Der Fall Weidel: Überall beleidigte Leberwürste

Der Moderator Christian Ehring hat in der NDR-Satiresendung "extra 3" in einem Beitrag über politische Korrektheit die AfD-Spitzenpolitikerin Alice Weidel als „Nazi-Schlampe“ bezeichnet. Daraufhin kündigt der Pressesprecher der "Alternative für Deutschland", Christian Lüth, via Twitter an, gegen den Beitrag juristisch vorgehen zu wollen. Er sei „beleidigend und verleumderisch“. „Das wird teuer für diesen #GEZ- Primitivling“, drohte er selbst mit wenig freundlicher Wortwahl in einem Tweet und vergaß natürlich auch nicht, einen Wahlappell an den hiesigen Wutbürger nachzuschieben: „#AfD wählen!“.

Der Fall zeigt, dass sich die AfD zwar gern als große Vorkämpferin für Meinungsfreiheit inszeniert, tatsächlich aber nur ein taktisches Verhältnis zu diesem demokratischen Basiswert pflegt. Zwar stilisiert sie sich als Streiter für Wahrheit und gesunden Menschenverstand gegen „Lügenpresse“ und politische Korrektheit, aber mit Meinungsfreiheit meint sie vor allem ihre eigene Meinungsfreiheit.

Wie sah der beanstandete "extra 3"-Beitrag genau aus? Es ging um einen Redebeitrag von Weidel auf dem Kölner AfD-Parteitag vor wenigen Tagen, in dem sie meinte: „Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte." „Jawoll, Schluss mit der politischen Korrektheit. Lasst uns alle unkorrekt sein", kommentierte daraufhin der Satiriker Ehring in der am vergangenen Donnerstag ausgestrahlten "extra 3"-Episode. Und: „Da hat die Nazi-Schlampe doch recht." Anschließend schob er hinterher: „War das unkorrekt genug? Ich hoffe!“

Klar, über Humor lässt sich trefflich streiten. Es gibt keine klare Grenze, wann ein satirischer Beitrag als Beleidigung aufgefasst wird. Letztlich liegt es im Ermessen derjenigen, die sich betroffen fühlen, eine Klage einzureichen oder es zu lassen. Auch deshalb liegt im Vorgehen der AfD eine gewisse Ironie. Denn gerade von den selbsternannten Anti-PC-Kämpfern von der AfD hätte man eigentlich ein dickeres Fell erwartet.

So ist es noch gar nicht so lange her, dass sich die AfD im Fall des „Schmähgedichts“ von Jan Böhmermann gegen den türkischen Autokraten Recep Tayip Erdogan als entschiedene Verfechterin der Satirefreiheit aufspielte. Parteichef Jörg Meuthen hatte Kanzlerin Angela Merkel damals einen Kniefall vor dem türkischen Präsidenten vorgeworfen.

Das Dauer-Beleidigt-Sein zum Programm erhoben

Laut AfD seien beide Fälle aber nicht miteinander vergleichbar, im Fall Böhmermann ging es ja schließlich nicht um Meinungsfreiheit, sondern gegen den Islam;, pardon - um die politisch-korrekte AfD-Formel zu nutzen - gegen „eine ausländische Macht“. Wohingegen heute zwei deutsche Staatsbürger miteinander streiten, was nach der verqueren Alternativlogik der Partei selbstverständlich nichts mit Meinungs- oder Kunstfreiheit zu tun hat. Wir lernen: Die freie Rede hat also nur dann einen Wert, wenn man sie als Instrument im Kampf gegen einen äußeren Feind nutzen kann. Aber unter Deutschen behalten wir uns, ganz Vorväter Sitte, den Klageweg vor.

