Zwei späte Helden retten Amerikas Demokratie

Eigentlich war es nur eine Formalität. Der amerikanische Kongress hat Joe Biden und Kamala Harris als neuen Präsidenten und als neue Vizepräsidentin bestätigt. Aber kaum hatten die Senatoren und Abgeordneten mit ihren Bestätigungsformalitäten begonnen, da geschah etwas, was Washington (und die entsetzt zuschauende Welt) noch nicht erlebt hat, seit die Briten vor gut zweihundert Jahren das Weiße Haus niederbrannten. Ein versuchter Staatsstreich im Stil einer Bananenrepublik. Nur dass keine Obristen das Kongressgebäude besetzten, sondern ein Haufen Rabauken, die überzeugt waren, im Dienste ihres Präsidenten die Politiker des hohen Hauses in die Flucht zu schlagen.

Diese vorerst letzte große Machtdemonstration Donald Trumps ist derart aus dem Ruder gelaufen, wie es wohl selbst der Initiator im Weißen Haus nicht erwartet hat. Trump hatte, bevor der Kongress begann, seines Amtes zu walten, tausende Anhänger vor seinem Amtssitz nochmal angefeuert, gegen die, wie er meint, gefälschte und darum ungültige Wahl Bidens zu demonstrieren. Doch kaum waren die Demonstranten zum friedlichen Protest vor das benachbarte Capitol gezogen, übernahm ein radikaler Stoßtrupp das Kommando und stürzte die Hauptstadt der Weltmacht Nummer eins in ein stundenlanges Chaos. Hätte es keine Toten und Verletzten gegeben, könnte man sich über einen Operetten-Coup amüsieren. Wäre Washington für den Rest der Welt keine so wichtige politische Zentrale, könnte man die Sechs-Stunden-Show wie ein Komödienstadl genießen.

Aber es war eine politische Katastrophe in mehrfacher Hinsicht. Nicht zu fassen, dass eine gar nicht so große Randale-Truppe den eigentlich doppelt und dreifach abgesicherten Kongress einfach stürmen konnte. Nicht zu fassen, dass dieses Zentrum der amerikanischen Regierung evakuiert werden musste. Nicht zu fassen, dass sich Senatoren und Abgeordnete unter Schreibtischen verstecken mussten, ehe sie mit Gasmasken in Sicherheit gebracht wurden. Kaum zu glauben die Bilder: Randalierer streunen durch das Kapitol, wühlen in den Akten hochmögender Politiker. Und der optische Gipfel: Ein Eindringling machte es sich im Büro von Nancy Pelosi bequem, fläzte sich im Sessel der Sprecherin des Repräsentantenhauses und platzierte, als sei das Ganze eine Filmszene, seine Füße genüsslich auf dem Schreibtisch der führenden Demokratin.

Und wo war Donald Trump?

Armes Washington. Wo war die Polizei, die sonst so kräftig Zulangende? Sie war da, aber völlig überfordert. Hat man nichts Böses geahnt? Kaum zu glauben. Nein, es war wohl der Kompetenz-Egoismus, den wir Föderalismus-Deutschen nur allzu gut kennen. Hilfe von nebenan? Brauchen wir nicht. Sie wurde doch gebraucht und als die Extra-Einheiten der Polizei mit peinlicher Verspätung eintrafen, wurde dem Spuk zügig ein Ende bereitet. Muriel Bowser, die Bürgermeisterin von Washington, hat nun eine Menge Erklärungs- oder Ausreden-Arbeit zu leisten.

Und wo war Donald Trump? Er saß fern im Weißen Haus und verfolgte das Chaos im und um das Capitol. Joe Biden forderte, ganz Staatsmann, den Präsidenten auf, die Leute zurückzurufen. Über die Randalierer sagte er: „Das ist nicht Amerika.“ Na ja. Ein bisschen Amerika schon. Das extreme Ende eines in Hass geteilten Amerikas. Nach langem Drängen schaltete sich auch Donald Trump auf seine Weise ein, doppeldeutig wie das Orakel von Delphi. Er verstehe die Wut der Leute über die „gestohlene Wahl“, und nach einer Liebeserklärung an die Demonstranten („I love you“) forderte er sie dann doch auf, jetzt nach Hause zu gehen.

