Gunter Weißgerber / 01.08.2023 / 10:00 / Foto: Pixabay / 151 / Seite ausdrucken

Transformationsgewinner AfD

Solange die Bundesregierung ihr Transformationsprogramm, welches das Zusammenleben der Deutschen in jeder Hinsicht auf den Kopf stellen wird, beibehält, solange läuft alles wie geschmiert für die AfD. Alles, wirklich alles, was aus Berlin über die Leute kommt, erzeugt neue AfD-Wähler.

Der politische Wind in Deutschland bläst den AfD-Ballon gewaltig auf. 2017 wählten 6 Millionen Westdeutsche und 4 Millionen Ostdeutsche diese Partei. Was 12,6 Prozent entsprach. 2021 holte die AfD 10,3 Prozent. Im Moment prognostizieren die Meinungsforschungsinstitute bis 21 Prozent für die Unberührbaren. Was mehr als einer Verdopplung der Wählerstimmen entspräche. Der Trend scheint unaufhaltsam mit immer größerer Geschwindigkeit nach oben zu gehen und dabei das Märchen von der vor allem bösen Ost-Partei und deren vor allem bösen ostdeutschen Wählern abzuräumen. Ich sehe jedoch mindestens einen gewaltigen Stolperstein, den die AfD nicht abräumen kann. Dazu komme ich gleich. Zuvor noch einige Anmerkungen zur aktuellen Prognosesituation.

Das Unionswählerreservoir liegt seit 1949 zwischen 40 und 50 Prozent. Das hat sich über die Jahrzehnte nur unwesentlich geändert, CDU/CSU rufen es nur seit Merkel nicht mehr ab und treten ihre Stammwählerschaft beharrlich in die Tonne. Doch diese ehemaligen Wähler sind nicht weg, die sind frustriert und suchen sich neue Adressaten für ihre Wählerstimmen. Das ist Demokratie.

CDU/CSU stehen aktuell bei 27 Prozent, SPD bei 18, Grüne bei 15, FDP bei 7, die Linke um 5 Prozent. Die AfD liegt damit hinter CDU/CSU und vor der Regierungspartei SPD. Programmatisch fischt die AfD mit der Unionsprogrammatik der Vor-Merkel-Zeit im konservativen Wählerteich. Das gilt für die Sicht auf die Wirtschaft, auf den Energiemix, auf die Landwirtschaft, auf den Verkehrsbereich, auf die Kontrolle und Begrenzung der Zuwanderung und auf das Familienbild. Mit der EU versucht sie sich inzwischen entgegen anderslautenden Parolen zu arrangieren.

Hinkefuß ist und bleibt der NATO- und Amerikahass. Damit lädiert sie das Sicherheitsbedürfnis einer großen deutschen Mehrheit und steht an ihrer natürlichen Grenze des Wachstums. Diese Grenze kann bei 30 Prozent liegen. 30 Prozent für die AfD wäre die Verdrängung von CDU/CSU auf lange Zeit auf den zweiten Platz. Von SPD und den anderen muss gar nicht mehr gesprochen werden. Die laufen auch momentan unter „ferner liefen“ und stören sich nicht dran. Solange die Union die Transformation der Bundesrepublik ins Nirwana mitträgt, genauso lange ist die Macht auf Seiten der Transformatoren ungeachtet der einzelnen Teilwahlergebnisse. 

Schafft die Union ihre Ent-Merkelisierung?

Der Ball liegt im Feld der Union. Entledigt sie sich glaubhaft und nachhaltig ihres grünen Höschens und ihres rosa Hemdchens unterm Parteikleidchen, was faktisch ihrer Ent-Merkelisierung gleichkäme, dann rückt sie wieder in Richtung ihres über Jahrzehnte gewohnten Potenzials. Sie würde größer, die AfD würde kleiner. Alle verlorenen Wähler würden aber nicht wiederkommen, dazu wurden die zu sehr verletzt. Die AfD bleibt damit auf längere Zeit eine relevante Kraft. 

