Gastautor / 12.08.2011 / 23:30 / 0 / Seite ausdrucken

Schwarzer September

Kevin Zdiara

Der September 2011 könnte allen Aussichten auf einen baldigen Frieden im Nahen Osten ein Ende bereiten. Die Frage ist, wird es so kommen oder gibt es noch Möglichkeiten dies abzuwenden? Eins scheint aber jetzt schon absehbar, von der deutschen Außenpolitik kann man sich diesbezüglich keine Führung erwarten. Was nicht verwunderlich, aber sehr bedauerlich ist, denn eine klare Positionierung Deutschlands an der Seite seiner wahren Freunde in Israel und den USA sowie eine deutliche Absage an Völkerrechtsbrecher und Terroristen im nahöstlichen Konflikt, hätte zumindest in Europa Bedeutung und Gewicht.

Der diesjährige September wird mit dem Gedenken an den islamistischen Massenmord von vor zehn Jahren beginnen. Und es ist davon auszugehen, dass islamistische Terroristen um dieses Datum herum zeigen wollen, dass selbst das Ableben von Osama bin Laden ihre Schlagkraft nicht gemindert hat. Gleiches gilt für ihre Sympathisanten vom linken und rechten politischen Rand, die diesen Tag dazu nutzen werden, um Verschwörungstheorien und den Erfolg des „anti-imperialistischen Aufstands“ zu feiern. Die ideologische Herausforderung, die von diesen Verächtern des Westens ausgeht, hatte noch nie eine besonders hohe Priorität bei deutschen Politikern, unter Außenminister Westerwelle lässt sich sogar eine neue Begeisterung am Appeasement mit den Mullahs im Iran und den Taliban in Afghanistan feststellen. Lehren aus und Mahnungen vor der Gefahr des islamistischen Nihilismus wird man somit vermutlich von Westerwelle und Merkel nicht erwarten können.

Die praktischen Konsequenzen einer Außenpolitik, die moralisch im Unklaren bleibt, kann man im weiteren Verlauf des Septembers beobachten. Denn in diesen Monat fällt auch eine Großveranstaltung, die von europäischen Außenpolitikern gern als manifestierter Wille der Völkergemeinschaft gesehen wird: die Vollversammlung der Vereinten Nationen. Auf der Agenda steht eigentlich nur ein Thema: Israel/Palästina. Eine einfache Wortsuche im vorläufigen Programm der 66. Sitzung der Vollversammlung zeigt, dass auf dessen 215 Seiten dieser Konflikt 159 Mal erwähnt wird, mehr als alle anderen Konflikte zusammengenommen. Das herausragende Thema wird hierbei die Anerkennung des Nicht-Staats Palästina werden. Die Folgen dieser Entscheidung wurden an anderer Stelle schon einmal umrissen: Israel wird in Folge der Entscheidung endgültig zum Paria-Staat der Völkergemeinschaft stigmatisiert und die palästinensische Autonomiebehörde unter Mahmoud Abbas plant bereits die dritte Intifada, als hätten die ersten beiden nicht genug Elend, Leid und Tod über Palästinenser und Israelis gebracht. Nach anfänglicher Standfestigkeit Merkels gegenüber Avancen des palästinensischen Präsidenten Abbas ist mittlerweile nicht mehr klar, ob Deutschland in der Vollversammlung bereit ist, nicht nur mit einer wachsweichen Enthaltung zu stimmen, sondern mit dem einzig richtigen Votum, einem klaren Nein zu einem Palästinenserstaat. Das würde klar machen, dass man Abbas‘ unverantwortliches Handeln nicht toleriert, und dass auch die Palästinenser endlich Verhandlungen zustimmen müssen.

Die dritte Veranstaltung in diesem September des Schreckens ist die so genannte 3. Durban Review Conference. Diese soll zum einen für eine Zehnjahresfeier der „Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Xenophobie und verwandete Intoleranz“ genutzt werden, die Ende August/Anfang September 2001 im südafrikanischen Durban stattfand, und zum anderen soll sie die im Zuge der Konferenz implementierten Maßnahmen im Kampf gegen Rassismus evaluieren. Wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde, war die Durban-Konferenz die größte von den Vereinten Nationen und zivilgesellschaftlichen Stiftungen gesponserte Hassveranstaltung seit mindestens sechzig Jahren. Dort wurden öffentlich die widerlichsten Formen von Antizionismus und Antisemitismus gefeiert, antisemitische Zeichnungen zur Schau gestellt und Kopien der Protokolle der Weisen von Zion verteilt. Die offizielle Abschlusserklärung konnte aufgrund des Rückzugs der USA und Israels und der Drohung, dass andere Staaten diesen folgen würden, abgemildert werden. Der eigentliche Wortlaut fand aber Eingang in die Abschlusserklärung des Forums der Nichtregierungsorganisationen (NGO). Dieser Text ist ein Dokument, das von widerlichstem Antisemitismus nur so strotzt.

Keinem anderen Staat auf der Welt wurde ein derart schreckliches und menschenverachtendes Handeln vorgeworfen wie Israel. Dieses würde gegen die Palästinenser „Akte des Genozids“ und „Praktiken der ethnischen Säuberung“ vornehmen heißt es dort. Des Weiteren basiere Israel auf „rassistischen Methoden“, die einer „israelischen Form der Apartheid“ entsprächen und es würde folglich in einer Reihe mit dem rassistischen Südafrika stehen. Palästinensischer Terror wurde von den NGOs gerechtfertigt, weil, so die Logik dieser selbsternannten Zivilgesellschaft, das palästinensische Volk laut Völkerrecht das Recht habe, sich der israelischen Besatzung mit allen Mitteln zu widersetzen. Israels Handeln destabilisiere zudem die gesamte Region und gefährde den Weltfrieden und die Sicherheit. Es wird in diesem Dokument von der “indigenen palästinensischen Bevölkerung” gesprochen, was natürlich die jüdischen Einwohner dieses Gebiets nicht einschließt, die für diese ‚Menschenfreunde‘ fremde Eindringlinge sind, die keinen Anspruch auf das Land erheben dürfen. Wie selbstverständlich wird in diesem Dokument Bezug genommen auf den berüchtigten Beschluss der Vollversammlung der Vereinten Nationen 3379 von 1975, in dem der Zionismus mit dem Rassismus gleichgesetzt wurde.

