Gastautor / 02.04.2022 / 10:00 / Foto: Pete / 112 / Seite ausdrucken

Den Zeitungen steht das Wasser bis zum Hals

Von Michael Hauke. 

Teures Papier, hohe Mindestlöhne und der Streit um die „richtigen“
 Corona-Positionen

Die Druck- und Verlagsbranche steht unter einem nie dagewesenen Kostendruck. Im Grunde werden die Printmedien von zwei Seiten in die Zange genommen. Das führt dazu, dass es für die Zeitungshäuser in Deutschland inzwischen um die nackte Existenz geht.

Verursacht durch die Anzeigenkrise wurden die Zeitungen und Zeitschriften in den vergangenen zwanzig Jahren immer dünner, die Auflagen sanken rapide, viele Druckerzeugnisse verschwanden ganz vom Markt.

Die Krise wurde durch die Lockdowns erheblich verschärft – mit der Folge, dass fast alle Mittwochs-Anzeigenblätter in Deutschland vom Markt verschwanden. Der „Märkische Markt“ ist (noch!) die große Ausnahme. Dazu gab es einen nie dagewesenen Einbruch bei den Werbeeinnahmen, weil fast alle Geschäfte monatelang geschlossen waren.

Das führte nicht nur zu erheblichen Umsatzausfällen bei den Tageszeitungen und Anzeigenblättern, sondern auch zu einem dramatischen Rückgang des Altpapiers. Altpapier ist gleichzeitig der Hauptbestandteil für die Herstellung des Zeitungsdruckpapieres. War der Papierpreis über viele Jahre halbwegs stabil, so änderte sich das Mitte 2021 radikal.

Papierpreis mehr als verdoppelt

Drastisch weniger Altpapier und deutlich weniger Nachfrage nach Zeitungspapier führten zu einer Verknappung und damit seit Juli 2021 zu einer explosionsartigen Verteuerung des Papiers und damit zu einem nie dagewesenen Kostendruck in den Verlagshäusern. Aktuell kommen noch die Russlandsanktionen hinzu. Dadurch, dass russisches Papier nicht mehr eingeführt werden darf, fehlt teilweise mehr als ein Drittel des eh schon raren Zeitungsdruckpapiers, was den Preis aktuell noch einmal dramatisch anheizt. Der Papierpreis hat sich innerhalb von acht Monaten verdoppelt – obendrauf kommt aktuell noch ein Energiezuschlag in Höhe von 25%.

Zustellung wird unbezahlbar

Ein weiterer Sargnagel ist der Mindestlohn, mit dem die Zeitungsboten bezahlt werden. Er führt direkt in die nächste Katastrophe für die Verlage. Ob die extrem hohen Stundenlöhne für Zeitungszusteller wirklich gerechtfertigt sind, ließe sich sicherlich diskutieren. Dass sie dem Zeitungmarkt brachialen Schaden zufügen, steht fest.

Der Blick nach Brandenburg zeigt: Das Märkische Medienhaus stellt an jedem Wochenende mehr als neunhunderttausend Anzeigenblätter zu, in unserer Region den „Märkischen Sonntag“. In der Wochenmitte sind es noch einmal fast eine halbe Million, vor allem der „Märkische Markt“. Die Zustellung dieser riesigen Auflagen kostet enorme Summen.

Der Mindestlohn ist seit seiner Einführung bis heute extrem erhöht worden. Bis Ende 2021 lag er noch bei 9,60 €, aktuell bei 9,80 €. Über 10,45 € ab 1. Juli soll es ab dem 1. Oktober laut Kabinettsbeschluss auf 12,00 € gehen. Was auf den ersten Blick sozial klingt, wird dazu führen, dass sehr viele Jobs ersatzlos wegfallen. Ein Stundenlohn von zwölf Euro für die Zustellung ist nicht zu finanzieren. Vielleicht werden nicht sofort alle Zeitungsboten entlassen, aber es werden deutlich weniger werden. Außerdem kommen die Medienhäuser nicht umhin, jeden Arbeitsplatz auf seine Wirtschaftlichkeit zu untersuchen. Die Zahl der Verlagsmitarbeiter wird stark zurückgehen.

Man muss kein Prophet sein, um festzustellen: Der Mindestlohn von zwölf Euro wird für viele Medienhäuser – insbesondere in Zusammenhang mit den explodierenden Papier- und Speditionskosten – wie ein Genickschuss wirken.