Anders als in den üblichen Bananenrepubliken trat nach den Chaos-Stunden wieder Ordnung ein, die Ordnung einer der ältesten Demokratien der Welt. Amerika besann sich auf sich selbst. Die Politiker kehrten an ihre – inzwischen abendliche – Tagungsstätte zurück. Die Wahlergebnisse der einzelnen Bundesstaaten wurden abgearbeitet. Ein paar Einsprüche besonders treuer Trump-Anhänger wurden verfassungsgemäß behandelt und abgewiesen. Das neue Traumpaar der amerikanischen Politik stand. 

Dass dies schließlich doch gelang, ist vor allem zwei späten und ziemlich unwahrscheinlichen Helden der Demokratie zu verdanken. Sie heißen Mitch McConnell und Mike Pence. Die beiden treuesten Diener ihres Herrn Donald Trump haben in der größten Verfassungskrise der neueren amerikanischen Geschichte den Mumm gefunden, dem Präsidenten nicht zu folgen. Wären sie ihm gefolgt, Amerikas Demokratie wäre „in eine Todesspirale“ geraten.

Das waren die Worte des republikanischen Mehrheitsführers im Senat. Sie bedeuteten den Bruch mit Donald Trump. Mitch McConnell, von den Demokraten als „Mister No“ gefürchtet, warnte diesmal seine eigenen Parteifreunde davor, Trumps Aufruf zu folgen und das Ergebnis der Präsidentschaftswahl im Kongress umzubiegen.

Auch der andere Held, Vizepräsident Mike Pence, weigerte sich, dem Druck seines Chefs nachzugeben. Der hatte von ihm verlangt, sein Amt zu nutzen, um das Wahlergebnis zu korrigieren. Pence berief sich auf die Konstitution, die ihm im Wahlprozess nur eine zeremonielle Rolle zuschreibt – als eine Art „Brieföffner“, der die Zahlen der einzelnen Bundesstaaten liest und beglaubigt. Zuständig für die Wahlen sind nun mal die Bundesstaaten.

Am Ende des Chaos doch noch ein überzeugender Sieg

Dass die Wahlen vor Ort perfekt gelaufen sind, wagen aber nicht einmal siegreiche Demokraten zu behaupten. Eine merkwürdige Mischung als High Tech und Low Tech, eine gute Portion Inkompetenz, eine Prise Gaunerei und die erschwerenden Corona-Bedingungen haben diesen Wahlen durchaus ein G'schmäckle gegeben. Auf diesem G'schmäckle basiert Trumps weithin populäres Narrativ eines großen Wahlbetrugs. Aber es war nichts Großes sondern eben nur ein G'schmäckle. Über 60 Versuche, die Ergebnisse gerichtlich für falsch erklären zu lassen, sind gescheitert. Es war der größte Frontalangriff auf ein Wahlergebnis in der Geschichte Amerikas. 

Trumps letzte Hoffnung waren seine Republikaner im Kongress. Sie sollten die Verfassung so dehnen, damit doch noch ein neuer Sieger gefunden werde: Donald Trump. Dieser letzte Versuch scheiterte an der Verfassungstreue seiner bis dahin treuesten politischen Diener: Mitch McConnell und Mike Pence, die über ihren und mehr noch über den großen Schatten Donald Trumps gesprungen sind

So steht am Ende des bestürzenden Chaos doch noch ein überzeugender Sieg der amerikanischen Demokratie. Im entscheidenden Augenblick erwies sich die knapp 250 Jahre alte Verfassung als stärker. Stärker als dieser starke und unnachgiebige Präsident, der Millionen Anhänger hinter sich weiß. Die alte Verfassung wäre allerdings noch stärker, wenn sie nicht ein altersschwaches Wahlsystem mit sich herumschleppen würde. Nach dem Sturm auf das Capitol schreit – so klar sich die Verfassung in den Stunden der Not bewährt hat – Amerikas Wahlsystem geradezu nach einer Reform an Haupt und Gliedern.

