Dirk Maxeiner / 19.11.2023 / 06:15 / Foto: Pixabay / 50 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Es lebe die unsichtbare kognitive Arbeit!

Warum sind die Gewerkschaften noch nicht drauf gekommen? Wir befinden uns im Land der „unsichtbaren kognitiven Arbeit", wissenschaftlich auch „Mental Load" genannt. Ich bin erstens ein Spezialist für unsichtbare Arbeit und zweitens dafür, hier umgehend den Mindestlohn einzuführen. 

Eine Spritztour durch die wundersame Welt der deutschen Professuren und Vorlesungsverzeichnisse ist mindestens so exotisch wie der Besuch des örtlichen botanischen Gartens mit seinen geheimnisvollen Gewächsen. An der Universität Potsdam gedeiht beispielsweise Lena Hipp, Professorin für Soziale Ungleichheit und Sozialpolitik, laut ihrem Arbeitgeber eine „Forschende“, die sich nach einer Uni-Mitteilung von letzter Woche mit dem Thema „Mental Load und Gleichstellung“ befasst und die „Verteilung von unsichtbarer, kognitiver Arbeit“ untersucht. Das Thema hat mich sofort fasziniert, unsichtbare Arbeit ist nämlich eine Spezialität von mir. 

Der Begriff kognitiv meint grob gesagt Funktionen des Menschen, die mit Wahrnehmung, Lernen, Erinnern, Denken und Wissen in Zusammenhang stehen. Also alles Dinge, die man im Liegen erledigen kann. Bittet mich mein Haushaltsvorstand, das Laub vor der Tür zusammenzukehren, kann ich deshalb seelenruhig weiter auf dem Sofa abhängen und ein Schild hochhalten: „Bitte nicht stören, unsichtbare kognitive Arbeit, Vorsicht hohe mental Load“.

Da ich ein prototypischer Vertreter dieser in sämtlichen botanischen Gärten vorkommenden Spezies bin, hat sich Frau Hipp meiner sozusagen persönlich angenommen, denn ihre Fragestellung lautet: „Wer übernimmt wie viel der unbezahlten und unsichtbaren mentalen Arbeit, die bei der Organisation des partnerschaftlichen Zusammenlebens und dem Leben mit Kindern anfällt?“ Die Wahrheitsfindung ist naturgemäß ein bisschen schwierig, weil diese Arbeit ja so unsichtbar ist wie der Schlossgeist von Schnepfenthal und die Forschende den persönlichen Aussagen der Probanden vertrauen muss. Das Ergebnis lautet jedenfalls, dass die „Aufgaben überwiegend von den Frauen erledigt werden“. 

Im Land der Knalltüten dem Ende geweiht

Und daran gibt’s laut Frau Hipp auch nix zu deuteln: „Von 21 abgefragten Dingen, an die man im Alltag denken muss, werden nur drei überwiegend von Männern geleistet: Finanzen, Reparaturen und der Kontakt mit Handwerkern“. Oh, oh, oh. Finanzen, Reparaturen und Kontakt mit Handwerkern scheinen mir ein wenig existenziell zu sein, besonders ohne die Letzteren ist Mann und Frau im Land der Knalltüten dem Ende geweiht. Wenn das Konto nicht mehr funktioniert, die Heizung streikt und das Klo verstopft ist, kommt der Mensch halt sehr ins Grübeln. Ich weiß jetzt nicht, was die anderen 18 Dinge sind, an die man angestrengt denken muss, aber das Urteil „nur“ finde ich ein bisschen ungerecht. Die Ergebnisse der Studie sind aber dennoch hilfreich, zumal die Befragung von 4.211 Personen zwischen 23 und 65 Jahren durch ein bekanntes und 25 Jahre altes tiefenpsychologisches Standardwerk gestützt wird: „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“.