Aber nicht nur die Manager in den Medienhäuser machen sich Gedanken, wie das alles bezahlt werden soll. Auch die Werbewirtschaft steht vor der Frage, ob man einfach so weitermacht, als ob nichts wäre. Fast alle Lebensmittelketten werfen Woche für Woche jeweils (!) rund 40 Millionen Prospekte auf den deutschen Markt. Hinzu kommen die Beilagen der Baumärkte, Möbelhäuser und der anderen Werbetreibenden. Der stark steigende Papierpreis und spätestens die Mindestlohnerhöhungen könnten zu einem Umdenken führen.

Fallen die Prospekte weg?

Das hätte weitere fatale Auswirkungen auf die Verlagshäuser. Denn: wie kommen all diese Prospekte in die Haushalte? Durch die Anzeigenblätter! Fangen die Lebensmitteldiscounter an, die Auflagen der wöchentlichen Prospekte zu reduzieren oder die Prospekte gar ganz einzustellen und vielleicht durch den verstärkten Einsatz von Kunden-Apps zu ersetzen, dann muss es unweigerlich zum Kollaps der Anzeigenblätter und damit ganzer Medienhäuser kommen. Diese wegfallenden Einnahmen wären bei dem dramatisch steigenden Kostendruck nicht mehr zu kompensieren.

Versteckte Subventionen?

Die Bundesregierung weiß, wie wichtig die allermeisten Zeitungen für die Erläuterung ihrer Politik gegenüber der Bevölkerung sind und pumpt Geld in den Markt. Man achte auf die ganzseitigen wöchentlich wiederholten Impfanzeigen, die Millionen Euro in die klammen Kassen der großen Medienhäuser spülen. Dass es sich hier eher um eine versteckte Subvention handelt, wird deutlich, wenn man hinterfragt, was die Anzeigen bewirken sollen. Wer sich trotz eines halben Jahres Ausschlusses aus dem sozialen Leben („2G“), größten Drucks von Politik und großen Arbeitgebern nicht hat impfen lassen, wird es bestimmt nicht tun, weil er gerade eine riesige Anzeige zum Beispiel im „Märkischen Markt“ oder „Märkischen Sonntag“ sieht. Mit dieser dreistelligen Millionenkampagne werden die Mainstream-Medien unterstützt, die über zwei Jahre eine brave Unterstützung der Bundesregierung für ihre Coronamaßnahmen waren.

Seit mehr als drei Jahrzehnten bin ich als Zeitungsverleger geschäftlich tätig und habe in dieser Zeit viel erlebt – von der Blüte der Printmedien über ihren sukzessiven Niedergang. Was der gesamten Branche aber aktuell widerfährt, ist völlig beispiellos. Das muss zu größten Verwerfungen und einem weiteren Verlags- und Zeitungssterben führen.

Mitte Januar dieses Jahres hat mich die Geschäftsführung des Märkischen Medienhauses darüber informiert, dass sie unsere Zusammenarbeit bei der Zustellung beenden möchte. Hintergrund dieser geschäftspolitischen Entscheidung des Monopolisten sind die kritischen Berichte zur Coronapolitik in unseren Zeitungen. Eine Rolle spielte auch unser Leserforum. Wir haben in den vergangenen knapp zwei Jahren rund 700 Leserbriefe zu dem Thema abgedruckt.

Gezwungen, neue Wege zu gehen

Ich habe dem Märkischen Medienhaus im persönlichen Gespräch gesagt, wie ich das sehe:

„Das aus einer Monopolstellung agierende Verlagshaus, das mit seinen Zeitungen seit zwei Jahren eine Überlastung des Gesundheitswesens durch Corona propagiert, obwohl es in Wahrheit in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen ein Allzeittief nach dem anderen gab, setzt den Verleger vor die Tür, der die tatsächlichen Tiefststände veröffentlicht hat. Derjenige, der alle auch noch so absurden Maßnahmen gerechtfertigt hat, will den ausschalten, der sie hinterfragt hat.“

