Dirk Maxeiner / 22.09.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 92 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Restverstand zur Zwangsberatung

Freitagmorgen in Berlin. Nix wie hin! Fridays for Future! Klimastreik! Also ab in die S-Bahn. Leider streikt die S-Bahn. Greta ist aber unschuldig. Ein profanes Stellwerk legt den Berliner Berufsverkehr lahm. Der Engländer würde sagen: No-Business as usual. Die Berliner Stadtbahn fährt leider auch nicht. Bauarbeiten. Seit vielen Wochen. 

Pünktlich fahrende Züge bei deutschen Bahnen sind inzwischen die Ausnahme, die vom fahrenden Volk so überrascht zur Kenntnis genommen werden, als fahre da auf Gleis 3 das Ungeheuer von Loch Ness ein. Angesichts einer am Berliner Hauptbahnhof pünktlichen Mitfahrgelegenheit Richtung Süddeutschland erkundigte ich mich verdutzt, ob es sich tatsächlich um den fahrplanmäßig vorgesehenen Zug handele. Es könnte schließlich auch ein um drei Tage verspäteter Zubringer aus Leipzig oder Hannover sein, der sich auf den Weg in den Betriebshof macht.

Zum Glück haben die Hoffnungsträger, die sich gleichzeitig am Freitagmorgen bei Angela Merkel zum Klimakabinett versammeln, einen Dienstwagen zur Verfügung. Alle pünktlich da. Am Verhandlungstisch fahren sie dann allerdings ebenfalls Geisterbahn, das aber auf höherem Niveau. So wird beschlossen, den Bahnverkehr steuerlich zu entlasten. Die Logik dieser Maßnahme lässt sich auch so umschreiben: Es kostet künftig weniger, am Bahnsteig auf einen Zug zu warten, der nicht kommt. Alternativ kann man auch auf dem BER in ein Flugzeug steigen, das nicht kommt. 

Bei näherem Hinsehen scheint sich diese Methodik als neuartiges Klimaschutz-Instrument durchzusetzen. Es wird neben dem Peter-Prinzip und Murphys Gesetz als „Merkel’s Law“ in die Geschichte der geistigen Unfallanalyse eingehen.

Das, was im Alltag der Menschen funktioniert, wird künftig aus Sorge um das Klima verboten (etwa Autos mit Verbrennungsmotor). Und das, was nicht funktioniert, wird gefördert. Es wird also bald staatlich gefördert gar nichts mehr funktionieren, eine bestechende Methode, um nachhaltig Kohlendioxid einzusparen. 

Der deutsche Restverstand zur Zwangsberatung

Endlich zahlen sich die jahrzehntelangen Verblödungs-Kampagnen, die in immer höheren Dosen verschrieben werden, aus. Und der deutsche Restverstand, so hat es das Klimakabinett beschlossen, wird künftig zu einer Zwangsberatung einbestellt. Im Rahmen eines individuellen Sanierungsplans sollen Gebäudeeigentümer "über den Mehrwert von energetischen Modernisierungsmaßnahmen informiert werden", heißt es. Ab wann die Pflicht zur Beratung kommt, wie sie nachgewiesen werden muss und welche Sanktionen drohen, ist laut Presseberichten noch unklar.

Damit der geneigte Leser vorbereitet ist und die richtigen Antworten gibt, wollen wir hier jetzt schon mal ein bisschen üben. Ölheizungen sollen schon bald verboten werden, die Gasheizungen folgen. Das spart viele, viele Arbeitsplätze in den betroffenen Gewerken und die betroffenen Arbeitnehmer können einer kohlenstofffreien Tätigkeit zugeführt werden, beispielsweise in der Warteschlange zur örtlichen Tafel. 

Kommen wir nun zum Mehrwert energetischer Modernisierungsmaßnahmen und alternativer Heizsysteme. Dazu müssen wir Mobilität und Wohnen „ganz neu denken“, wie der zeitgenössische Talkshow Visionär zu sagen pflegt. So wie vergangene Woche der Fahrer eines Münchener E-Scooters. Beim Aufladen der Batterie in seiner Etagenwohnung entstand ein wärmendes Lagerfeuer, das schließlich den ganzen Wohnblock beheizte

Noch zündender wird diese Methode in Verbindung mit einer Styropor-Fassadendämmung, die, erst einmal entfacht, die Nachbarhäuser automatisch mitheizt. Alternativ zu einem E-Roller kann auch ein Tesla an der Ladesäule abgestellt werden. Ein Tesla im Parkhaus und Solarzellen auf dem Dach müssen ebenfalls als heizungstechnisches Gesamtsystem gesehen werden. Solarzellen können nämlich auch in kalten Nächten heizen, vorausgesetzt, sie wurden von der brennenden, energetisch optimierten Fassade entzündet.

Alle drei hier erwähnten Heizungs-Alternativen werden aus Klimaschutzgründen staatlich gefördert, und das soll jetzt noch verstärkt geschehen. Sollten irgendwelche Spielverderber vor Schreck die Feuerwehr rufen, macht das auch nichts: Die Jungs mit den roten Löschwagen können nämlich weder ein Solardach noch einen Tesla löschen, sondern lassen sie „kontrolliert abbrennen“. Das ist im Übrigen auch die einzige Methode, wie man, ohne den Verstand zu verlieren, mit der deutschen Klimapolitik umgehen kann.

