Meine Lieblings-Griechin Marina Sirtis sagte in ihrer Rolle als Counselor Diana Troy einmal, es sei nicht immer ein Vorteil, zu wissen, was der andere gerade denke. Genau so ist es doch allen seit Jahrzehnten griechisch inspirierten und sympathisierenden Deutschen eben gerade mit ihren Empathien ergangen. Ich verstehe gar nicht, wie man das Gerede von der Wettbewerbsfähigkeit, dem Aufbauplan und dem Unverständnis für die griechische Volksseele so viele Male erneut reproduzieren kann. Die wichtigsten Zweige der griechischen Volkswirtschaft sind Tourismus, Seeschifffahrt, alle Dienstleistungen um diese Sparten herum und daneben etwas Pharmazie und Lebensmittelexport. Da sind sie absolut konkurrenzfähig. Niemand wird es schaffen, die Strukturen dort über den Status Quo hinaus zu germanisieren, geschweige die Menschen dort umzukrempeln. Auch daran zu glauben, dass die begehrten Importwaren, wie Autos oder Elektronik durch eine eigene Währung leichter zu finanzieren wären, ist Illussion. Daneben bleibt ganz unabhängig von der Währung, solange die EU-Mitgliedschaft nicht aufgehoben wird, ein Anspruch auf alle möglichen Fördertöpfe für strukturschwache und benachteiligte Regionen. Deshalb sehen ich nur den Staatsbankrott als Ausweg, den die EU freilich managen muss. Deshalb hätte ich vom neuen linken Staatschef erwartet, dass er als erstes nach Argentinien reist, um sich dort schlau zu machen, was ihm alles blüht.
Die einzige Lösung für das Griechenland-Problem wäre die Verhandlungen mit einer kommunistischen und faschistischen Regierung abzubrechen. Alle EU-Länder sollten über den Verbleib Griechenlands in der EU und über Reparationen der Griechen, die uns seit 1980 betrügen und Subvention und Hilfen zuunrecht kassieren, an die EU abstimmen. Wie kämen auf einen Betrag von über 500 Milliarden Euro, den die Griechen erschlichen haben. Erst dann, wenn die Griechen diesen Betrag zurückgezahlt haben, können Verhandlungen über die Wiederaufnahme Griechenlands in die EU beginnen.
Dieser Beitrag wiederholt eine Diskussionsstrategie, die wir nun seit Monaten vornehmlich bei griechischen Teilnehmern in deutschen Talkshows beobachten können - etwa bei dem Sonderbotschafter Chatzimarkakis. Da wird mit einigem Pathos gefordert, daß nun endlich einmal schonungslos gesagt werden müsse, was zu sagen ist. Und dann folgt eine gebetsmühlenartige Wiederholung längst bekannter, zigmal entkräfteter, inkonsistenter Thesen; d.h. eine fatale Verleugnung jeglicher Realitität und hinlänglich vorgetragener Argumente. Das hinterläßt die Sorge, daß diese griechische Tragödie nicht anders als in einer großen Katastrophe enden kann. Was überhaupt an konkreten Vorstellungen vorgetragen wird, läuft auf die alte Litanei hinaus: Europa soll zahlen. Sogar “Nicht-EU-Länder” sollen zur Kasse gebeten werden. Wobei wir uns auf einen Zeithorizont von 20 oder 30 Jahren einstellen dürfen. Nur leider wird das Abkassieren nicht besser, wenn man es in Worte wie “Schuldenschnitt”, “Marshallplan” usw verpackt. Auf der Strecke bleibt, was selbst griechische Experten als unumgänglich beschrieben haben: Daß die Lösung in Griechenland selbst liegt. “Die Griechen müssen sich neu erfinden, wenn sie in der heutigen Welt überleben wollen (Nikos Dimou).” Was als selbstkritische Einsicht erscheint, wird oft schon im selben Satz widerrufen. Da ist etwa vom “Versagen Griechenlands” die Rede, das als “kollektive Verantwortung akzeptiert” werden müsse. Wie paßt das logisch zusammen? Wie wären andere Länder für griechisches Versagen verantwortlich zu machen? Ist etwa Frankreich oder Spanien verantwortlich dafür, daß in Griechenland keine funktionierende Steuerverwaltung existiert? “Kurzfristig würde dies (i.e. neue Zahlungen) die Liquidität des Bankensystems und genügend Hilfszuwendungen garantieren, um sicherzustellen, dass die Regierung ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann.” Wieso “würde”? Das tut die EZB bereits seit Monaten mit Notkrediten und betreibt damit - nebenbei bemerkt - eine indirekte Staatsfinanzierung, weil die so unterstützten griechischen Banken das Geld ihrerseits an den griechischen Staat weiterreichen. “Griechenland sollte ermöglicht werden, ein eigenes Reformprogramm aufzusetzen”. Wer hindert Griechenland daran? Vielmehr wartet Europa seit Monaten sehnlichst auf solch ein Programm, um endlich zu wissen, für was weitere Hilfen sinnvoll verwendet werden sollen. Doch genug damit. Eine Kritik dieses Beitrags widerspräche sich selbst, wenn sie ihrerseits noch einmal wiederkäute, was nun schon unzählige Male gesagt wurde. Nur eins noch. Rätselhaft bleibt, was gemeint ist mit dem “eigenen Weg”, den Griechenland “für die Zukunft finden” müsse…”- ein Weg, der zu seiner Kultur und seinen Möglichkeiten passt. Nordeuropäische Lösungen können und dürfen Griechenland nicht auferlegt werden.” Ich wüßte nur allzu gerne, was damit gemeint ist. Ist das der “Traum vom neuen Süden”, den Europas Linke träumt? Sebastian Schoepp hat das wiederholt thematisiert - zB hier… http://www.sueddeutsche.de/politik/europas-linke-der-traum-vom-neuen-sueden-1.2377279