Donald Trump, der noch bis zum 20. Januar seinen Dienst als Präsident verrichtet, schlug inzwischen leisere, aber auch wieder sibyllinische Töne an. Ja, es werde einen ordentlichen Machtwechsel geben. Dann aber: „Das war erst der Anfang.“ Stimmt: Donald Trump sieht sich noch nicht am Ende. Und ein Blick auf die Menschenmassen beim friedlichen Teil der Demonstration vor dem Capitol zeigt, dass er in der republikanischen Politik noch eine Rolle spielen kann. Allerdings hat das von ihm – gewollt oder ungewollt – angezettelte Chaos seine Rolle in der Partei eher geschwächt. Vielleicht entscheidet er sich am Ende doch fürs Golf spielen. Das tut er ohnehin schon, ohne Furcht vor einem zweiten Amtsenthebungsverfahren, das ihm kurioserweise jetzt kurz vor Ladenschluss nochmal angedroht wurde.

Amerika, es gibt Tage, da hast du es nicht besser. 

Foto: D. Myles Cullen/White House via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Erich Richter / 07.01.2021

Die Ausserirdischen, welche im Hintergrund die Herrschenden der Erde (mit wenig subtiler, aber umso widersprüchlicherer Argumentation) auf islamoid-femigrünsozialistischen Kurs trimmen, haben ihre dreissig Einheiten ‘Golgepressten Latinums’ in Mike Pence gut investiert. Wahrscheinlich haben sie ihm auch noch einen Job als Türstopper zur “Bequemlichkeit” Angela Merkels versprochen. Man fragt sich, warum die sendungsbegierigen grünsozialistischen Religions-Aliens nicht zu Hause die originalen Segnungen ihrer zudringlichen Alternativlosigkeit geniessen? Sie hinterlassen seit Jahrtausenden eine chaotische Spur im lokalen Umkeis von 15 Lichtjahren, nachdem ihr Heimatplanet durch gendergerechte Klima-Gret(a)ins und bedingungslose Grund-Einkommen platt gemacht wurde. Doch nach der Pleite bei Proxima Centauri sind sie guten Mutes, dass es diesmal - im dreiundzwanzigsten Anlauf - auf der Erde klappt, man schätzt nur 98% Verluste in der Biomasse. Helau: Inzwischen wurde sogar Achgut zu progressivistischem Nutzen und Frommen gekapert - sie lernen dazu. (Die Idee der getürkt-gestürmten Parlamente kommt auf jeden Fall ins Handbuch). Man merke: Mike Pence ist ein Held, Michelle Obama eine Dame und “Feine Sahne Fischfilet” eine musikalische Supergruppe. Wahnsinn, nichts als Wahnsinn. Man fragt sich, wie 2021 Corona zu toppen ist, denn die Widerborstigkeit gewisser Erdlinge nimmt zu. Vielleicht bleibt der Heimatplanet erneut Vorbild, aber beim Sirius klappt es dann ganz sicher.

Renate Bahl / 07.01.2021

Bin ich jetzt im falschen Film oder nur zu daemlich die Satire zu erkennen (ebenso der Beitrag von Steinhoefel)??!! Oder wurden die Achse und TE von den Relotiussen gehackt?

Chr. Kühn / 07.01.2021

“Und der optische Gipfel: Ein Eindringling machte es sich im Büro von Nancy Pelosi bequem, fläzte sich im Sessel der Sprecherin des Repräsentantenhauses und platzierte, als sei das Ganze eine Filmszene, seine Füße genüsslich auf dem Schreibtisch der führenden Demokratin.” Herr Bonhorst: ich schätze Ihre klugen Gedanken sehr, aber nach diesem Stolperer habe ich nicht weitergelesen. NP darf auf ihre alten Tagen doch auch nochmal einen Adrenalinschub genießen, aus sicherer Distanz, nich’? Das war gestern nicht die amerikanische Version des Reichtagsbrandes. In zwei Wochen wird Biden/Harris übernehmen, und dann werden aus den Geschehnissen Schlüsse gezogen und Konsequenzen auf den Weg gebracht, daß man/frau, in den USA wie hier, staunen werden. Insofern dann doch wieder irgendwie wie der RTB. Und ja, Trump und diese Deppen haben sich und dem ganzen Land einen Bärendienst erwiesen…nicht mehr, nicht weniger. Bald werden wir wissen, wie der Hase/Esel/Elefant laufen wird…

