@Hartmann Ulrich Nicht Gesetze allein regeln das Zusammenleben, sondern soziale Normen. Diese haben sich meist aus dem Selbsterhaltungstrieb entwickelt und sind, wenn man sich tiefer mit der Materie befasst hat, meist sehr egoistisch. Man hilft anderen, weil man zum einen erhofft auch selbst Hilfe zu empfangen und zum anderen Ansehen in der sozialen Gemeinschaft gewinnt. Man tötet oder stiehlt nicht, weil man die Repressionen der sozialen Gemeinschaft fürchtet. ... Das alles hat mit Religion ziemlich wenig zu tun.
@Monika Medel Der “Atheismus” hat keine Massenverbrechen begangen, sondern es waren Menschen oder Ideologien, z.B. der Kommunismus. Wieso sollte ich als Atheist mich für etwas entschuldigen oder etwas aufarbeiten, mit dem ich beileibe nicht das geringste zu tun habe? Wenn man es näher betrachtet ist nämlich auch der Kommunismus eine Art Religion. Auch hier glauben die Anhänger, dass sie die Erleuchteten sind und die einzige Wahrheit kennen. Aber vielleicht sollten Sie sich einmal fragen ob Religion oder andere Ideologien nicht in den meisten Fällen Werkzeuge der Macht waren und sind. Man bildet eine Gemeinschaft, definiert Andersdenkende oder Andersgläubige als “Feinde”, gibt ein höheres Ziel vor, erklärt dabei die eigenen Opfer, um dieses Ziel zu erreichen als Märtyrer, nimmt dem Einzelnen Verantwortung ab (man ist nicht selbst schuld, an dem was schief läuft), ...
Religion war ursprünglich schlicht eine Win-Win-Situation für den/die Götter und den/die Menschen: Erklär du mir die Welt, Gott, hilf mir im Alltag und insbesondere, wenn ich in die Schlacht ziehe, erkläre mir, Gott, was nach dem Tod kommt - dafür bete ich dich an, baue dir Tempel und halte ich mich an “deine” (vermeintlichen) Regeln. Der Bischof von Rom hat das Ur-Christentum, das den Bergriff “Kirche” nicht kannte, welches hierarchische Strukturen und weltliche Macht ablehnte (Jesus’ Zwei-Reiche-Lehre) korrumpiert, zusammen mit den vielen Brutalitäten im Namen des Christentums. Im Kern hat das Christentum aber die Sehnsucht nach Frieden und Liebe bewahrt und göttlich überhöht - genauso wie das Judentum (Jesus war Jude!). Für mich sind einer der wunderbarsten Geschenke für die Ewigkeit von Menschen voller Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit die Gospels der Schwarzen, der Sklaven der US-amerikanischen Südstaaten. Früher hatte man Jesus, heute geht man zum Therapeuten. Sie, Herr Letsch, berühren aber einen interessanten Aspekt bei der “Religion” Islam: Der Gott der Muslime, Allah, ist unendlich weit weg von den Menschen, ja, er verlangt unbedingtes Gehorchen, keine zärtliche Beziehung Mensch-Gott. Allah hat den Menschen keine Wunder gebracht - das hatte dieser Ideologe nicht nötig, seine sklavischen Anhänger sorgten notfalls mit Gewalt dafür, dass alle anderen auch spurten. Insofern sind, nach Thomas Spahn, die gläubigen Muslime, im engen Sinne keine Gläubigen, sondern Ideologen (Wissende) - sie bezeugen durch ihre Existenz, dass Allah existiert, daran gibt es keinen Zweifel. Das Gefährliche am Islam ist, dass Allah kein Erbarmen kennt mit Apostaten und seine Anhänger im Grunde animiert, die Apostaten zu töten und die Ungläubigen zur Umkehr zum Islam zu zwingen (jeder Mensch wird eigentlich als Muslim geboren), notfalls auch mit Gewalt. Die Scharia wertet Allah in einem Menschen höher, als den Menschen selbst - wenn ein Muslim “austritt”, bekennender Atheist oder noch schlimmer, z.bB. Christ wird, wird dieses höher bestraft, als wenn ein Muslim einen anderen Muslim, also einen Menschen, tötet. Das einzige wahrhaftige Leben, das jeder Mensch hat, das ist das im Hier und Jetzt auf der Erde, in der Realität. Und gerade dieses wird im Islam im Besonderen nur als Vorstufe betrachtet zum ewigen Leben, was vielleicht für Allah toll ist, aber nicht für den Menschen. Sure 9, 111 ist die grauenvollste, die einen sofort zu einem Atheisten machen sollte: “Siehe Allah hat von den Gläubigen ihr Leben und ihr Gut für das Paradies erkauft. Sie sollen kämpfen in Allahs Weg und töten und getötet werden … Freut euch daher des Geschäfts, das ihr abgeschlossen habt; und das ist eine große Glückseligkeit.” “Glückseligkeit” finden im Töten und Getötet-Werden? Das Leben auf der Erde in diesen Dienst stellen? - grauenvoll!
“Im Gegensatz zu einigen Religionen hat der Atheismus aber keine Agenda, keine Mission. Sein Ziel ist es nicht, der Welt den Glauben auszutreiben.” Entschuldigung, aber das ist nach meiner Erfahrung schlichtweg falsch! Ganz im Gegenteil: Je überzeugter ein Atheist vom Atheismus ist, um so intoleranter ist er gegenüber religiösen Menschen und um so mehr versucht er, die Welt zum Atheismus zu zwingen! Das fängt damit an, daß er seinen Unglauben mit Aufklärung verwechselt, und geht bis dahin, daß er am liebsten alle religiösen Symbole aus der Öffentlichkeit verbannen möchte. Ihre romantische Verklärung des Atheisten, Herr Letsch, kann ich nicht teilen!
