Gunnar Heinsohn / 15.07.2020 / 15:00 / Foto: Pixabay / 40 / Seite ausdrucken

Die unterschätzten Erfolge der Ostasiaten

Im Alter von 56 Jahren verwirklicht Harold W. Stevenson (1924-2005) erstmals die Idee internationaler Schülerrangordnungen. Nach seinem Militärdienst im Pazifik-Krieg spricht er fließend Japanisch. Mit der University of Michigan (Ann Arbor) steht ihm eine der besten Hochschulen für empirische Sozialforschung zur Verfügung:

„1980 initiierten wir vergleichende Tests von amerikanischen, japanischen und chinesischen Grundschülern in Minneapolis, Sendai (Japan) und Taipeh (Taiwan). Die Ergebnisse zeigten, dass chinesische und japanische Erst- und Fünftklässler in Mathematik sehr viel besser abschnitten als ihre amerikanischen Altersgenossen.“  (siehe hier).

Bei den Fünftklässlern lag die am schlechtesten bewertete Schule im 1980 noch armen Japan deutlich vor der am höchsten bewerteten Schule im reichen US-Bundesstaat Minnesota (siehe hier).

Überlegene Erziehungsmethoden?

Es dauert fünfzehn Jahre, bis im Jahr 1995 TIMSS seinen ersten weltweiten Mathematik-Vergleich durchführt. Bei den Viertklässlern belegen Singapur, Südkorea, Japan und Hongkong die ersten vier Plätze. Bei den Achtklässlern wiederholt sich diese Reihenfolge.

Erst zwanzig Jahre nach Stevenson organisiert die OECD ihren ersten PISA-Vergleich. Aus Ostasien nehmen im Jahr 2000 nur Japan und Südkorea teil. In Mathematik belegen sie die Plätze eins und zwei. 2015, als aus der Volksrepublik China statistisch repräsentative und nicht – wie 2012 oder 2018 (jeweils erster Platz) – auf Elite selektierte Gebiete teilnehmen, lautet die Mathematik-Reihenfolge: Singapur, Hongkong, Macao, Taiwan, Japan, Volksrepublik China und Südkorea. Auf dem 8. Platz ist die Schweiz den Ostasiaten hart auf den Fersen. Mit gut acht Millionen Einwohnern stellt sie allerdings nur ein Zweihundertstel der Bevölkerung in den Siegerstaaten.

Stevenson glaubt noch fest daran, dass es überlegene Erziehungsmethoden sind, die den Ostasiaten ihren unerwarteten Vorsprung verschaffen. Doch im Jahr 1982 veröffentlicht Nature einen Artikel mit dem Titel „IQ in Japan and the United States shows a growing disparity“, der auch in Amerika aufwachsenden Japanern eine höhere Intelligenz zuspricht als den übrigen Ethnien.

Der Westen verliert seine Konkurrenzfähigkeit

In PISA-Mathematik rutschen die USA zwischen 2000 und 2018 vom 18. auf den 37. Platz. Doch dieser Niedergang betrifft nicht die Kinder asiatischer Herkunft. Abgeschnitten vom pädagogischen Umfeld ihrer Ursprungsländer schmelzen sie ihre Überlegenheit keineswegs ab, sondern bauen sie weiter aus. Illustrieren lässt sich das mit den Ergebnissen der SAT-Eingangs-Prüfungen für die Universitäten. Sie werden jedes Jahr regierungsamtlich vom College Board veröffentlich. Zwischen 2017 und 2019 steigern Kinder asiatischer Herkunft ihre durchschnittliche Punktezahl von 612 auf 637, während Whites bei 553 Punkten stagnieren. Beide Gruppen aber stellen nur noch die Hälfte der Neugeborenen. Zur Mehrheit wird alsbald der Nachwuchs von Hispanics (2019 mit 483 Punkten) und Afro-Americans (457 Punkte).

