Manfred Haferburg / 16.01.2021 / 06:09 / Foto: Tim Maxeiner / 96 / Seite ausdrucken

Blackout mit schönen Garniervorschlägen

Ein Bundesamt twittert. Twittern ist gefährlich. Völlig unerwartet kommt dabei manchmal die eigene Unbedarftheit zum Vorschein. Der dritte Haferburgsche Lehrsatz lautet daher: „Vor dem Twittern Gehirn einschalten“. Das gilt vollumfänglich auch für Politiker und Beamte.

Ach, hätte sich doch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe daran gehalten. Aber nein, die Beamten vom Bund twittern drauflos, wie es ihnen in den Kopf kommt. Vielleicht waren es ja auch unterbezahlte oder minderbemittelte Studenten vom „Social Media Team“? #Bevölkerungsschutz ist… sich auch bei #Stromausfall ein köstliches Essen zaubern zu können“ 

Wer auch immer es war, er garniert seinen Jubelpersertext mit dem Bild einer romantischen Dinnertafel fürs traute Tête-à-tête bei Kerzenschein und Rotwein, frischem Brokkoli und einem in Folie gegarten Fisch, alles frisch vom Campingkocher. Das Bild ist von Pixabay, wohl einfach aus dem Netz runtergeladen. Der Sinn des Bildes ordnet sich ungefähr so ein wie Texte, die uns etwas von den wunderbaren Vorteilen eines Corona-Lockdowns fabulieren. 

Beim Twittern waren Autoren wohl von ihrer eigenen Idee so begeistert, dass sie ganz vergessen haben, die elektrischen Strahler im Bildhintergrund auszuschalten. So wird also der Tisch im landesweiten Katastrophenfall aussehen, nur sollten vielleicht noch ein paar frische Blumen neben dem Cote Rotie stehen? Nur, um den Stil auch in der Katastrophe nicht zu verfehlen.

Die Katastrophenschützer sind nicht auf die Idee gekommen, dass es nach einigen Tagen Blackout keinen frischen Fisch und frisches Gemüse mehr gibt. Es kann auch das Geschirr nicht mehr abgewaschen werden, weil kein Wasser mehr fließt. Der Inhalt des Tiefkühlschranks stinkt zum Himmel. Die Fischabfälle stinken zusammen mit den Fäkalienbeuteln um die Wette, weil kein Müll mehr abgeholt wird und das Klo nicht mehr benutzbar ist. Auf diese Weise kommt wohl doch nicht die echte Blackout-Gemütlichkeit im kalten Heim auf, und der Stil tendiert in die olfaktorische Richtung „Ende der Zivilisation“.

Gute Laune mit schönen Garniervorschlägen

Die potenziell gute Nachricht: Dürfen wir jetzt alle gespannt auf das „Gesunde Blackout-Kochbuch der guten Laune mit schönen Garniervorschlägen“ vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz warten? 

Überhaupt ist die Sache ausbaufähig. Hier ein paar Ideen für die Twitterer in anderen Bundesämtern, die mit gesichertem Gehalt und Notstromversorgung im Ministerium herumrätseln, wie sie den Bürgern die Folgen ihrer Politik noch schmackhafter machen können:

#Reichtum ist auch… dass einem während der #Finanzkrise das eigene Geld nicht so wichtig ist“ – Ihr Ministerium für Finanzen

#Urlaub ist auch… dass man während des #Lockdowns mal den Keller unter Beachtung der #AHA-Regeln mit FFP2-Maske aufräumt“ – ihr Gesundheitsministerium

Der Fantasie der Leser soll hier keine Grenze gesetzt werden – nur Mut, in den Achse-Leserbriefspalten braucht es keinen Twitteraccount.

Die echten Twitter-User haben den BBK-Blackout-Koch-Tweet mit beißendem Sarkasmus kommentiert: Ein „Oliver“ zum Beispiel schreibt: „Kochtipps für den Fall, dass im Verlaufe der Energiewende das Voraussehbare geschieht... Es tut mir Leid, aber: Diese Regierung hat einen an der Klatsche.“

Kritik an den weisen Eingebungen von Partei und Regierung? Das geht gar nicht! Pikiert twittert das BBK: „Zur Beantwortung von Sachfragen und zu einem fairen, konstruktiven Austausch sind wir gerne bereit. Dagegen verbitten wir uns Beiträge, die weder den Regeln der Höflichkeit entsprechen noch sachlich sind.“

Ein „Kai Reuter“ twittert: Bevölkerungsschutz ist vor allem NICHT durch ein völlig bescheuertes EEG und Energieversorgungskonzept das Leben der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen, ihr Genies!“

Da wird vom BBK scharf zurückgetwittert: „Beleidigungen wie diese sowie Beiträge und Unterstellungen, die weder höflich noch sachlich sind, verbitten wir uns ...“

Und „Tweeter“ fragt: „Prepper endorsment… Gibt es genaue Richtlinien, ab wieviel Dosen Ravioli man Nazi ist?“ Keine Antwort, hier werden wohl noch Kennzahlen ermittelt.