Für die Zustellung hat der Hauke-Verlag einen nahezu sechsstelligen Betrag im Jahr an das Märkische Medienhaus überwiesen. Bemerkenswert, dass man sich angesichts der sich zuspitzenden Krise von einem solchen Geschäftspartner trennen wollte. Aber die politischen Erwägungen wogen für die Gesellschafter offensichtlich deutlich schwerer. Das nennt man heutzutage Haltung! Der Belehrungs- und Haltungsjournalismus hat das ganze Land überzogen. Insofern war der Wunsch nach Beendigung der Geschäftsbeziehung nicht wirklich überraschend für mich. Für mich ist das Agieren des MOZ-Verlages der Versuch, eine Gegenstimme zu unterdrücken und passt daher in die Zeit. Vielleicht steht dahinter auch der Gedanke, sich des letzten Wettbewerbs im Anzeigenmarkt zu entledigen. Wenn das so sein sollte, ist der Schuss nach hinten losgegangen. Denn mit der Umstellung auf Ablagestellen sind wir im Verbreitungsgebiet sichtbarer denn je. Die Wirkung der Anzeigen in unseren Zeitungen wird dadurch weiter steigen. Dazu kommt, dass diese Trennung unserem Verlag die Chance gibt, sich von den Verwerfungen in der Branche wenigstens teilweise loszulösen und zukunftsfest zu machen.

Wie wird der Hauke-Verlag überleben?

Wir gehen neue Wege, die wir lieber heute als morgen beschreiten. Wir sehen trotz all der riesigen Probleme verhalten optimistisch in die Zukunft. Das hat auch damit zu tun, dass wir all die geschilderten Schwierigkeiten ohne das große Engagement unserer Leser nie hätten bewältigen können. Bitte unterstützen Sie uns weiterhin mit Ihren Spenden. Die Kosten rennen uns davon – die Unterstützung unserer Leser ist wirklich lebensnotwendig für uns. Dieser unvergleichliche Zusammenhalt zwischen Lesern und Verlag hat uns über die gesamte Zeit getragen. Herzlichen Dank an jeden Einzelnen, der mithilft, unabhängigen Journalismus zu erhalten.

 

Michael Hauke (Jahrgang 1969) stammt aus Berlin-Neukölln und baute kurz nach der Wiedervereinigung einen Zeitungsverlag im brandenburgischen Fürstenwalde auf, der heute mehrere auflagenstarke Anzeigenblätter herausgibt. Neben diesem veröffentlichte er weitere kritische Beiträge zur Corona-Berichterstattung.

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Leserpost

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Frank Box / 02.04.2022

@ Gudrun Meyer - Zitat: “Übrigens brauchen “wir” nicht zu befürchten, dass der “Süddeutsche Beobachter” von den Kiosken verschwindet. Der wird längst von Zwangszahlungen an den Staatsfunk “querfinanziert”.” - Heißt der nicht nach dieser antisemitischen Netanjahu-Karikatur (mit großer Nase) jetzt “Süddeutscher Stürmer”?

Uta Buhr / 02.04.2022

Bravo, @Peter Gentner, ich unterschreibe jedes Ihrer Worte. Weg mit dem Schrott - vor allen Dingen mit Objekten, die sich auch noch als “Qualitätsmedien” bezeichnen. Die links-grüne Postille mit dem Z muss ja wohl wegen dieses toxischen Buchstabens ohnehin vom Markt verschwinden. Je schneller desto besser. Die entlassenen Redakteure: Innen der Journaille finden sicherlich noch ein warmes Plätzchen bei der willfährigen Anne und Kollegen:Innen, auf denen sie sich über die Ungerechtigkeit der Welt auslabern und -heulen können. Bis das Licht ausgeht. Dann wird auch die Glotze zappenduster. Gut so.

D. Schmidt / 02.04.2022

Zeitungen aus Papier sind in der heutigen digitalen Zeit schlicht nicht mehr zeitgemäß. Zum einen werben sie selber mit der digitalen Variante aus Umweltschutzgründen zum anderen treiben sie dafür aber die Preise in die Höhe mit Abo’s und Anti-Adblockern. Dann predigen sie egal in welchem Format nur noch Mainstream und sind Sprachrohr der Regierung. Von wegen neutral oder vielseitig. Der Rest ist gestopft mit Werbung. Wer liest sowas, wer kauft sowas noch? Die Zeitungen sind selbst Schuld das es so gekommen ist, und jammern hilft da nicht, sondern Hirn einschalten (wenn noch etwas davon vorhanden ist). Wer nur noch „schönredet“ weil der Staat das Käseblatt finanziell unterstützt wird In Nord Korea und China bestimmt glücklicher als im Westen.

