Der Lockdown und die Tagesschau

Von Stefan Homburg.

Jemand musste mich verleumdet haben, denn ohne dass ich etwas Böses getan hatte, wurde ich eines Morgens zwar nicht verhaftet, aber von Tagesschau.de als Verrückter dargestellt, der sich wirr zu politischen Entscheidungen im Rahmen der Coronakrise äußerte. Dieser Vorgang sei hier kurz dokumentiert, weil er von allgemeinerem Interesse sein könnte.

Die Geschichte begann damit, dass ich mich in der WELT lobend zum schwedischen Umgang mit der Infektionswelle äußerte, in einem kritischen Beitrag des heute journals (ab 17:30) die Verhältnismäßigkeit des Lockdowns vom 23. März infrage stellte und in einem weiteren WELT-Artikel die Entscheidung der Bundeskanzlerin anzweifelte, den Lockdown auch einen Monat später nur unwesentlich zu lockern, obwohl regierungsamtliche Zahlen nahelegten, dass diese Maßnahme weder notwendig noch wirksam gewesen war.

Die Nennung des „heute journals“ ist in diesem Zusammenhang wichtig, da ich nichts davon halte, öffentlich-rechtliche Sender pauschal zu verdammen, noch weniger, frühere Investigativmedien als die Guten hinzustellen. Bei der Lektüre des letzten SPIEGEL, der seit Wochen Panikmache und Regierungspropaganda bringt, habe ich im Impressum verstohlen nachgeschaut, ob da schon der Bundesadler prangt. Nein, noch nicht.

Ähnlich Furore wie Namensartikel und O-Ton machten zwei Interviews, die das neue Onlinemagazin Punkt.Preradovic mit mir führte; Milena Preradovic kannte ich aufgrund ihrer früheren Moderationstätigkeit bei N24 und RTL. Im ersten Interview legte ich dar, dass die von der Regierung zur Messlatte erklärte Reproduktionszahl (R-Zahl) nach amtlichen Angaben schon vor dem Lockdown unter dem Wert Eins gelegen hatte und nach dem Lockdown nicht weiter gesunken war. Werte unter Eins bedeuten, dass eine Viruswelle auf dem Rückzug ist, während Werte über Eins auf weitere Ausbreitung hindeuten. Die R-Zahl ist zwar eine Schätzung, aber das gilt für fast alle Zahlen, mit denen Regierungen arbeiten. Auch das Bruttoinlandsprodukt oder die Inflation sind Schätzungen.

Einige missverstanden das Interview als Kritik an den milderen Maßnahmen, die dem Lockdown vom 23. März vorausgingen, etwa das Verbot von Großveranstaltungen (9. März) oder die Schulschließungen (16. März). Deshalb präzisierte ich meine Kritik am Lockdown, der weit darüber hinausgeht und die Grundbedingungen unserer freiheitlichen gesellschaftlichen Ordnung beseitigt hat, im zweiten Interview (ab 2:27) mit folgenden Worten: „Wenn Sie jetzt aber zusätzlich wissen möchten, was ist mit den anderen Maßnahmen, dann kann man dazu sagen, anhand dieser Graphik [zur R-Zahl] lässt sich nicht beurteilen, ob die anderen Maßnahmen wirkungsvoll waren oder nicht.“

Kurz darauf schrieb der Auftragsjournalist Wulf Rohwedder auf Tagesschau.de: „Homburg erklärt inzwischen dazu, dass die Entwicklung der R-Zahl nichts über die Wirkung dieser Maßnahmen aussage. Gleichzeitig bezieht er sich aber auf die Entwicklung der Reproduktionszahl, um zu beweisen, dass die weiteren Maßnahmen angeblich unwirksam seien.“ Das insinuiert geistige Verwirrung, ist aber das exakte Gegenteil der Aussage im Interview. Nach einem Wink mit Gegendarstellung und Strafantrag wegen Verleumdung hat der NDR natürlich sofort reagiert, weshalb man an der betreffenden Stelle nun eine unverfängliche Wiederholung des schon Gesagten findet, die keinen rechten Sinn ergibt.