Also bitte, liebe Twitterer, nennt die Beamten nicht Genies, das sind sie nicht. Und kritisiert gefälligst nach dem in der DDR bei Strafe üblichen Motto: „Sachlich, kritisch und optimistisch“ – wobei der Schwerpunkt auf „optimistisch“ zu legen ist. Das hat sich schon damals bewährt, so dass sich die Oberen nicht gestört fühlten mussten, etwa durch unfaire, unkonstruktive Kritik, die nicht den Regeln der Höflichkeit entsprach. 

Schon vor zwei Monaten sind der Achse des Guten die Frohmutsphrasen zum Blackout in den Medien aufgefallen. Damals war’s nur n-tv. Heute kommt schon ein Bundesministerium damit daher. Sollten sich höheren Ortes doch leise Zweifel an der Versorgungssicherheit regen? Die Häufung der Beinahe-Blackouts legt das nahe. Wird da etwas vorbereitet, so dass man beim Trümmer wegräumen sagen kann: „Hättet ihr mal auf uns gehört!“ Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Foto: Tim Maxeiner

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U. Habermann / 16.01.2021

#Bevölkerungsschutz…..ist, wenn man bei Stromausfall…..die Rundfunk- und Fernsehsender für Agitation und Propaganda nicht mehr empfangen kann.#

Andreas Rochow / 16.01.2021

@ PIA SCHUBERT - Die Freiheit, sich zurückzuziehen, auf die Segnungen der Moderne zu verzichten, Konsum auf ein Minimum zu beschränken, besitzen wir hypopthetisch alle. Für den 6-Liter-Trinkwasserkanister und die Gasflasche haben andere geschuftet und wollen zu Recht ein Entgelt dafür. Autarkie genießt man erst, wenn man das Leben eines Wolfskindes führt und sich konsequent von der Tankstelle, vom Internet und allen Informationskanälen und Netzwerken abnabelt. Das dürfte der Krankenkasse aber gar nicht gefallen und ich bezweifle nicht, dass es Institutionen gibt, die auf Wolfskinder spezialisiert sind und sich darauf verstehen, sie in Unfreiheit zu resozialisieren. Ordnung muss schließlich sein. (Ihr Kommentar hat mich besonders deshalb bewegt, weil ich gerade die Lebensmittelvorräte und Gerätschaften eines wohlsituierten “Preppers” inspizieren durfte. “Prepper” googeln und staunen: Es gibt einen wachsenden Onlinehandel mit Survival-Kits und Listen für den Ernstfall.) Ihnen persönlich wünsche ich alles Gute nach Portugal. Aber im Blackout sind Ihr Autotank, Ihre Gasflasche und der Trinkwasserkanister bald leer und es werden sich unfriedliche “Mitesser” um Ihre eiserne Reserve kümmern…

Rudolf George / 16.01.2021

Seitdem sich die „Leitmedien“ zu reinen Propagandainstrumenten degradieren ließen, dürfte nicht überraschen, dass die zu erwartenden Großblackouts uns nun in bester Froschkochmanier in immer stärker rosarotem Licht präsentiert werden.

Hans-Peter Dollhopf / 16.01.2021

Da fallen einem doch glatt Begriffe aus dem Ideenhimmel der Ökostromideologie ein. ... nachhaltig, unerschöpflich, erneuerbar, absolut sauber ... Philosophische Grundlage von Utopie-Marketing (Reklame) ist ein Kobold namens >Begriffsrealismus<. Mit dem zusamen kann man sogar Canclerette! Wiki über die Scholastik des Mittelalters: “Im Prinzip konnte ein Scholastiker jeden Standpunkt vertreten, wenn er ihn nur methodisch sauber begründete”. Etwa über >Alternativlosigkeit<. Wie hätte man auch ahnen können, dass die ihr beigebrachten wissenschaftlichen Methoden einer gelernten DDR-Physikerin andere sein würden??? Nun sind sie halt mal gängige Praxis geworden ... in unserer Nationalökonomie! “Mir doch egal.”

Markus Knust / 16.01.2021

Erinnert mich an die DDR, polytechnische Oberschule, im Kunstunterricht. Gezeigt wurden Nazi Propaganda Plakate und an eines erinnere ich mich besonders gut. Darauf war eine lachende Familie zu sehen, die sich um einen Esstisch versammelt hatte. Essen gab es darauf keines, dafür leistete die Familie “kriegswichtige Arbeit”. Die Unterschrift auf dem Plakat lautete: “Hurra, die Butter ist alle!” Geschichte wiederholt sich eben doch.

Renate Bahl / 16.01.2021

@W. Kolbe. Notfalls ist natürlich die AfD schuld, das geht immer

Herbert Otten / 16.01.2021

Wer ganze Landschaften mit Windrädern verschandelt und den Naturschutz mit Füßen tritt, dem ist alles zuzutrauen.

margit-kaestner / 16.01.2021

Auf jedem Autohof gibt es ein flammige Gaskocher mit Kartuschen , sehr empfehlenswert . Dazu unbedingt dünnwandiges Camping Kochgeschirr. Wasser mit CDL als Trinkwasservorrat anlegen .Adapter zum Aufladen des Händy am Zigarettenzünder im Auto . Erfahrungswerte meiner Tochter die Camping Erfahrung hat und ein Jahr in Pjöngjang arbeitete . Kim lässt grüßen!

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