Roger Letsch / 14.08.2016 / 18:00 / Foto: Ecureuil / 10 / Seite ausdrucken

Der Lackmustest: Welche Religionen überleben Atheisten?

Lieber Abdel-Hakim Ourghi, Sie wissen, dass ich Sie und Ihre Arbeit sehr schätze. Ihren Beitrag auf Facebook neulich fand ich jedoch etwas zwiespältig. Sie schrieben: „Ich glaube nicht, dass die Atheisten nerven. Sie brauchen die Religionen als Thema, damit ihre von der Realität entfernte Ideologie überlebt. Mit dem Gegenstand Gott sind sie religiöser als die Anhänger der Religionen. Übrigens, von den Atheisten kann man einiges über seine eigene Religion lernen. Deshalb ist der Dialog mit ihnen unentbehrlich.“

Zunächst mal muss ich sie in einem Punkt wirklich korrigieren. Atheisten nerven sehr wohl, und wie! Ich muss es wissen, gehe ich doch so einigen meiner gläubigen Mitmenschen gewaltig auf die Ketten. Zumindest dann, wenn es um Religion geht. Was dieses Thema angeht, ist der Atheist nämlich eher der „Wir-müssen-reden-Typ“, während der Gläubige eher der „Es-ist-alles-gesagt-Typ“ ist.

Was aber die „von der Realität entfernte Ideologie“ angeht, müssen Sie mich verwechseln. Ich gebe zu, da gab es Ideologien. In Kommunismus oder Faschismus war für Gott kein Platz, aber dieser für Gläubige Menschen bitteren Realität verschlossen diese sich oft und marschierten unter den Bannern Stalins und Hiltlers Seite an Seite mit den Ungläubigen. Man könnte sagen, dass die Realität weder Religionen noch Ideologien beeinflusst. Die Realität ist nur beiden immer wieder im Weg. Atheismus ist keine Ideologie und hat keine Ideologie. Atheismus ist vielmehr purer, selbstgenügsamer Realismus. Präsens, nicht Futur II. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott – nur ohne den Teil nach dem Komma.

Das Gebot "Du sollst nicht töten" gilt auch für Atheisten

Sie schreiben, dass man von Atheisten viel über die eigene Religion lernen kann. Das stimmt! So werden Sie feststellen, dass viele Aspekte der Religion für die meisten Atheisten genauso universell Gültigkeit haben, wie für gläubige Menschen. Mir zumindest ist kein Atheist bekannt, der dem Gebot „Du sollst nicht töten“ aufgrund seiner Ungläubigkeit prinzipiell ablehnend gegenübersteht. Andererseits hat noch kaum einen Christen das Gebot gegen den Ehebruch von irgendetwas abgehalten. Im Großen und Ganzen sind aber beispielsweise die zehn Gebote inhaltlich Konsens, ganz gleich, welcher Religion man angehört, oder eben auch nicht. Das sagt wenig aus über den Gott, dem jemand folgt. Es sagt aber viel aus über die Qualität des Kodex, der ihm zugeschrieben wird.

In jeder Religion steckt auch kulturelle Leistung und menschliche Anstrengung. Und die können Atheisten oft so stark verehren, dass es für Gläubige wie die Auseinandersetzung mit dem „Gegenstand Gott“ aussieht. Ich bezeichne mich zum Beispiel gern als „Kulturchrist“, was mein Verhältnis zu den Früchten dieser Religion gut zusammenfasst. Habe ich erwähnt, dass meine Lieblingsstadt ausgerechnet Rom und mein Lieblingsort dort ausgerechnet eine besondere Kirche ist? Man muss sich auch nicht wundern, dass Atheisten so viel über Gott sprechen – Ärzte sprechen ja auch unentwegt über Krankheiten. Aber zum Glück sind ja nicht alle Atheisten solche „Ärzte“, das wäre ja unerträglich!

Dabei gab es Atheisten immer schon. Es muss sie auch geben, weil es ohne Unglaube auch keinen Glauben geben kann. Kein Ja ohne Nein, kein Licht ohne Schatten. Wer Glauben findet, kann ihn auch wieder verlieren. Damit ist es wie mit dem „bis der Tod euch scheidet“ – ein Ideal. Im Zweifel blieben früher der Atheist und sein abgelegter Glaube ebenso zusammen, wie das zerstrittene Ehepaar, denn der Kodex sah eine Trennung nicht vor. Im Islam ist das heute noch so üblich.

