“Die meisten Krisen unserer Zeit sind ja nur provisorisch gemilderte und dadurch verschleppte Krisen. Es gibt auch tieferliegende Schwächen, die die bürgerliche Substanz betreffen – zum Beispiel bei der Fähigkeit, sich auf eine Sache, einen Beruf, eine Familie, ein Unternehmen, einen Ort wirklich festzulegen.” Merkt der Autor eigentlich den Widerspruch, den er hier aufmacht? Wie kann man in einer globalisierten Weltwirtschaft - die ja ein Produkt von Webers postulierter “protestantischer Arbeitsethik” ist - noch ernsthaft von Leuten verlangen, sich auf diese Dinge festzulegen? Menschen wechseln heute ihre Wohn- und Arbeitsplätze häufiger als zu Zeiten Ludwig Erhards und es sind auch die Unternehmen, die eine solche Flexibilität verlangen. Unser ganzes Wirtschaftssystem fußt darauf. Und was das Nicht-Festlegen auf Familie angeht, ist man heute einfach ehrlicher. Früher hielt man nach außen das Leitbild der Familie hoch, während der Familienvater heimlich fremd ging. Heute gibt es die Selbsterkenntnis, dass man mit einem unsicheren Arbeitsverhältnis und Wohnort vielleicht gar kein Kind aufziehen kann und lässt es daher bleiben. Mit Max Weber kommen wir heute nicht weiter, der beschrieb ebenso wie Karl Marx die Zustände in Industriegesellschaften, als sich der eigene Lebens- und Erfahrungshorizont auf einen sehr eng gefassten Raum beschränkte und der technologische Fortschritt, wie wir ihn heute kennen, erst in Gang kam. Aber die Geister, die Weber rief, haben sich verselbständigt. In Zeiten des World Wide Web und der Globalisierung passt eine “persönlich” angelegte Gottesdefinition einfach besser. Der Mensch ist inzwischen sowohl im Guten als auch im Schlechten zu Dingen fähig, die man früher nur den Göttern zutraute. Letztendlich macht Herr Held hier das Gleiche, was er dem Papst, der übrigens als Katholik natürlich eine andere Haltung zum Kapitalismus haben muss als etwa ein Calvinist, vorwirft: Er passt Religion seiner eigenen politischen Gesinnung an und versucht, daraus allgemeine Schlussfolgerungen für alle Christen zu ziehen.
Ein absonderlicher Artikel! Soll christliche Theologie sich künftig von Max Weber (von wem noch?) die Vorgaben liefern lassen? (Welche Politikwissenschaft würde sich heute an Karl Barth oder Paul Tillich orientieren wollen?) Oder belegt der Artikel einfach, dass der Autor christliche Theologie für überflüssig hält? Denn wozu brauchte es Theologie, wenn es nur darauf ankäme, “die Großen der Moderne in seine Gegenwartsbeurteilung mit einzubeziehen”? Das Flüchtlingsthema ist - wie kürzlich Friedrich Wilhelm Graf in der FAZ sagte - eines der biblischen Grundthemen. Christliche Theologie hat sich als biblische Theologie natürlich damit auseinanderzusetzen.
Der Sozialismus erbt seine Übergriffigkeit nicht zuletzt von der abrahamitisdhen Religion. Mir persönlich wäre weithin gleich, ob ein “Flüchtlingsfan” seine Gewissens- Hygiene auf allein eigene Verantwortung Betriebe - tatsächlich aber geht es hier längst darum, anderen Menschen die Kosten der eigenen Gewissenshygiene aufzudrücken und dies zu legitimieren. Europa ist längst auf dem Weg zum sozialistischen Superstaat, in dem die Idee wieder mal über dem Individuum steht - das WIR das Individuum ersetzt. Der Sozialismus war und ist die enttheisierte, sxheinmodernisierte Form des Protestantismus, ja der Christenlehre an sich - eine Lehre von einem Menschen gestrickt, in dessen historischer Folge Leute wie Che Guevara, Lenin, Hitler, Fidel Castro, Mussolini und Honnecker anzusiedeln sind - die größten Brandstifter der Menschengeschichte.
Es kam von der katholischen und evangelischen Kirche kein Wort über verfolgte, ermordete Christen in moslemischen Ländern. Auch nicht, dass in einigen moslemischen Ländern Weihnachten und entsprechende Feiern als unislamisch verboten sind. Abgesehen davon, dass den Kirchen viel Geld vom Staat gegeben wird für Caritas und Diakonie, dass sie bei “Flüchtlingen”, bei deren Versorgung helfen, geht es den Kirchen um mehr. Die Kirchen wollen Macht haben und das Thema “Flüchtlinge” dient ihnen dazu, endlich wieder in der Politik mitreden zu können. Und da von ihnen keine kritischen Kommentare zu Asylanten kommen, gehen sie ganz einig mit der Politik-Elite, sie machen die gleiche Propaganda für noch mehr Asylanten etc. Die deutsche Bevölkerung, vor allem der Mittelstand, der das alles bezahlen darf, ist den Bischöfen völlig gleichgültig.
