Henryk M. Broder / 04.10.2012 / 00:32 / 0 / Seite ausdrucken

Oh, wie mutig!

Bei der Verleihung der Deutschen Fernsehpreise gestern Abend in Köln kam ich mir vor wie auf einer Gedenkfeier für die Widerständler des 20. Juli. Ständig war von “Mut” die Rede, wie viel Mut die eine oder andere Redaktion bewiesen habe oder wie mutig der eine oder andere Moderator seine Arbeit erledige. Zwischendurch wurde auch die Jury als mutig gelobt, weil sie sich getraut hatte, so mutige Spaßvögel wie Joko und Klaas auszuzeichnen, die zum “Eierschaukeln” und “Nasenblasen” gegeneinander antreten. O, wie mutig!

Nun haben Joko und Klaas noch keinen der ca. zwei Dutzend Preise bekommen, die in der Bundesrepublik für Zivilcourage verliehen werden. Erst einmal wäre Elmar Theveßen an der Reihe, der Terrorismus-Experte des ZDF, ein Hellseher und Kaffeesatzleser, der unglaublich mutig Unsinn verzapft. Unvergessen sein Auftritt bei Maybritt Illner, wo er die Anschläge von Oslo der Al Kaida in die Schuhe schob, weil er grade mal mit “Sicherheitsbehörden” geredet hatte und “weil alles zusammenpasste”. Na ja, kann schon mal passieren, die Falschmeldung hat man exklusiv, die Gegendarstellung auch, nur dass es in diesem Fall keine Gegendarstellung gab, zumindest nicht von dem “Terrorexperten” des ZDF. Sehr hübsch war auch sein Kommentar zu Sarrazin, in dem der Reichskulturwart vom Lerchenberg bekannt gab: ” “Thilo Sarrazin verlässt den Konsens der Demokratie.”

Für diese und andere Fehlleistungen wurde Theveßen nun mit einem der Fernsehpreise belohnt. Er nahm ihn gerührt entgegen und versicherte, es gebe keinen “Kampf der Kulturen”, man müsse nur den Islamisten auf der einen Seite und den rechtsradikalen Feinden des Islam auf der anderen energisch entgegen treten. Und das war so ziemlich das Mutigste, was an diesem Abend gesagt wurde.

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