Lackmustest für Religionen: ihr Umgang mit Atheisten

Religion sollte eigentlich das Verhältnis eines Menschen zu Gott (Singular oder Plural) definieren – in Wirklichkeit definiert es aber in vielen Religionen ausschließlich das Verhältnis des Einzelnen zu der Gruppe, in der er lebt. Besonders in muslimischen Gesellschaften ist es deshalb vielen Menschen gar nicht möglich, sich zu ihrem Unglauben zu bekennen, weil sie das gesellschaftlich komplett isoliert und im schlimmsten Fall ihr Leben bedroht. In westlichen Gesellschaften ist das Gesetz die Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens, nicht ein religiöser Kanon. Das Gesetz mag religiös inspiriert sein, enthält aber prinzipiell Regeln, die nicht vom Glauben abhängig sind. Ich habe Rechte zuerst als Mensch, dann erst als Gläubiger. Das Gesetz schützt den Glauben, verlangt aber nicht nach ihm.

Wieviele der täglich fünfmal betenden Muslime, mögen wohl in Wirklichkeit Atheisten sein? Wieviele von ihnen haben in Wirklichkeit ihren Glauben verloren, können und wollen aber nicht aus der Gemeinschaft austreten, die sie täglich umgibt? Wieviele Menschen müssten um ihr Leben fürchten und behalten ihren Unglauben deshalb für sich? Aber da nicht Gott sie fragt, sondern die sie umgebenden Menschen, ist es leichter zu sagen „ich glaube“. Selbst dann, wenn es eigentlich nicht wahr ist.

Im Gegensatz zu einigen Religionen hat der Atheismus aber keine Agenda, keine Mission. Sein Ziel ist es nicht, der Welt den Glauben auszutreiben. Aber er ist ein gutes Mittel, um den Glauben ehrlich zu machen. Wenn es in einer Gesellschaft nämlich möglich und ungefährlich ist, nicht zu glauben, gewinnt der Glaube für den Einzelnen an Wert. Man muss nicht sagen „ich glaube“ – tut man es dennoch, glaubt man wohl wirklich.

Atheismus befreit die Gläubigen von Zwang, Falschheit und Lüge

Indem die Gesellschaft den Atheismus akzeptiert, befreit sie die Gläubigen von Zwang, Falschheit und Lüge. Deshalb hat Abdel-Hakim Ourghi recht, wenn er sagt, man könne im Dialog mit Atheisten viel über die eigene Religion erfahren. Der Dialog mit Atheisten ist vielleicht sogar wichtiger als der mit Andersgläubigen, von denen man im Zweifelsfall einfach behaupten kann, sie würden Gott beim falschen Namen nennen. Toleranz zeigt sich erst, wenn man auch die totale Ablehnung des Glaubens ertragen kann oder akzeptiert, dass Menschen dem Glauben den Rücken kehren. Sie mögen dann keine Gläubigen mehr sein, Menschen sind sie jedoch immer noch. Menschen mit unveräußerlichen Rechten, die man in Deutschland im Grundgesetz nachlesen kann.

Viele Christen, die aus ihrer Kirche ausgetreten sind, oder Muslime, die sich nicht mehr um Ramadan oder Pflichtgebete kümmern oder Juden, die den Sabbat eher großzügig auslegen, würden sich nicht als Atheisten bezeichnen. Sie hätten sich säkularisiert, emanzipiert, würden „die Sache“ einfach lockerer angehen. Wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, stellt man fest, dass sie sich große Teile ihrer Spiritualität bewahrt haben. Nur die wenigsten würden sich als ungläubig bezeichnen. Was sie dagegen ablehnen, ist die Institutionalisierung des Glaubens durch den Menschen. Ich messe den Grad an Freiheit in einer Gesellschaft auch daran, wie durchlässig sie für die verschiedenen Spielarten des Glaubens ist. Wenn man zum Glauben kommen kann, gibt es auch den Weg heraus, wer zum Islam konvertieren kann, muss auch zum Christentum konvertieren dürfen oder dem radikalen Vegetarismus frönen.

