Ramin Peymani, Gastautor / 04.11.2019 / 14:00 / Foto: Pixabay / 87 / Seite ausdrucken

Ruf doch mal an: Im Land der bunten Denunziation

Auf die Klima-Panik folgt die Nazi-Panik, und die Alarmisten gehören einmal mehr zum politischen Spektrum, das seit jeher versucht, den Bürgern mit Horrorszenarien die eigene „Errettungsideologie“ aufzuzwingen. Ihnen haben sich selbst ehemals liberale Kräfte angeschlossen, die darauf hoffen, ihr Wählerkonto mit der Befriedigung des Zeitgeistes aufbessern zu können. In Dresden haben sie linken und ultralinken Politaktivisten nun dazu verholfen, die Schimäre eines „Nazi-Notstands“ zu verbreiten. Die umstrittene Erklärung, die der Selbstvergewisserung der Befürworter und der Mittelbereitstellung für linke Kommunalprojekte dient, macht die sächsische Landeshauptstadt über Deutschland hinaus verächtlich, suggeriert sie doch, Dresden versinke im rechtsextremen Chaos und müsse umgehend Notstandsmaßnahmen einleiten, um die öffentliche Ordnung zu erhalten.

Nichts davon ist wahr, nicht einmal annähernd. Dass sich Stadtverordnete, die außerhalb des links-grünen Spektrums stehen, für die Unterstützung linker Propaganda hergeben, ist allerdings beileibe keine Seltenheit mehr. Und man muss sich auch gar nicht erst in die Niederungen der sächsischen Kommunalpolitik verirren, um zu erkennen, auf welch gefährlichem Kurs sich Deutschland befindet. Nach zwei Unrechtsstaaten im 20. Jahrhundert zeichnet sich die Errichtung eines neuerlichen Regimes ab, in dem Unterdrückung und Verfolgung dem drohen, der sich dem staatlich verordneten und medial propagierten Politnarrativ verweigert. 

Natürlich gibt es jede Menge rassistischer Idioten, neben linksextremen und radikalislamischen eben auch rechtsradikale. So zu tun, als stünde Deutschland kurz vor der Machtübernahme durch ein Nazi-Netzwerk, ist allerdings nicht nur Unfug, sondern eine gefährliche politische Lüge. Und da Phantome so schwer aufzuspüren sind, greift man nun tief in die geheimpolizeiliche Mottenkiste: Ab sofort gibt es eine Hotline, unter der jeder Verdacht eines gesichteten „Rechten“ gemeldet werden kann. "Es geht nicht um Denunziation", heißt es dort, doch in der Praxis dürfte genau dies geschehen und aus dem sicheren Dickicht der Anonymität heraus hemmungslos denunziert werden. Dabei versteht es sich von selbst, dass das sogenannte Kontakttelefon „RechtsEx“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz ausschließlich für Hinweise auf rechten Extremismus gedacht ist. Und man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Missbrauchsquote erheblich sein wird.

Warum kein generelles Extremismus-Telefon?

Dazu reicht die Betrachtung des „Meldeverhaltens“ in den sozialen Netzwerken, die sich immer wieder mit falschen Anschuldigungen aus dem links-grünen Milieu beschäftigen müssen. Ohnehin stellt sich die Frage, warum der Verfassungsschutz nicht gleich ein generelles Extremismus-Telefon eingerichtet hat. Dies legt den Schluss nahe, dass es sich eher um eine Einschüchterungsmaßnahme handelt als um den ehrlich gemeinten Versuch, das Krebsgeschwür des Extremismus auszumerzen. So bleibt die bittere Erkenntnis, dass Deutschland aus seiner Geschichte nichts gelernt hat. Meldestellen zur anonymen Denunziation sind Einrichtungen von Unrechtsstaaten und einer gewachsenen Demokratie unwürdig. Ohnehin bedarf es keiner Telefon-Hotlines für das Melden vermuteter Rechtsextremisten.

Denn noch leben wir in einem Rechtsstaat, in dem jeder die Möglichkeit zu einer Anzeige hat. Dieser Rechtsstaat schützt aber aus gutem Grund auch davor, zu unrecht angeschwärzt zu werden. Wer politische Verdächtigungen leichtfertig oder gar wider besseres Wissen bei den Behörden vorbringt, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Auch das sind Lehren aus zwei Unrechtsregimen auf deutschem Boden. Die einseitige Fokussierung auf den rechten Extremismus verkehrt sich daher in ihr Gegenteil: Statt extremistischen Verhaltensmustern den Garaus zu machen, werden eben jene niederen Instinkte gefördert, die dem (National-)Sozialismus erst den Weg bereitet haben.