Kuhfladen wie in Afrika? Kühe gehen gar nicht

Womit könnte man noch heizen? Kaminofen? Holzpellets? Schlechte Antwort: Feinstaub, der Diesel lässt grüßen. Getrocknete Kuhfladen, wie in Afrika? Kühe gehen gar nicht. Man bedenke die Methanfürze und die sensiblen Seelen von PeTa. Also doch mit Strom, etwa einer Wärmepumpe, schließlich kommt dieser Saft aus der Steckdose. Sofern er aus Wind oder Sonne stammt, reicht er aber nur für wenige Tage im Jahr (siehe unsere wöchentliche Kolumne „Woher kommt der Strom?“). 

Das beste ist also, gar nicht heizen. So was nennt man wohl Nullenergiehaus. Das ist weitgehend luftdicht. Ein Volk, das mehrheitlich Plastiktüten beim Einkaufen als problematisch empfindet, hat diese jetzt als Wohnform entdeckt. Im Inneren geht kein wärmeerzeugender Furz mehr verloren, weshalb elektrisch be- und entlüftet werden muss. Funktioniert angeblich prima, solange Strom da ist, von dem aber keiner weiß, wo er künftig herkommen soll. Das Leben unterm Sauerstoffzelt wird trotzdem nach und nach Pflicht werden, die deutsche Wohnstatt zur geschlossenen Anstalt, ganz ähnlich dem Klimakabinett. 

Entgehen kann man dem wohl nur noch durch göttliche Fügung, wobei ich persönlich derzeit zwischen den Propheten Lamya Kaddor und Archi Bechlenberg schwanke.

"Die Energiewende steht schon im Koran" schreibt Kaddor, „Weltweit engagieren sich Musliminnen und Muslime für die Umwelt. Sie verbreiten die Idee des "Öko-Islams", verweisen auf die Verankerung des Themas im Koran, und sprechen von einer "grünen Religion", die die Gläubigen zu einem harmonischen Leben mit der Natur anleitet“. Das klingt schon mal nicht schlecht. Rein heizungstechnisch hat aber Achgut.com-Autor Archi Bechlenberg mehr zu bieten: „Lieber ein Yard Tresen als ein Morgen Land“ heißt die Überschrift über einen Beitrag aus seiner Feder, in dem es um eine ganz besonders nachhaltige Form von Wärmequelle geht. Auf der schottischen Insel Islay wird nämlich ein Whisky namens Laphroaig gebrannt, der es besonders in sich haben soll. Von den amerikanischen Zollbehörden wurde er auf Grund seines deutlich ins Medizinische weisenden Geschmacks als Arzneimittel deklariert. Diesen Brennstoff kann das Klimakabinett also nicht verbieten, weshalb es sich empfiehlt, Notvorräte anzulegen. Wir treffen uns dann im Klima-Paradies, wahlweise mit 72 Jungfrauen oder einer Pulle Laphroig und suchen uns ein warmes Plätzchen auf dem Abluftgitter eines Kaufhauses.  

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Leserpost

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Stefan Hofmeister / 22.09.2019

Und das alles, während in weiten Teilen der Welt (unter anderem da, wo ich wohne) winters die Fenster mangels Einstellmöglichkeiten zur Herabregulierung der Raumtemperatur geöffnet werden ... So bescheuert wie die Deutschen muss man erst mal sein!

Karsten Dörre / 22.09.2019

Als es noch die guten, alten Glühbirnen gab, war das Heizen von Räumen wirklich später nötig als heute. Man könnte nachfragen, ob LED-Licht in der Herstellung aus Luft und Liebe hergestellt wird. Wissenschaftliche Klimahysteriker würden dies zwar nicht bejahen, aber was in Ideologien passt, kann passend erklärt werden. Da für die Zukunft jedes Klima menschengemacht sein wird (unumstößliches Dogma von 97 Prozent aller wissenschaftlichen Heiligen bestätigt) ist das menschliche Dasein auf Erden die größte Naturkatastrophe des Erdball. Hat die Menschheit vor 50 Jahren noch Angst vor der Auslöschung der Menschheit durch Atomkraft gehabt, wird heutzutage die Auslöschung der Menschheit durch simples Dasein propagiert. Die Narretei der Menschheit nimmt mit rigoroser Schulpflicht (mit weniger Unterricht freitags) Fahrt auf.

Wolf von Fichtenberg / 22.09.2019

Ein Lob dem Autor!———Heizproblem? Erderwärmung? Aber, aber, das ist doch gerade genial gelöst worden, denn das Klimakabinett heizt uns kräftig ein. Leider wärmt es nicht, es erzeugt nur einen Schüttelfrost. Und jetzt kommen: Bildungskabinett? Rentenkabinett?  Innovationskabinet? Oder bereitet man das wirklich wichtige Kabinett vor: Das Diätenerhöhungskabinett?

Heiko Stadler / 22.09.2019

Herr Broder schrieb treffend, Deutschland sei ein großes Freiluftirrenhaus. Stimmt nicht ganz, denn in einem “normalen” Irrenhaus werden die psychisch Kranken behandelt. In Irrenhaus, das sich Merkel zusammengebastelt hat, müssen sich die Normalen von indoktrinierten Bekloppten zwangsberaten lassen.

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