Hjalmar Kreutzer / 02.04.2022

Sehr geehrter Hennig Velten, da hätte Ihre Gattin sich aber zumindest das „Zentralorgan“ Deutsches Ärzteblatt ersparen können. Vor ca. zwei Jahren stand dort eine Aufforderung, m.W. erhielt ich sogar eine Mail, da meine Adresse über die Onlinefortbildung bekannt war. Wer weiter (kostenpflichtig) die Printausgabe haben wollte, musste dies aktiv kundtun, wer nichts tat, was ich in letzter Zeit am allerbesten kann, erhielt das Blatt künftig elektronisch als Newsletter, den man aber auch abbestellen konnte, was ich stante pede tat. Meine Mail an das BRANDENBURGISCHE Ärzteblatt, doch ebenso zu verfahren, blieb ohne Antwort.

Michael Schweitzer / 02.04.2022

Herr Hauke,auch dem Bürger steht das Wasser bis zum Hals. Durch die gewählte planwirtschaftliche Dekarbonisierungsenergiepolitik unserer Regierung,haben wir jetzt Stagnation und Inflation. Die Lebenshaltungskosten steigen und wer wenig Geld zur Verfügung hat,muß primär sehen,wie man seine Familie über die Runden bekommt. Für Zeitungen die staatlich,subventioniert, fake-news verbreiten,verschwende ich kein Geld mehr.

Andreas Mertens / 02.04.2022

Ich möchte es erneut aufs Tapet bringen. Die Realität ist das letzte und entscheidende Korrektiv (nein, nicht das linksradikale mit C aus Essen)  dem sich niemand entziehen kann. Ganz besonders nicht die Politik und ihre gekauften Winkmittel-Medien. Mann kann ruhig in der Bundesquasselbude das Pipi-Langstrumpf-Lied singen, aber das ändert an der Realität ebenso wenig wie vogelschreddernde Windmühlen und cadmiumtriefende Dünnschicht-Solarzellen etwas an der Energiekrise ändern. Mehr noch, diese Art der Realitätsleugnung befeuern die Probleme . Die Print- (aber auch TV) Medienlandschaft in D-Land hat sich ihre Misere selbst zuzuschreiben. Sie haben die Digitalisierung verpasst oder schauten mit Verachtung auf das treiben der Nerds im Internet herab. Zusätzlich haben viele Blätter ohne Not ihre Seele der unreflektierten Political-Correctness verkauft.  Anstatt kritischem Journalismus gibt es jetzt nur noch Haltungs-Journalismus. Aus dem Stein im Schuh der Mächtigen wurde der Kopf im Allerwertesten der Mächtigen. man sagt, ein fauler Apfel könne den ganzen Korb verderben, was aber passiert mit dem einen guten Apfel im Korb voller fauler Äpfel. Ganz klar ... er wird mit zusammen mit den faulen auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen. Ich kenne kein einziges Printmedium das sich je öffentlich von der speichelleckerischen Hofberichterstattung ihrer Konkurrenz distanziert hätte. Das Resultat daraus ist der stille und schmachvoll langsame Untergang. Auch das ist der Darreichungsformen der Realität.

Karla Kuhn / 02.04.2022

Ulli Kaden, vermutlich steht ihnen die Politiktür ganz weit offen. Schließlich sind das verlässliche Kandidaten.

Angela Seegers / 02.04.2022

Meist ist es ja die ältere Generation, die die klassische Zeitung kennt und liest. Die stirbt aber zunehmend aus. Bei aktuell ca. 450 Printerzeugnissen bundesweit ist es für mich schwer zu beurteilen, welches Blatt lesenswert ist und welches eher nicht. Habe im Laufe der Jahre immer mal gewechselt. Die junge Generation hat ganz andere Interessen als Zeitung lesen. Dilemma Zeitungssterben vorprogrammiert. So leid es uns tut und die Vierte Gewalt eigentlich dringend benötigt wird, dazu müsste sie aber insgesamt besser werden, teilweise wähnt man sich als Leser im Boulevard oder „einer schreibt vom anderen ab“. Schade, liebe Journaille. Und auch bei diesem Artikel, der auf Windows geschrieben wurde, fällt auf, dass ein iPad mit entsprechender Email Adresse nicht benutzt werden kann (ich habe beide Möglichkeiten). Schade, schade.

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