der russischen Armee und der Nationalgarde in der Ukraine mehr als 18.600 Personen betragen.

Dabei könnte die Gesamtzahl der unwiederbringlichen Ausfälle, womit neben den Gefallenen auch Verwundete gemeint sind, wenigstens 83.800 betragen. Diese Kalkulation basiert auf Untersuchungen des „US Center for Naval Analyses“. Die dortigen Experten gehen davon aus, dass auf einen gefallenen Soldaten dreieinhalb Verwundete kommen. Unberücksichtigt bleiben die Soldaten in den Reihen der Milizen der Volksrepubliken von Lugansk und Donezk. Dass ihre Todesfälle überhaupt systematisch dokumentiert werden, darf bezweifelt werden. 

Ein Drittel der Todesfälle geflissentlich ignoriert

Betrachtet man, welche Regionen Russlands am stärksten vom Sterben ihrer Soldaten betroffen sind, lässt sich folgender Befund erheben: Ende November wies die Region Krasnodar die höchste Zahl an bestätigten Opfern auf (407 Tote). Dennoch wurde über den Tod von 152 Personen (37 Prozent) weder in den Medien noch in den sozialen Medien berichtet. Ihr Schicksal konnte nur durch Nachforschungen auf örtlichen Friedhöfen festgestellt werden. Damit ist klar, dass die Behörden 37 Prozent der Todesfälle geflissentlich ignoriert haben.

Auf Platz 2 der am stärksten betroffenen Regionen steht die sibirische Republik Burjatien, der sich 348 Tote zuordnen lassen. Auf Platz 3 figuriert die nordkaukasische Republik Dagestan, wo es im Herbst zu gewalttätigen Protesten gegen die Mobilmachung gekommen ist. Im Vergleich dazu sind nur 50 Todesfälle aus Moskau bekannt, obwohl die Einwohner der Hauptstadt fast 9 Prozent der russischen Bevölkerung ausmachen. Trotzdem machen ethnische Russen die mit Abstand größte Gruppe der im Kampf gefallenen Soldaten Armee aus. Wer die Aktivitäten ukrainischer Kriegsblogger auf Telegram verfolgt, weiß, dass täglich neue Aufnahmen von getöteten Russen zu sehen sind. Natürlich stellen die annährend 10.000 Toten, deren Schicksal sich zweifelsfrei aufklären lässt, nur eine perspektivisch begrenzte Momentaufnahme dar. Gleichwohl lassen sich ihr die geltenden Verhältnismäßigkeiten anschaulich entnehmen. 

Während auf dem Schlachtfeld immer mehr russische Militärangehörige fallen und sich Moskau in eisernes Schweigen hüllt, gibt das Verteidigungsministerium der Ukraine täglich neue Zahlen zu den Verlusten des Gegners heraus. Zum 27. November 2022 soll Russland folgende Ausfälle zu beklagen haben: 2905 Panzer, 5856 Schützenpanzer, 1897 Artilleriegeschütze, 395 Raketenwerfer, 209 Luftabwehrgeschütze, 278 Flugzeuge, 261 Hubschrauber, 1555 Drohnen, 531 Marschflugkörper, 16 Schiffe, 4412 Fahrzeuge und Tankwagen und 163 Sonderfahrzeuge. Die personellen Verluste einschließlich Toter und Verwundeter gibt Kiew mit 87.310 an. Demnach wären am 26. November 2022 insgesamt 600 russische Soldaten gefallen. Es bleibt fraglich, wie Kiew diese Angaben so genau dokumentieren kann.

Während die tatsächlichen Zahlen also im Dunkeln liegen, besteht hingegen kein Zweifel daran, dass die Kampfmoral der russischen Truppen auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Vor wenigen Tagen kursierte ein neues Video im Netz, das unlängst mobilisierte Rekruten zeigt, die sich über mangelnde Ausrüstung wie verrostete Waffen und das Fehlen von Führung beklagen. In wütender Verzweiflung klagen sie ihre Vorgesetzten an, man habe sie einfach an die Front geworfen, ohne ihnen ein Ziel vorzugeben. Für den Kreml sind derartige Vorfälle bedrohlich, widerlegen sie doch das Bild der professionalisierten Armee Russlands. 

Terror ist schon immer das Mittel der Schwachen

Da durchschlagende militärische Erfolge ausbleiben, der politische Druck auf den Kreml jedoch wächst, bleibt dem russischen Generalstab nichts anderes übrig, als die Energieinfrastruktur der Ukraine zu zerstören. In Kiew waren zwischenzeitlich mehrere Millionen Menschen ohne Strom. Längst hat sich jedoch erwiesen, dass dieses Vorgehen nicht den Widerstandswillen der Ukrainer bricht, sondern vor allem dem Ansehen Russlands schadet. Terror ist schon immer das Mittel der Schwachen gewesen; dass Russland nun in großem Stil davon Gebrauch macht, kann daher als untrügliches Anzeichen dafür gelten, dass sich die Offensivkraft Moskaus weitgehend erschöpft hat. Gleiches gilt für die Kriegskasse des Kremls. Wenn es nach dem ukrainischen „Forbes“ geht, hat der Feldzug in der Ukraine bereits mehr als 82 Milliarden Dollar verschlungen, was fast einem Viertel des russischen Haushaltsbudgets für 2021 entspricht.