Diese schiefe Logik ist für sich genommen schon unfreiwillig komisch. Wenn man dann noch bedenkt, dass sich die dünnhäutige AfD-Doppelmoral ausgerechnet an einen Beitrag über das Thema politische Korrektheit beweist, wird die Sache zur Farce. Scheinbar ist es das politische Kalkül der AfD, sich in Wahlkampfzeiten durch öffentlich inszeniertes Beleidigtsein und Ziehen der Opferkarte in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu punkten. Schaut mal, was diese GEZ-finanzierte Lügenpresse hier wieder gegen uns ins Feld führt. Dass Ehring im selben Beitrag am Anfang etwa auch die Antifa dafür kritisierte, den Bundesparteitag der AfD unlängst in Köln behindert und damit die Meinungsfreiheit eingeschränkt zu haben, war für die "Alternative" kein Thema bei ihrer Empörungsinszenierung.

Hier zeigt sich, wie die Opfer-Methode der AfDler funktioniert: Die AfD ist die Partei, die das Dauer-Beleidigt-Sein zum Programm erhoben hat. Eigene Meinungsäußerungen werden als heroischer Kampf für die Redefreiheit stilisiert, wohingegen Kritik und Angriffe auf einen selbst als Beweis dafür gelten, ein Kartell aus „Altparteien“ und „Lügenpresse“ wolle die Partei mundtot machen.

Gemäß dem Verschwörungstheoretikerspruch „Nur weil du paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht trotzdem hinter dir her sind“, enthält diese Haltung auch ein Fünkchen Wahrheit. Es gibt bei vielen Themen tatsächlich einen Hang zum Konformismus und falsch verstandener politischer Korrektheit innerhalb der politisch-medialen Eliten und der meinungsbildenden Zivilgesellschaft – und diesen kann man nun wirklich nicht als AfD-freundlich bezeichnen.

Ein instrumentelles Verhältniss zur Meinungsfreiheit

Nicht wenige Meinungsführer der Republik sind der Auffassung, auf die empfundene Bedrohung durch die Rechtspopulisten reagiere man am besten durch Ausgrenzung und Stigmatisierung. So gibt es immer mehr „zivilgesellschaftliche“ Initiativen, die faktisch eng mit dem Staat verbandelt und häufig auch von ihm finanziert sind, die vor allem die Verengung des öffentlichen Diskussionsraums zum Ziel haben – von Anti-Hate-Speech-Kampagnen bis „Kein Geld für Rechts“. In der Regel richten sich diese Kampagnen vor allem gegen die AfD und ihre Vorfeldorganisationen wie Pegida oder die „Identitären“. Auch Heiko Maas‘ Angriff auf die Meinungsfreiheit im Internet unter dem sperrigen Namen Netzwerkdurchsetzungsgesetz richtet sich vor allem „gegen rechts“.

So hat die AfD eine larmoyante Opferhaltung gepaart mit einer eigenen rechten Variante der politischen Korrektheit kultiviert. Man reagiert auf Kritik schnell beleidigt und beklagt sich als Dauergast in öffentlich-rechtlichen Talk-Show-Runden darüber, wie sehr man ausgegrenzt wird. Gleichzeitig ist man selbst darum bemüht, bestimmte Meinungen zu tabuisieren, wenn sich die Gelegenheit bietet, etwa wenn es um eines der Lieblingsthemen der Angstpartei geht: Law & Order. Man denke etwa an den Shitstorm gegen die Grünen-Politikerin Simone Peter, die es wagte, Kritik am unverhältnismäßigen Einsatz der Kölner Polizei dieses Silvester zu äußern. Wissen die Rechten den Zeitgeist bei einem Thema auf ihrer Seite (mehr Polizei!), zögern sie nicht, die gleichen, säuerlich-moralisierenden Diskussionseindämmungsmechanismen zu gebrauchen wie ihre Gegner.

Wenn man sich den "extra 3"-Beitrag mit dem humorkritischen Mikroskop anschaut, kann man sicher zu der Auffassung gelangen, dass mit der Bezeichnung der AfD-Spitzenpolitikerin als „Schlampe“ die Grenzen des Anstands überschritten wurden, keine Frage. Allerdings ist es auch nicht die Aufgabe von Satirikern, diese Grenzen zu wahren. Auch kann sich der öffentlich-rechtlichen Satiriker ruhig mal fragen, wieso ihm auf die AfD-Kritik an der politischen Korrektheit nichts Klügeres (und Witzigeres) eingefallen ist als eine üble persönliche Beschimpfung. So, als wäre das Gegenteil der kleingeistigen verhaltensregulatorischen Kodizes der politischen Korrektheit das Fallenlassen jeglicher zwischenmenschlicher Anstandsformen.

