Daß Frau Wehling unter wissenschaftlichen Aspekten recht wenig von der deutschen Sprache begriffen hat, zeigt sich in der Verwendung einer semantisch unzutreffenden Partizipialform: des Partizips Präsens Aktiv.Ein »Flüchtender« befindet sich noch auf den Flucht in den vermeintlich sicheren Hafen, ist also mithin noch unterwegs. An seinem Ziel eingetroffen, käme allenfalls die Bezeichnung »Geflüchteter« in Frage. Der Forschenden, Frau Wehling, sei zur Verwendung von Partizipialformen im Deutschen der Blick in eine Grammatik empfohlen.
An und für sich ein netter Artikel, mit dem Herr Bonhorst die Bemühungen der Sprachforscherin Elisabeth Wehling persifliert.Allerdings: Der werte Herr ist bedauerlicherweise ein bisschen zu leichtfüssig unterwegs und somit der Dame prompt auf den Leim gegangen.Bevor ich darauf aber näher eingehe, gestatten Sie mir eine Frage:Welchen Grund kann es haben, einen Artikel auf ein bestimmtes Interview anzusetzen und im weiteren Verlauf dessen Inhalte aufzugreifen bzw. auseinanderzunehmen, ohne aber die konkrete Quelle des Interviews bzw. im Hypertext-Zeitalter: einen Link auf das Interview zu liefern? Das vom Autor erwähnte Zeit-Interview konnte ich jedenfalls allein mit diesen Angaben (=> "Zeit") nicht ausfindig machen, aber stattdessen stieß ich in der SZ auf ein Interview mit derselben Autorin übder dieselbe Thematik. http://www.sueddeutsche.de/kultur/sprache-in-der-fluechtlingsdebatte-das-wort-fluechtling-richtet-schaden-an-1.2864820Dort jedoch findet das, was der Autor leichthin als "Sie findet Flüchtlinge nicht gut. Besser wäre, wir würden sie Flüchtende nennen." wiedergibt, ursprünglich in der folgenden Formulierung seinen Niederschlag :"Streichen Sie das Wort Flüchtling aus Ihrem Vokabular! Sie richten damit Schaden an. Besser ist es, von Flüchtenden oder Geflüchteten zu sprechen. "Flüchtende oder Geflüchtete: Die Frau ist Sprachforscherin!Ihr ausgewiesener Schwerpunkt ist zu erklären, wie Sprache -und damit auch die Wahl der verwendeten Begriffe- unser Denken beeinflusst.Ihr kann ganz unmöglich entgangen sein, dass zwischen diesen beiden Worten ein ganz gravierender semantischer Unterschied besteht, welcher seinerseits völlig unterschiedliche Denkprozesse impliziert:Flüchtende Flüchtlinge befinden sich nach wie vor auf der Flucht - zum Beispiel, weil sie in ihr Heimatland zurückzukehren gedenken, wenn es dort wieder besser ist.Geflüchtete Flüchtlinge haben ihre Flucht beendet. Der Fluchtprozess ist abgeschlossen. Sie sind angekommen, um zu bleiben. In dem betreffenden Interview stellt sie eingangs zwar beide Varianten als Alternativen für "Flüchtlinge" zur Wahl, spricht dann aber im Übrigen wie selbstverständlich nur noch von "Geflüchteten".Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der interessierte Leser mag sich gerne auf eigene Faust schlau darüber machen, welcher von beiden Termini auf alternativen Webseiten wohl in den Sprachgebrauch übergegangen ist. Und auch hier: Ein Schelm...So stellt sich letztlich (k)eine Frage: Haben wir nun eine "Flüchtendenkrise" oder eine "Geflüchtetenkrise"?Bevor ich darauf aber näher eingehe, gestatten Sie mir eine Frage:Welchen Grund kann es haben, einen Artikel auf ein bestimmtes Interview anzusetzen und im weiteren Verlauf dessen Inhalte aufzugreifen bzw. auseinanderzunehmen, ohne aber die konkrete Quelle des Interviews bzw. im Hypertext-Zeitalter: einen Link auf das Interview zu liefern? Das vom Autor erwähnte Zeit-Interview konnte ich jedenfalls allein mit diesen Angaben (=> "Zeit") nicht ausfindig machen, aber stattdessen stieß ich in der SZ auf ein Interview mit derselben Autorin übder dieselbe Thematik.
Machen wir einmal ein Gedankenexperiment... wieviele "Fliehende" aus Nahost würden nach Deutschland "fliehen" wollen, wenn hier der allgemeine Lebensstandard dem Marokkos, Algeriens o.ä. entsprechen würde... mit den dort üblichen minimalen Sozialleistungen? Daß so viele "Fliehende" ausgerechnet nach Deutschland "fliehen" wollen, und nicht nach Marokko und Algerien (außer um von dort über Spanien nach D weiterzukommen), muß also auch einen Grund haben, der in Deutschland zu suchen ist. Die Wörter "Fliehende" oder "Flüchtlinge" erlauben das Verdrängen dieses Umstands, da sie sich nur auf Verhältnisse anderswo beziehen, vor denen geflohen wird. Um wichtige Motivationen für den Wunsch, ausgerechnet nach Deutschland zu "fliehen", nicht weiter unter den Tisch fallen zu lassen, sollte daher weder das Wort "Flüchtling" noch "Fliehender" verwendet werden... ich schlage als Ersatz vor: "Wohlstandssuchender". Dies hat u.a. auch den Vorteil, daß die Form "Suchling" nicht üblich ist, hier also ein "Kleinmachen" ausgeschlossen ist.
Ich werde mir die neue Sprachregelung zu Herzen nehmen und meine Frau nicht mehr "Liebling" nennen, sondern "zu Liebende" ("Zuli").Kompliziert wird es indes, wenn ein im Frühling geborener Zwilling im Säuglings-Alter zunächst als Täufling und später, zum Jüngling herangereift, als Firmling in Erscheinung tritt.Hier müssen unsere Neusprech-Vordenker wohl noch kreativ werden.Ich gebe darauf jedenfalls keinen Pfifferling.
Daß Frau Wehling unter wissenschaftlichen Aspekten recht wenig von der deutschen Sprache begriffen hat, zeigt sich in der Verwendung einer semantisch unzutreffenden Partizipialform: des Partizips Präsens Aktiv.Ein »Flüchtender« befindet sich noch auf den Flucht in den vermeintlich sicheren Hafen, ist also mithin noch unterwegs. An seinem Ziel eingetroffen, käme allenfalls die Bezeichnung »Geflüchteter« in Frage. Der Forschenden, Frau Wehling, sei zur Verwendung von Partizipialformen im Deutschen der Blick in eine Grammatik empfohlen.
Da das "Ling" k l e i n macht, wie Sprachforscherin glaubt durch ihre rot-grün verfärbte Brille erkannt zu haben, ist der fragliche Personenkreis ja zwischenzeitlich regierungssprachlich zum Schutzsuchenden umbenannt worden, was ihn jetzt zu jedermanns LiebLING machen soll.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.