Wahied Wahdat-Hagh / 01.08.2013 / 18:23 / 1 / Seite ausdrucken

Iran: Kauft keine Waren aus westlichen Staaten

Der iranische Revolutionsführer Ali Khamenei hat Fatwas zu Themen wie Zionismus, Bahai-Religion, Musik und Satellitenschüsseln erlassen, die von verschiedenen iranischen Websites gegenwärtig verbreitet werden. Eine Fatwa ist ein islamisches Rechtsgutachten. Etwa 493 Fatwas von Ali Khamenei wurden am 30. Juli 2013 von der TasnimNewsagency veröffentlicht. Die meisten Fatwas beziehen sich auf religiöse Zeremonien und schreiben vor, wie der Muslim sich im Alltag zu verhalten habe.
Wie erwartet, befindet sich darunter keine Fatwa über die Frage der Atombombe. Die bisherigen Aussagen Khameneis, dass Atombomben mit der islamischen Moral nicht zu vereinbaren seien, sind daher nur als politische, also nicht nach religiösem Recht verbindliche Aussagen. Offenbar will sich Khamenei nicht festlegen. Es lohnt sich aber, einen Blick auf einige Fatwas zu werfen.
In den Fatwas Nummer 15 bis 18 heißt es zusammengefasst, dass die Machtposition des Revolutionsführers in der Tradition der Herrschaft des Propheten Mohammad stehe. Die Muslime müssen dem Revolutionsführer gehorchen, wenn es um Befehle geht, die die Belange des Staates betreffen. Solange der Mahdi (Messias) nicht erschienen sei, sei der Revolutionsführer, derzeit Ali Khamenei, verpflichtet, die islamischen Hadd-Strafen beispielsweise in Bezug auf Unzucht staatlich durchzusetzen. Im Klartext bedeutet dies auch die Durchsetzung der Steinigung, die in der Strafgesetzgebung festgeschrieben worden ist.
Die Fatwa Nummer 258 bezieht sich auf den Kauf von westlichen Waren. Wenn der Kauf solcher Waren zur Stärkung der westlichen Staaten führe, die „kolonialistisch, ungläubig und Feinde des Islam und der Muslime“ sind, sollen Muslime den Kauf solcher Waren vermeiden. Hier wird unterstellt, dass der staatliche Import aus dem Westen – 2012 kaufte der Iran für 7,3 Milliarden Euro in der EU ein, das Interesse des Regimes an Handelsbeziehungen wird auch in der Kritik an den Sanktionen deutlich – nur den Interessen des Iran dient und europäische Mächte vom Handel mit dem Iran nicht profitieren. Der private Konsum von nicht-islamischen Waren soll eingeschränkt werden.
Die Fatwa Nummer 259 ist „zionistischen Unternehmen“ gewidmet. Darin heißt es, dass „der Kauf und Verkauf von jedweder Ware von der usurpatorischen zionistischen Regierung verboten“ (haram) sei.
Die Fatwa Nummer 260 bezieht sich auf den sozialen Verkehr und Umgang mit Bahai. Kein Geringerer als Ali Khamenei, der von manchen Iran-Experten als „moderat“ bezeichnet wird, hat in seiner neu veröffentlichten Sammlung von Rechtsgutachten den Muslimen befohlen, dass „jeglicher Verkehr mit Bahai zu vermeiden“ sei. Dabei stellen immer mehr Muslime fest, dass die Bahai zwar einer anderen Religion anhängen, aber deswegen nicht dämonisiert werden dürfen.
In der Fatwa 363 heißt es über die Kopfbedeckung der Frauen: Die Frauen müssen ihren gesamten Kopf und Körper, außer das Gesicht und die Hände bis zum Handgelenk, bedecken, so dass sie nicht auffallen. Weiterhin heißt es, dass die Frauen zwar Schmuck tragen dürfen, aber nicht in der Öffentlichkeit. Es heißt, dass „unvertraute“ Personen den Schmuck der Frauen nicht sehen dürfen. (Fatwa 366)
Die Männer sollen ihren Bart nicht rasieren (Fatwa 453-455), das Hören von einer Musik, die von Gott ablenke, ist ebenfalls nicht erlaubt. (Fatwa 456-457) Musikinstrumente dürfen der Fatwa Nummer 462 zufolge nur dann benutzt werden, wenn sie religiösen, revolutionären, pädagogischen und kulturellen Zwecken dienen. Sie sollen nicht die Menschen erregen. Frauen dürfen nicht in Anwesenheit von Männern auf einer Veranstaltung tanzen (Fatwa Nummer 470). Und der Tanz und die Musik dürfen auch nicht dem reinen Genuss dienen.
Der Besuch von Sufi-Zentren (Khangah) ist verboten. (Fatwa 475)
Nichtislamische und westliche Kleidung ist verboten. Männer dürfen keine Krawatte tragen. (Fatwa 478)
Das Anschauen von Filmen, die die „Heiligtümer der Islamischen Republik beleidigen“, ist verboten. (Fatwa 482)
Den Fatwas 491 und 492 zufolge ist es nicht erlaubt, Satellitenschüsseln zu kaufen, zu verkaufen, zu installieren und zu benutzen. Dies wird damit begründet, dass eine Satellitenschüssel es ermöglicht, verbotenen Sendungen anzuschauen.
Die Betreiber von Internet-Cafés dürfen es ihren Kunden nicht ermöglichen, verbotene Internet-Seiten zu lesen.
Wahied Wahdat-Hagh, Fellow bei der European Foundation for Democracy.

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Leserpost

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Werner Scholz / 02.08.2013

Na, der Iran ist doch ein richtig nettes Land - so voller Spiritualität. Vor allem, wenn ausgerechnet irgendwelche Sufi-Veranstaltungen verboten sind ... Zudem lässt man solche Leute wie die Bahai nicht auch noch fette Protztempel bauen, wie es das zionistische Regime etwa in Haifa erlaubt hat. Wo wären die Bahai ohne Zionismus? Und: Westliche Technologie geht ja gar nicht - das ist doch klar, oder?

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