Dirk Maxeiner / 04.09.2022 / 06:15 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 80 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Die Massagesessel-Welt

Das herzliche Verhältnis weiblichen Führungspersonals zu einem respektive mehreren luxuriösen Dienstwagen ist derzeit ja Gegenstand zahlreicher Medienberichte. Patricia Schlesinger, gewesene Intendantin des RBB, ließ sich von ihrem Dienstwagen sogar massieren. Schließlich geht es in ihrem Job darum, Verspannungen zu lösen und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Es ist gegenwärtig noch Gegenstand der Recherchen, ob der Masseur mit der internen Dienstbezeichnung „A8" auf schwedische Massage, Thai-Massage, Shiatsu-Massage oder Triggerpunktmassage spezialisiert war. Fest steht, dass er sogar die Fußsohlen küssen kann.

Eigentlich kann er alles, denn Mitarbeiter A8 ist ein Massageroboter, der die wohltuenden Techniken und Heilkünste einer professionellen Massage perfekt reproduzieren kann. Für eine Führungskraft, zu deren Hauptaufgaben die Massage der Öffentlichkeit gehört, ist dessen Gebrauch ein nachvollziehbares Bedürfnis und erlaubt einen Qualitätsvergleich mit den redaktionellen Massagerobotern des Senders. In deren Berichterstattung scheint mir die Balinesische Massage („Entspannte Grüße von der Insel“) die vorherrschende Technik zu sein. Es ist allerdings wichtig, dass das Publikum die richtige Einstellung mitbringt. Die Webseite „Massagesessel Welt“ rät: „Sich nicht durch Gedanken ablenken zu lassen oder an ihnen festzuhalten, sondern sie freizugeben, um Platz für positive Energie zu machen.“

Die Berichterstattung des RBB ist unter diesen Umständen durchaus geeignet, um Verspannungen im Bewusstsein der Bevölkerung zu lösen und zum allgemeinen Wohlbefinden des Berliner Senats beizutragen. Patricia Schlesinger darf für sich in Anspruch nehmen, eine der Pionierinnen der Massagesessel-Welt 2022 zu sein. Andere Rundfunkhäuser scheinen sich daran zu orientieren, jedenfalls wurde die MDR-Intendantin Karola Wille mit dem gleichen Masseur erwischt wie Frau Schlesinger. Noch engagierter ertüchtigt sich die Technik-Direktorin Birgit Spanner-Ulmer vom Bayerischen Rundfunk, ihr stehen gleich zwei mobile Masseure zur Verfügung. Ihren Neidern entgegnete sie sinngemäß: „Ich nutze ja nicht beide auf einmal“.

Das klingt ein wenig nach Marie Antoinette, wohnhaft in Place d'Armes, 1 Pl. Léon Gambetta, 78000 Versailles, Frankreich, die ebenfalls über ein ganzes Arsenal von edlen Kutschen verfügte und für den kleinen Shuttle zwischendurch über eine Kollektion von vergoldeten Sänften. Frau Antoinette hätte eine hervorragende Intendantin abgegeben, wurde aber leider 200 Jahre zu früh geboren.

Ein neues Kapitel der Verhaltensbiologie

Aufgrund der vorliegenden Informationen ergibt sich jedenfalls eine überraschende Konsequenz für die Verhaltensbiologie. Es muss da wohl ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. So beschreibt der Wiener Verhaltensbiologe Gregor Fauma im österreichischen Standard den „Kampf um den fettesten Dienstwagen“. Im Text heißt es einleitend:

Bei Schimpansen ist es ganz selbstverständlich, dass das Alphatier als erster an das Futter heran darf, und dass das Alphatier auch als erster oder auch einziger an die Weibchen heran darf.“

Hierbei handelt es sich ganz offensichtlich um ein überholtes gesellschaftliches Rollenbild, das der dringenden Korrektur bedarf. Und die heißt: 

Bei Menschen ist es ganz selbstverständlich, dass das Alphatier als erster an das Futter heran darf, und dass das Alphatier auch als erster oder auch einziger an die Massagesessel heran darf.“

