Zitiert aus dem Handelsblatt.
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http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/schwerindustrie-oel-und-gasbonanza-in-den-usa-lockt-investoren-seite-all/7014890-all.html
Die neu entdeckten Öl- und Schiefergasvorkommen bescheren den USA günstige Energiequellen. Das lockt Unternehmen. Wirtschaftlich längst abgehängte Landstriche und Branche erfahren eine neue Blüte.
Am Ostufer des Mississippi, etwa eine Autostunde nördlich von New Orleans, erlebt die US- Schwerindustrie zwischen Zuckerrohrfeldern und Amberbäumen eine Renaissance. Triebfeder der bereits verloren geglaubten Dynamik sind die Ölvorkommen in North Dakota und die Schiefergasproduktion in Pennsylvania.
Beides treibt Investitionen in bereits im globalen Wettbewerb abgeschriebene Branchen. Der US-Stahlkonzern Nucor zieht dort gerade eine neue Eisenhütte hoch und investiert 750 Millionen Dollar (608 Millionen Euro). Auch andere Gesellschaften, darunter Westlake Chemical aus Houston, Potash of Saskatchewan und Methanex, beide aus Kanada, haben Projekte in Planung. Ormet aus Hannibal im US-Bundesstaat Ohio hat im vergangenen Jahr ein Aluminiumwerk reaktiviert und damit 250 Stellen geschaffen.
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Die Erdgasförderung in den USA steuert im laufenden Jahr auf ein Rekordhoch zu. Die Ölförderung erreichte im Juli den höchsten Stand seit 1999. In einem im März veröffentlichten Bericht schrieben Analysten der Citigroup, die „Reindustrialisierung“ der Vereinigten Staaten könnte bis 2020 bis zu 3,6 Millionen neue Stellen und einen BIP-Zuwachs von bis zu drei Prozent schaffen.
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Die Aussicht auf kostengünstige Energieträger dürfte ganzen Wirtschaftszweigen Wettbewerbsvorteile bescheren, darunter Stahl- und Aluminiumherstellern, Automobilbauern und Chemie- und Düngemittelkonzernen *).
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„Die Auswirkungen auf den globalen Öl- und Gasmarkt sind wirklich spürbar und dramatisch unterschätzt“, sagt Ed Morse, Leiter Rohstoffresearch und Koordinator des Teams, das den Bericht der Citigroup herausgab. Mit der wirtschaftlichen Aktivität, ausgelöst durch mehr Energieproduktion, gingen steigende Einkommen, mehr Konsum und mehr Wohlstand einher, sagte Morse.
Der Produktionsanstieg, gepaart mit steigenden Lagervorräten, hat dazu beigeträgen, dass Energie in den USA günstiger ist als in anderen Staaten. Am Terminmarkt sind Kontrakte für Öl in den USA um 20 Dollar günstiger als Öl der Sorte Brent, das in London gehandelt wird. Die Preise für Erdgas sanken in den USA im April auf den tiefsten Stand seit einem Jahrzehnt. In Großbritannien ist Erdgas etwa drei Mal so teuer, in Japan kostet es bis zum Fünffachen.
Mittlerweile sind sogar Investoren aus dem Ausland aufmerksam geworden. Der Mischkonzern Orascom Construction Industries aus Kairo investiert 250 Millionen Dollar in eine Ammonium- und Methanolanlage in Beaumont, Texas. Eine andere Orascom-Tochtergesellschaft wird möglicherweise eine Düngemittelfabrik im US-Bundesstaat Iowa errichten.
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„Angesichts des Booms beim Schiefergas, werden die Gaspreise in den USA wohl deutlich wettbewerbsfähiger als im Nahen Osten, weil es hier kein politisches Risiko gibt.“
*) Die Herstellung von Stickstoffdünger, die Ammoniaksynthese nach Haber-Bosch, ist sehr energieintensiv: Der gesamte Energiebedarf für die Düngung mit 1 Tonne Stickstoff einschließlich Herstellung, Transport und Ausbringung entspricht dem Energiegehalt von etwa 2 Tonnen Erdöl.