Letztlich wirkt auch der Begriff „Nazi“ im Zusammenhang mit der Person Weidel deplatziert. Sie vertritt Auffassungen, die man wohl am ehesten als nationalliberal und konservativ umschreiben könnte; sicher in vielerlei Hinsicht rückwärtsgewandt und vorurteilsbehaftet, aber es handelt sich gewiß nicht um Nazidenken. Für öffentliches Rumgejammere und Empörungsgetue über den Nazi-Gag gibt es allerdings auch keinen Grund. Denn völlig abwegig sind solcherlei Assoziationen im Zusammenhang mit dieser Partei nicht. Schließlich beheimatet die AfD auch sehr abstoßende völkische Elemente um den thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke, denen man mit Sicherheit eine fehlende Distanz zur Neonazi-Szene vorwerfen kann. Weidel ist ein erwachsener Mensch. Man kann sie also dafür verantwortlich machen, mit welchen Leuten sie gemeinsam in einer Partei Politik macht. Solange keine Distanzierung vom braunen Sumpf erfolgt, muss man sich über Polemik und bittere Satire nicht beschweren.

Man fühlt sich heute gern als Opfer – auf der ‚rechten‘ und ‚linken‘ Seite

Das soll nicht heißen, dass die Inflation der Nazivergleiche gegenüber AfD-Politikern und anderen Rechten eine gute und noble Sache sei. Im Gegenteil. Sie sind meistens reichlich abgeschmackt und ahistorisch. Bei manchen links oder linksliberal tickenden Zeitgenossen scheint das Schwingen der „Nazikeule“ gegen alles und jeden, den sie irgendwie auf der rechten Seite des politischen Spektrums verorten, fast schon obsessive Züge zu tragen. Häufig verbirgt sich dahinter nicht viel mehr als billiger Moralismus. Durch die Gegnerschaft gegenüber dem ‚absoluten Bösen‘ des Nationalsozialismus wird signalisiert, selbst auf der richtigen Seite zu stehen. Man mag zwar selbst nicht so genau wissen, wofür man steht – aber immerhin ist man selbst kein Nazi, das sind immer „die Anderen“. Zur Klärung dessen, was die neuen Rechten und den Rechtspopulismus ausmacht, tragen solcherlei selbstgefälligen Etikettierungen für gewöhnlich nur wenig bei.

Aber gerade das muss Satire, bei allen kritischen Anmerkungen zu Ehrings leichtfertigem Spruch, ja auch nicht leisten. Es geht bei Satire gerade nicht darum, Sachverhalte zu klären. Sie soll vielmehr den Finger in die Wunde legen, sie soll verspotten und anprangern, Ambivalenzen offenlegen, diese aushalten und spielerisch mit ihnen umgehen und letztlich vor allem auch unterhalten – zum Lachen anregen. Die Motive und Beweggründe, wieso Menschen lachen, sind sehr subjektiv– und häufig, wenn man ehrlich ist, auch alles andere als politisch korrekt. Weil das so ist, wird die Satire auch ganz besonders durch die Kunst- und Meinungsfreiheit geschützt.

Selbstverständlich ist es Weidels gutes Recht, öffentlich die Beleidigte zu spielen und in diesem Staat juristisch gegen Ehrings Satirebeitrag vorzugehen. Damit beweist sie aber vor allem, dass sie weder von der Freiheit der Kunst noch von der Freiheit der Rede viel versteht. Sie ist damit heute leider in guter Gesellschaft. Neben allerlei Politikern, die das Einklagen ihres Persönlichkeitsrechts wohl vor allem als Instrument im Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit, Stimmen und Stimmungen begreifen, wird auch im Netz von normalen Bürgern geklagt, was das Zeug hält. So sehr, dass sich inzwischen mit Memen über den Trend lustig gemacht wird: Wie, du hast in einer Diskussion etwas Unüberlegtes in deine Tastatur getippt? Anzeige ist raus!

