Carlos A. Gebauer, Gastautor / 28.12.2020 / 14:54 / Foto: Pixabay / 85 / Seite ausdrucken

“Durchimpfen” in Heimen – Die Probleme gehen erst los

Die heiligen Schwüre des politischen Berlin, einen Impfzwang gegen das ultimativ pandemische Corona-Killervirus nicht zu erwägen, lassen aufhorchen: Gerade Kinder, die versprechen, sich bestimmt nie tätowieren zu lassen, haben erfahrungsgemäß schon längst die entsprechenden Mustervorlagen durchgesehen.

Worum geht es? Und warum ist ausgerechnet das Impfen ein so heiß diskutiertes Thema? Ein Arzt, der seinem Patienten eine Spritze in den Arm rammt, begeht nach gefestigter juristischer Auffassung eine Körperverletzung. Die Parallele zum Raufhändel vor der Gaststätte hat manchen Doktor empört. Dennoch: So ist es. Da führt also kein Weg daran vorbei. Um nicht zum Straftäter zu werden, muss der Arzt also einen Rechtfertigungsgrund für sein Tun haben. Traditionell ist dies die Einwilligung: Der Patient muss die Tat auch wollen. Denn nur dem Einwilligenden geschieht kein Unrecht (für Bildungsbürger: volenti non fit iniuria). Rechtlich wirksam Wollen kann ein Patient aber nur etwas, das er auch verstanden hat. Eine im Kleingedruckten hellgrau auf Dunkelgrau gedruckte Einwilligungsschablone genügt nicht. Der Arzt muss dem Patienten erst erklären, worum es geht. Sonst geht dessen Einwilligung ins Leere. Es herrscht, sagt man, eine Informationsasymmetrie zwischen klugem Arzt und dummem Patienten.

Vor die rechtswirksame Aufklärung haben die juristischen Götter also die Beseitigung des Unwissens durch eine gehörige Aufklärung des Patienten gesetzt. Der Doktor muss dem Kranken (wie auch dem Impfinteressierten) erklären, welche Bedeutung dieser Eingriff hat. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie also ihren Arzt. Mehr noch: Zu den Chancen und Möglichkeiten fragen Sie ihn ebenfalls. Aber noch mehr noch: Zu den Erfolgsaussichten und der Sinnhaftigkeit der ganzen Übung fragen Sie ihn auch! Und noch mehr noch: Sogar was Sie ihn nicht fragen, muss er trotzdem beantworten. Denn wenn ein Affe in ein Buch schaut, kann bekanntlich kein Apostel herausschauen. 

Der Doktor muss mithin auch solche Fragen beantworten, die Sie nicht stellen, weil Ihnen nicht einmal in den Sinn gekommen wäre, so etwas zu fragen. Warum auch? Sie sind schließlich kein Arzt! Es wird also, bitte, so lange geredet und erklärt, bis die Asymmetrie des Wissens vollends beseitigt ist. Dann erst kann rechtswirksam eingewilligt werden. Dann erst ist das Risiko der Straftat gebannt. Das kann zwar dauern. Weit länger als das Pieksen selbst. Aber, bitte: Wir sind schließlich inmitten der Zivilisation, oder?

Die grundlegende Abwägung zwischen Chancen und Risiken

Wenn diese knappe Zusammenfassung nun den Zweifel über die Richtigkeit einer Impfung beseitigt, dann nähern wir uns der nächsten Frage, sobald von einer Zwangs- oder Pflichtimpfung die Rede ist. Denn da, wo die Pflicht besteht, sich impfen zu lassen, da braucht es denknotwendig keine Einwilligung. Die Einwilligung ist vielmehr gegenstandslos. Der Patient ist ja vielmehr bereits von Gesetzes wegen verpflichtet, es zu wollen. An die Stelle der empathischen Erörterung zwischen Doktor und Impfinteressenten tritt die bloße Klärung, ob eine manifeste Kontraindikation vorliegt. Hier nun fragt im Wesentlichen nicht mehr der Patient, sondern das Kommunikationsgeschehen im Behandlungszimmer kehrt sich praktisch um. Gefragt wird jetzt nur noch der Patient: Vorerkrankung? Allergien? Unverträglichkeiten? Nichts von alledem? Gut, dann machen Sie mal den Arm frei!