Wer Notfallnummern zum anonymen Petzen einrichtet, höhlt die Demokratie weiter aus und befördert die Spaltung der Gesellschaft, indem er zehntausendfach Inoffizielle Mitarbeiter rekrutiert. Schon die ehemalige Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley prognostizierte kurz nach dem Zusammenbruch des DDR-Regimes, dass sich Geschichte wiederholen werde. Man werde Methoden und Strukturen der Stasi „ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen“, warnte sie. Dabei gebe es „feinere Möglichkeiten“ als die Verhaftung, um Störer „unschädlich zu machen“. Bohley sah voraus, dass „die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen“, wiederkehren würden. „Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“ Gerade einmal dreißig Jahre hat es gedauert.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis „Liberale Warte"

Foto: Pixabay

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Gudrun Meyer / 04.11.2019

Im September 2018 forderten grüne Politiker, den BfV aufzulösen und einen Kampfdienst gegen Rechts einzusetzen, der weltanschaulich auf Zack ist. Der Name BfV blieb, doch Haldenwang kuschte von Anfang an: er hängte die Beobachtung der AfD an die große Glocke, ohne dass deren Verfassungswidrigkeit erwiesen war. Er ließ zu, dass ein “nur für den Dienstgebrauch bestimmter” Bericht über die AfD im allgemeinen Netz landete. Der Bericht enthielt keine Sensationen (“einige wenige, meist identische Personen (…)” )und verbal verrutschte, aber inhaltlich unproblematische Sätze (etwa B.v.Storch: “In den Moscheen, wird gegen unsere Rechtsordnung, gegen Juden und Christen gehetzt” - v. Storch hätte nur “in vielen Moscheen” statt “in den Moscheen” sagen müssen und der Satz wäre lupenrein gewesen). Linke und Grüne bewerteten diesen Bericht jedoch als weiteren Beleg für den nat-soz. Charakter der AfD. Vom echten NS haben die keine Ahnung, sonst kämen sie nicht auf derartige Gleichsetzungen. Und jetzt der Nazi-Notstand in Dresden, der aus ein paar Vollpfosten besteht und eine Hot-Line erforderlich macht, über die man Leute denunzieren kann, die “Merkel-Regime” statt “unsere liberaldemokratische Regierung” sagen, Witze über die kultursensible Strafrechtspraxis erzählen oder die dem jeweiligen Denunzianten Crystal Meth geklaut oder gar ein Mädchen ausgespannt haben. Interessiert alles. Außerdem haben unsere Büro- und Journokraten mal wieder die “Weltöffentlichkeit” eingeschaltet, die sich stets hinter die unabänderlich Richtigen stellt. Dafür sorgen diese Richtigen.

Albert Sommer / 04.11.2019

Die dritte sozialistische!!! Diktatur auf deutschem Boden scheint mit großen Schritten Fahrt aufzunehmen. Wählen “dürfen” Sie noch, zumindest so lange Sie die abgehalfterten Altparteien wählen. Gerade in der SPD scheint derzeit der totalitäre Wunsch zu wachsen, noch schnell ewigliche “(Versorgungs-Und-Macht-)Fakten zu schaffen”,  bevor man (zu recht) durch den Bürger aus allen Parlamenten geschmissen wird.

Walter Neumann / 04.11.2019

Deswegen musste Maasen weg. Mit ihm hätte es dieses Denunzianten-Telefon nicht gegeben.

Ursula Horvath / 04.11.2019

Wie gesagt, wer und wie viele Anzeigende erfährt man erst mal nicht. Wie soll man sich dann dazu äußern ? Vorsicht Sarkasmus Herr Dr. Brauer!  Nach der Wende werden Sie dann erfahren Wer die Belzebuben waren. Diese werden genau wie heute behaupten, Niemanden und damit auch Ihnen nicht geschadet zu haben. Na ja , den unfreiwilligen Jobwechsel vom Oberarzt zum Müllmann, den werden Sie doch vertragen, Andere mussten da ganz anderes im Kauf nehmen. Nach ein paar Jahren Buh buh Rufen aus der Ecke der “Neuen Guten”, werden Sie erleben, dass die alte Garde wieder zu Ehren gekommen ist und ihre perfiden Methoden noch etwas verbessert hat. Dann bekommen Sie nach einen “Fehlverhalten”, ein gratis Konzert von den Neuen Kulturträgern, Sahne Fischfilet, sowie es uns Chemnitzern zur Umerziehung geschenkt wurde. Allerdings kommt keine richtige Dankbarkeit auf, außer bei den kopflosen aus allen Richtungen herangekarrten Jugendlichen!