In einem Gespräch mit einem Muslim, dem ich versuchte die Gedankenwelt eines Atheisten zu erklären, fiel der Satz „Aber man muss doch an Gott glauben“. Meine Nachfrage, ob es ihm genügen würde, wenn ich ihm dies bestätigen würde, bejahte er. Es sei aber nur ein Satz, erwiderte ich. Ich könnte lügen. Was bringt es dir also, wenn ich sage, dass ich an Gott glaube? Verschafft mir eine Lüge deine Achtung, während du mich für die Wahrheit verachtest? Was sagt mir das über Dich?

Von diesem Muslim habe ich nie eine Antwort erhalten. Wie sehen Sie das, Herr Abdel-Hakim Ourghi? Was lernten Sie vom Atheismus?

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt hier

Foto: Ecureuil CC BY 3.0 via Wikimedia

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Leserpost

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Arthur Dent / 15.08.2016

@Hartmann Ulrich Nicht Gesetze allein regeln das Zusammenleben, sondern soziale Normen. Diese haben sich meist aus dem Selbsterhaltungstrieb entwickelt und sind, wenn man sich tiefer mit der Materie befasst hat, meist sehr egoistisch. Man hilft anderen, weil man zum einen erhofft auch selbst Hilfe zu empfangen und zum anderen Ansehen in der sozialen Gemeinschaft gewinnt. Man tötet oder stiehlt nicht, weil man die Repressionen der sozialen Gemeinschaft fürchtet. ... Das alles hat mit Religion ziemlich wenig zu tun.

Arthur Dent / 15.08.2016

@Monika Medel Der “Atheismus” hat keine Massenverbrechen begangen, sondern es waren Menschen oder Ideologien, z.B. der Kommunismus. Wieso sollte ich als Atheist mich für etwas entschuldigen oder etwas aufarbeiten, mit dem ich beileibe nicht das geringste zu tun habe? Wenn man es näher betrachtet ist nämlich auch der Kommunismus eine Art Religion. Auch hier glauben die Anhänger, dass sie die Erleuchteten sind und die einzige Wahrheit kennen. Aber vielleicht sollten Sie sich einmal fragen ob Religion oder andere Ideologien nicht in den meisten Fällen Werkzeuge der Macht waren und sind. Man bildet eine Gemeinschaft, definiert Andersdenkende oder Andersgläubige als “Feinde”, gibt ein höheres Ziel vor, erklärt dabei die eigenen Opfer, um dieses Ziel zu erreichen als Märtyrer, nimmt dem Einzelnen Verantwortung ab (man ist nicht selbst schuld, an dem was schief läuft), ...