Die grundlegende Abwägung zwischen Chancen und Risiken nimmt hier anstelle des strukturell informationsasymmetrischen Patienten ein weiser Gesetzgeber vor. Es überlegen nicht irgendein promovierter Mathematiker oder ein habilitierter Altphilologe mit ihren akademischen Freundeskreisen feingliedrig, wie die Lage wohl je individuell zu gewichten sei, sondern es werden nötigenfalls alle Bürger durch den vielleicht knappen, aber sicher weisen Mehrheitsratsschluss eines aus Studienabbrechern und Berufsversagern konstituierten Parlamentes zu ihrem sozialverträglich volkshygienischen Gesamtwohl geleitet. Nur zutiefst uneinsichtige Feinde der Demokratie könnten einer solchen Entscheidungsfindung offensichtlich ihre bestechende Rationalität absprechen. Schach dem Populismus: Die Plebs kann nicht irren!

Steigern wir die Zweifel an der fremdkonsentierten Zwangsimpfung zum nächsten avancierten Level: Die geliebte Urgroßmutter sitzt, fast hundertjährig, bewegungs- und also fluchtunfähig, zeitweise durchaus vernehmlich wachen Geistes, doch noch unbetreut, in einem nach dem Elften Sozialgesetzbuch ordentlich mit Zwangsversicherten gefüllten Pflegeheim. Dessen sorgfältiger und haftungsrechtlich bestens belehrter Heimleiter fürchtet einen „Ausbruch“ des Virus in seinen vier Wänden mehr als den Durchritt aller vier apokalyptischen Hengste. Also konsentiert er auch ohne gesetzlichen Impfbefehl für seine Schutzbefohlenen die bevorzugte Durchimpfung aller Vulnerablen. „Wer sich weigert, fliegt raus!“ markiert er robust seinen Willen gegenüber den ebenso maskiert-distanzierten wie verdatterten Angehörigen, die – wie es sich für unsere Gesellschaft gehört – radikal zwiegespalten seinen neuesten Verlautbarungen lauschen.

Rollen, die man nicht einnehmen mag

In dieser Lage gibt es nun vier Rollen, die man nicht einnehmen mag: Man mag erstens nicht ungefragt am Ende eines langen Lebens mit experimentellen Vakzinen traktiert werden. Man mag aber auch nicht in ein anderes Heim 500 Kilometer entfernt umziehen, in dem es gar keinen Angehörigenbesuch mehr gibt. Man mag zweitens nicht der Angehörige sein, der den Morgenappell zum Ärmelaufkrempeln preußisch an die Betagte durchstellt. Man mag drittens so absolut gar keinesfalls der Doktor sein, der hier zum Impfeinsatz schreitet. Denn wen belehrt man hier eigentlich und worüber? 

Selbst wenn man die Spritze noch so kundig und behende in jenen anscheinend willigen Oberarm setzt, bleibt doch das ärztliche Haftungsrisiko enorm: Für einen im Schnellverfahren zugelassenen Corona-Impfstoff kann es nicht wie üblich Standards der Ständigen Impfkommission geben, die den Stand der medizinischen Erkenntnis ersetzten. Denn was noch nie geübt wurde, für das kann es schlicht keine ständige Übung geben. Blöd, oder? Aber, mehr noch: Selbst der eigene Berufshaftpflichtversicherer bewegt sich auf schwankendem versicherungsrechtlichen Grund, wenn er den Eintritt in das Risiko bestätigt: Denn für Vorsatztaten gibt es keinen legalen Versicherungsschutz. So also findet das Drama schließlich zum Vierten, der man nicht sein mag: Zum Richter nämlich, der vorsorglich nach § 1904 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches herbeigerufen wird, um kompetent zu überlegen: „Spritze oder Nichtspritze, das ist hier die Frage!“

Kurz: Man kann einem anderen legal sein Messer abnehmen, damit er niemanden ersteche. Man kann einen anderen vielleicht auch noch legitim zwingen, sich zu versichern, damit er niemandem anderen auf der Tasche liege. Sobald man aber damit anfängt, einen anderen zu zwingen, sich selbst einem gesundheitlichen Risiko auszusetzen, um dadurch andere nicht einem gesundheitlichen Risiko auszusetzen, wird die argumentative Luft sehr dünn. Volenti non fit iniuria. 