Schafft die Union ihre Ent-Merkelisierung tatsächlich, rutscht die AfD wieder zwischen 10 und 15 Prozent. Auszuschalten ist sie nicht mehr. Bleibt die Union linksrosagrün und nur den Plakaten nach etwas konservativ, dann landen CDU/CSU und AfD irgendwann auf gleichen Rängen zwischen 20 und 30 Prozent. Das Dilemma wollen inzwischen einige Gruppen in der Union mit dem Abriss der Brandmauer zur AfD lösen. Die AfD soll als unwillkommener Akteur im politischen Raum angenommen werden. Im kommunalen Bereich findet das ohnehin längst statt.

Erleichternd für die Diskussion in der Union ist die SPD-Vorgeschichte mit deren Salonfähigmachung der SED-PDS/Linken. Bereits kurz nach dem Sturz des Kommunismus suchte die SPD-Linke den Schulterschluss mit der soeben abgelösten Diktaturpartei. Das war schmutzig und war Verrat an der Friedlichen Revolution mit ihrer Absage an linke und rechte Diktaturen.

Gegen die SED ist die AfD ein Waisenknabe. Die SED war die Partei der Diktatur und die Linke ist ihr quasi genetischer Nachfolger. Die AfD ist neu, Blut und Gefängnis hat sie nicht an ihren Händen. Ob sie jemals dazu in der Lage sein könnte, wissen wir nicht. Ich traue ihr nicht. Allein die Sympathie für die Invasoren in der Ukraine mit ihren Filtrationslagern und Verbrechen lässt mich dieser Partei nicht näherkommen. 

Zurück zum Streit um die Brandmauer. Die Vorwürfe der SPD an die Adresse der Union wegen des Abrisses der Brandmauer zur AfD sind lächerlich. Die SPD machte sogar eine richtige Diktaturpartei zu ihrer Partnerin. In meinem Blog von 2013 „Die SPD spielt mit dem Geschick dieser Republik“ ist das gut nachlesbar.

CDU-Chef Merz zunehmend glücklos und feige

Die Frage wird sein, ob CDU-Chef Merz, der sich als zunehmend glücklos und feige erweist, den organisierten Schlachtrufen der linken Medienöffentlichkeit standhält. Ich vermute das nicht. Damit wird das Wachstum der AfD weitergehen. Die AfD befindet sich klar im Vorteil. Die Partei kann sich zurücklehnen. Sie muss gar nichts machen. Solange die Bundesregierung ihr Transformationsprogramm, welches das Zusammenleben der Deutschen in jeder Hinsicht beeinträchtigen wird, beibehält, solange läuft alles wie geschmiert für die AfD. Alles, wirklich alles, was aus Berlin über die Leute kommt, erzeugt neue AfD-Wähler. 

Das Transformationsprogramm stand vor der Bundestagswahl 2021 auf keinem Wahlplakat und in keinem Wahlprogramm. Den Deutschen wird eine grünkommunistische Revolution von oben übergestülpt. Dabei hat die herrschende Sekte nicht einmal einen Plan B für den Fall der Katastrophe in der Tasche. Die AfD muss eigentlich nur eines machen: das Transformationsprogramm der Bundesregierung drucken und mit dem Hinweis „Danke, liebe Bundesregierung! Deine AfD“ versehen. Noch längst nicht alle Deutschen kennen dieses Programm. Das ist das Glück der Bundesregierung. Je bekannter der Umsturzversuch des Lebens in Deutschland wird, desto mehr Menschen werden AfD wählen. Denn die Union steht als Gegner der Transformation (noch) nicht zur Verfügung. 

Aber, um es nochmals zu sagen, die Bäume werden für die AfD nicht in den Himmel wachsen. Die herrschenden Groß-Transformatoren mögen sie noch so sehr mit Zerstörung der Gesellschaft fördern, die Anti-NATO-Haltung und damit die Sicherheitsfrage der Deutschen setzt dem Wachstum der AfD Grenzen.