Viel wird heute von der Verrohung der Diskussionskultur gesprochen. Das Anwachsen der Larmoyanz, des schnellen Eingeschnappt-seins und Sich-beleidigt-fühlens ist die andere, letztlich viel bedenklichere Seite des Verfalls unserer öffentlichen Diskussionskultur. Persönliche Befindlichkeiten ersetzen das politische Argument; statt zu diskutieren, wird erst geschimpft und dann geklagt. Man fühlt sich heute gern als Opfer – auf der ‚rechten‘ und ‚linken‘ Seite des Meinungsspektrums. Für die Demokratie ist es aber unerlässlich, dass sie von Bürgern gelebt wird, die in der Lage und willens sind, auf robuste Art und Weise zu streiten. Das gilt insbesondere für Politiker. Wer sich ins öffentliche Leben begibt, muss auch mit rauem Gegenwind klarkommen – unabhängig davon, ob man Spaß versteht oder nicht.

Johannes Richardt ist Novo-Chefredakteur und Gründungsmitglied des humanistischen Think-Tanks Freiblickinstitut e.V.. Er lebt in Berlin.Dieser Beitrag erschien zuerst auf Novo-Argumente.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Karla Kuhn / 07.05.2017

Wenn C. Roth einen Rentner verklagt, der sie ekelhaft nennt, soll das in Ordnung sein ? Dabei ist ekelhaft ein subjektives Gefühl und für mich keine Beleidigung.  Ganz das Gegenteil ist die äußerst primitive, üble Beleidigung von Frau Dr, Weidel als NAZI - SCHLAMPE durch Ch. Ehring.  Das hat mit Dünnhäutigkeit aber gar nichts zu tun und gleich gar nichts mit Meinungsfreiheit oder Satire.  Wenn für Herrn Richardt eine NAZI-SCHLAMPE Meinungsfreiheit oder gar Satire sein soll, na dann guten Rutsch, dann ist der Beitrag auf der Achse am falschen Platz. Denn als “Spaß” ist das wirklich nicht zu sehen.  Daß er Journalist ist, macht die Sache nicht besser.  Abgesehen davon, daß im Dritten Reich Nazi-Schlampen in den KZ schlimmste Taten an Häftlingen vollbracht haben. Eine Koch hat sich aus Menschenhaut einen Lampenschirm anfertigen lassen.  Ein wirklich guter Kabarettist hat es auch nicht nötig, sich mit so primitiven Äußerungen zu projizieren. Weil Frau Weidel von der AfD ist, macht der Journalist Richardt einen “Fall “Weidel” draus?  Meine Abneigung gegen gewisse Journalisten wird dadurch nur noch bestärkt.

Hubert Bauer / 07.05.2017

Grundsätzlich muss ich Herrn Richardt Recht geben. Aber die Systemmedien verbreiten so viele Unwahrheiten über die AfD, dass die AfD konsequent dagegen vorgehen muss. Wenn man sich mal die Mühe macht, dass Parteiprogramm komplett durchzulesen wird man feststellen, dass diese AfD wenig Gemeinsamkeiten mit der AfD hat, welche die Medien uns zeigen. Wäre die AfD so, wie sie uns die Systemmedien darstellen, würde ich sie nicht wählen. Aber ich habe mir das Parteiprogramm durchgelesen und mir über das Internet einige Reden von deren Spitzenpolitikern angesehen. Das hat mich überzeugt. Aber viele Menschen haben nicht die Zeit und die Lust sich näher mit einer Partei zu beschäftigen. Bei denen bleibt nur “Nazis” hängen und Nazis kommen Gott sei Dank für die allermeisten Menschen in Deutschland nicht Betracht. Aber Weidel ist zu 0 % rechtsextremistisch; vielmehr ist sie neoliberal.