Markus Hahn / 07.01.2021

Wer Held und wer Verräter ist, wer einen infamen Mord begeht und wer einen Tyrannen entsorgt hat,  hängt von der Sicht der Sieger ab. Wie immer. Pence als “Helden” zu bezeichnen, würde ich als mißlungene Pointe abtun. Angesichts der jahrelangen Hetze, die das linke juste milieu in den USA nicht nur gegenüber Trump, sondern allen, die nicht ihr menschenverachtendes, zynisches Weltbild teilen, verübt haben, finde ich ihren Artikel allerdings in toto für mißlungen. Wer hass sät, wird Hass ernten. Dass die Reaktion auf die Reaktion dann als moralisch legitimiert verkauft wird, gibts seit Kain und Abel. Immerhin, ein Gewitter sorgt für frische Luft und klare Sicht. Auch hier auf achgut.

Karsten Dörre / 07.01.2021

@Karola Sunck, selbstverständlich steht es Ihnen als Privatperson frei, Politiker als Verräter zu beschimpfen, die lediglich die staatsrechtlichen Formalien und Grundsätze durchführen und überwachen. Man kann auch die Hälfte der republikanischen Wähler sowie die Hälfte der republikanischen Politiker als Trump-Verräter bezeichnen. Die Republikanische Partei ist eine Partei, die in die Zukunft denken und zusammenhalten muss, um bei den nächsten Wahlen zu gewinnen. Keineswegs müssen die Republikaner Donald Trump als Messias anbeten. Ähnliche Vorgehensweise mit 5.Kolonne und Verräterbetitelungen fanden im frühen Sozialismus statt und endeten in verheerenden Diktaturen, weil man die eigene Mehrheit Auskünfte. Sämtliche Klagen wegen Wahlfälschungen wurden von vielen Gerichten abgewiesen, heisst auch dort säßen überall Verräter. Die ganze Welt müsste ein Verrat sein.

Andreas Huber / 07.01.2021

Na, die Achse pinselt heute mal “mit dem Strich”, und nicht dagegen. Ist doch toll, wenn man Meinungsfreiheit praktiziert. Und mal im Ernst: macht es in diesen Zeiten einen Unterschied, wer die USA regiert?  Das könnte sogar Muddi. Aber die hat wahrscheinlich kein Interesse. Schliesslich ist da rein gar nichts mehr, das man kaputt machen könnte. Auch daher spreche ich mich für Baerbock als künftige deutsche Bundeskanzlerin aus. Bedenklich ist nur, dass der Kater viel länger als der Rausch vorhalten wird. Und dass diejenigen den grössten Kater haben werden, die niemals mitgesoffen haben. Aber auch daraus kann man lernen.

Dirk Freyling / 07.01.2021

Was für ein sachfremder, inhaltlich ideologisch gefärbter Artikel, der exemplarisch belegt, dass auch ACHGUT in einem grösseren Bild keine ernstzunehmende journalistische Alternative darstellt. Denn wer, u.a. den dokumentierten massiven Wahlbetrug impliziert ignoriert, hat journalistisch schlicht nicht seine Arbeit gemacht.

Martin Müller / 07.01.2021

Die wirkliche Bedrohung für die Demokratie in den USA kommt vom links-grünen medialen und politischen Establisment. Diesen Angriff führen sie in Intensität besonders ausgeprägt, seitdem Trump als gewählter US-Präsident den einfachen Weg in die Gesinnungsdemokratie versperrte. Darum der ganze Hass auf Trump, der eigentlich ein Hass auf die abendländische Kultur, den abendländischen Lifestyle und quasi auf alles ist, was die konservativen “Weißen” in den letzten 200 Jahren an Wohlstand und KnowHow geschaffen und erschaffen haben. Dieser Selbsthass auf die eigene Kultur und Sozietät ist wohl einmalig in der Geschichte der Menschheit. Die Parallelen dazu sind in Deutschland und West-Europa ja auch mittlerweile offen sichtbar….

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