Weiter irrt der Verhaltensbiologe:

„Um einen wesentlichen Antreiber speziell männlichen Verhaltens zu verstehen, hilft es, den Begriff des sozioökonomischen Status zu erklären... Der sozioökonomische Status ist in der Regel gut sichtbar. Wer ihn hat, zeigt ihn gerne. Dazu verwenden die Menschen Statussymbole... Wessen Schreibtisch ist größer, massiver, holziger? Wer hat den größten Bildschirm darauf stehen, wenn nicht gleich zwei?... Wenn ein Mitarbeiter meint, sein Dienstauto, sein Mobiltelefon und sein Notebook würden nicht seinem Rang entsprechen, wird er so lange lästig sein, bis er bekommt, wovon er meint, dass es ihm zustünde.“

Dieser Passus ist richtig, irrt aber fundamental in der Formulierung „speziell männlich“. Diese Behauptung kann nun als empirisch widerlegt gelten. Dienstwagen haben in der Massagesessel-Welt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch für weibliche Rudelführerinnen eine enorme Bedeutung.

Die Öffis brauchen dringend eine eigene Hubschrauber-Flotte

Nachdem das männliche und weibliche Führungspersonal nun in gleicher Weise massiert wird, gilt es, die nächste Hürde im Kampf um soziale Gerechtigkeit zu nehmen. Der eklatante Unterschied gegenüber den Privilegien der Politik muss dringend abgebaut werden. Ein Anfang ist ja bereits gemacht, in der obersten Öffi-Etage wird ja teilweise schon besser verdient als im Regierungslager. Dem Vernehmen nach gelten für die Spitzenkräfte der Rundfunkhäuser auch ähnliche Rabattregelungen wie für die Politik und Behörden, Nobelhersteller sollen einen Nachlass von bis zu 70 Prozent auf Kaufpreis oder Leasingraten gewähren. Der Dienstwagenrabatt ist gewissermaßen das Neun-Euro-Ticket der politischen Haute volee.

Doch für die Öffis bleibt ein im wahrsten Sinne des Wortes himmelschreiendes Unrecht: das Fehlen einer Flugbereitschaft. Während unsere Rundfunk- und Fernsehchefs im Stau stehen, entschweben die Regierungs-Kollegen mit Bundeswehrjet und -Hubschrauber. Dies ist unzumutbar. Die Öffis brauchen dringend eine eigene Hubschrauberflotte – gerade im Moment. Wie sollen die führenden Alpahtiere und und ihre Kriseninterventionstruppen sonst rechtzeitig  Aufstände in den diversen Rundfunkkolonien ersticken? Für die Beschaffung empfehle ich diese Beratungsseite für sachdienliche Hubschraubermodelle. Massagesitze sind im Lieferumfang enthalten. 

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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S. Wietzke / 04.09.2022

@Michael Müller Völlig richtig. Das Einzige was den gemeinen Durchschnittsheloten aufregen kann ist der Neidkomplex. Damit kann man dann schön von den eigentlichen Fragen ablenken. Z.B. gehört der ÖRR auch dann weg, wenn da nur Asketen für eine Schale Reis arbeiten würden. Elend ist für die Masse nicht schlimm, Hauptsache der Nachbar ist auch im Elend.

C. Drucker / 04.09.2022

Im Artemis-Programm ist sicher noch ein Platz frei auf dem Massagesessel über einem Rückstrahlmonster…so Gott will kann man hier die Abgehobenheit mit einem one-way-Ticket in die Umlaufbahn demonstrieren…oder im (unwahrscheinlichen) Fall einer Rückkehr die Demut vor den Erdlingen wieder erlernen…

Gunter Hesse / 04.09.2022

Täuscht mein Eindruck, dass in den Führungsetagen des ÖRR überproportional viele Damen, oft mit Doppelnamen, Platz genommen haben? Oder sind ihre männlichen Kollegen nur noch nicht entdeckt bzw. überführt worden?