Zurück bleibt mehr als ein Geschmäckle. Kaum war meine öffentliche Kritik am Lockdown Gegenstand im CDU-Präsidium gewesen, bringt Tagesschau.de eine Nachricht, die mich in ein schiefes Licht rückt. Das ist staatliche Desinformation. Beim wichtigsten Thema, das unsere Gesellschaft bewegt, werden fast alle Kritiker ignoriert, darunter 120 in- und ausländische Persönlichkeiten, überwiegend Mediziner, die seit Wochen gegen die irrationale Weltuntergangsstimmung anschreiben. Man gibt diesem wissenschaftlichen Mainstream keine Bühne, während die beiden Hardliner Christian Drosten und Alexander Kekulé, die schon 2009 die Schweinegrippen-Hysterie befeuerten, eine nicht endende Serie von Fernsehauftritten absolvieren.

 

PS/ Nachbemerkung vom 23.04.2020

Soeben erreicht mich die Nachricht, dass Facebook die Weitergabe meiner oben genannten Interviews mit dem Onlinemagazin „Punkt.Preradovic“ an andere Facebook-Nutzer verhindert. Begründung: „Die informationen in diesem Beitrag sind teils wahr und teils falsch oder unvollständig. In einigen Fällen sind sie auch irreführend.“ Die „Faktenprüfung“ von „Correctiv“, auf die verwiesen wird, lautet: „Teilweise falsch: Mit der Reproduktionszahl allein lässt sich nicht beurteilen, ob die Maßnahmen wirksam sind oder nicht“. Nun wird diese Zahl vom Robert-Koch-Institut berechnet und amtlich veröffentlicht. Sie bestimmt, zumindest vorgeblich, seit Wochen das Regierungshandeln. Schöne neue Welt, pardon, neue Normalität.

Siehe zu diesem Thema auch:

Die Früchtchen der Netzwerkdurchsetzung

indubio – Lockdown: Keiner hat’s gewollt. Ein Gespräch mit Stefan Homburg.

Die Tribute von Coronam

Foto: Stefan Homburg CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Klaus-Dieter Zeidler / 22.04.2020

Es gibt auch Auftragsvirologen, nicht nur Auftragsjournalisten. Es gibt sogar Parteiaufträge. Wir leiden alle unter dem Lockdown-Syndrom 2020. Vermutlich dürfen wir abgetrieben werden.

Markus Schmitz / 22.04.2020

Sehr geehrter Herr Prof. Homburg, man kann Sie nur inständig bitten: Bleiben Sie dran! Wissenschaftler wie Sie und die anderen genannten 120 Persönlichkeiten sind die letzte Hoffnung für ein zukünftiges Leben in Freiheit und Demokratie.

Thomas Kache / 22.04.2020

Sehr geehrter Herr Homburg- Eigentlich nur zwei Punkte. Erstens: wenn Sie nicht mißverstanden werden wollen, dürfen Sie sich nicht öffentlich äußern. Zweitens: es ist heutzutage nicht mit dem Sendungsbewustsein der Medien vereinbar investigativ zu recherchieren, sondern es soll bei den Konsumenten ein Framing erzeug werden; eine Bild in die Köpfe projiziert. Sicher sind Sie frustriert, das Sie mit System mißverstanden werden. Vielleicht sollten Sie eben dieses ausnützen: sagen Sie, daß Sie regierungsamtlichen Verlautbarungen mißtrauen, und verweisen Sie gleichzeitig auf die absolut vertraulichen Mitteilungen der Presse. Sie werden die Allgemeinheit verwirren. Und für die Massenmedien sind Sie der neue Shooting star, welcher frenetisch als “Experte” gefeiert werden wird. Es sei denn, das Sie ein solches Dasein per se ablehnen. Dann müssen Sie leider, Wohl oder Übel, damit leben, (mit System) mißverstanden zu werden.