Glänzend geschrieben! Wie ergiebig es doch sein kann, wenn man die Großen der Moderne (etwa Max Weber) in seine Gegenwartsbeurteilung miteinbezieht! Oft erschöpfen sich kritische Gegenwartskommentare ja lediglich darin, daß man die Fehler des Gegners wiederholt, sozusagen komplementär.
Ich glaube, die Kirchen versuchen auf Alternativen Wegen an frisches Geld und wenns geht auch an neue Schäfchen zu kommen. Franziskus hat, genau wie Benedikt, klar erkannt, dass die Grünen Parteien Ihnen das Wasser abgraben. Die Reaktionen auf die Flüchtlingskrise ist eine Fortsetzung dessen. Wenn sich die deutsche Konjunktur abkühlt wird sich zeigen wie viel noch übrig ist für “refugees welcome”. Ein schlechtes Gewissen wird die Leute jedenfalls nicht wieder zurück in die Kirchen treiben.
“Migrationstheologie” ist ein wirklich in mehrfacher Hinsicht sehr passend gewählter Terminus, zumal sich aktuell eine fatal an den wilhelminischen Kulturprotestantismus erinnernde Tendenz zeigt, politische Entscheidungen - so gut oder schlecht sie auch sein mögen- mit Gottes Willen zu verknüpfen, d.h. theologisch zu überhöhen: “Gott hat uns die Flüchtlinge vor die Füße gelegt!” Dass es sich beim Migrations-Merkelismus um eine Form von “Theologie” handelt, zeigt sich auch in der fast schon metaphysischen Affirmationsformel des “Wir schaffen das”, für die es nach gegenwärtigem Kenntnisstand keine andere Basis als das reine “Glauben” zu geben scheint. Wenn man das Thema Migration wirklich differenziert biblisch-theologisch betrachten möchte, so darf da nicht nur die Weihnachtsgeschichte herhalten (und vollkommen gegen den Strich gebürstet werden), sondern dann wäre ebenso wichtig der Blick auf die alttestamentarischen Exilserfahrungen des babylonischen und des noch viel schlimmeren assyrischen Exils. Hier wird deutlich, dass das Leben in der Fremde keineswegs immer ein Segen, sondern ein Fluch, ja eine Strafe sein kann. An den Ufern Babylons träumen die Israeliten von der Heimkehr ins Gelobte Land, vom Leben in der Heimat, obwohl es ihnen offenbar in Babylon vergleichsweise gut erging. Die Kirchen in Deutschland haben hingegen den Heimatgedanken offenbar restlos aufgegeben oder ins Nebulöse spiritualisiert. Die Aussage “Wir haben hier keine bleibende Statt” wird dann in letzter Konsequenz zu einem Programm der Weltflucht, als “Fremde” sind wir nirgends “Bürger” und überlassen die Gestaltung der Welt anderen. Die Migrationstheologie macht am Ende alle Menschen zu Flüchtlingen, ja verklärt die Flucht zum Ideal.
Sehr geehrter Herr Held, ja, das ist leider nur allzu wahr: der Kirchgang bzw. das Predigthören ist mittlerweile genauso mit Bauchschmerzen verbunden, wie das Zeitunglesen und die alltägliche Berichterstattung im Fernsehen. Der Flüchtling wird mit einem Heiligen- und Glorienschein versehen und der kritische Deutsche ist ein böser Sünder. Am liebsten würd ich mir die Augen verbinden und die Ohren zuhalten, um diesem Irrsinn nicht derart ausgeliefert zu sein. Aber das wäre keine Lösung. Was die Kirchen betrifft, so kam mir relativ schnell das Gleichnis von den fünf törichten und klugen Jungfrauen in den Sinn. Das wäre in dieser Situation für mein Empfinden doch wesentlich angebrachter! Die klugen Jungfrauen teilten ihr Lampenöl nicht mit den törichten, die es vergessen hatten, denn sonst hätte das Öl nicht ausgereicht, um den Weg zu finden. Deutschland ist nicht klug, sondern töricht! Wir können nicht sämtliche Armutsflüchtlinge dieser Welt aufnehmen, ohne selbst irgendwann unterzugehen. Unsere Ressourcen sind begrenzt! Mir steht im Zusammenhang mit der schieren Masse der Migranten und den uns womöglich nicht uneingeschränkt wohlgesonnenen Islamisten noch ein anderes Zitat vor Augen: “Die Natter am Busen nähren…” Aber nein! Die Bösen sind ja WIR Dennoch wünsche ich Ihnen und uns ein gutes neues Jahr!
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