Das SED-Politbüro tagt. Es herrscht große Ratlosigkeit, ja Entsetzen. Das Volk läuft einfach weg. Der Wirtschaftschef Günther Mittag Bekennt: „Ich möchte auch manchmal den Fernseher zerschlagen“. Das wäre die humane Variante des mittelalterlichen Brauchs, den Überbringer einer schlechten Botschaft zu köpfen.
Im „Neuen Deutschland“ weiterhin kein Wort zur Flüchtlingskrise. Es titelt: „Im Wettbewerb zum XII. Parteitag der SED- Forschen Für Höchsterträge zur Stärkung der Republik“
Walter Kempowski beschließt anlässlich der 50. Wiederkehr des Kriegsanfangs „diese Zeit noch einmal auferstehen zu lassen, indem ich das Geraune von damals im „Echolot“ zu bewahren suche.“
Morgen wird gewählt und alles wartet gespannt auf das Ergebnis. Zwanzig Jahre nachdem ihr komplettes Versagen so deutlich wurde, dass es nicht mehr zu übersehen war, darf sich die SED, die heute nur anders heißt, Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung in einem alten Bundesland machen, wenn es auch nur das kleine Saarland ist, das nicht mehr Einwohner hat als mancher Kreis in NRW. Zwar wird die SPD hier stärker als ihre linke Konkurrentin , obwohl die Linke mit Oskar Lafontaine angetreten ist, der dieses Resultat als persönliche Blamage empfinden muss. In Thüringen wird die Linke deutlich vor der SPD liegen, die unter 20% zu bleiben scheint. Entscheidend wird sein, dass die Grünen den Einzug in den Landtag schaffen, dem sie seit 1994 nicht mehr angehören.
Für die CDU sieht es nicht gut aus. Wenn die FDP stark genug wird, um über die 5%-Hürde zu kommen, wird sie selber fast um diese Stimmenzahl schlechter abschneiden.
Über einen Trend liest man noch nichts: wie viele Menschen gar nicht mehr zur Wahl gehen werden. Aber genau das wird der entscheidende Hinweis auf die Stimmung im Lande sein.