Zu den Luxusproblemen westlicher Gesellschaften gehört, dass es eine winzige Minderheit ihres touristischen Potenzials unverrückbar nach den exotischen Genüssen von sagen wir Arabien dürstet. Darunter sind dumme Jungs, die mit ihren aufgebrezelten Enduros mal Paris-Dakar ohne Support fahren möchten (die traditionelle gleichnamige Rallye ist aus Sicherheitserwägungen nach Südamerika verlegt worden). Es gibt aber auch immer noch genug Leute, die sich auf teure Exkursionen so genannter Kulturreiseveranstalter einlassen und im Jemen oder in der Sahara oder sonst wo in einen Schlamassel undurchschaubarer Konflikte geraten.
Dort werden sie manchmal gekidnappt und mehr oder weniger lange herum geschleppt. Inzwischen tagt in Berlin ein so genannter Krisenstab, der sich mit dem neuesten Fall reisender Vollidiotie herumschlagen muss. Gewöhnlich werden am Ende Lösegelder gezahlt, von deren Höhe die Öffentlichkeit nichts erfährt, und die weiteres Futter für die Entführungsindustrie liefern…
Irgendwann landen unsere Helden – manchmal ist einer von ihnen über den Jordan gegangen – wieder in der kalten Heimat, wo sie ihre Storys an Fernsehsender und Magazine verkaufen und ihre Kinder und Enkel für den Rest des Lebens damit zulabern können. Ich war mal Kara ben Memsi! Und hab´ keinen Pfennig dazu bezahlt.
Der Bildungssender ZDF stellte das Sujet, aufwändig inszeniert, gestern auf einen seiner besten Sendeplätze, den „Fernsehfilm der Woche“. Ein weiteres Prügeln auf die doofe Plotte mit dem Titel „30 Tage Angst“ ist überflüssig. Sogar gewöhnlich einfach zufrieden zu stellende TV-Kritiker hatten das Trauerspiel mit seinen Schulfunksentenzen („Die Wüste ist nicht unbesiegbar“) schon vorab grausam verrissen. Ich frage mich angesichts der fiktionalen Aufbereitung nur einmal mehr, warum sich das Ganze auch in der Wirklichkeit dauernd wiederholt. Weshalb, bitte, drückt man nicht allen, die in bestimmten Regionen nichts verloren haben (seriöse Hilfsorganisationen mal ausgenommen, aber keine NGOs), neben das Einreisevisum einen Stempel in den Pass? Welcher sich lesen würde wie jenes Schild, das launige Mitbewohner in meiner ländlichen Umgebung an ihre Zäune zu nageln pflegen:
„Achtung bissiger Hund. Wenn Hund kommt: flach auf den Boden legen und um Hilfe rufen. Wenn keine Hilfe kommt: viel Glück!“