Vera Lengsfeld / 08.06.2009 / 23:33 / 0 / Seite ausdrucken

Doppeltagebuch 1989/2009-8.Juni

Trotz der gewaltsam aufgelösten Demonstration am Vortag findet in Berlin wieder eine Protestveranstaltung gegen den Wahlbetrug bei der Kommunalwahl im Mai statt. Über 1500 Menschen haben sich in der Gethsemanekirche versammelt. Die Stasi muss draußen bleiben, aber wie in Leipzig nach den letzten Montagsgebeten werden besonders jugendliche Teilnehmer nach der Veranstaltung in Nebenstraßen angehalten. Sie müssen dulden, dass ihre Personalien aufgenommen werden und müssen mit einer Meldung an ihre Schule oder ihre Uni rechnen. Die Stasimänner werden bei ihrer Arbeit zunehmend nervöser, denn aus sicherer Entfernung ertönt immer wieder der Ruf:  „Stasi raus“ oder „Stasi in die Produktion“. Diese Erfahrung ist neu: mit solch offenem Widerstand ist das Schild und Schwert der Partei selten konfrontiert worden.
Im „Neuen Deutschland“ erklären Egon Krenz, Mitglied des Politbüros der SED und Oskar Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes, die von beiden gefühlte „Große Verantwortung der DDR und der BRD für Frieden und Abrüstung“ Untermalt wird diese Erklärung von einer Rede Horst Sindermanns, langjähriger Bezirksparteichef von Halle: „ Bei uns sind Freiheit und Vollbeschäftigung selbstverständlich.“ Deswegen soll beides auch in die BRD exportiert werden, mit Hilfe der DKP, die von der SED mit 60 Millionen unterstützt wird. Viele von diesen Millionen flossen in die westdeutsche Friedensbewegung.


Kein Geld aus dem Osten für„Enteignet Springer“, versichert aktuell Peter Schneider, einer der führenden Köpfe dieser 68er Kampagne, die ihre Vorläuferin in einer gleichnamigen SED -Kampagne hat. Aber das eine , behauptet Schneider, hätte mit dem anderen so viel zu tun wie die Nichtraucherkampagne Adolf Hitlers mit der heutigen. Ein mehr als schräger Vergleich , der überdies hinkt : die Anti-Raucher- Kampagne Hitlers lag 50 Jahre vor der Nichtraucherkampagne der 90er Jahre. Sie ist sicher unter den Schrecken des 3. Reiches der Geringste und deshalb fast vergessen. Die „Enteignet Springer“ –Propaganda der SED ging der gleichnamigen Kampagne der 68er unmittelbar voraus. Von dem erheblichen propagandistischen Aufwand, mit der die SED ihre Forderungen im Westen bekannt machte, dürfte Einiges bei den Studenten hängengeblieben sein. Jedenfalls verblüfft die Ähnlichkeit ihrer Argumente mit denen der SED sehr. Schneider beteuert, „bis zum Beweis des Gegenteils“ nur Geld von Rudolf Augstein und Henri Nannen, dem Stern-Herausgeber, bekommen zu haben. Diese Einschränkung ist bemerkenswert. Hat Schneider sie gemacht, für den Fall, dass die DKP doch geldwerte Materialien wie Plakate und Flugblätter beisteuerte, die sie gleich mit kleben und verteilen half?
Abgesehen von der aufzuklärenden Frage, welche Aktivitäten in Westdeutschland und Westberlin eigentlich direkt oder indirekt von der SED bezahlt wurden, ist das große Problem der 68er, dass ihre Idole kommunistische Massenmörder waren und sie die beste Demokratie, die Deutschland je hatte , durch einen Sozialismus nach chinesischem, kambodschanischem oder albanischem Vorbild ersetzten wollten. Die tief sitzende Affinität vieler 68er, die heute in Schlüsselpositionen sitzen , zum sozialistischen System und seinen geistigen Wurzeln, lähmt Deutschland bis heute.

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