Henryk M. Broder / 20.01.2008 / 22:00 / 0 / Seite ausdrucken

Guantanamo kommt nach Memmingen

Es lebt sich gut in 87 700 Memmingen, der “Stadt der Tore und Türme, Giebel und Fassaden” im Allgäu. 42.000 Einwohner, eine romantische Altstadt, 150 Cafes, Kneipen und Restaurants, ein Landestheater, eine solide mittelständische Wirtschaft, die 25.000 Menschen Arbeit gibt. Wenn bloß Guantanamo nicht wäre! Jeden Morgen stehen die Memminger mit dem Gedanken auf “Gibt es das Lager noch immer?” und gehen jeden Abend mit dem Gedanken schlafen: “Da muss endlich was passieren!” Deswegen hat das Landestheater Schwaben am 18. Januar zu einer Lesung mit “Gedichten aus Guantanamo” eingeladen und rund 4oo Memminger, etwa ein Prozent der Bevölkerung, kamen. Sie hörten pathetische Sätze wie: “Ehrenvoll sind meine Taten, sie bedürfen keiner Rechtfertigung” und “Islam will prevail in all corners of the world”. Nach der Lesung gab es die übliche Diskussion über Menschenrechte, Terror, amerikanische Barbarei und deutsche Verantwortung für den Weltfrieden.

http://www.focus.de/kultur/buecher/poems-from-guantanamo_aid_234181.html
http://www.all-in.de/nachrichten/allgaeu/memmingen/Memmingen-lok-lok1-guantanamo;art2758,285994

Bleibt nur noch zu ergänzen, dass gegen Ende der Diskussion ein Mann das Wort ergriff und sagte: “Die USA zerstören ganz bewußt die Welt, natürlich sind wir gegen die USA, aber das hat seinen Grund.”
Der Intendant des Landestheaters versprach, demnächst auch einen Abend mit den Briefen und Gedichten der sechs bulgarischen Krankenschwestern zu veranstalten, die acht Jahre in libyschen Gefängnisse festgehalten, gefoltert und zum Tode verurteilt wurden, bevor sich die EU ihrer annahm und sie freikaufte.

Siehe auch: Der Schrecken als Kunstgewerbe
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?em_cnt=1275346

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