Chaim Noll / 04.11.2020 / 03:00 / Foto: StopWatchingUs / 188 / Seite ausdrucken

Tritt Angela Merkel den Gang nach Canossa an?

Nach dem Terror-Anschlag in Wien am Montag Abend musste sie das Wort nun doch aussprechen, das ihr sonst in Zusammenhang mit Terrorismus, Antisemitismus und Menschenhass nicht über die bitter verzogenen Lippen kommt, die unberührbaren fünf Lettern: Islam.

Politisch korrekt hat sie es in die beschönigende Hülle „islamistisch“ gewandet, doch jedes Kind weiß, dass „islamistisch“ nichts anderes ist als gesetzestreu islamisch, konsequent islamisch, also islamisch im eigentlichen Sinn. Die krampfhafte Unterscheidung durch drei ins Wort gestreute Buchstaben wird hartnäckig aufrecht erhalten, um unter allen Umständen der Doktrin treu zu bleiben, der Islam sei eine „Friedensreligion“. (Eine „Kriegsreligion“ nannte ihn dagegen der vom Balkan stammende jüdische Schriftsteller Elias Canetti, Nobelpreisträger 1981, in seinem berühmten Essay Masse und Macht.) Merkels Sprecher verbreitete das sensationelle Statement auf Twitter: „Der islamistische Terror ist unser gemeinsamer Feind. Der Kampf gegen diese Mörder und ihre Anstifter ist unser gemeinsamer Kampf.“

Wow! Sie ist über sich hinaus gewachsen. Die hat das Wort auszusprechen gewagt, das sie in ihrem Statement vor einer halben Woche anlässlich des von Muslimen verübten Blutbads in der Kirche Notre Dame in Nizza noch sorgsam vermied. Sie disqualifiziert damit ihren zurückgebliebenen Außenminister Maaß, der sich – gleichfalls auf Twitter – mit der gewohnt nichtssagenden Formel begnügte: „Wir dürfen nicht dem Hass weichen, der unsere Gesellschaften spalten soll.“

Und sie verwendet starke Wörter wie „Feind“ und „Kampf“, die sonst in der weichgespülten deutschen Politik-Sprache tabu sind. Werden wir Zeugen eines Paradigmenwechsels? Tritt Angela Merkel den Gang nach Canossa an? Gesteht sie ein, wie unüberlegt, dumm, anmaßend, an allen demokratischen Regeln vorbei ihre generöse, durch keine Infrastruktur gedeckte Einlass-Politik ist, wie sie damit Deutschland spaltet, die öffentliche Sicherheit außer Kraft setzt, das demokratische Klima ruiniert, die Juden vertreibt, die Schulen in gefährliche Orte verwandelt? Gibt sie wenigstens nachträglich zu, dass sie verstanden hat, was ihre Erklärung, der Islam gehöre zu Deutschland, in der Realität, in der alltäglichen, rauhen Realität der Städte Europas wirklich bedeutet?

Angesichts ihrer unerschütterlichen Selbstsicherheit ist damit nicht zu rechnen. Dass sie das Wort immerhin ausgesprochen hat, ist dennoch ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ob sie diesen Weg weiter beschreiten wird oder ob es nur, wie so oft, eine taktische Finte war, wird auch von uns abhängen, vom Druck, den wir ausüben, vom Protest, zu dem wir uns aufraffen, von unserem Mut im Umgang mit der werdenden Autokratin.

Foto: StopWatchingUs CC0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Burkahrt Berthold / 04.11.2020

Die Neuerung im Satzbaukasten ist interessant. Msn darf schon vermuten, dass die Benutzung von Worten wie “Feind” und “Kampf” im Kanzleramt ausgiebig diskutiert wurde. Ob das aber mehr bedeutet als einen Wechsel von Placebo zu Placebo Forte, muss sich erst noch zeigen.

Klaus Brühl / 04.11.2020

Niemals wird sie irgendetwas bereuen. Wegen Typen wie AM haben viele Länder die Regelung, dass ein Regierungs- oder Staatschef nur zwei Legislaturperioden amtieren darf. So lässt sich das Übel, das sie anrichten, wenigstens zeitlich begrenzen.

Peter Bernhardt / 04.11.2020

Verehrter Thomas Brox, klarsichtig, brillant! Sie sind eine geborene Führerfigur. Richard Wagner meinte dazu: Der Pöbel! – der Führer ist’s, der sie zu Wahlbürgern macht. Nimm ihm den Führer, und er wird, was er war.

Andreas Rochow / 04.11.2020

@ Peter Krämer - Sie schreiben: “Eine Umkehr erfolgt wahrscheinlich erst dann, wenn sich die von dieser Kanzlerin geschaffenen Probleme nicht mehr unterdrücken lassen.” Das ist wohl etwas optimistisch. An der Stelle von “unterdrücken” könnte auch “ideologisch umlügen” stehen. Die “auf Sicht” Regierende scheint einen Sehfehler zu haben. Die Einzelfälle mehren sich und die mutige antifaschistische Gegenwehr richtet sich ausschließlich gegen Polizisten und ihre virtuellen Lieblingsfeinde. Der Verfassungsschutz als ideologisches Bollwerk der Grenzen- und Kulturlosigkeit pflegt andere Hobbies. Lassen wir uns doch überraschen.

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 04.11.2020

Sehr gut, Frau Buhr und punktgenau zutreffend! Volle Zustimmung.

Rasio Brelugi / 04.11.2020

Herr Noll, ich bitte um Entschuldigung, in meinem Post Ihren Vor- mit dem Nachnamen verwechselt zu haben.

Peter Bernhardt / 04.11.2020

Die Erfahrung hat mich gelehrt, daß Wichtigtuerei, selbstgefällige Arroganz und dümmliche Selbstsicherheit Fallstricke für den Blick auf die Realität sind. Manche Leute in Führungsgremien wissen ganz offenbar nicht einmal, wie die Gegenwart aussieht. Wie wollen sie da das Morgen oder Übermorgen richtig einzuschätzen wissen? peter schumacher

Rasio Brelugi / 04.11.2020

Unser “Mut im Umgang mit der werdenden Autokratin” wird sich auch darin zeigen, dass wir tapfer die parlamentarische Alternative (die im Parlament (!) ebenso Kritik anführt, wie Sie, Herr Chaim, im obigen Artikel) beim Namen nennen, nämlich die AfD. (Die FDP ist seit ihrer Erbärmlichkeit beim Kemmerich-Skandal nicht mehr ernst zu nehmen.) Was habe ich als Wähler denn für Möglichkeiten? Ich darf nur alle vier oder fünf Jahre ein Kreuzchen auf dem Stimmzettel machen. Ich habe da die AfD angekreuzt, weil ich wollte, dass z.B. Ihre obige Kritik, Herr Chaim, auch im Parlament ausgesprochen werden muss. Das hat insoweit geklappt, als die AfD nun in allen Parlamenten des Landes vertreten ist (teils sogar mit deutlich zweistelligen Ergebnissen). Aber gebracht hat es nicht wirklich was (mein tapferes Wählen der AfD), denn die Medien haben es geschafft, mit diesem Sachverhalt (AfD im Parlament) so umzugehen, als gäbe es ihn nicht. Da steh ich nun, ich armer Tor - und kann nur noch dumm aus der Wäsche schauen angesichts dieses Hohngelächters, das mir von den Medien entgegenschallt! Da unterlaufen all so die Medien unsere im Grundgesetz definierte freiheitlich-demokratische Grundordnung und entsorgen also meine und mehrere Millionen weitere Stimmen letztlich doch noch im Mülleimer des üblen Zeitgeistes. Aber nicht nur Staatsfunk und “Mainstream”-Medien handeln so. Auch die alternativen (sic!) Blogs wie TichysEinblick, Achgut und vera-lengsfeld reihen sich hier ein und legen mir eher die quasi virtuellen “CDU-“Werte-Union”” und die “Sarrazin-SPD” ans Herz (die aber dummerweise unter “CDU” und “SPD” auf dem Wahlzettel stehen; da könnte ich auch direkt mein Maul halten). Und da ich armer Tropf mein Maul auch sonst nicht halten kann, ist mein kommunikatives Umfeld äußerst überschaubar geworden. Ich werde wohl als Eigenbrötler und Querulant mein restliches Leben zubringen. Ich hoffe, Ihnen geht es da, wo Sie wohnen, und mit dem, was Sie schreiben, besser, Herr Chaim.

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