Aber was ist mit den anderen? Darf man einen potenziell Infizierten mit der ganzen Staatsgewalt zwingen, sich zum Objekt des Schutzes Dritter zu machen? Darf man ihn nötigen, umzuziehen, wenn er sich public-private in einem Heim befindet, in dem er überhaupt nur deswegen wohnt, weil er zuvor genau dazu von Gesetzes wegen verpflichtet worden war? Darf man die mitwirkende Einwilligung eines Hochbetagten durch Angehörige, Bevollmächtigte oder Gerichte ersetzen, wenn er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist, die Situation zu erfassen? 

 

Carlos Alexander Gebauer ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und Publizist.  Seit 2019 ist er stellvertretender Vorsitzender im Zweiten Senat des Anwaltsgerichtshofes NRW. Zuletzt veröffentlichte er das Buch „Die Würde des Menschen im Gesundheitssystem“.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Dirk Jungnickel / 28.12.2020

Von Paul Schreyer kann man lernen, dass die ganze Pandemie - Chose schon vor Jahren von hochrangigen Experten aus aller Welt nach bestimmte Drehbüchern durchgespielt worden ist. Wohl um nicht von einem Angriff mit Bio - Waffen überrascht zu werden. Präventiv sind alle “Maßnahmen” längst fixiert; es darf also nicht verwundern, wenn fast all überall auf der Welt Panik und Demokratie - Amputationen ähnlich verlaufen. Juristische Spitzfindigkeiten und wohlgedrechselten §§ - Auslegungen dürften also keine Relevanz mehr haben. Oder ?

K.Richter / 28.12.2020

Meine 92-jährige Mutter, die glücklicherweise noch im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist, wird sich (un)freiwillig diese Spritzen verpassen lassen, um die Chance zu erhalten, irgendwann wieder aus ihrem Zimmer(gefängnis) herauszukommen, in das sie, ganz einfühlsam, genau einen Tag vor Heiligabend verbannt wurde und keinerlei Auskunft darüber bekommt, wie lange diese Form der Einzelhaft andauern soll. In Alten-und Pflegeheimen werden hochbetagte Menschen vor dem Corona “geschützt”, indem man sie in Einsamkeit und Verzweiflung treibt.

Marco Schulz / 28.12.2020

Vielleicht sollte man, fast ein Jahr ist vergangen, mal prüfen, ob diese Fragen überhaupt stehen. Gibt es das Killervirus überhaupt? Wie ist es mit dem tatsächlichen Nutzen der Impfung? Dann könnte es passieren, dass die ethischen und juristischen Probleme zu Lehrbuchproblemen werden. Schon verrückt, da hat es das Jahr 2020 gebraucht, damit endlich mal über die Freiheit nachgedacht wird. Sogar das Waffenrecht findet sich hier im Artikel. Welchen Status hat man als Deutscher in Deutschland heute? Da gibt es viel zu entdecken. So unterschreibt man etwa bei Beantragung eines Personalausweises, deutscher Staatsbürger zu sein, denn der (alte) Ausweis ist kein Nachweis eben dieser.

Pia Schubert / 28.12.2020

Ich bin zur Zeit in Portugal. Man weiss ja nicht wohin man nichtgehen kann. Überall Covid, Covid. Im Radio gestern und heute, Alte und Pfleger so was von einer Begeisterung für das Impfen. Keine negativen Einschätzungen. Alle wollen die totale Impfung. Auch hier eine andere Meinung haben, kommt nicht gut an! Die armen Länder müssen auch Vasina bekommen. Ich sage dann immer, ich gebe meine Impfdodis sehr gerne nach Afrika. Ich will den Mist nicht. Es ist danach so was von ruhig. Ach ja, die Altenheime werden alle Impfen. Demente merken den Stich, können aber Angehörigen dann nichts mehr erklären. In Deutschland und Europa passiert so viel hinter dem Rücken der normalen Bevölkerung, da wird das auch kein grosser Aufwand. sein. Oder schwupps wir basteln ein neues Gesetz. Die Impfung der Alten obliegt nun den zuständigen Gesundheitsämtern. War schon vorher so. Ich habe meinen Bruder betreut. Da sind Dinge passiert, die glaubt ein keiner. Höchstens Menschen mit Verstand. Diese findet man meist nur noch auf achgut. Schöne Zeit!