Bei der vorliegenden Untersuchung aus Potsdam handelt es sich übrigens um eine sogenannte Vermächtnisstudie, es geht dabei nämlich auch um die Frage, welche persönlichen Lebenserfahrungen, Handlungsweisen und Einstellungen Menschen in Deutschland an nachfolgende Generationen weiterreichen möchten. Dazu von mir nur ein Kurzkommentar, mit einer schlechten Nachricht für Frau Hipp: hat geklappt.

Sehr gut gefallen hat mir auch folgende Reihung von Gedanken der Forschenden, die nicht unter unsichtbare Arbeit fallen, da sie vollkommen sichtbar Schwachsinn sind: Frauen, die zwölf Monate Elternzeit genommen haben, würden mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Vorstellungsgespräch eingeladen als Frauen, die nur zwei Monate in Mutterschutz waren, heißt es. „Hier werden vorherrschende Rollenbilder und normative Erwartungen deutlich: Frauen, die lange Elternzeit nehmen, sind die besseren Mütter und darum auch die Mitarbeiterinnen und Kolleginnen, die man lieber einstellt“, so Lena Hipp.  

Nun nehmen wir mal das umgekehrte Ergebnis an: „Frauen, die zwölf Monate Elternzeit genommen haben, würden mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen als Frauen, die nur zwei Monate in Mutterschutz waren.“ Die Antwort würde dann lauten: „Hier werden vorherrschende Rollenbilder und normative Erwartungen deutlich: Frauen, die lange Elternzeit nehmen, sind die besseren Mütter und darum auch die Mitarbeiterinnen und Kolleginnen, die man lieber nicht einstellt“. Die zweite Aussage ist mindestens genauso schlüssig wie die erste. Ist aber auch egal: Es ist in jedem Fall wissenschaftlich bewiesen, dass „vorherrschende Rollenbilder und normative Erwartungen“ deutlich und „Hürden der Gleichstellung" aufgedeckt werden. Der Erkenntnisgewinn liegt somit beim Pegelstand Normalnull, ein zuverlässiger Indikator für neue deutsche Wissenschaft.

Da rumort es im Dachstübchen

Kommen wir nun zu den geschlechterübergreifenden Aspekten der unsichtbaren kognitiven Arbeit: „Ein zu hoher Mental Load kann auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen führen… Ebenso können sich Blutdruck und Herzfrequenz erhöhen, wenn man unter anhaltender emotionaler Überlastung steht“. Das kann inzwischen so ziemlich jeder Bundesbürger bestätigen, besonders was die „unbezahlte und unsichtbare mentale Arbeit, die bei der Organisation des Lebens mit Kindern anfällt“ betrifft – also der Ampelkoalition. Da rumort es im Dachstübchen mental wie im Maschinenraum eines Ozeandampfers, bei Männlein und Fraulein und allem dazwischen. Die vom herrschenden Kindergarten verursachte Mental Load in diesem Land übertrifft mühelos die Steuerlast – und bei der sind wir schon Weltspitze.

Wobei auch unsere Regierenden von mentalen Sonderschichten geplagt werden, denken wir doch nur an Bundeskanzler Scholz, der ständig darüber nachdenken muss, was er nun vergessen hat und was nicht. Zum Glück wird der Bundeskanzler pauschal bezahlt und kann die Überstunden nicht aufschreiben. Wobei im Falle der Cum-Ex-Affäre die unsichtbare Arbeit ganz neue Dimensionen angenommen hat. So sind zwei Laptops „vorübergend" verschwunden, die 700.000 E-Mails und besorgniserregendes Beweismaterial im Cum-Ex-Skandal enthalten sollen. Den kognitiven Schwertransport bei der Organisation des partnerschaftlichen Abhandenkommens der Olaf Scholz-Festplatten soll übrigens der durch die SPD berufene Chefermittler, Steffen Jänicke, übernommen haben, echt jetzt. Und er wälzte in seinem Köpfchen, so tippe ich mal, rollentypisch seine Kontakte mit russischen Handwerkern, die das Ding einer Grundreinigung unterzogen. 