Es gibt zwei Gründe, warum Atheisten über Götter reden: 1. Sie wollen sich nicht mehr von religiösen Menschen dominieren lassen und nehmen deren Privilegien nicht mehr hin. 2. Sollen Kinder nicht mehr mit solchen Ideen indoktriniert werden, sondern dieses “Konzept” erst erfahren, wenn sie alt genug sind, entscheiden zu können. Und natürlich brauchen Atheisten Religion nicht als Thema. Nichts hätte ich lieber, als wenn niemand mehr über “Gott” reden würde. Die 10 Gebote sind NICHT d’accord. Die 10 Gebote sind überflüssig und albern (Gottesverehrung), unsinnig (“du sollst nicht begehren”, wie soll man bitte seine Gefühle steuern?) und verlogen (“du sollst nicht töten” aber wenn dein Gott es befiehlt, dann sollst du sogar töten). Gerade die 10 Gebote hatten keinerlei moralischen Anspruch, sondern sind schlicht ein Satz primitiver Regeln, damit die Dorfbewohner sich möglichst nicht gegenseitig die Köpfe einschlugen. Und natürlich den Priestern gehorchen. @Monika Medel: “So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn” Adolf Hitler, Mein Kampf. Die Nazis waren fast allesamt Christen. Hitler war Christ. In der SS durfte man als Atheismus nicht Mitglied werden. Reiner Christenverein. Und selbst die Sozialisten haben nicht im Namen des Atheismus gewütet. Wenn man so formuliert, wie Sie, nämlich nicht kausal, aber Kausalität vortäuschend, könnte ich zum Beispiel darauf hinweisen, dass der 1. Weltkrieg von dediziert christlichen Regimen geführt wurde und so andeuten, dass das Christentum am 1. Weltkrieg schuld war. Was natürlich nicht stimmt. Und genau so stimmt es nicht, dass die Sozialisten ihre Taten wegen des Atheismus verübt haben. Bitte unterlassen Sie doch Ihre haltlosen Unterstellungen! Das ist Geschichtsklitterung. Im Namen des Atheismus wurde noch nie jemand umgebracht. Im Namen von Göttern aber schon unzählige.
Verehrter Herr Letsch, ich teile Ihre Selbstgewissheit nicht. 1) Ihr Atheismus sei purer Realismus. Was meinen Sie damit? Verstehen Sie sich als Naturalisten, für den die Naturwissenschaften alles Wesentliche aussagen? - Ein eher schwacher Standpunkt. 2) Ihre dialektische Bestimmung von Glaube und Unglaube ist richtig. Richtig ist auch, dass vieles, was Menschen geglaubt haben, heute unglaubwürdig ist. Jedoch im Hinblick auf den Wesenskern vieler Religionen, den Bezug des Menschen zum Transzendenten ist der Atheismus, der dieses ja ablehnt, eben auch nur ein Glaube. 3) Die ethische Problematik, die Sie kurz mit dem Hinweis streifen, das Gebot „Du sollst nicht töten“ habe auch für Atheisten Gültigkeit, da Gesetz. Für den Gläubigen ist diese Gebot mit einer unverfügbaren göttlichen Autorität verknüpft, für den Atheisten hängt es von dem ab, der die Gesetze macht, also letztlich von der Macht. Sie können sich die Konsequenzen verdeutlichen, wenn Sie sich vorstellen, Hitler und seinen Vollstrecker hätten gesiegt. In vielem anderen haben Sie Recht, so z.B. in der Bedeutung des Atheismus für die Religionskritik. Im Übrigen wäre die Bezeichnung „Aknostiker“ eine durchdachtere als die hinter dem „Wir müssen reden“ lauernde Kampfbezeichnung „Atheist“. Ich grüße Sie
Der Artikel enthält viele sehr gute Gedanken. Dieser Aussage aber würde ich widersprechen: “In westlichen Gesellschaften ist das Gesetz die Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens, nicht ein religiöser Kanon.” Das wäre schlimm. Zu Gesetzen gehört nämlich der Zwang, und Gesetze können nicht allem und allen gerecht werden. Man stelle sich eine Gesellschaft vor, wo Eltern sich nur um ihre Künder kümmern, weil das Gesetz es befiehlt, Menschen freundlich zueinander sind, nur weil das Gesetz es befiehlt, sich nur dann für etwas engagieren, weil das Gesetz es befiehlt… Gesetze enthalten Regeln und Verbote, soweit sie erforderlich sind (und es ist besser, wenn es ohne geht), aber sie können nicht die Grundlage des Zusammenlebens sein. Deshalb können die Zehn Gebote oder die Goldene Regel nicht die staatlichen Gesetze ersetzen, aber die Gesetze auch nicht die Zehn Gebote (die der Christ nicht aus Angst vor Strafe befolgen soll, sondern aus innerer Überzeugung).
Na, ich habe schon ganz schön aggressive Atheisten erlebt. Da werden auch KLischees aus der Mottenkiste des 19. Jahrhinderts liebevoll gepflegt wie auch ein aus gutem Grund überholter Wissenschaftsbegriff aus demselben vorvorigen Jahrhundert. Der Atheismus hat in seiner relativ kurzen Geschichte eine beachtliche Gewaltgeschichte aufs Parkett gelegt, die von Atheisten verdrängt, geschweige denn aufgearbeitet worden ist. Die Massenverbrechen des 20. Jahrhunderts gehen ganz überwiegend auf das Konto dezidiert atheistischer Regime.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.