Norbert Petschat / 22.04.2020

Nun, vielleicht sollte der Autor weniger empfindlich reagieren. Stefan Homburg ist Professor für Öffentliche Finanzen und Direktor des Instituts für Öffentliche Finanzen der Leibniz Universität Hannover. Darüber hinaus ist er nebenberuflich als Steuerberater tätig. Wenn man sich als Finanzexperte zu medizinischen und epidemiologischen Fragen äußert und damit den Experten des Fachs gegens Schienbein tritt, muss man natürlich mit Gegenwind rechnen. Natürlich hat Homburg ein Recht auf seine Meinung, aber an seiner fachlichen Kompetenz zu diesen Themen darf man zweifeln. Schließlich lässt man sich in finanziellen und steuerlichen Angelegenheiten ja auch nicht von Herrn Drosten beraten. Also: Tiefer hängen. Erst die ÖR-Medien für seine Zwecke nutzen, dann auf sie schimpfen und auf der Achse um Hilfe bitten ist doch etwas weinerlich und unpassend.

Frank Holdergrün / 22.04.2020

Sie sind Weltmeister im Niedermachen unliebsamer Meldungen. Stattdessen mittendrin ein Mann mit Fliege: Karl, der Lautere. Dr. Wodarg hatte von Anfang an Recht.

Jörg Plath / 22.04.2020

Wie bei allen anderen “großen Projekten” der Truppe. Man denke nur an die “Hetzjagden” von Chemnitz. Wer die Wahrheit sagt fliegt oder wird mundtot gemacht.

Dr. Joachim Lucas / 22.04.2020

Wenn Madame beschlossen hat, sich einer bestimmten Sichtweise anzuschließen, weil es da, wie sie annimmt, die meiste Zustimmung gibt, dann zieht sie das durch. Die zahllosen Beispiele und der dabei gemachten historischen Fehler der Vergangenheit zeigen dies. Und so macht sie das bei dieser Grippe-Welle auch. Wer nicht auf ihrer halsstarrigen Linie ist, hat keine Chance. Das Thema ist dabei eigentlich egal. Ausbaden müssen es wir alle.

Andreas Berlin / 22.04.2020

Sehr geehrter Herr Homburg, es macht mich sehr betroffen, wie mit Ihnen umgegangen wird! Den “Schweden-Artikel” hatte ich gelesen und ebenso auch die beiden Interviews mit Frau Predarovic gesehen. Es waren allesamt sachliche Beiträge mit vernünftiger Argumentation. Sie haben Zahlen dargelegt und Schlussfolgerungen abgeleitet. Vielleicht sollen Sie jetzt als verwirrt oder gar feindlich dargestellt werden, weil Ihre Analyse genau ins Schwarze getroffen hat! Der Lockdown war ein Versuch der Regierung und es zeigt sich jetzt, dass er im gesamten Land massive, ja brutale Auswirkungen hat - nur auf eines nicht: auf die Entwicklung der Infektionszahlen! Kaum ein Bürger hätte diesen Versuch verurteilt, wenn man an verantwortlicher Stelle jetzt zugegeben hätte, dass er wohl keine Veränderung bewirkt hat. Niemand hat den perfekten Plan für diese Herausforderung in der Tasche, wir sammeln Erfahrungen mit jedem Tag und das zuzugeben, das würde Charakter und Größe erfordern. Sie müssen jetzt leider erleben, welche Kleingeister solche fundamentalen Entscheidungen treffen und welche Schar von journalistischen Verteidungssöldnern in ihren Diensten stehen. Die ganze Dimension des Widerspruchs zwischen Wirklichkeit und Maßnahmen ist am besten in dem zweiten Interview sichtbar, als Sie mit dem Diagramm zwischen statistischer Sterblichkeit der Deutschen im Durchschnitt und den Corona-Verstorbenen für die ersten Monate des Jahres 2020 gearbeitet haben. Die (zum Glück!!!) winzig kleinen Balkendiagramme machen einem Menschen, der seinen Verstand gebraucht, klar, dass hier kein Grund für irgend welche Dramatik vorliegt. Und das ist jetzt die Bundesrepublik, die vor rund 30 Jahren die DDR als unfrei verurteilt hat, weil Bürgerrechtler und Andersdenkende nicht ihre Meinung sagen durften….

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com