 

Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

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K.Schönfeld / 19.11.2023

Man könnte ja mit unsichtbarem Geld bezahlen.

K.Schönfeld / 19.11.2023

Fehlt nur noch der Lehrstuhl für dumm gelaufen, silly walks. Die Realität überholt Monty Python. Wenn jemand aus unseren Universitäten schlauer rauskommt, als er rein ist, kann es sich nur um den Pförtner handeln, oder um eine Reinigungskraft.

Gerhard Schweickhardt / 19.11.2023

Waren das sogar zwei “Laptops from Hell”? Da hatte wohl die russischen Reinigung ganze Arbeit geleistet? Bravo!

Ralf Ehrhardt / 19.11.2023

...auch meine Arbeit ist so geheim (!), ...manchmal weiß ich selbst nicht was ich mache !

Gerhard Schmidt / 19.11.2023

Wer an der Fern-Uiniversität Hagen studiert, darf bei Prof. Maik Wunder (der heisst wirklich so!) über den Rassismus der weißen Schokolade promovieren… Schauen Sie nach, es stimmt!

Sam Lowry / 19.11.2023

p.s.: Muss man eigentlich sterben, wenn das Leben zuende ist? Und was kommt danach?

Sam Lowry / 19.11.2023

Unter meiner “kognitiven Arbeit” verstehe ich Folgendes: 2 Autos müssen über den TÜV bzw. bei einem die vorhandenen Mängel beseitigt werden. Also denke ich erstmal so etwa 4 Wochen lang über das Problem nach. Dann wird das von mir als “notwenig” betrachtete Material und Werkzeug bei Amazon bestellt und sammelt sich hier mittlerweile in 2 Räumen und mehreren Kartons. Ich kann ja nicht anfangen, bevor ich nicht darüber nachgedacht habe, wo ich was, am besten im Warmen, machen kann. Das fällt flach, weil die Schrauberwerkstatt (mit Hebebühne) pleite gemacht hat, wei ich erst im Nachhinein sah. Also müssen noch 2 Auffahrrampen her. Die also auch noch bestellt. Aber es ist kalt draußen, und nass. Da muss ich natürlich überlegen, wie ich mich selbst dazu motivieren kann, endlich mal anzufangen. Die Idee mit dem Grill im Gartenhaus musste ich schnell wieder verwerfen, da lebensgefährliche Gase bis zum Ende des Gartengrill-Experiments das Öffnen der Türen und schnelles Kriechen an die frische Luft angesagt waren. Sorry, ich muss jetzt wieder “kognitiv arbeiten” statt weiter Müll ins Internet zu schmieren. Soll ich meinen “Nick” eigentlich wieder auf “Stanley Milgram” ändern? Mal drüber nachdenken…

Günter H. Probst / 19.11.2023

Würde die -in das, neben einer sinnvollen und nützlichen Arbeit, in ihrer Freizeit als Hobby machen, wäre das okay. Als hoch bezahlte Arbeit an einer Universität ist es nur ein Beispiel mehr, wie das Überhandnehmen von Sozial- und Geisteswissenschaften, als Jobbeschaffung für -innen, den eigentlichen Zweck von Universitäten zunehmend unterminiert, und das Geld für sinnvolle und nützliche Studiengänge mindert. Ich befürchte aber, daß viele Universitäten auf dem Weg zurück zu dem Ursprung theologischer Fakultäten tapfer voranschreiten.  In einer Zeit des wirtschaftlichen Abstiegs, und nach Aussage des Finanzministers knappen Geldes, sollten die Länder gründlich darüber nachdenken, ob sie weiter Hobbys an den Universitäten finanzieren wollen. Aber mit dem Kartell der demokratischen Parteien ist das nicht möglich, da diese sich im Opportunismus gegenüber der selbstgeschaffenen erkenntnisfernen Blase gefangen haben.

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