Während die Leistungen der Whites in der politischen Polemik zunehmend aus einem „systemischen Rassismus“ gegenüber Hispanics und Afro-Americans erklärt werden, gibt es analoge Vorwürfe gegenüber Ostasiaten bisher nicht. Das würde auch schwerfallen, weil sie aus einem ärmeren Umfeld kommen und nicht nur eine neue Sprache, sondern sogar ein neues Alphabet lernen müssen. Überdies bekommen sie als „sichtbare“ Minderheit immer noch abwertende Bezeichnungen à la Chink zu hören.

Und doch kann man die ungebrochen andauernde Überraschung westlicher Forscher über ostasiatische Kompetenz nicht als gänzlich unschuldig bezeichnen. Rassismus äußert sich ja fast immer darin, die Kompetenz der anderen zu übergehen oder gar zu bestreiten. Wenn etwa Südkoreaner zwischen 1994 und 2019 einen 1:22-Rückstand bei den hochrangigen PCT-Patentanmeldungen gegenüber Deutschland in ein 1:1 verwandeln, lassen Gehässigkeiten vom abkupfernden Billigheimer nicht lange auf sich warten. Ähnliches hatten zuvor Japaner und danach Chinesen auszuhalten.

Bald wird es die 100 Millionen Menschen in Vietnam treffen, die 1954 Paris und 1975 Washington in die Knie zwangen. Dabei könnte man es seit 1980 aufgrund der Arbeit von Stevenson besser wissen. In all den Jahrzehnten liefert das weder durch Nuklearwaffen und Tsunamis noch durch Finanzcrashs und Zölle aufhaltbare Überrollen der Wirtschaft durch Ostasiaten das ökonomische Problem überhaupt. Beim Weltkriegssieger wird das lediglich zuerst verspürt. Die militärischen Konflikte verliert der Westen durch die quantitative Seite der globalen Demografie, seine Konkurrenzfähigkeit durch die qualitative.

Gunnar Heinsohn (*1943) lehrte von 2011 bis 2020 Kriegsdemographie am NATO Defense College in Rom. 2019 hat er Wettkampf um die Klugen (Orell & Füssli) publiziert.

Foto: Pixabay

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Silvia orlandi / 16.07.2020

Ein Viertel der Grundschüler in Norditalien sind kleine Chinesen! ( laut Aussage meiner ital. Freundin, Grundschullehrerin) Anpassungsbereitschaft, Pragmatismus, Leistungswille,Fleiß,Bildungshunger sind der Schlüssel zu ihrem Erfolg und ebnet den Weg auf der neuen, alten Seidenstraße. „ Ich bin schon da, sagt der Igel zum Hasen“und wir können auch Gentechnik ganz ohne Rassenwahn oder westliche Arroganz.

Michael Scheffler / 15.07.2020

Lieber Herr Menzen, Sie finden in der Welt vom 20.03.2011 einen schönen Beitrag zur Entwicklung der japanischen Wirtschaft nach WK II. Herr Heinsohn scheint Recht zu haben. Japaner mussten lange arbeiten (bis 60 h pro Woche)  und durften dafür hohe Preise für Lebensmittel etc. zahlen. Wenn das Ihre Definition von Reichtum ist? Und Argumente da hominem sollten Sie evtl. lassen.

Hans Bethe / 15.07.2020

@Johann Wildt / 15.07.2020 : Es kommt erschwerend hinzu, dass die Oastasiaten aus einem Pool von mehr als 1 Milliarden Menschen schöpfen können. Selbst wenn die gaußsche Glocke im Westen breiter sein sollte: Gegen 1.3 Millarden Chinensen sind wir chancenlos! Generell wäre ich mit dem Thema IQ vorsichtig: Alle Menschen sind ja bekanntlich gleich und Vertreter Ihrer Theorie (welche ich übrigens teile!) werden aktuell geteert und gefedert.

