Vera Lengsfeld / 06.06.2009 / 13:42 / 0 / Seite ausdrucken

Doppeltagebuch 1989/2009- 6. Juni

Die Medien in Westdeutschland berichten weiter über die Schreckensbilder in China. Das „Neue Deutschland“ hat schon andere Themen: „Beziehungen DDR- Frankreich entwickeln sich erfolgreich.“ Auf Grund dieser neuen Beziehungen war in Ostberlin das „Französische Kulturzentrum“ Unter den Linden eröffnet worden. Neben allerlei Veranstaltungen bot es Französichuntericht bei richtigen Franzosen. Für Leute wie mich hatten das die SED-Bonzen eigentlich nicht vorgesehen. Aber dann saß ich doch in einer Gruppe mit den Frauen und Töchtern der Nomenklatura und musste mir ihre Urlaubsberichte aus den Ländern anhören, die für die normale DDR-Bevölkerung nicht zugänglich waren. Solche Leute trauern der DDR heute noch nach, weil sie unter dem Verlust leiden, etwas Besonderes zu sein, in eigenen Läden versorgt zu werden, reisen zu können. Renate Feyl beschreibt in ihrem Buch, dass ihre Familie eines Tages einen Westfernseher erbte, zu einer Zeit, da man das Zweite Fernsehen nur mit einem Decoder empfangen konnte, der in jedem Westgerät eingebaut war, in den Geräten der SED-Funktionäre aber fehlte. die Familie bekam das Gerät mit der Auflage ausgehändigt, an einem bestimmten Tag eine Werkstatt aufzusuchen, wo der Decoder ausgebaut werden sollte, um ihn anschließend einem ZDF-süchtigen Genossen zur Verfügung zu stellen. Die Werkstatt lag im dritten Stock, das hieß, man musste das schwere Gerät hoch-, und wieder runterschleppen. Selber schuld, warum muss man sich auch ein Westgerät schenken lassen Das waren die kleinen, alltäglichen Schikanen über die nicht mehr gesprochen werden soll.
Das brutale Vorgehen der Volkspolizei , die in Ostberlin eine Demonstration gegen die Massaker in China auflöste, ist auch vergessen. Dabei wurden die Demonstranten geschlagen, an den Haaren gezerrt, an den Füßen weggeschleift. Die Staatssicherheit nahm etwa 16 Verhaftungen vor.


Freiheitskongress auf dem Hambacher Schloß. Eine Idee von Achse-Autorin Ulrike Ackermann, ausgerichtet von der SRH Hochschule in Heidelberg, die den Mut hatte, ein John –Stuart- Mill- Institut für Freiheitsforschung zu gründen. Schon auf dem Weg zum Schloss wurde sichtbar, dass die Diskutanten nicht unter sich bleiben würden. Zwar war es nicht der Zug zum Schloss hinauf, wie anno 1832,  als vom 27. bis 30. Mai das Hambacher Fest gefeiert wurde, das als Höhepunkt der frühliberalen bürgerlichen Oppositionsbewegung gilt. Aber der Festaal war gut gefüllt mit Menschen, denen Freiheit mehr wert ist als Sicherheit . Es waren fast ausschließlich so genannte Multiplikatoren.
Einer der Gründe für das Hambacher Fest waren die hohen Steuern, die in der Pfalz die Wirtschaft beeinträchtigten. Heute wird die deutsche Wirtschaft wieder behindert durch zu hohe Steuern, Abgaben und Vorschriften.
Steuererleichterungen für alle,satt branchenspezifische „Rettungsschirme“ aufzuspannen, die vor allem den Effekt haben, dass Unternehmen Steuergelder abfassen wollen, statt mit innovativen Ideen die Krise zu bekämpfen, war ein Thema. Ein anderes, dass der Zusammenhang Freiheit, Verantwortung und Haftung von vielen Wirtschaftsmanangern wieder begriffen werden muss, die jetzt allzu schnell nach dem Staat schielen. „Ist die Freiheit noch zu retten?“, lautete der provokative Titel des Kongresses. Ja, war sich die Mehrheit einig. denn den Realsozialismus in seinem Lauf haben zwar weder Ochs noch Esel aufgehalten, aber die Menschen, die sich staatliche Bevormundung nicht mehr bieten lassen wollten. Der jetzige Rückfall in sozialistische Experimente kann auch nur von den Bürgern gestoppt werden, die begreifen, dass die derzeitigen Exzesse der Politik,  nicht nur die Wirtschaft, sondern die Gesellschaft bedrohen.

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