Taiwan ist eine Vorzeigedemokratie mit Wahlen, die westlichen Standards an Freiheit und Transparenz gerecht werden. Trotzdem hat die Bundesregierung Präsidentin Tsai Ing-wen nicht zu ihrer Wiederwahl gratuliert. Nach Angaben der „F.A.Z“ hat Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in der Bundespressekonferenz eine entsprechende Frage wie folgt beantwortet: „Nein, dazu kann ich Ihnen nichts berichten.“ Zur Wahl selbst habe er gesagt: „Wir begrüßen, dass das freie und demokratische Wahlen waren, die reibungslos und friedlich verlaufen sind.“ Anders hielt es laut „F.A.Z.“ der amerikanische Außenminister Mike Pompeo. Dieser habe der taiwanischen Präsidentin unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am Samstag gratuliert.
Laut „F.A.Z“ war 2012 das letzte Jahr, in dem ein Vertreter der Bundesregierung (der damalige Außenminister Guido Westerwelle) einem taiwanesischen Wahlsieger gratuliert hat. Allerdings handelte es sich um den China-freundlichen Präsidenten Ma Ying-jeou. Die gerade wiedergewählte Amtsinhaberin Tsai gilt hingegen als äußerst China-kritisch und war mit dem Versprechen in den Wahlkampf gezogen, Taiwans Souveränität zu verteidigen.
Der komplizierte Status Taiwans ist ein Ergebnis des chinesischen Bürgerkriegs, dessen Verlierer, die Regierung der „Republik China“, auf die Insel Taiwan floh, als auf dem Festland die kommunistische „Volksrepublik China“ ausgerufen wurde. Die meisten Staaten der Welt – darunter Deutschland und die USA – erkennen heute die Volksrepublik China als einzigen souveränen Staat in China an und unterhalten keine vollen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan.