Ich habe mir eben Bradburys “Fahrenheit 451” aus dem Regal geholt, Taschenbuchausgabe von 1981, 4,80 DM, das billige Papier schon reichlich vergilbt (brennt sicher gut) und den winzigen Font konnte ich damals ohne Brille lesen. Ich war 15 und habe mir alles reingezogen, was ich an Science Fiction in die Finger bekommen konnte. Raumschiffe, mit denen wir zu den Sternen fliegen, atomgetriebene Autos, Raketenrucksäcke und Teleportation wurden mir versprochen. Nichts davon werde ich erleben. Allerdings hat kein SF-Autor eine Welt mit 75 Geschlechtern vorausgesehen, nicht einmal Philip K Dick. Es waren so viele Bücher, dass ich mich kaum noch an die Inhalte erinnere. Eine Kurzgeschichte ist mir allerdings über 40 Jahre im Gedächtnis geblieben, “Manche meine Freunde sind Amerikaner” von François Camoin, es geht um eine von den Arabern beherrschte USA, in denen die Scharia gilt, es Strom und elektrische Geräte nur für die Reichen gibt und die Einheimischen sich die Haut dunkel tönen und die Haare schwarz färben, um nicht aufzufallen, während Juden öffentlich geköpft werden. Das werde ich vielleicht noch erleben, zwar nicht in den USA, aber in Europa. Bradburys US-Verlag hat übrigens seinen Roman immer wieder “dem Zeitgeist” angepasst und Änderungen vorgenommen, ein Roman über Zensur wurde zensiert. So läuft das heute, Bücher müssen gar nicht verbrannt werden, sie werden einfach umgeschrieben. Weg mit dem Negerkönig in Lindgrens “Pippi Langstrumpf”, weg mit den Zigeunern in Otfried Preußlers “Die kleine Hexe”. “Wir wollen die Lufthoheit über den Kinderbetten erobern”, wie es Olaf Scholz vor 20 Jahren formulierte. Das haben sie geschafft.
Ich lerne gerade Air on the G String in fis-Moll auswendig. Ist das eine Sinfonie, eine Sonate, eine Serenade oder eine Ouvertüre? Jedenfalls ist das Stück ein Teil einer Suite. Ich glaube nicht, daß das leichter ist, als ein Buch auswendig zu lernen? Wir haben das nur nicht versucht, weil das unsinnig erscheint. Man kann ja alles nachlesen. Das kann man bei einer Serenade aber auch? Vielleicht öffnen sich neue Welten? / Wir erschaffen eine Matrix, weil die Wahrheit verräterisch ist. Statt über Genmanipulation, sprechen wir über Bionik. Statt über die Manipulation der Grundbausteine, die Atome, sprechen wir über Nano-Technologie. Wir haben uns dran gewöhnt, das Kind nicht mehr beim Namen zu nennen. Würden wir Heiko Maas Aussagen auf das herunterbrechen, was sie wirklich bedeuten, dann wäre der ein Rassist und Faschist. Multikulti ist eine besonders perverse Form des Rassismus. Ich habe das schon ausführlich dargelegt und mir wirklich Mühe gegeben, damit es verständlich wird. Man könnte sagen, ich habe mir große Mühe gegeben, die Struktur der Agitation gerichtsfest offen zu legen. Und das vor langer Zeit. Aber, es wurde nicht angenommen. Demagogen verstecken sich stets hinter der Humanität. „Das Schild der Humanität ist die beste, sicherste Decke der niederträchtigsten öffentlichen Gaunerei.“ — Johann Gottfried Seume / Ernst Jünger, vielleicht habe ich den irgendwo im Bücherschrank oder in einer Kiste, aber da kann ich nichts zu sagen. / “Kind 44”, der Film ist bei Thalia in der DVD-Box. Kaufen!
Vielen Dank, Herr Bechlenberg, für diese Lese-Empfehlung. Sehr gern werde ich mir den Band besorgen. Ihre Verwunderung darüber, dass Jünger Hoffnungen auf die Kirche gesetzt hat, kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Im sogenannten Pfarrerblock des KZ Dachau waren mehr als 90 Prozent der Häftlinge katholische Geistliche. Von den 2.720 inhaftierten Priestern und Ordensleuten waren 1.780 Polen (868 Todesfälle) und 447 Deutsche und Österreicher (94 Todesfälle). Dass Hitler letzten Endes das Christentum ausrotten wollte, weil es nun einmal aus dem Judentum hervorgegangen ist, weiß jeder, der sich näher mit seiner Biographie beschäftigt hat. Seine taktischen kirchenfreundlichen Äußerungen, von denen sich viele christliche Zeitgenossen täuschen ließen (ebenso wie sie von heutigen Gegnern des Christentums für bare Münze genommen werden), ändern nichts daran. Es kann ja auch gar nicht anders sein, denn: “Die Despotismen treffen, wie schon Montesquieu bemerkt hat, letztendlich einzig und allein im religiösen Bewusstsein auf unüberwindlichen Widerstand. Den Atheismus zu propagieren ist das arcanum imperii der Tyrannei” (Nicolás Gómez Dávila). Es ist nie zu spät, aus dieser Einsicht Konsequenzen zu ziehen. Ernst Jünger ist noch kurz vor seinem Tod zum katholischen Glauben konvertiert. Und selbst heute, da die katholische Kirche, zumal in Deutschland, einen furchtbar derangierten Eindruck macht, gilt: “Die Kirche bewahrt ihre jahrtausendealte Tradition wie radioaktiven Giftmüll — aber sie bewahrt sie” (Arne Kolb, 8.7.2021).
