Wer hätte das gedacht? Jacko als Super- Ikone der Generationen Golf, Nutella & Neunundachtzig! Sogar Durs Grünbein, der immerhin bedeutendste lebende Gelegenheitsdichter der Nation, hat dem „Herzens-Ariel“, wie er ihn nennt, jetzt ein Ödchen gewidmet.
Was macht der Tod nicht alles aus der Erinnerung und, umgekehrt, die Erinnerung aus dem Tod? Sollte ausgerechnet der Moonwalker einer ganzen Geschichtsabschnittsgemeinschaft den Schock des Älterwerdens verpasst haben? Werden sich ab jetzt all die fräuleinwunderfrechen Frauen und ihre Pop- und Plopp-Partnerhelden mit dem Ernst des Lebens trösten?
Wohl kaum. Erfahrungsgemäß bringen so umtriebige Leute als erstes doch wieder die Monstranz in ihre Gewalt, bevor sie alles zur Identifikationsnummer machen. Wenn früher die Identifikation für die eine oder andere Konfrontationspolitik herhalten musste, so ist sie heute ein Markenzeichen und ihre Träger betrachten nicht nur die Welt als Ware, sie verstehen auch sich selbst als Produkt.
So ist die zweitwichtigste Meldung, nach der Meldung über Jackos Tod, dass seine Tonträger ausverkauft seien. Das ist eine Nachricht, es ist aber auch eine Botschaft für den Augenblick, in dem Weltbild und Marketing zusammenfallen.
Plötzlich, ohne jeden Debattenvorlauf sind die Achtziger agendareif. Wo man früher mit Schaudern und Verachtung Reagonomics vermutete, herrscht jetzt der Moonwalk. Als wollte man nichts weiter sagen als das: Ja, es gab die große Verkleidung und ich war dabei. In Lüdenscheid, fügen wir hinzu.