Die russische Regierung ist sich des wachsenden Unmutes in der Bevölkerung wohl bewusst. Aus diesem Grund hat sich Wladimir Putin am 25. November 2022 für zwei Stunden mit Müttern getroffen, deren Söhne in der Ukraine stehen. Bei der Inszenierung handelt es sich um ein bizarres Schauspiel, das noch gesondert zu besprechen sein wird. Entscheidend jedoch ist, dass die geladenen Frauen politisch hinter dem Kreml stehen. Eine kritische Aussprache über die Situation der Betroffenen ist daher nicht erfolgt. Tatsächlich basierte das Kalkül der Initiatoren lediglich darauf, der Bevölkerung zu suggerieren, der Präsident stehe mitfühlend an ihrer Seite. Inwieweit dies verfängt, wird sich zeigen müssen. 

Wie auch immer man die für Russland verheerenden Verlustzahlen interpretieren mag: Nach 9 Monaten Krieg lässt sich sagen, dass Russlands Ruf als militärische Großmacht und damit auch sein Gewicht als potenter Verbündeter ganz erheblich ramponiert ist. Was das bedeutet, musste Wladimir Putin jüngst auf der Konferenz der OVKS-Staaten in Jerewan erleben. Ausgerechnet Armeniens Premierminister Paschinjan zeigte Putin hier die kalte Schulter. Nicht nur wahrte er auf einem Gruppenfoto demonstrativ Abstand, sondern verweigerte am Ende auch noch seine Unterschrift. Diese Geste der Ablehnung wiegt umso schwerer, als Armenien seit dem Zerfall der UdSSR im Konflikt mit Aserbaidschan auf die russische Schutzmacht angewiesen und daher stets um gute Beziehungen bemüht war.

Unabhängig davon, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauern wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er als militärisches Desaster in die Geschichte Russlands eingehen wird. Ob er letztlich auch solch einschneidende Folgen nach sich zieht wie die verlorenen Kriege gegen Japan (1905) und in Afghanistan (1989), wird man sehen.

Foto: Roman Kubanskiy FAL via Wikimedia Commons

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Ilona Grimm / 28.11.2022

@T. Schneegaß: »Ohne auf den Inhalt des Oshold-Wortes zum Montag einzugehen…«. Ich bin entzückt, lieber Herr Schneegaß. Sie bringen die Einschätzung, die ich seit Monaten gegenüber den von Ihnen nicht ausdrücklich genannten Gefolgsleuten Selenkyis (= Putin-/Russenhassern) hege, ganz wunderbar auf den Punkt. Einerseits gegenüber der US-NATO-Doktrin in Bezug auf Russland völlig verblendet und die Vorgeschichte seit 2014 ausblendend, andererseits die WEF-Milliardärsclique (überwiegend aus USA) bei jeder sich bietenden Gelegenheit anprangend und demaskierend. Wenn nennt man diesen Zwiespalt der Wahrnehmung? Abyssos??

Arne Ausländer / 28.11.2022

@T. Schneegaß: Alles hat Vorgeschichte, und beim 2. WK auf 1919 zurückzugehen, scheint mir wenig sinnvoll. Wenn schon, dann muß man beide Weltkriege als Einheit sehen. Meinen “Papi” kann ich dazu leider nicht fragen. Der ist schon tot, hatte 1919 aber auch noch gar nicht gelebt und generell wenig Ahnung von Geschichte. -  Putin kann im Westen schlecht als positiver oder auch nur zwiespältiger Held dargestellt werden, weil im Sommer 2016 Hillarys Manipulationen gegen Bernie Sanders bei den Vorwahlen aufgefallen waren und sie deshalb (übereilt) die Story von Trumps “Russia Collusion” in die Welt gesetzt hatte. Daran haben sich die US-Demokraten zu sehr verbissen, das läßt keinen Spielraum. Aber so zu tun, als würden sie die Ukraine und ggfs. auch Europa gegen Putin verteidigen, während dabei “leider” alles hier kaputtgeht, ist auch ein genehmes Szenario. Wie mir schon vor Jahren aufiel. Idealerweise müßten sich Zar und Sultan dabei verbünden, dann ginge wirklich alles im Klump. Das kleinteilige Europa nervt, erschwert globale Planungen. Rußland, China und auch eine vergrößerte Türkei dagegen sind passende Dimensionen. - Anders als 1979 im Fall Afghanistan gab es für Rußland keinerlei existenzielle Notwendigkeit, in die Ukraine einzufallen. Und selbst 1979 erwies es sich als Fehler, der zum Zerfall der SU wesentlich beitrug. Putin ist das bestens bekannt. Daher eben wirkt er dieses Jahr so unfroh (ganz anders als 2014, man vergleiche die Bilder und Videos!). Für Rußland gibt es nichts zu gewinnen, was den Aufwand rechtfertigt. Die Ukraine aber kämpft um ihre Existenz. Wer nun hat die Möglichkeit, den Wahnsinn zu beenden, ohne selbst unterzugehen, wenn nicht Rußland? Aber Putin darf nicht. Er weiß, wem er seinen Job zu verdanken hat. Nur das zählt. (Auch das ist eine Vorgeschichte, übrigens.)

