Wahied Wahdat-Hagh / 01.05.2013 / 16:44 / 0 / Seite ausdrucken

Iran: Armenbekämpfung statt Armutsbekämpfung

Die Armut im Iran wächst, und soziale Proteste werden nicht geduldet. Auf die Missachtung der Arbeiterrechte und die Verelendung wies jüngst die neue „Internationale Kampagne zur Unterstützung der Rechte der Arbeiter“ hin. Die Kampagne kritisiert die Folgen der Kürzung der staatlichen Subventionen und die Privatisierung. Die iranischen Arbeiter würden immer weniger Geld verdienen.

Die Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi sagte in einem Interview mit Radio Farda: „Der Arbeitslohn, den sie für die Arbeiter bestimmt haben, ist sogar niedriger als die Armutsgrenze.“ Arbeiteraktivisten würden permanent verhaftet und müssten lange Haftstrafen absitzen. Die Kampagne kritisiert auch die Verfolgung von aktiven Mitgliedern der Lehrergewerkschaft sowie der Bus- und Transportgewerkschaft. Shirin Ebadi sagt, dass das iranische Regime ein „sehr dunkles Zeugnis“ aufzuweisen habe. Die iranische Regierung ignoriere sogar die eigene Verfassung. Es gebe keinen Arbeitsschutz.

Besonders tragisch ist die Lage der iranischen Heimarbeiterinnen beklagt eine im Exil in Deutschland lebende Arbeiteraktivistin gegenüber Radio Farda. Ihr Verdienst würde noch nicht mal ausreichen, um Strom oder Wasser eines Haushaltes zu finanzieren. Dabei würden sie in den meisten Fällen bis zu 14 Stunden am Tag arbeiten. Im Iran gebe es mehr als drei Millionen Kinder unter 15 Jahren, die arbeiten müssen. Besonders tragisch sei die Lage der afghanischen Arbeiter im Iran, die noch weniger Geld verdienen würden als die iranischen Arbeiter.

Arbeiteraktivisten befürchten, dass die Löhne weiterhin so niedrig bleiben. Sogar die Arbeiter der petrochemischen Industrie fürchten, dass trotz der hohen Inflation ihre Löhne auch in diesem Jahr nicht steigen werden. Immer wieder werden Hunderte Arbeiter entlassen, die zuvor monatelang keinen Lohn erhalten haben.

In der „Islamischen Republik Iran“ haben in den letzten 12 Monaten rund 100.000 Arbeiter ihren Arbeitsplatz verloren, berichtet Radio Farda. Diese Zahl stammt direkt aus dem Iran und geht auf eine Veröffentlichung der staatlichen Arbeitervereinigung „Khaneye Arbeit“ („Haus der Arbeit“) zurück. Wie Alireza Mahjub, Vorsitzender dieser Vereinigung, mitteilt, befinden sich die „Produktionseinheiten des Iran in einer großen Krise. 100.000 Arbeiter sind aus mehr als 1000 Produktionseinheiten entlassen worden“.

Die Frauenarbeitslosigkeit ist mindestens doppelt so hoch wie die der Männer. Zudem würden die Frauen, insbesondere in den Teppichmanufakturen, lediglich zwei Drittel des gesetzlich vorgeschriebenen Lohnes bekommen. Aber da sie Angst hätten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, würden sie nicht protestieren.

Schlechte medizinische Versorgung. Zudem kümmere der Staat sich nicht um die medizinische Versorgung der Arbeiter am Arbeitsplatz. Die Regierung soll umgerechnet rund 613.500 Euro, die für das iranische Gesundheitsministerium vorgesehen waren, auf das Konto des Ministeriums für Verkehr überwiesen haben. Dies haben iranische Zeitungen wie „Sharq“ ebenfalls berichtet. Die Krankenhäuser sind insbesondere in Städten wie Amol, Chalus, Behshahr oder Qaemshahr in einem sehr schlimmen Zustand und meist über 50 Jahre alt.

Etwa 800.000 iranische Kinder unter sechs Jahren leiden an Unterernährung. Mehr als die Hälfte der Kinder leben in sehr armen Verhältnissen. Sie haben Ernährungsdefizite. Damit das Bild der gesellschaftlichen Armut nicht sichtbar ist, werden sozial Benachteiligte, Arme und Drogensüchtige brutal aus der Öffentlichkeit verdrängt und von den Straßen entfernt. Oft sind es Menschen, die aus Verzweiflung wegen der Ungerechtigkeiten, die in der totalitären Diktatur vorherrschen, auch zu Kleinkriminellen werden. 95 Prozent von ihnen sind unter 25 Jahre alt. Manche von ihnen sind in der Tat auch Diebe, Drogendealer und Mörder. Viele werden hingerichtet.

Ayatollah Khomeini, der Gründer der „Islamischen Republik Iran“, hat den Iranern versprochen, die Armut abzuschaffen. Auch Ahmadinejad hat den armen Schichten Wohlstand versprochen. Die iranische Gesellschaft ist jedoch weder freier noch reicher als vor der islamischen Revolution von 1979.

Wahied Wahdat-Hagh, Fellow bei der European Foundation for Democracy.

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