Die Analogie zu Südafrika bedeutete für diese Organisation auch, dass Israel mit all den Mitteln bekämpft werden sollte, die einstmals gegen das Apartheidsregime Südafrikas Anwendung fanden. Es wird eine „internationale Bewegung gegen die israelische Apartheid“ gefordert und die Völkergemeinschaft wurde dazu aufgerufen, „eine Politik der vollständigen Isolierung Israels als Apartheidsstaat wie im Falle von Südafrika“, zu implementieren, was für die NGOs heißt, die „Anwendung verbindlicher und umfassender Sanktionen und Embargos, das vollkommene Ende aller Verbindungen (diplomatisch, wirtschaftlich, sozial, Hilfen jedweder Art, militärische Zusammenarbeit und Training) aller Staaten mit Israel.“ Dies waren die Ergebnisse des Forums der NGOS bei einer „Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Xenophobie und verwandete Intoleranz“ und sie hätten ohne die entschiedene Haltung der USA auch die Position der offiziellen Konferenz werden können. Die NGO Erklärung war aber natürlich Teil der Durban-Konferenz und das Umfeld der Konferenz unterband diesen Hass auf Israel nicht, sondern förderte ihn sogar noch.

Im Jahr 2009 fand die erste Durban Review Conference statt, bei der die Fortschritte im Kampf gegen den Rassismus diskutiert werden sollten. Doch es zeigte sich, dass 2001 kein Ausrutscher war, sondern diese Veranstaltung ein Hort von Antisemiten und Antiwestlern bleiben wird. Damals konnte der iranische Präsident und bekennende Holocaustleugner Ahmedineschad just am Geburtstag Adolf Hitlers eine Rede halten, in der er offen zionistische Verschwörungstheorien und antisemitische Thesen vertrat. Trotz des offensichtlichen hetz- und hasserfüllten Charakters der Veranstaltung entschloss sich Deutschland erst kurz vor Beginn und nach langem Zögern, sowie nach großem öffentlichem Protest gegen eine Teilnahme an der Konferenz. Im Hinblick auf die unsäglichen Inhalte dieser Veranstaltung eigentlich kein Grund der Regierung zu gratulieren. Merkel und Steinmeier taten damals, was ihre Pflicht war, zumal sie trotz des deutschen Boykotts das Abschlussdokument dieser Veranstaltung mittrugen.

Ende September dieses Jahres wollen sich nun erneut diese Kämpfer gegen Intoleranz zur Nachbereitung treffen. Die diesjährige Konferenz wird im Zuge der 66. Vollversammlung der Vereinten Nationen stattfinden. Zunächst sollen die Ergebnisse der ersten Konferenz in Durban gefeiert und im Anschluss eine vermutlich hochtrabende Resolution verabschiedet werden. Im selben Monat also, in dem fast dreitausend durch Islamisten ermordeter Amerikaner gedacht und ein fiktiver Staat Palästina aller Voraussicht nach von der Vollversammlung (völkerrechtlich nicht bindend) anerkannt werden soll, wird Antisemitismus und antiwestlicher Hass mit einem Forum und einer Ehrenstunde bei den Vereinten Nationen bedacht.

Und auch hier stellt sich mal wieder die Frage, was wird Deutschland tun? Die Vereinigten Staaten, Israel, Kanada, Italien, die Niederlande, die Tschechische Republik haben alle bereits angekündigt, nicht an einem Feier zu Ehren einer Konferenz teilzunehmen, in deren Umfeld übelster Israel- und Judenhass, sowie Hass auf den Westen propagiert wurde,  Israel Ziel unverhältnismäßiger Anschuldigungen war und die wirklichen Rassisten und Toleranzverächter im Iran, in Saudi-Arabien oder dem Sudan nicht einmal beim Namen genannt wurden. Deutschland hält sich noch alle Optionen offen, so heißt es offiziell aus Berlin. Aber welche, außer einer klaren Absage an den Veranstalter dieser widerlichen Feier, die Vereinten Nationen, könnte das sein?

Seit 2009, als Merkel und Steinmeier sich gegen die Teilnahme an der zweiten Durban Review Conference entschieden, hat sich nichts zum Besseren gewendet. Man fragt sich also, auf was warten Merkel und Westerwelle? Glaubt man in Berlin wirklich, geopolitische Sozialpädagogik könnte den Antisemitismus in den Ländern Asiens, Arabiens, Afrikas und Südamerika in irgendeiner Weise mindern? Oder möchte man es sich mit dieser Völkergemeinschaft, die eher einer globalisierten Volksgemeinschaft ähnelt, nicht verscherzen? Es kann im Grunde nur eine Entscheidung geben, die glaubhaft und moralisch vertretbar ist: Mit Antisemiten spricht man nicht, antisemitische Feste, feiert man nicht. Ob Merkel und Westerwelle das verstanden haben und bereit sind, entsprechenden Konsequenzen für ihre Außenpolitik zu ziehen, scheint zweifelhaft.

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