Wolfgang Richter / 15.07.2020

@ Arthur Sonnenschein - Rasssismusfrage - Dem steuerte Harvard mit positivem Rassismus gebgen, indem man bei den Einstellungsprüfungen Asiaten und Juden runter stufte, Farbigen einen “Kulturbonus” einräumte. Blöd nur, daß dieser Rassismus dann auffiel und man sich eine Begründung für die offensichtliche Benachteiligung intelligenterer Bewerber aufgrund sodann ethnischer Herkunft einfallen lassen mußte.

Matthias Kegelmann / 15.07.2020

Ein Mensch, der Intelligenztests (IQ-Tests) nicht durchschaut, nicht weiß, daß diese keine Intelligenz messen, kann der intelligent sein? Ironischerweise, laut Alfred Binet, einer der Begründer des IQ-Tests, sollte der Test genau das Gegenteil aufdecken. Tatsächlich hat er es (im Auftrag der französischen Regierung) entworfen um ausschließlich Kinder mit besonderen Bedürfnissen aufzufinden, um diesen eine geeignetere Schulform zukommen zu lassen. Es war nie Binets Absicht unterschiedliche Grade an Intelligenz oder geistigem Wert aufzudecken, zu bestimmen. Tatsächlich war Binet völlig klar, daß die von ihm erschaffene Skala keine (echte) Intelligenzmessung erlaubt, (ermöglicht, messen kann), weil intelligente Eigenschaften nicht deckungsgleich, überlagbar, vergleichbar sind und daher nicht gemessen werden können, wie lineare Oberflächen gemessen werden. Auch hätte er niemals unterstellen wollen, daß eine Person nicht intelligenter über die Zeit werden könne. “Einige neuliche Denker”, sagte er, “haben behauptet, daß die individuelle Intelligenz eine feste Quantität wäre, eine Quantität die nicht veränderbar, erhöht werden könnte. Wir müssen dagegen klar protestieren und reagieren gegen diesen brutalen, völlig unangebrachten Pessismismus; wir müssen versuchen aufzuzeigen, daß solch eine Haltung durch nichts zu rechtfertigen sein kann und auf nichts gegründet.” (Sir Ken Robinson)

Klaus Eckhard / 15.07.2020

Das memorative Gedächtnis wird bei uns im Westen von den Pädagogen als eine quantite‘ negligeable angesehen, als nicht relevant betrachtet. Auswendiglernen gilt als rückschrittlich und alt. Chinesische Grundschüler müssen bis zum Ende des vierten Schuljahrszwischen 3-5000 Schriftzeichen   auswendig lernen. Der Gewinn ist immens.

Frances Johnson / 15.07.2020

Das kann einmal sehr schlecht ausgehen: “Chinas gefährlicher Griff nach der Welt”, w-on plus, absolut realistisch. Man lese bitte gleichermaßen über die Kündigung von Bari Weiss bei der NYT. Mich beschleicht das Gefühl, dass das alles zusammen gehört, übrigens auch mit dem Mysterienvirus, das keine Immunität zu erzeugen scheint, es sei denn, man war schon kurz vorm Sarg.

Charles Brûler / 15.07.2020

Deutschland und Europa sind krank. Es gibt es einen lavinenartig ansteigenenden Überbietungswettbewerb der Unfähigen und Schädlichen, welche wiederum neue Unfähige und Schädliche nach Vorne bringen. Es fehlen positiv selektierende Auswalmechanismen in allen Bereichen der Politik und Medien. In einem Land, in dem Claudia Roth zur Bundestagspräsidentin und Saskia Esken zur Parteivorsitzenden einer Regierungspartei aufsteigen kann, glaubt jeder Einäugige ein Seher zu sein. Das Hauptproblem ist aber der Geburtenrückgang. Aus meiner Sicht müssten Frauen finanziell mit geringeren Renten bestraft werden, wenn sie keine Kinder bekommen. Aber wer wählt eine solche Regierung?

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