Hermann Neuburg / 15.08.2016

Religion war ursprünglich schlicht eine Win-Win-Situation für den/die Götter und den/die Menschen: Erklär du mir die Welt, Gott, hilf mir im Alltag und insbesondere, wenn ich in die Schlacht ziehe, erkläre mir, Gott, was nach dem Tod kommt - dafür bete ich dich an, baue dir Tempel und halte ich mich an “deine” (vermeintlichen) Regeln. Der Bischof von Rom hat das Ur-Christentum, das den Bergriff “Kirche” nicht kannte, welches hierarchische Strukturen und weltliche Macht ablehnte (Jesus’ Zwei-Reiche-Lehre) korrumpiert, zusammen mit den vielen Brutalitäten im Namen des Christentums. Im Kern hat das Christentum aber die Sehnsucht nach Frieden und Liebe bewahrt und göttlich überhöht - genauso wie das Judentum (Jesus war Jude!). Für mich sind einer der wunderbarsten Geschenke für die Ewigkeit von Menschen voller Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit die Gospels der Schwarzen, der Sklaven der US-amerikanischen Südstaaten. Früher hatte man Jesus, heute geht man zum Therapeuten. Sie, Herr Letsch, berühren aber einen interessanten Aspekt bei der “Religion” Islam: Der Gott der Muslime, Allah, ist unendlich weit weg von den Menschen, ja, er verlangt unbedingtes Gehorchen, keine zärtliche Beziehung Mensch-Gott. Allah hat den Menschen keine Wunder gebracht - das hatte dieser Ideologe nicht nötig, seine sklavischen Anhänger sorgten notfalls mit Gewalt dafür, dass alle anderen auch spurten. Insofern sind, nach Thomas Spahn, die gläubigen Muslime, im engen Sinne keine Gläubigen, sondern Ideologen (Wissende) - sie bezeugen durch ihre Existenz, dass Allah existiert, daran gibt es keinen Zweifel. Das Gefährliche am Islam ist, dass Allah kein Erbarmen kennt mit Apostaten und seine Anhänger im Grunde animiert, die Apostaten zu töten und die Ungläubigen zur Umkehr zum Islam zu zwingen (jeder Mensch wird eigentlich als Muslim geboren), notfalls auch mit Gewalt. Die Scharia wertet Allah in einem Menschen höher, als den Menschen selbst - wenn ein Muslim “austritt”, bekennender Atheist oder noch schlimmer, z.bB. Christ wird, wird dieses höher bestraft, als wenn ein Muslim einen anderen Muslim, also einen Menschen, tötet. Das einzige wahrhaftige Leben, das jeder Mensch hat, das ist das im Hier und Jetzt auf der Erde, in der Realität. Und gerade dieses wird im Islam im Besonderen nur als Vorstufe betrachtet zum ewigen Leben, was vielleicht für Allah toll ist, aber nicht für den Menschen. Sure 9, 111 ist die grauenvollste, die einen sofort zu einem Atheisten machen sollte: “Siehe Allah hat von den Gläubigen ihr Leben und ihr Gut für das Paradies erkauft. Sie sollen kämpfen in Allahs Weg und töten und getötet werden … Freut euch daher des Geschäfts, das ihr abgeschlossen habt; und das ist eine große Glückseligkeit.” “Glückseligkeit” finden im Töten und Getötet-Werden? Das Leben auf der Erde in diesen Dienst stellen? - grauenvoll!

Rolf Dudeck / 15.08.2016

“Im Gegensatz zu einigen Religionen hat der Atheismus aber keine Agenda, keine Mission. Sein Ziel ist es nicht, der Welt den Glauben auszutreiben.” Entschuldigung, aber das ist nach meiner Erfahrung schlichtweg falsch! Ganz im Gegenteil: Je überzeugter ein Atheist vom Atheismus ist, um so intoleranter ist er gegenüber religiösen Menschen und um so mehr versucht er, die Welt zum Atheismus zu zwingen! Das fängt damit an, daß er seinen Unglauben mit Aufklärung verwechselt, und geht bis dahin, daß er am liebsten alle religiösen Symbole aus der Öffentlichkeit verbannen möchte. Ihre romantische Verklärung des Atheisten, Herr Letsch, kann ich nicht teilen!

Stefan Schmidt / 15.08.2016

Es gibt zwei Gründe, warum Atheisten über Götter reden: 1. Sie wollen sich nicht mehr von religiösen Menschen dominieren lassen und nehmen deren Privilegien nicht mehr hin. 2. Sollen Kinder nicht mehr mit solchen Ideen indoktriniert werden, sondern dieses “Konzept” erst erfahren, wenn sie alt genug sind, entscheiden zu können. Und natürlich brauchen Atheisten Religion nicht als Thema. Nichts hätte ich lieber, als wenn niemand mehr über “Gott” reden würde. Die 10 Gebote sind NICHT d’accord. Die 10 Gebote sind überflüssig und albern (Gottesverehrung), unsinnig (“du sollst nicht begehren”, wie soll man bitte seine Gefühle steuern?) und verlogen (“du sollst nicht töten” aber wenn dein Gott es befiehlt, dann sollst du sogar töten). Gerade die 10 Gebote hatten keinerlei moralischen Anspruch, sondern sind schlicht ein Satz primitiver Regeln, damit die Dorfbewohner sich möglichst nicht gegenseitig die Köpfe einschlugen. Und natürlich den Priestern gehorchen. @Monika Medel: “So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn” Adolf Hitler, Mein Kampf. Die Nazis waren fast allesamt Christen. Hitler war Christ. In der SS durfte man als Atheismus nicht Mitglied werden. Reiner Christenverein. Und selbst die Sozialisten haben nicht im Namen des Atheismus gewütet. Wenn man so formuliert, wie Sie, nämlich nicht kausal, aber Kausalität vortäuschend, könnte ich zum Beispiel darauf hinweisen, dass der 1. Weltkrieg von dediziert christlichen Regimen geführt wurde und so andeuten, dass das Christentum am 1. Weltkrieg schuld war. Was natürlich nicht stimmt. Und genau so stimmt es nicht, dass die Sozialisten ihre Taten wegen des Atheismus verübt haben. Bitte unterlassen Sie doch Ihre haltlosen Unterstellungen! Das ist Geschichtsklitterung. Im Namen des Atheismus wurde noch nie jemand umgebracht. Im Namen von Göttern aber schon unzählige.