Judith Panther / 28.12.2020

Juristische Aufarbeitung? Ha, ha. Good one. (Irony off) Divide et imp(f)era kommt dem wohl näher. Jahrzehntelanges Prozessieren wird die Folge sein - Lockdown-Opfer gegen die Regierung, Impfschadensopfer gegen Impfärzte, die gegen ihre Berufshaftpflicht, denen das am Arsch vorbeigeht, auf dem sie sowas traditionell auszusitzen pflegen. Eltern haften für ihre Kinder, der Staat haftet für die Verbrechen der Pharmamultis und die - haften für NICHTS. Für GARNICHTS.  Stattdessen kassieren sie Summen, von denen sie ihr Leben lang geträumt haben. Gegen die ist der “Wolf Of Wallstreet” ein Schoßhündchen. Das “Strukturelle Ungleichgewicht - es lebe HOCH!!” Herr Gebauer -,  rührend, wie Sie hier über Verhältnissen referieren wie es sie früher mal gab, als Deutschland noch ein Rechtsstaat war und seine Bürger noch frei.  Inzwischen - kurzes Briefing - haben wir eine gleichgeschaltete Diktatur, ein Unrechtsregime. Und dessen Hauptmerkmal besteht bekanntlich darin, daß man sich auf geltendes Recht gerade NICHT mehr berufen kann. Fragen Sie die Lockdown-Opfer, die es seit Monaten vergeblich versuchen!  Und das mit Abs. 4 Art. 20 GG? Geh mir doch DAMIT weg.  Der sollte doch eigentlich verhindern, daß die Freiheitsrechte jemals wieder so ausgehebelt werden, wie sie gerade ausgehebelt werden? Stattdessen versagt unser liebes Grundgesetz genau in der Situation, die zu verhindern es eigentlich geschaffen war. Ein reines Schönwettergesetz , nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben steht und das erste, was im Sturm weggefegt wurde. Wobei der Michel-Angela-Deutsche ja schon zusammenfährt, wenn die Führer da oben nur mal leise furzt.  Die Gerichte ducken sich feige weg, verraten Recht und Wahrheit um den Judaslohn ihrer eigenen, feudalen Existenzsicherung täglich aufs Neue und wir können nicht darauf hoffen, daß die Amis uns noch ein zweites Mal befreien.

Bernd Müller / 28.12.2020

........als allererstes müssten sämtliche Impfkreuzritter, also Merkel, Spahn, Söder, Wieler, Drosten und Co. in einem Live-Termin vor laufender Kamera ihren Ärmel hochkrempeln, den Oberarm freigeben und als “gutes Beispiel” vorangehen, um die Dosis des neuartigen Impfstoffes freudig und entspannt, natürlich unter notarieller Aufsicht, zu empfangen…........... Wäre logistisch doch ein Kinderspiel, oder? Das wäre doch mal eine Impfkampagne! Warum machen die das nicht? Ich dachte immer, die Politiker nehmen sofort jede Gelegenheit wahr, bei der man für wenig Einsatz viel Aufmerksamkeit und Sympathie erhält! Spahn u. Co., na wie sieht’s aus?

Frances Johnson / 28.12.2020

@ Ilona Grimm: Man sollte sie nicht impfen und Kontakte haben lassen, wenn die anderen Willigen geimpft sind. Sie infiziert sich und wird erlöst, oder sie infiziert sich nicht, weil die meisten übrigen Insassen geimpft sind. Sie ist für mich ein Beweis dafür, dass Gunter Sachs die richtige Entscheidung getroffen hat. So will niemand dahin vegetieren. Der Onkel und die Gemeinschaft zahlen für etwas, was bei klarem Verstand abgelehnt würde. Der Träger verdient, der geistig Abgetretene als Goldesel. Dieser Staat ist fast so schlecht, wie er schon war, nur dass er noch keine Mengeles für Experimente mit solchen Patienten aufgefahren hat. Was für eine Katastrophe! Ihr Onkel tut mir leid.

H. Krautner / 28.12.2020

Die Ärzte sind fester Teil des jeweiligen politischen Systems, so wie die Polizei, die Justiz, die Lehrer und die gesamten übrigen Behördenmitarbeiter.    -  Das Geschäftssystem der Ärzte ist fest eingebunden in eine staatliche Planwirtschaft.    -    Deshalb werden Ärzte willig und zum Teil auch in vorauseilendem Gehorsam das tun, was im Sinnen derer ist, die das aktuelle politische System bestimmen und lenken.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com