Rainer Hanisch / 04.11.2019

„Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“ Wohlan, und die Deutschen glauben immer noch, in einer freiheitlichen Demokratie zu leben. Der “Rechtsstaat”, in dem wir noch (!) leben,existiert nur formal auf dem Papier. Die Realität sieht in weiten Bereichen schon bedenklich anders aus.

Peter Wachter / 04.11.2019

Dieses Irrland ist nur noch schizophren, laut BKA gibt es rechtsradikale Gefährder im zweistelligen Bereich, aber islamistische Gefährder inzwischen im vierstelligen Bereich! Im Radio kam den ganzen Tag ein Bericht über: Bundesinnenministerium - Warnung vor rechten “Bürgerwehren”, aber s.h. „Kaputte Nasen für Kapitalanleger“. Dummland hat fertig, hoffe ich schaffs noch rechtzeitig hier raus!

Gudrun Meyer / 04.11.2019

Lieber Herr Peymani, vielleicht ist der Rechtsstaat noch vor dem Aufbau einer Stasi 2:0 zu retten, vielleicht aber auch nicht mehr. Im heißen Spätsommer 2028 verlangten grüne Spitzenpolitiker nach der Auflösung des BfV und seiner Ersetzung durch einen Kampfdienst gegen Rechts, der weltanschaulich auf Zack ist. Maaßen wurde geschasst und sein Nachfolger Haldenwang hat schon mehr als einmal den “Kampf gegen Rechts” mit nicht-rechtsstaatlichen Mitteln gefördert. Er hängte die Beobachtung der AfD an die große Glocke, lange bevor ein Rechtsextremismus-Verdacht selbst gegen den rechten Rand als sicher gelten konnte. Er ließ einfach durchgehen, dass ein “nur für den Dienstgebrauch” bestimmter Bericht über die AfD im allgemeinen Netz landete. Dieser Bericht enthielt keine Sensationen (“einige wenige, meist identische Personen (…) ” und verbal leicht verrutschte, aber nicht in sich verfassungswidrige Zitate, z.B. von B. v. Storch: “In den Moscheen wird gegen unsere Rechtsordnung, gegen Juden und Christen gehetzt” - v. Storch hätte nur die Verallgemeinerung “in den Moscheen” durch “in vielen Moscheen” ersetzen müssen, und schon wäre der Satz einwandfrei gewesen. Dass sie unsere Rechtsordnung einer schariatischen vorzieht, dürfte kaum als Anschlag auf das GG durchgehen). Das begriffen die Retter der liberalen Demokratie und des politischen Pluralismus aber nicht; sie glaubten wirklich, mit diesen Verweisen auf ein paar Höcke-Anhänger und auf Politiker, die sich lediglich unangemessen ausgedrückt hatten, ohne etwas Verfassungswidriges zu meinen, sei der nat-soz. Charakter der AfD “erwiesen”, Es ist kaum zu fassen, wie diese Leute den tatsächlichen NS verharmlosen, der ja mehr als “nur” ein alltägliches Unrechtsregime war. Tscha, und jetzt eine “Hot-Line”, um Leute zu denunzieren, die “Merkel-Regime” statt “unsere liberaldemokratische Regierung” sagen, Witze über die kultursensible Strafrechtspraxis erzählen oder einfach dem Denunzianten ein Mädchen ausgespannt haben.

H. Schulz / 04.11.2019

Warum regt sich denn jetzt mit einem Mal alle Welt auf? Hamburg ist schon lange führend beim “Kampf gegen rechts”, bereits im Jahr 2000 hat das Land unter dem SPD-Senator Hartmuth Wrocklage eine Denunziations-Hotline eingeführt. (Telefon 040 42867-6767- Hinweistelefon Rechtsextremismus der Polizei Hamburg). “Hamburg hat als erstes der fünf Nordländer eine Hotline gegen Rechtsextremismus eingerichtet”, schreibt die MoPo am 24. August 2000. Bürger könnten Beobachtungen über neonazistische oder fremdenfeindliche Vorgänge direkt melden. Dazu wird auch die “Nazi-Hotline” veröffentlicht. - Von einer Hotline zur Meldung von Beobachtungen über Tätigkeiten aus dem anderen Extrem-Spektrum ist mir nichts bekannt.

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