Rainer Bonhorst / 18.07.2013 / 21:44 / 5 / Seite ausdrucken

Herr und Frau Quixote

Der „Economist“ hat die deutsche Energiepolitik mit den aus der Literatur bekannten Bemühungen des Don Quixote verglichen. „Quixotic“ sei die Energiewende. Also so was. Die deutsche Windmühlenpolitik soll ein Kampf gegen Windmühlen sein? Ein starkes Stück. Ausgerechnet die Engländer. Fahren stur links und nennen andere quixotisch.

Andererseits: Ein bisschen einsam ist Deutschland ja mit seiner Energiewendenpolitik. Könnte es tatsächlich die Einsamkeit des Don Quixote sein? Könnte das britische Magazin mit seinem Urteil womöglich richtig liegen? Sollte man über die Sache vielleicht nochmal nachdenken? Eher nicht. Right or wrong – my country, sagen die Engländer. In Deutschland würde man sagen: Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst Willen zu tun.

Ich weiß nicht mehr, in welchem Kabarett ich diesen Satz gehört habe. Aber er passt wunderbar in das gegenwärtige deutsche Energiewesen. Wir haben Recht und die anderen haben Glück.

Die Amerikaner werden unverschämterweise mit der Methode Fracking alles aus ihrem Boden herausholen, was dort herauszuholen ist. Dass Fracking nach deutschem Konsens der Gottseibeiuns ist, kümmert die einfach nicht. Die fracken auf Teufel komm raus und freuen sich, dass ihre ohnehin schon niedrigen Energiepreise noch erschwinglicher werden. Sie befreien sich von der arabischen Ölknechtschaft und behalten sogar noch ein paar Tropfen übrig, die sie uns dann anbieten. Unmöglich, diese Amerikaner.

Und die Briten? Die haben entdeckt, dass sie nicht nur Nordseeöl besitzen sondern geradezu auf einem Schatz unterirdischer Energie hocken. Und anstatt ihn ökologisch korrekt im Boden zu lassen, werden sie ihn bedenkenlos heben und Deutschland zeigen, wie preisgünstig man sich demnächst im Königreich mit Strom versorgen kann. Und die Franzosen? Die sind sowieso hoffnungslos. Sie zapfen einfach weiter fröhlich ihre Atommeiler an.

Dass derweil unsere Energiepreise weiter in den Himmel steigen werden, ist ein Päckchen, das wir nun mal tragen müssen. Wer in einem heroischen Kampf als einsamer Held das Weltklima rettet, muss sich mit einem bisschen ökonomischen Untergang abfinden.

Sollen die Pragmatiker aller Länder ruhig über Deutschland lächeln. Sollen all die Brüder Leichtfüße sich ruhig mit billigem Stoff versorgen. Sollen sie ruhig die Industrie aus dem hochpreisigen Deutschland in ihren billigen Sündenpfuhl locken. Wer die Moral auf seiner Seite hat, kann auf lange Sicht nicht verlieren.  Auch Don Quixote wurde von seinen Zeitgenossen belächelt, ehe er zum Helden der Weltliteratur aufstieg. Windmühlen sind nicht unbesiegbar. Man besiegt sie, indem man eine ganze Welt aus neuen Windmühlen aufbaut.

Ja, Herr und Frau Quixote sind zutiefst deutsche Figuren. Denn wie gesagt: Deutsch sein heißt,  eine Sache um ihrer selbst Willen zu tun. Mit anderen Worten: Die Energiewendepolitik „quixotisch“ zu nennen, ist das schönste Kompliment, das man einem deutschen Politiker machen kann.

   

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Leserpost

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Rudolf Stein / 19.07.2013

Die deutschen Weltenretter werden wieder das gleiche tun, was sie auch in anderen Fällen tun: sie werden Wasser predigen und Wein trinken: gefracktes Öl aus den USA kaufen, Strom aus KKWs in Frankreich oder Tschechien beziehen, dicke Autos fahren (öfter auch ohne Fahrgast!), um die Welt fliegen, den Saudis Panzer verkaufen, zu Hause sparen und anderen das Geld in den Rachen schmeißen, Windräder und 380 kV- Masten auf anderer Leute Grundstücke stellen lassen, Arzneimittel, die mit Tierversuchen entwickelt wurden, einnehmen, im Ausland medizinische Behandlungen auf der Basis von Gentechnik in Anspruch nehmen usw. usw.

Ludvik Medved / 19.07.2013

Wunderbar, Herr Bohnhorst. Don Quixote mit seiner Angst vor der damals modernen Technologie, sollte man zum Schutzpatron der Grünen machen. Das passt wie die Faust auf`s Auge!

Bernhard Schiller / 19.07.2013

Undifferenziert und irreführend. DIE Amerikaner, DIE Briten, DIE Franzosen. Alle gleich. Und WIR, DIE deutschen Ritter von der traurigen Gestalt. Anders als die anderen. In Frankreich ist Fracking seit dem 13. Juli 2011 verboten. Soviel zu DIE Franzosen. Außerdem im US-Bundesstaat Vermont. Einige Bundesstaaten haben ein Moratorium. Soviel zu DIE Amerikaner. In GB gab es ein Moratorium von Juni 2011 bis April 2012. Soviel zu DIE Briten und “bedenkenlos heben”. In Deutschland wird seit 1975 massiv Fracking betrieben. Soviel zu WIR. “The Economist” nannte Windkraft übrigens bereits 1994 (Vol. 325, No. 7758) eine “quixotic energy”. Damals waren Pläne der Weltbank für Windkraft in Mexiko gemeint.

Hans Ebke / 19.07.2013

Mal abseits von allem anderen, Herr Bonhorst: Stur links fahren ist nicht so exotisch wie die Energiewende. Überall wo dieses clevere Völkchen von der Kanalinsel seine Füße in den letzten paar Jahrhunderten hingesetzt hat fahren die Leute links. Deshalb werden schon seit Jahren weltweit mehr Autos mit dem Lenkrad auf der rechten Seite gebaut als auf der Linken. Aus Kostengründen müsste die Autoindustrie eigentlich den Blödsinn mit den Autos für Rechtsverkehr sein lassen. Passt doch irgendwie zum Abgesang, oder?

Hans Meier / 18.07.2013

Lieber Herr Bonhorst, wenn ich so sagen darf, da ich ich ihre Kommentare meist mag. Das mit dem verwirrten Spanier der gegen Windmühlen kämpfte und den pseudointelektuellen Deutschen Ökos die Windmühlen aufstellen, sind meines Erachtens zwei paar Schuhe, oder ein gleiches Verhalten in einer Gegenwart, in der ideologischer Zeitgeist im Hamsterrad einer Hirnschwäche rotiert. Don Quichot kämpfte gegen Windmühlen, weil sie eine technologische Ära verkörperten und nützlich waren, falls der Wind wehte, um Getreide zu Mehl zu malen. Mehl zum Brot backen kann man lagern, darum war das damals mit den Windmühlen auch weniger bescheuert als heute, wo unsere in Amt und Würden residierenden Quichots uns aber täglich holla und öko zurufen, um uns auszuplündern. Wie bescheuert muss man eigentlich sein, um unabhängig vom Wetter zuverlässig und preiswert Strom zu erzeugen? Was soll denn genau das Prinzip von klug, von sparsam und effizient für eine Energieversorgung in einem internationalen Wettbewerb um die besseren Konzepte sein? Die permanente Kernfusion der Sonne zu kopieren, das ist die Chance Energie im Überfluss zu haben.

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