 

Gunter Weißgerber trat am 8. Oktober 1989 in das Neue Forum ein und war  Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßige als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Er war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion. Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie und derzeit Unternehmensberater und Publizist.

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Bernd Neumann / 01.08.2023

Gunter Weißgerber ist trotz seiner vernünftigen Ansichten (vermutlich) einer jener Wähler, die die Union auch als „grünrosalinke” Formation wählen, weil sie am Ende vor Robert Habeck weniger Angst und mit ihm mehr gemeinsam haben als mit Höcke oder Krah. Somit bekommen sie immer nur Grünlinks - und vermutlich brauchen sie ein Feindbild wie die AfD, um sich das positiv umdeuten zu können. Als Westdeutscher habe ich mit Amerika- und Westhaß oder Russizismus nichts am Hut - dennoch bin ich für eine souveräne deutsche Nation, den Dexit, solange es nur einen Euro gibt und die Lissabon-EU und eine Aufrüstung Deutschlands, auch wenn das auf Kosten des Sozialstaates geht. Bündnisse mit China und Rußland lehne ich ab, dazu haben wir mit diesen Nation zu wenig gemeinsame Interessen. Unter dem Strich finde ich schon seit 20 Jahren bei der CDU nichts mehr, was mich animieren könnte, sie zu wählen. Ich wähle die AfD daher um ihrer selbst willen und nicht weil ich meine CDU-Stimme irgendwo parken muß. Ich erwarte von keiner Partei, daß sie meinen Vorstellungen zu 100 % entspricht, dann wäre es nur meine Privatpartei. Mit dem derzeitigen Russizismus der AfD kann ich leben - sollte sie je auf Bundesebene Regierungsverantwortung bekommen, wird davon nicht viel übrig bleiben, weil es nicht im nationalen Interesse Deutschlands ist. Die CDU dagegen ist überflüssig geworden - ist mit die AfD zu rechts, kann ich ja auch gleich SPD wählen.

sybille eden / 01.08.2023

Von mir aus kann Deutschland ” unten” bleiben, Hauptsache Russland bleibt draussen ! Und ich bin der Meinung man MUSS die AfD wählen,  weil es die EINZIGE Oppositionspartei ist die den grünen Spuk noch stoppen kann ! Ich habe eine libertäre politische Einstellung, bin also weit entfernt von den blauen, wähle aber den Feind meines Feindes auch wenn er nicht mein Freund ist. So was nennt man glaub ich, REALISMUS.

Andreas Bitz / 01.08.2023

Was Sie - bei aller Anerkennung anderer Aussagen - als USA-Hass und Nato-Problem der AfD bezeichnen: ist dies angesichts der genau von dort kommenden bzw. veranlassten Probleme (Gender, Deindustrialisierung, Vormachtstreben, wokeismus, cancel culture, Mediendominanz….) nicht eher eine bundesdeutsche kritiklose, gar hündische Unterwerfung unter die Transatlantiker-Ideologie? Wäre statt einer manischen Ablehnung gegenüber Russland nicht eine kritische Distanz zu beiden Blöcken, vor allem auch zu den WEF-Hinterleuten und -Vorhaben angesagt? Ausser Wagenknechts Teile der Linken und der AfD verbreiten doch alle anderen Parteien US-amerikanische Propaganda und Interessen.

Gerd Maar / 01.08.2023

Wie erwartet bestätigen alle kritischen Kommentare im Forum Herrn Weissgerber in seiner korrekten Analyse dass die AfD die Partei des virulenten Antiamerikanismus ist. Auf Kommunalebene ist diese Partei ein willkommenes Gegengewicht zur jetzigen Politik, aber wehe wenn sie eines Tages die Aussenpolitik bestimmen sollte.

