In Leipzig findet im Anschluss an das Friedensgebet in der Nikolaikirche die erste Montagsdemonstration statt. Noch sind es nur ein paar dutzend Menschen, die von der Kirche aus über den Ring , an der „Runden Ecke“ vorbei, dem hiesigen Stasihauptquartier bis zum Bebelplatz laufen, wo sie sich nach einer kurzen Ansprache in alle Winde zerstreuen. Die beobachtenden Stasileute haben keine Ahnung, dass aus diesem kleinen Schneeball innerhalb von wenigen Wochen eine Riesenlawine wird, die nicht nur ihre Firma, sondern die ganze DDR verschlingt.
Walter Kempowski liest in Berlin im „Historischen Museum“ aus „Echolot“. Davor fährt er zur Mauer an der Leipziger Straße. „ich stand eine Weile allein auf dem Aussichtsturm und kämpfte mit Dankbarkeitstränen. Ich empfand den Ort wie die Stelle, an denen siamesische Zwillinge zusammenhängen. Die chaotische Unordnung der Mauer auf unserer Seite, mit Bemalungen, Unkraut und verworfenem Pflaster, steht im Gegensatz zum geharkten Schussfeld drüben. Eine Türkenfrau, die Brennesselblätter sammelte. Eine zugemauerte Kirche.“ Wie gründlich diese Bilder vergessen sind.
Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Althaus , der den Weg frei gemacht hat für erfolgreiche schwarz-rote Koalitionsverhandlungen, droht Thüringen Ungemach von CDU-Fraktionschef Mohring. Der angebliche „Althausvertraute“, der sich während Althaus’ Krankheit bei Journalisten schon als dessen Nachfolger ins Gespräch gebracht hatte, sieht nun für sich neben Christine Lieberknecht und Birgit Diezel keine wirkliche Chance auf den begehrten Posten. Deshalb ließ er verbreiten, die CDU würde keine Regierungsbildung „um jeden Preis“ anstreben. Er will die Partei lieber in die Opposition drängen, wo er für sich bessere Möglichkeiten sieht, zur Nummer eins zu werden. Die CDU wird hoffentlich klug genug sein, einem Politiker, der so offensichtlich die eigenen Begehrlichkeiten über das Wohl des Landes stellt, nicht an die Spitze zu befördern.