Henryk M. Broder / 05.12.2010 / 10:56 / 0 / Seite ausdrucken

Ramadan, geh du voran!

Jörg Lau interviewt auf ZEIT online Tariq Ramadan “über die Kunst, zugleich Muslim und Europäer zu sein”. Das ist so, als würde Jeanette Biedermann mit Heidi Klum ein Gespräch über die Kunst führen, “zugleich Modell und Mutter zu sein”. Ramadan eiert rum, wie immer, seine Spezialität ist das Globalkonkrete. Und Lau, höflich wie er nun mal ist, verzichtet darauf, den Pudding an die Wand zu nageln. Vor allem aber verzichtet er darauf, Ramadan die Frage aller Fragen zu stellen: Wie hältst du es mit der Todesstrafe, vor allem der Steinigung?

Denn auf diese Frage hat Ramadan schon vor ein paar Jahren eine sehr aufschlussreiche Antwort gegeben. In einem langen Essay aus dem Jahre 2005 forderte er ein “Moratorium”, also eine Aussetzung der Todesstrafe, um den Moslems die Gelegenheit zu geben, sich über diese Maßnahme klarzuwerden. Zugegeben, eine Aussetzung der Todesstrafe wäre schon ein Fortschritt, aber wie lange will Ramadan warten, wie viele Schwule müssen noch gehängt und Frauen gesteinigt werden, bis die ergebnisoffene Debatte in Gang kommt. Funktioniert die Umma wie eine Basisdemokratie?

Tarik Ramadan selbst lehnt die Todesstrafe ab. “Ich verurteile das Steinigungsurteil gegen Sakineh Mohammadi Ashtiani. Das kann nicht sein, das darf nicht sein”, schreibt er auf seiner Homepage.

Allerdings mochte er eine Petition gegen die Hinrichtung einer zum Tode verurteilten Frau im Iran nicht unterschreiben, weil ihm die Leute, diese die Petition initiiert hatten, nicht passten. Ein echter Liberaler, dem seine persönliche Integrität über alles geht. Vermutlich hört er auf, sich die Zähne zu putzen, wenn er erfährt, dass Geert Wilders es jeden Tag tut.

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