hubert paluch / 07.05.2017

Auf lokaler Ebene ist der Grad der Verrohung und Gewalt gegen AfD-Politiker derart fortgeschritten, dass die geifernde Linke ihr Ziel fast erreicht hat: Wer sich nicht ins Gesicht spucken, seinen Briefkasten mit Bauschaum blockiert und die Hauswand mit Hakenkreuzen besprüht haben will, der kann für die AfD nicht mehr ans Mikrofon treten oder auch nur einen Leserbrief verfassen. Wer auch nur eine geringe Reputation zu verlieren hat oder als Freiberufler ein weiches Ziel darstellt, wird so effektiv zum Schweigen gebracht. Gastwirten werden die Elektroverteiler demoliert, Reifen zerstochen. Mittels anonymer Flugblatt- und Telefonbedrohungen werden die Vermieter von Veranstaltungsräumen unter Druck gesetzt. Das hat Folgen bei der Rekrutierung von Funktionären und Kandidaten dieser jungen Partei. Leider sind die öffentlich-rechtlichen Sender dabei mit von der Partie.

Ernst-Fr. Siebert / 07.05.2017

Stellen Sie sich vor, man würde Sie mit der Bezeichnung einer Ihrer Körperöffnungen benennen, in der Öffentlichkeit, in Gegenwart von Frau und Kind… Wäre das nun eine Beleidigung, eine Herabsetzung oder eine freie Meinungsäußerung? Weder darf und sollte ein Mann als Ziegenficker bezeichnet werden dürfen, noch eine Frau als Schlampe. Wie wäre es, wenn man sich einer strafrechtlichen Verfolgung mit dem Hinweis, man sei schließlich staatlich bezahlter Spaßmacher, entziehen könnte?

Wolf-Dietrich Staebe / 07.05.2017

Frau Weidel sollte über dem Schwachsinn stehen, den dieser ör Idiot (Meinungsfreiheit!) verbreitet. Was kratzt es die Eiche, dass sich die Sau an ihr schubbert?

Maik Palek / 07.05.2017

Ach Herr Johannes.Wetten das sie nach einiger Zeit völlig ruiniert wären und keinen Job mehr bekäem wenn sie von Linker Seite aus immer wieder als Nazi bezeichnet würden?Damit können si ein Deutschland jeden “Zersetzen” egal ob es stimmt oder nicht,es bleibt immer was hängen.Und wer will schon etwa smit Nazis zu tun haben?

Stefanie Zeidler / 07.05.2017

Das ZDF ist Bildungsbürgerfernsehen. Entsprechend dialektisch muß man an die Beiträge dieses Senders Herangehen. Die Aussage ” Jawoll, Schluss mit der politischen Korrektheit. Lasst uns alle unkorrekt sein. Da hat die Nazi-Schlampe doch recht.” Läßt sich dabei durch das Weasel-Wort der Politischen Korrektheit aufdröseln - keiner weiß oder kann definieren, was es genau bedeutet. Läßt man die politische Korrektheit fahren, impliziert es, stehen alle Türen offen für die dumpfesten Beleidigungen: “Nigger”, “Bimbo”, “Hure”,  “Nazi-Schlampe”. Die Frage, die zur Klärung führt lautet: Was gab es vor der Politischen Korrektheit, das uns davon abhielt andere zu Beleidigen, bzw. Was definierte was als Beleidigung galt? Man nannte es “Sitte und Anstand”, “Moral”, “das Althergebrachte”, vielleicht auch “das richtige Bewußtsein” oder “gesundes Volksempfinden.” Davon abgesehen, dass politische Korrektheit weit über Fragen der Beleidigung hinausgeht, sondern generell beschränkt, was zu Äußern als statthaft gilt, sind die all diese Begriffe die Synonyme zu einem Wort : dem Zeitgeist. Und wer bestimmt den Zeitgeist?  Medien, Politiker, Intellektuelle, die mit dem Strom schwimmen. Der politisch Korrekte ist ein Oppurtunist.  Nehmen Wir also den oben aufgeführten satirischen Beitrag unter die Lupe, lautet die Frage: ist es politisch korrekt, d.h. oppurtun, die AfD in die Nähe der NSDAP zu rücken oder sie gar gleichzusetzen? Es ist sicherlich kein Akt des Widerstands. Ist es politisch korrekt eine westliche Frau Schlampe zu nennen? Nun, man könnte sagen, der Zeitgeist geht in diese Richtung.  Löst der Satiriker als das Versprechen ein, jetzt mal so richtig politisch unkorrekt zu sein und Frau Weidel als Nazi-Schlampe zu bezeichnen? Ich finde er löst das Versprechen nicht ein, der Witz verliert dadurch seine Pointe. Satire mag alles dürfen, aber wenn sie nicht witzig ist, dann hat sie aufgehört Satire zu sein. Wenn man Dinge verändern oder anstoßen will, darf man nicht dem Zeitgeist folgen. Wenn sich diese Land ändern sollte, auf die neuen Herausforderungen der Zeit reagieren soll, dann müßen die Protagonisten des Wandels: Medien, Intellektuelle, Politiker, schließlich auch der Rest des Volkes aus dem Korsett des gegenwärtigen Zeitgeistes, der political correctness, ausbrechen.   

