Gastautor / 07.05.2012 / 08:11 / 0 / Seite ausdrucken

Warum Forscher die Krise nicht kommen sahen

Rupert Reiger

Für die meisten Konjunkturforscher kam die Krise 2008/09 überraschend. Denn ihre Daten bieten ihnen nur einen Einblick in die nahe Zukunft - nicht aber in langfristige Entwicklungen.

Kein Grund zur Panik! Als die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute im April 2008 ihr gemeinsames Frühjahrsgutachten präsentierten, war das die große, beruhigende Botschaft. Die deutsche Wirtschaft sei in den vergangenen Jahren robuster geworden – ein „Abgleiten in die Rezession“ sei trotz der Probleme in den USA und im Bankensektor „wenig wahrscheinlich“. Tatsächlich fiel die Bundesrepublik nur ein halbes Jahr später in die tiefste Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte – im Jahr 2009 brach die Wirtschaftsleistung um mehr als fünf Prozent ein.

Warum haben die Konjunkturforscher die Risiken derart unterschätzt? Und gibt es Konjunkturindikatoren und Modelle, mit denen sie die Konjunkturwende früher und zuverlässiger hätten erkennen können? Dieser Frage ist das Düsseldorfer Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in einer Studie im Auftrag des Bundesfinanzministeriums auf den Grund gegangen.

Die Wissenschaftler haben die Prognosegüte 27 verschiedener Konjunkturindikatoren auf den Prüfstand gestellt. Sie betrachteten realwirtschaftliche Daten wie die Auftragseingänge und die Industrieproduktion, Stimmungsumfragen wie den Ifo-Geschäftsklima-Index und Finanzmarktdaten wie das Zinsniveau und die Aktienkurse.

Die Ergebnisse sind ernüchternd: Selbst mit den modernsten Verfahren und den besten Daten können Konjunkturforscher gerade einmal zwei bis vier Monate in die Zukunft blicken.

Zu lesen hier:
http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/wissenswert/wissenswert-warum-forscher-die-krise-nicht-kommen-sahen/6558730.html

aaachja?
Natürlich geht’s auch anders herum, mit nötiger Korrektur der Head Line:

Warum Forscher die Krise kommen sahen, sie aber nicht eintrat

Denn in obigem Zitat des Handelsblattes liest man weiter:

Aber selbst das ist keine Garantie, dass man immer richtigliegt. Ein Beispiel dafür liefert der Konjunkturindikator des IMK, der State-of-the-Art-Methoden und viele verschiedene Daten verwendet und laut Horn schon ab April 2008 auf die steigende Rezessionsgefahr hingewiesen hat. In der zweiten Jahreshälfte 2011 löste der gleiche Indikator jedoch falschen Alarm aus: Damals schoss der Index nach oben und zeigte zeitweise eine Rezessionsgefahr von 70 Prozent an – tatsächlich aber stotterte die deutsche Wirtschaft am Jahresende nur leicht und der wirtschaftliche Absturz blieb aus.

Chja:
Das mag für Journalisten ja überraschend sein, doch
wer die Modelle für Wirtschaftsprognosen kennt, weiß, hier ist etwas prinzipiell schwierig:
http://en.wikipedia.org/wiki/Dynamical_system
und
http://en.wikipedia.org/wiki/Chaos_theory#Chaotic_dynamics

Das ist vor allem auch in einem anderen Aspekt interessant:
Klimamodelle beruhen auch auf solchen Modellen.

Das schlimme ist nur, dass der niedere Journalismus entsprechender Couleur Aussagen dieser Modelle beliebig missbraucht, denn auf der Zeitachse ist mit Korrekturen zu rechnen.
Der farblich blockierte Journalismus unterschlägt diese dann, der flexible Journalismus selbst unkritisch, unreflektiert, bringt sie als erstaunliche neue Erkenntnisse, sich dann an der Massenmeinung, der öffentlichen Meinung, diesem Wechselbalg ausrichtend.

Jean Paul, im Kontrast zu Grass einer unserer Größten überhaupt, schreibt dazu in seinen
„Politische Fastenpredigten
während
Deutschlands Marterwoche“:

Ich will einen Augenblick über Zeitungschreiber nachsinnen, und dann erwägen, ob ihre nicht gemeine Fertigkeit, durch einen Sieg des Feindes plötzlich, wie oft der Magnet durch einen Blitzstrahl die Pole umtauschen - Der abstieß, zieht jetzo an - mehr zu wünschen, oder mehr zu verwünschen sei.
Allerdings hat auf der einen Seite die Anlage ihr Gutes, die zum Wechsel mit Tadel; ja sie ist vielleicht ein so reiches Geschenk der Natur als das, welches sie jenem mißgebornen Knaben mit zwei Steißen gemacht, unter welchen der Junge - da beide echter waren als sonst bei einer Dame mit einem Pariser Cul - denjenigen nach Belieben auslesen konnte, womit er zu Stuhle gehen wollte; wie gesagt, ein Zeitungschreiber, der zwei solche Hintertheile für entgegengesetzte Parteien bereit hat, um eines davon jeder geschlagnen zu zeigen, gewinnt stets Ruhm und Schirm von der siegenden.

wie z.B. hier
http://books.google.de/books?id=YQE_AAAAIAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false
nachzulesen.

Noch eine Bemerkung dazu:
Dummerweise dauern Deutschlands Marterwochen immer sehr viel länger wie eine Woche …

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