Droht dem ehemaligen Bundespräsidenten neues Ungemach? Aus informierten Kreisen ist zu erfahren, dass Christian Wulff möglicherweise Mitglied des ADAC gewesen sein soll. Noch ist nicht klar, ob diese weitere Enthüllung über Wulffs lockeren Umgang mit der Amts-Ethik in den Prozess einfließen wird, dem die Staatsanwaltschaft erst neulich ein zweites Leben eingehaucht hat. Es ist aber damit zu rechnen, dass sich die Verfolgungsbehörde diese Chance nicht entgehen lassen wird, da die ADAC-Mitgliedschaft von einer deutlich höheren kriminellen Energie zeugt als all die anderen Vorwürfe kombiniert.
Wie es heißt, muss noch endgültig geklärt werden, ob Christian Wulff tatsächlich Verbindungen zu der enthüllten Automobilvereinigung hatte. Es könne sich auch um eine Mitgliedschaft seiner Frau gehandelt haben. In diesem Fall, so ist zu erfahren, werde man auf die traditionelle Sippenhaft zurückgreifen müssen.
Allerdings gibt es auch mehrere Verdachtspunkte gegen den ehemaligen Bundespräsidenten selber. So ist er mehrmals in Hubschraubern gesehen worden. Diese waren zwar nicht mit dem ADAC-Logo versehen, aber eine solche Tarnmaßnahme spreche Bände. Sie lege nahe, dass sich Wulff der Fragwürdigkeit seiner Mitgliedschaft und seiner Helikopterflüge durchaus bewusst war. Der Einwand, dass Wulff aus reinen Sicherheitsgründen mit Rettungshubschraubern geflogen sein könnte, wird von den zuständigen Stellen als bloßes Ablenkungsmanöver zurückgewiesen.
Zu Wulffs Verteidigung wird angeführt, dass er – wenn überhaupt - ja nicht das einzige ADAC-Mitglied gewesen sei. Millionen seiner Landsleute hätten sich ebenfalls einer Mitgliedschaft schuldig gemacht. Das steht statistisch außer Zweifel. Allerdings halten die Wulff-Kritiker dem entgegen, dass an einen Bundespräsidenten nun mal höhere moralische Maßstäbe angelegt werden müssen als an Normalbürger. Viele Deutsche hätten ja auch kein Problem damit, sich von einem Filmproduzenten zu einem Bier einladen zu lassen, auch wenn als Gegenleistung erwartet wird, dass sie sich den Film anschließend ansehen. Auch hier gilt die lateinische Weisheit: Was der Ochse darf, darf Jupiter noch lange nicht.
Auch der Hinweis, dass viele andere prominente Politiker enge Verbindungen zum ADAC hatten, bis hin zur offiziellen Mitgliedschaft, kann Wulff nicht wirklich entlasten. Es steht einem ehemaligen Bundespräsidenten durchaus zu, als pars pro toto, also als Sündenbock für viele seine staatspolitische Verantwortung zu übernehmen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Wulff einen führenden ADAC-Funktionär vor einiger Zeit mit einem höchst verdächtigen Satz gegrüßt haben soll. Und zwar soll er folgendes gesagt haben: „Na, du altes Haus, wie geht es uns denn?“ Dies wird als deutliches Indiz dafür gewertet, dass Wulff von dem unethischen Hausbau für einen ADAC-Chef gewusst hat. Der Verdacht liegt nahe, dass er als unzufriedener Wohnungsmieter gehofft hat, eines Tages selber in die prächtige ADAC-Villa einzuziehen.
Die ADAC-Führung schweigt bisher zu den Vorwürfen gegen Wulff. Es wird inoffiziell aber darauf hingewiesen, dass Wulff nie einen gelben Engel als Logo an seinem Dienstwagen befestigt habe, obwohl er ein Auto fuhr, das bei den Tests immer gut abschnitt. Aber auch hier stellen sich Fragen: Warum fuhr Wulff ohne gelben Engel? Wusste er, dass die ADAC-Tests manipuliert waren? Wurde er womöglich von einem ADAC-Funktionär zum Bier eingeladen? Wenn ja, wie oft? Und zu wie vielen? Und was war mit seinem Fahrer? Bekam sein Fahrer Limonade vom ADAC? War vielleicht sein Fahrer ADAC-Mitglied und nicht Wulff selber? Hat Wulff etwa seinen Fahrer in die fragwürdige Mitgliedschaft hinein geschickt, um selber saubere Hände zu behalten? Hat er sich damit der Beihilfe zur ADAC-Mitgliedschaft schuldig gemacht?
Fragen über Fragen. Der Wulff-Prozess dürfte sich angesichts dieser neuen Verdachtsmomente bis weit bis ins nächste Jahrzehnt hinziehen.