Willi Halm / 14.08.2016

Verehrter Herr Letsch, ich teile Ihre Selbstgewissheit nicht. 1) Ihr Atheismus sei purer Realismus. Was meinen Sie damit? Verstehen Sie sich als Naturalisten, für den die Naturwissenschaften alles Wesentliche aussagen? - Ein eher schwacher Standpunkt. 2) Ihre dialektische Bestimmung von Glaube und Unglaube ist richtig. Richtig ist auch, dass vieles, was Menschen geglaubt haben, heute unglaubwürdig ist. Jedoch im Hinblick auf den Wesenskern vieler Religionen, den Bezug des Menschen zum Transzendenten ist der Atheismus, der dieses ja ablehnt, eben auch nur ein Glaube. 3) Die ethische Problematik, die Sie kurz mit dem Hinweis streifen, das Gebot „Du sollst nicht töten“ habe auch für Atheisten Gültigkeit, da Gesetz. Für den Gläubigen ist diese Gebot mit einer unverfügbaren göttlichen Autorität verknüpft, für den Atheisten hängt es von dem ab, der die Gesetze macht, also letztlich von der Macht. Sie können sich die Konsequenzen verdeutlichen, wenn Sie sich vorstellen, Hitler und seinen Vollstrecker hätten gesiegt. In vielem anderen haben Sie Recht, so z.B. in der Bedeutung des Atheismus für die Religionskritik. Im Übrigen wäre die Bezeichnung „Aknostiker“ eine durchdachtere als die hinter dem „Wir müssen reden“ lauernde Kampfbezeichnung „Atheist“. Ich grüße Sie

Hartmann Ulrich / 14.08.2016

Der Artikel enthält viele sehr gute Gedanken. Dieser Aussage aber würde ich widersprechen: “In westlichen Gesellschaften ist das Gesetz die Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens, nicht ein religiöser Kanon.” Das wäre schlimm. Zu Gesetzen gehört nämlich der Zwang, und Gesetze können nicht allem und allen gerecht werden. Man stelle sich eine Gesellschaft vor, wo Eltern sich nur um ihre Künder kümmern, weil das Gesetz es befiehlt, Menschen freundlich zueinander sind, nur weil das Gesetz es befiehlt, sich nur dann für etwas engagieren, weil das Gesetz es befiehlt… Gesetze enthalten Regeln und Verbote, soweit sie erforderlich sind (und es ist besser, wenn es ohne geht), aber sie können nicht die Grundlage des Zusammenlebens sein. Deshalb können die Zehn Gebote oder die Goldene Regel nicht die staatlichen Gesetze ersetzen, aber die Gesetze auch nicht die Zehn Gebote (die der Christ nicht aus Angst vor Strafe befolgen soll, sondern aus innerer Überzeugung).

Monika Medel / 14.08.2016

Na, ich habe schon ganz schön aggressive Atheisten erlebt. Da werden auch KLischees aus der Mottenkiste des 19. Jahrhinderts liebevoll gepflegt wie auch ein aus gutem Grund überholter Wissenschaftsbegriff aus demselben vorvorigen Jahrhundert. Der Atheismus hat in seiner relativ kurzen Geschichte eine beachtliche Gewaltgeschichte aufs Parkett gelegt, die von Atheisten verdrängt, geschweige denn aufgearbeitet worden ist. Die Massenverbrechen des 20. Jahrhunderts gehen ganz überwiegend auf das Konto dezidiert atheistischer Regime.

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