Ein vernünftiger Vorschlag, den ich unterstütze, allerdings nur mit Modifikationen: a) Es steht Griechenland nicht frei, eine eigene Währung zu etablieren, vielmehr ist Griechenland *verpflichtet*, dies zu tun. Für ein oder zwei Jahre könnte man es der EZB erlauben, die neue Währung zu stützen um eine graduelle Abwertung zu ermöglichen, ab dann aber muss sich der Außenwert dieser Währung gegenüber dem Euro am Devisenmarkt bestimmen. Damit würde Griechenland de facto aus der Eurozone ausscheiden, auch wenn man es vielleicht nicht so nennen würde. Ohne diese Klausel aber wären alle weiteren Hilfen hinfällig. b) In Europa gibt es keine Kapitalknappheit wie nach dem zweiten Weltkrieg, deshalb braucht es auch keinen “Marshallplan”. Griechenland wird allein durch seine Abwertung wieder für Kapital attraktiv werden; dann wird das Kapital auch kommen. Es gibt vermutlich auch eine Unmenge griechisches Kapital, welches zur Zeit außerhalb Griechenlands herumliegt und darauf wartet, zurück zu kehren. Griechenland sollte allerdings für ein Jahr Anpassungshilfen bekommen, wenn solche zur Abwendung möglicher humanitärer Notlagen in der unmittelbaren Nach-Euro-Zeit erforderlich werden. Durch Forderungsverzichte der Gläubiger (“Schuldenschnitt”) erhält Griechenland ohnehin Hilfe in enormer Höhe. d) Eine Liquiditätshilfe für seine Banken braucht Griechenland nicht, denn es führt ja wieder eine eigene Währung ein; von der kann es so viel Liquidität schaffen, wie es sie braucht. EZB und Europa spielen bei diesem Prozess überhaupt keine Rolle. Ein Schuldenschnitt kann dann aber nicht auf die griechische Regierung beschränkt sein; auch die griechischen Banken sind ja faktisch pleite und brauchen einen Schuldenschnitt; alternativ wäre auch ein Insolvenzverfahren aller griechischen Banken mit Verschuldung in Euro möglich, bei dem die Gläubiger ebenfalls viel Geld verlieren werden. e) Griechenland sollte großzügige technische und administrative Hilfe von Brüssel oder von anderen europäischen Staaten zum Aufbau einer effektiven staatlichen Verwaltung erhalten, *wenn* es sie anfordert. Diese Hilfen müssen so strukturiert sein, dass die Verantwortung für ihren Einsatz voll bei Griechenland liegen (nicht bei einer “Troika” oder so etwas, und auch nicht bei einer “gemeinsamen” Institution, sondern *voll* bei Griechenland), so dass Griechenland einen möglichen Erfolg sich selbst zuschreiben kann, aber einen Misserfolg ebenfalls sich selbst zuschreiben muss. f) Griechenland muss weiterhin in der EU bleiben und kann damit alle EU-rechtlichen Privilegien, wie freien Marktzugang usw. usf., behalten. Ein Euroaustritt Griechenlands darf absolut nicht mit einer Bestrafung verbunden sein oder als Bestrafung gesehen werden können. Mein Vorschlag zielt darauf, die Verantwortlichkeiten wieder klar zu trennen, denn die Vermischung von Verantwortlichkeiten ist für einen Teil der wirtschaftlichen Misere verantwortlich; wichtiger noch: sie ist der Hauptgrund für die Feindseligkeiten, die sich zwischen den Völkern entwickelt haben. Weil Hilfe auch immer Einmischung bedeutet, muss eine Wirtschaftshilfe für Griechenland sich aufs Nötigste beschränken, gerade um diese Feindseligkeiten zu beenden.
Man muss kein wissenschaftlicher Künstler sein um solche Wege als vergebliche Liebesmüh zu erkennen. Die EU kann und will sie nicht befördern, weil ihre strategischen Ziele andere sind. Die der Akteure in Griechenland sind es auch nicht. Beide Parteien sind einem anderen Gesellschaftsbild verhaftet. Eine freiheitliche Reorganisation der Gesellschaft/en ist es jedenfalls nicht.
Komischerweise wird immer nur gefordert, denen Empathie und Respekt entgegen zu bringen, die sich aufführen wie die offene Hose - ob das nun die Straßengang in Berlin-Neukölln ist oder die griechische Regierung, die die Halbstarken mimt. Solch ein Macho-Gehabe reicht anscheinend, um bei manchen Intellektuellen Muttergefühle auszulösen… PS.: Mich würde mal das empathische Einfühlungsvermögen des Privatunternehmers Zammit-Lucia interessieren, wenn einer dessen Schuldner hartnäckig die Rückzahlungen verweigert.
Tut mir leid, aber meine Geduld ist zu Ende. Ich verlange den Austritt Griechenlands aus dem Euro und parallel dazu einen Schuldenschnitt. Alles, was die Griechen jetzt noch versprechen, ist nicht mehr glaubwürdig. Was Herr Zammit-Lucia schreibt, erscheint mir einfach nur naiv. Theoretisch hat er recht, in der Praxis würde er scheitern.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.