@ Ilona Grimm Ganz so schlimm scheint mir die Amtskirche/EKD denn doch nicht zu sein. Natürlich wäre man froh, wenn man den Querulanten Rogge endlich los werden würde, nicht nur der Superintendent, auch ein Großteil der Gemeinde möchten mich wohl in der Hölle braten sehen. Den Gefallen, auszutreten tue ich ihnen nicht. Rausschmeißen geht schon gar nicht, die EKD ist keine politische Partei, auch wenn man manchmal den Eindruck haben könnte. Solange ich das Glaubensbekenntnis herunterbete, können sie mir gar nichts.
Liebe Frau Ilona Grimm, vermute ich recht, wenn Sie die Bibel meinen, deren Inhalt verinnerlicht und angewendet werden solle, und dann wäre die Welt eine bessere? Was meinen Sie da zum Beispiel? Solche Ratschläge wie den, einen “widerspenstigen und ungehorsamen Sohn” zu steinigen durch “alle Leute seiner Stadt, dass er sterbe”? (5. Mose 21, 18-21). Oder “Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert!” (Psalm 137, 9)? Beten Sie auch jeden Tag “Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten!” (Psalm 139, 19)? Finden Sie, dass Moses zu Recht zornig wurde, weil ” die Hauptleute des Heeres alle Frauen” haben leben lassen?” (4. Mose 31, 14-15)? Und dass man sich wieder halten sollte an “So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben.” (4. Mose 31, 17-18). Finden Sie, man sollte wie Jesus, ein größenwahnsinniger Wanderprediger, einen Obstbaum verfluchen, nur weil er noch keine Früchte trägt, wenn Ihnen danach ist (Markus 11, 12-14, 20, 21)? Und würden Sie wie Jesus Händlern ihr Angebot zerstören, nur weil Ihnen das Zeug nicht gefällt (Johannes 2, 15-17)? Ich könnte rund um die Uhr zitieren, aber kann dem wenig abgewinnen, für mich ist das Gewaltpornografie. Stehen Sie darauf?
Seufz. Persönlichkeiten wie Ernst Jünger gibt es heute halt nicht mehr. Zufällig ist mir kürzlich das Spiegel-Gespräch mit ihm vom 15. August 1982 in die Hände geraten, in dem auch der Waldgang kurz besprochen wurde. Ich hatte es damals aus dem Heft gerissen und aufbewahrt. Die Lektüre hat auch heute noch immer die gleiche elektrisierende Wirkung auf mich wie seinerzeit. Durch Zufall habe ich jetzt gemerkt, dass das Interview vollständig im Internet zu finden ist (Titel: “Ein Bruderschaftstrinken mit dem Tod”). Seltsam ist aber, dass sich die Philosophie Jüngers irgendwie den digitalen Medien entzieht. Die elektrisierende Wirkung habe ich nur, wenn ich das vergilbte und zerknitterte Original-Gespräch mit den ebenfalls hochinteressanten Illustrationen in Händen habe. Die Spiegel-Gespräche waren damals generell sehr lesenswert. Dasjenige mit Jünger war aber mein absoluter Favorit. Dem Spiegel bin ich dann nicht mehr lange treu geblieben. Nach der Abwahl der Schmidt-Regierung sank das Niveau.
@Sabine Schönfelder: Erstaunlich? Finde ich nicht. Ich bin nur, im Gegensatz zu vielen Klotzköpfen fähig, Themen immer wieder zu hinterfragen und tue mich auch nicht schwer damit, meine Positionen stets zu überdenken und zu revidieren. Das war immer so und für mich nicht außergewöhnlich bzw. erstaunlich. @Alexander Peter: Ja, umstritten waren Jüngers Werke und die dahinter stehenden Gedanken und Erkenntnisse auch früher. Wäre er nicht umstritten gewesen, wäre er ja “everybody’s darling” gewesen und somit “everybody’s fool”. Heute allerdings bedeutet “umstritten” automatisch “reif zur Ächtung und Verleumdung”. Könnten Sie sich einen Besuch des heutigen Kanzlers bei Jünger vorstellen? Gar eine ihm gewidmete Briefmarke? @Zdenek Wagner: Haben Sie vielleicht den sarkastischen Spott in meiner Aussage übersehen :-) ? @Burkhart Berthold: Danke für den Hinweis auf die Rue Ernst Junger in Guillemont! Ich bin vor Jahren einmal von der Autoroute abgefahren (A 1, Ausfahrt 13. Albert - Péronne-Nord”) um mir den Ort anzusehen, der in den Stahlgewittern so eindrücklich beschrieben ist. @Frau Grimm: Ihre Unterstellung (“würden Sie es jubelnd begrüßen, wenn dieses Buch” - Sie meinen die “Bibel” - “in schwarzem Rauch aufgehen und restlos verschwinden würde”) sagt alles über Sie und nichts über mich. @Alle: Danke fürs Lesen und Kommentieren!
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