Gunter Hesse / 04.09.2022

Mein Eindruck: AUDI hat im Hintergrund eine gigantische Werbeaktion für hochpreisige E-Karren und Konzeptstudien gestartet, auf und hinter den Bildschirmen. Der A8 könnte das Kultauto der Ampel-Phase werden. Merkwürdig nur, dass Dienstwagen immer noch in schwarz ausgeliefert werden, und nicht in rotgrün. Ansonsten gilt für mich, was ein Mann namens Ove so erklärt hat: Ein Audi hat im Kühlergrill 4 Nullen und …

Hjalmar Kreutzer / 04.09.2022

S. Gerhard, pardon, mein Fehler. Es ist kein Messerschmitt, sondern eine BMW Isetta, seinerzeit auch Knutschkugel genannt :-)

F. Schütze / 04.09.2022

Vor der Revolution war der Zugang zu Kutschen und Sänften nur den Königen und den Königinnen in die Wiege gelegt, nach der Revolution, heute also, steht nach diversen Revolutionen der Zugang zum fremdalimentierten Massagesesseln an der Wiege von einem jeden von uns! Selber schuld, wenn wir ihn nicht verwirklichen, sondern ihn den Alphatieren überlassen. Wobei: Das Risiko des Alphatieres besteht darin, dass es Konkurrenten hat, die auch an den Massagesessel wollen und womöglich im Konkurrenzkampf erfolgreicher sind. Wenigstens werden derzeit Alphatiere nicht öffentlich einen Kopf kürzer gemacht.

Franz Klar / 04.09.2022

@Uwe Krahmer@IIlona Grimmm : Da sind wir schon Zwei . Hörtipp : “Interview” des Bundespräsidentenkandidaten Max Otte durch Christoph Heinemann vom 27.01.22 . 06:50 , gekürzt noch online auf DLF.de .  Der Großinquisitor H. steigerte sich “versehentlich” in einen Rausch aus vorwurfsvollen Fragen . Die nachhörbare Archivversion mußte gesäubert werden : “Aus dem Beitrag wurden ab Minute 1:43 eine Interview-Frage sowie die Antwort darauf gelöscht, weil die Frage versehentlich teilweise nicht korrekte Angaben über die Verurteilung eines AfD-Bundestagsabgeordneten enthielt”. (Redakteur Heinemann wurde von RA Steinhöfel am 30.08.22 hier gelobt :“Mein Lieblingsmoderator ist Christoph Heinemann, besonders wegen seiner oft brillianten Interviews ein absoluter Könner”). Ich finde das alles sehr unterhaltsam ....

Gudrun Meyer / 04.09.2022

Die Alphamännchen und mehr noch die Alphaweibchen der Öffis “kämpfen” zurzeit gegen eine Meute von mutmaßlich rechten Schwurblern und Verschwörungsideologen, die in ihre Privatangelegenheiten eindringen, Auch ein so wichtiges Anliegen wie etwa die Forderung nach einer Möglichkeit, sich jederzeit vom Bundeswehr-Heli von A nach B (ca. 50 km Entfernung) chauffieren zu lassen, muss in so ernsten Zeiten wie den gegenwärtigen eher auf den hinteren Plätzen der Dringlichkeit landen. Sobald die Öffi-Nomenklatura durchgesetzt hat, dass ihre internen Querelen überhaupt nicht mehr zu den Untertanen durchsickern können - etwas, das nie zu 100% gelingt, aber oft gut genug, um Skandale zu verhindern - kann ja der Zugriff auf eine Beförderung, die dem hohen Stand der Fernseh-Alphas angemessen ist, immer noch durchgesetzt werden. Übrigens sind diese Alphas edle, linke Rebellen gegen eine übermächtige, rechte und bösartige Gesellschaft. Sie, selbst deren Opfer, stellen sich unausgesetzt der Gefahr entgegen, die von ihren Untertanen ausgeht. Schade nur, dass es kaum noch uneingeschränkt gläubige Fernsehkonsumenten unter 70 gibt.

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