Emanuel Franziskus Penzkofer / 28.11.2022

Ich habe nur die Leserkommentare gelesen und weis nun, dass es sich wieder einmal gelohnt hat, das uninformierte Gesundbeten von Herrn Osthold links liegen gelassen zu haben. Das kommt dabei heraus, wenn Ehemalige mangels effektiver eigener Recherchekapazitäten Mutmassungen aus dritter - nein erster Natohand - kolportieren.

Franz Klar / 28.11.2022

@giesemann gerhard : “...und die UA in Ruhe lassen”. Damit wird´s nicht mehr getan sein .  Die Toten klagen an !

Franz Klar / 28.11.2022

@Thomas Taterka : Je länger der Krieg dauert , desto größer wird die Schuld des Angreifers !

Ludwig Luhmann / 28.11.2022

@STeve Acker / 28.11.2022 - “Ich empfehle mal nach myrotvorets zu googeln. Im deutschen und englischen Wikipedia sind sehr ausführliche Artikel darüber. Das ist eine Art ukrainischer Internet-Pranger, auf dem jeder landet der irgendwie sich kritisch zur Ukraine oder tätig wird. Viele ausländer sind auch drauf, zb. Schröder, Alice Schwarzer, Viktor Orban. Der Schriftsteller Buzina wurde 2015 aufgeführt, ein paar Tage später wurde er ermordet. UNO, EU, G7., deutsches Aussenministerium haben die Ukraine aufgefordert die Seite zu schliessen. Nichts ist passiert . Die denken gar nicht dran. Es stehen über 100.000 Personen auf der Liste. Ja. in der Ukr da besteht Demokratie, Freiheit , Rechtsstaat.  Da wird unsere Freiheit verteidigt.”—- Abrundtief böse diese Ukrainer. Das sind also doch wirklich alles Nazis. Nur gut, dass Putin “Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat” überall schützt, wo er nur kann. Putin weiß noch nicht mal, wie man Listen mit Feinden anlegt. So gutmütig ist er, der gute Vladimir.

Steffen Lindner / 28.11.2022

Auch ein sonst regierungskritischer Blog muss nicht ausschließlich Artikel bringen, mit denen neunzig Prozent der Leser übereinstimmen. Für entsprechende Kritik gibt es ja das Forum. Allerdings fällt mir zum Thema Ukraine- Konflikt im Vergleich zu sonstigen Themen eine teilweise harsche und unversöhnliche Diskussionskultur auf, die in gegenseitiges Etikettieren ad personam („ Putintroll“ , „ GEZ- Jünger“) eskaliert. Man kann zu diesem Konflikt hinsichtlich seiner Ursachen und Auslösung durchaus differenzierter Meinung sein.Auch in diesem Bereich fließen reale Informationen eher spärlich. Es zeigt sich aber bei einem großen Teil der Kommentatoren , dass sie zu den bisherigen Themen ( Eurokrise, Migrations- und Coronapolitik) eine eher kritische Distanz zu staatlichen Medien und deren offiziellen Narrativen gepflegt hatten; nun aber die wie auf Knopfdruck gleichgeschalteten Inhalte (Putin= böse, Ukraine ist eine Demokratie und verteidigt die „ westlichen Werte“) übernehmen. Unabhängig, was von den Berichten der Staatsmedien vielleicht teilweise stimmen mag: Diesen Medien und Politikern, die das Volk seit Jahren belogen haben und seit der letzten BTW verstärkt an der Abschaffung Deutschlands arbeiten, kann man doch kein Wort mehr glauben. Deshalb wäre eine kritische Betrachtung b e i d e r Parteien im Ukrainekonflikt angebracht.

Arne Ausländer / 28.11.2022

@Claudius Pappe: Sie beschreiben zutreffend, wie die Ukraine an zwei Fronten kämpft. Dank Putin hat sie wenig Chancen, sich dem Zugriff des US-Kapitals zu entziehen. - Das Letzeburger Vollek wurde auch gern im ND zitiert, interessant daß es die Zeitung noch gibt.

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