Die CDU führt in Sachsen seit 33 Jahren alle Landesregierungen. In der Migrationspolitik versagen CDU-Politiker auf Kommunal- und Landkreisebene ihrer Regierungspartei aber immer öfter die Gefolgschaft. Zwei aktuelle Beispiele.
Die Einschläge kommen immer näher. Am 3. November hat der Dresdner CDU-Kommunalpolitiker Mario Schmidt auf der Website der Dresdner Union einen Notruf abgesetzt. Der Stadtrat – zugleich Sprecher der CDU-Fraktion für Stadtentwicklung und Bau – kritisiert die Standortauswahl der Landesdirektion Sachsen. Denn in Dresden-Prohlis, das sich am Südrand der Landeshauptstadt befindet, wird gerade ein ehemaliger Supermarkt als Erstaufnahmeeinrichtung für 150 Migranten hergerichtet.
Schmidt findet, dass die Landesdirektion die sogenannte stadtteilverträgliche Asylunterbringung missachtet habe. Was soll eine stadtteilverträgliche Unterbringung von – zumeist – illegal eingereisten Migranten eigentlich sein? Gibt es auch landkreisverträgliche, dorfverträgliche, großstadt-ohne-wohnraum-verträgliche, landkreis-mit-schuldenberg-verträgliche, kommune-ist-pleite-verträgliche, hotel-wird-asylheim-verträgliche oder bürger-wollen-kein-asylheim-verträgliche Unterbringungen? Gibt es natürlich alles nicht. Der Hilferuf des – das muss man ihm zuschreiben: mutigen – CDU-Kommunalpolitikers richtet sich an genau die Behörde genau der Landesregierung, an der die CDU selbst beteiligt ist. Nachdem auch in Sachsen die Auswüchse der illegalen Migration, die mit der Merkel-Willkommenskultur begonnen hatte, immer sichtbarer werden, sehen offenbar mehr und mehr CDU-Politiker im Freistaat ihre Felle auf der Elbe davonschwimmen.
CDU-Stadtrat fordert: kein Marxloh in Dresden
In seiner Stellungnahme argumentiert der CDU-Mann plötzlich genauso wie – seit Jahren schon – die meisten sächsischen AfD-Politiker, die aber dafür von der sächsischen Regierungskoalition (CDU, SPD, Grüne) regelmäßig abgekanzelt werden. Dem CDU-Lokalpolitiker, der für Prohlis im Dresdner Stadtrat sitzt, scheint zu schwanen, dass die Migranten, die die Landesdirektion in seinen Stadtteil lenkt, sozialen Sprengstoff mit sich bringen könnten. Entsprechend drastisch und vorwurfsvoll klingt das Statement:
„Seit Jahren engagieren wir uns für einen lebenswerten Stadtteil Prohlis. Erst kürzlich hat der Stadtrat den „Masterplan Prohlis 2030+“ als städtebauliches Leitkonzept beschlossen. Jegliche Bemühungen, die soziale Durchmischung in Prohlis zu erhöhen, werden mit Entscheidungen wie der jetzt kommunizierten Maßnahme ad absurdum geführt.“
Soziale Durchmischung wird durch Migranten gestört, Masterplan für den Stadtteil deshalb gefährdet. Der CDU-Mann warnt weiter: „Prohlis darf nicht das Marxloh von Dresden werden!“.
Duisburg-Marxloh, kann jeder selber googeln. Dort wohnen Menschen aus 90 Nationen. Drogen- und Kleinkriminalität prägen das Bild. Der Stadtteil wird oft als Prototyp einer No-Go-Area bezeichnet, Mitten in Deutschland.
Verzweifelt fordert der Dresdner CDU-Kommunalpolitiker deshalb: „Die Landesdirektion muss von den Plänen Abstand nehmen und das Vorhaben sofort stoppen!“
Sehr unwahrscheinlich, dass die Behörde etwas ändern wird. Hunderte ähnliche Rufe anderer Kommunalpolitiker aus anderen sächsischen Regionen verhallen seit Jahren ungehört.
Kreistag Mittelsachsen zeigt zum zweiten Mal Rote Karte
Dass es in zahlreichen sächsischen Städten und Gemeinden brodelt wurde am 27. September im Landkreis Mittelsachsen deutlich. Der Kreistag lehnte mehrheitlich mit den Stimmen von CDU, AfD und Freien Wählern zusätzliche Millionen für die Unterbringung einer stetig steigenden Zahl von Migranten ab. Die Achse hatte berichtet.
Aber offenbar hatten die demokratisch gewählten Kreistagsabgeordneten aus Mittelsachsen einfach nur falsch abgestimmt. Also ließ Landrat Dirk Neugebauer am 25. Oktober die Abstimmung wiederholen. Das kennen wir doch von irgendwoher? Der Kreistag lehnte aber erneut mit der Stimmenmehrheit von CDU, AfD und Freien Wählern zusätzliche Gelder für die Unterbringung von Migranten ab. Mit 47-NEIN-Stimmen zu 19-mal JA und 13 Enthaltungen wurde der konzeptlosen sächsischen Asylpolitik erneut die Rote Karte gezeigt. Nun verlagert sich der Showdown zur Landesdirektion Sachsen. Die könnte „von oben“ den Beschluss des Kreistags Mittelsachsen einfach ersetzen. Falls das so eintritt, dann wäre die Frage: Wozu brauchen wir eigentlich noch demokratisch gewählte Kreistage?
Stephan Kloss ist freier Journalist. Er lebt bei Leipzig und studiert Psychologie.