Christian Gerst / 07.05.2017

Es gelassen zu sehen, würde ich unterschreiben,  wenn das Staatsfernsehen auch Frau Merkel als “FDJ-Schlampe” bezeichnen würde. Immer nur auf die AfD einzudreschen zeugt nicht gerade von Ausgewogenheit und Rückgrat.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Johannes Richardt, Gastautor / 21.11.2017 / 16:00 / 1

Passend zur Lage: Freiräume-Kongress in Berlin

Anlässlich seines 25-jährigen Bestehens veranstaltet das Magazin Novo am kommenden Samstag, 25. November, in Berlin den Freiräume-Kongress. In mehreren Podiumsdiskussionen und Vorträgen geht es um…/ mehr

Johannes Richardt, Gastautor / 16.11.2017 / 09:27 / 0

25 Jahre Novo: Debattenfestival in Berlin

Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Magazins Novo findet am Samstag, dem 25. November, der Freiräume-Kongres in Berlin statt. Er wird in Zusammenarbeit mit dem Verein…/ mehr

Johannes Richardt, Gastautor / 06.10.2017 / 06:14 / 12

Sezession ins Nirgendwo

Von Johannes Richardt und Kolja Zydatiss Der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont hat angekündigt, in den nächsten Tagen die Loslösung seiner Region von Spanien zu verkünden.…/ mehr

Johannes Richardt, Gastautor / 10.09.2017 / 16:42 / 6

Die EU absorbiert Reformvorschläge wie ein schwarzes Loch

Die Freunde einer „immer engeren“ Europäischen Union haben wieder Rückenwind. Nach dem Brexit-Schock im letzten Sommer konnten sich in Österreich, den Niederlanden und schließlich in…/ mehr

Johannes Richardt, Gastautor / 12.08.2017 / 14:58 / 3

Die neue „Sei-Gut-Bürokratie“

Warum hat Google einen Mitarbeiter entlassen? War er zu „böse“ oder hat er einfach nicht richtig funktioniert? Die Chefs des US-Tech-Giganten Google stellen höchste moralische…/ mehr

Johannes Richardt, Gastautor / 07.08.2017 / 06:20 / 7

Die Luft ist rein, der Diesel Sünde

Es liegt eine erhellende Ironie im Umstand, dass der große Diesel-Gipfel mit dem diesjährigen „Earth Overshoot Day“ zusammenfiel. Während Politik und Autobosse in Berlin konferierten,…/ mehr

Johannes Richardt, Gastautor / 30.07.2017 / 12:00 / 3

Kinderrechte? Nein Danke!

Die Deutschen dürfen sich wohl bald über ein neues Grundrecht freuen, das niemand braucht. Nach SPD, Grünen und der Linken fordert nun auch die Union…/ mehr

Johannes Richardt, Gastautor / 01.03.2017 / 06:10 / 1

Vorsicht, wenn der Staat dein Händchen hält

Sie verheißt in der Regel nichts Gutes: Die Post vom Stromanbieter. Jahresendabrechnungen mit hohen Nachzahlungen, Ankündigungen von Tariferhöhungen und manch andere böse Überraschung warten in…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com