Jetzt ist es ja wieder etwas wärmer geworden, etwas, und da vergisst man schnell, was noch vor ein paar Tagen los war. Da war es nämlich bitter kalt. Für einen Sommermonat jedenfalls. Ich habe für mich die Heizsaison im Haus eröffnet. Und ich habe auch eine Sendung im Fernsehen gesehen, in der es darum ging, ob die Vermieter bei solch – für den Monat August – ausnehmend kalten Tagen, wie sie uns jetzt beschert wurden, für seine Mieter die Heizung anschmeißen muss. Und dann das.
Am Dienstag zitierte die Nachrichtenagentur dpa Adrian Leyser vom Deutschen Wetterdienst (DWD) mit dem Statement, der August sei überdurchschnittlich warm gewesen. Zwar nur 0,1 Grad, aber: zu warm. Der August ist normalerweise einer der beiden wärmsten Monate in Deutschland. Wenn man da schon heizen muss – kann es dann im August überdurchschnittlich warm gewesen sein, waren denn die August-Monate in den letzten Jahren im Schnitt wirklich noch kälter? Nein, waren sie eben nicht.
Die Behauptung des DWD „zu warm“ lässt sich erklären, aber sie wird dadurch nicht weniger absurd. Verglichen wird immer mit einem „langjährigen Mittelwert“ oder der „langjährigen Durchschnittstemperatur“, was ja an sich korrekt ist. Das liest sich aber auf den ersten Blick, als würde der August mit zeitlich nahen vorherigen August-Monaten verglichen. Genau das ist aber nicht der Fall. Der „Referenzzeitraum“, mit dem alle aktuellen Temperaturdaten immer verglichen werden, ist für den DWD die Spanne zwischen 1961 und 1990. Er folgt damit den Vorgaben der World Meteorological Organisation (WMO) – was das ganze allerdings nicht plausibler macht.
Dass der Zeitraum dreißig Jahre umfasst, ist korrekt, das ist die Dauer, ab der man von Klima spricht. Dass aber der Vergleichzeitraum schon vor mehreren Jahrzehnten beendet war, dass heutige Daten neben Daten von vor über 50 Jahren gehalten werden, ist widersinnig, macht den Vergleich wertlos. Man kann daran allenfalls ablesen, wie sich das Klima im Großen und Ganzen im Laufe des letzten halben Jahrhunderts entwickelt hat. Aber eben nicht feststellen, wie die Dynamik zur Zeit läuft, nach oben, geradeaus, oder nach unten, wo genau der jetzige August einzuordnen ist – obwohl der Duktus des DWD genau diese Information suggeriert.
Wir wissen ja, dass es heute – global und auch in Deutschland – ein wenig wärmer ist als noch in den 60er Jahren. Wir wissen aber auch, dass es zur Zeit nicht weiter aufwärts geht. Genau dies, einen weiteren Anstieg nämlich, gaukelt uns aber die Behauptung vor, der August 2014 sei wärmer als die Augustmonate im langjährigen Durchschnitt. Bei solchen Vergleichen geht es immer aufwärts, auch wenn es – wie zur Zeit – seit geraumer Zeit nur noch seitwärts geht, wenn nicht sogar abwärts.
Die Aussage des DWD ist statistisch hochgradig irreführend, Vorgaben der WMO hin oder her. Es wäre schließlich ein Leichtes, den Referenzzeitraum jedes Jahr anzupassen, ihn im Computerzeitalter im Jahresrhythmus „mitzuziehen“. Nur dann könnte man sinnvolle Aussagen treffen über die aktuelle Entwicklung, die über die Banalität hinausgehen, dass es in unserer Zeit wärmer ist als noch vor 40 oder 50 Jahren. Nachts ist es kälter als draußen. Oder doch nicht?
Es gibt ja Meteorologen, die rechnen – zumindest auch parallel – mit dem angemesseneren Vergleichzeitraum. Dominik Jung von Wetter.net kommt deshalb zu einer ganz anderen Aussage als der DWD: Der August ist (bis einschließlich Dienstag, 26.) um 1,4 Grad kälter als der langjährige Durchschnitt, nämlich dann, wenn er die Jahre 1984 bis 2013 zugrunde legt, was nur vernünftig ist. Jung sagt allerdings auch noch etwas anderes: Sogar dann, wenn er den diesjährigen August mit den Jahren 1961 bis 1990 vergleicht, so wie der DWD also, kommt er 2014 immer noch auf einen Wert von 0,4 Grad auch unter dem langjährigen Durchschnitt auch des DWD. Auch danach wäre der August bisher deutlich kühler.
So oder so: Auch und gerade bei Statistiken ist Skepsis angebracht. Das sollte man im Hinterkopf haben, wenn mal wieder das Wort „Klimaskeptiker!“ in den Raum geworfen wird.
Donner und Doria hatte das Thema kürzlich – unter einem anderen Aspekt – schon einmal behandelt, und zwar hier.