Sabine Weber- Graeff / 01.08.2023

Keine schlechte Analyse,aber sie hinkt an einem entscheidenden Punkt.Hass auf die Nato und Amerika. Wenn die Befindlichkeiten und Lebensumstände der Bürger mit eine Waage dargestellt würden und Nato und Amerika lägen in der einenWaagschale ,dann kommt es auf die andere Seite der Waage an.Wenn die jetzigen Radikalkommunisten so weiter agieren und von Wohnen, Essen,Mobilität Urlaub,Freiheit,kurz die gesamte Existenz der Menschen vernichten,dann würden Amerika und Nato gewogen und als zu leicht befunden.Alles eine Frage der Schmerzgrenze.Übrigens: Eine Schweiz braucht weder Nato,noch Amerika.

Thomas Schlawig / 01.08.2023

Den NATO- und Amerikahaß halte ich für totalen Unfug. Ich denke eher, daß die Mehrheit der Bürger es schon lange satt hat, sich von den USA auf der Nase herumtanzen zu lassen. Das schließt die latente Kriegsgefahr ein welche von NATO und USA ausgehen. Fakt ist, die NATO hätte 1990/91 mit dem Warschauer Pakt aufgelöst werden müssen. Der Welt wäre viel Leid erspart geblieben. Deutschland muß sich endlich aus der Umklammerung der USA lösen und souverän werden. Am besten wäre ein neutrales Deutschland. Das wird jedoch auch die AfD nicht erreichen. Auch den AfD-Politikern geht es in diesem Lande ausgesprochen gut. Weshalb sollten die etwas daran ändern? Eine Frau Weidel traue ich das schon gar nicht zu. Sie kommt aus dem Stall von Goldman-Sachs und Allianz Global Investors Europe in Frankfurt. Sie ist das Gegenstück zu Wagenknecht auf der anderen Seite. Ich vermute, daß eine AfD in Regierungsverantwortung denselben Weg gehen wird wie die Grünen, nämlich eine Wende von 180° vollziehen wird.

Gabriele Klein / 01.08.2023

Herr Weißgerber, glauben Sie im Ernst dass wir hierzulande glaubwürdige Wahlen haben?  Ich fürchte solange die Wähler nicht regelrecht in die Partei ihrer Wahl eintreten u. klare nachkontrollierbare Verhältnisse mit Füßen u. Mitgliedsnummer schaffen, wird das mit dem Zählen bei Wahlen nix mehr.  Vielleicht werde ich dies bei Bündnis C tun, wenn diese den Mitgliedspreis senkt,(mein Budget für erwünschte Mitgliedschaften wurde durch “Zwangsmitgliedschaft” im meinerseits unerwünschten ÖR Filmclub halt schon drastisch reduziert, so dass vom Grundrecht auf Vereinsfreiheit bei mir nicht mehr viel die Rede sein kann). Auch wenn ich mich nicht gerade als Christ bezeichnen würde, reifte in mir die Erkenntnis, dass man den Baum, dessen Früchte man dankbar genoß (Rechtsprechung, Zivilisation soz. Einrichtungen). nicht fällen sollte. Dankbar erinnerte ich mich meines katholischen Kindergartens als ich gestern, das mit der AWO Kita auf Achgut bei H. Casula las.)  Viel besser als die AFD fände ich eine Bündnis C vergleichbare jüdische Partei die sehr viel Gutes bewirken könnte . vielleicht in Koalition mit christlichen Freunden Israels? Die Instrumentalisierung d. “Antisemitismus” um einen solchen Konkurrenten los zu werden gelänge hier nicht so leicht. Ich glaube dass es sehr viele Freunde für sowas gäbe und es würde den ganzen derzeitigen Abhängigkeiten v. allerlei Glaubenseinrichtungen ein Ende setzen.

Tomas Wolter / 01.08.2023

,,Ent-Merkelisierung” der CDU? Was muss man einwerfen, um davon zu träumen? Das ist wie Hoffen auf den Endsieg. Welche Wunderwaffe soll es richten? Merz,  Merkelianer mit dem Merkelkomplex? Wüst, Günther, Wegner, Muttis Schoßhündchen? Der Wetterhahn Söder? Niemand hat die Absicht geschweige denn die Fähigkeit, die CDU zu entmerkelisieren. Die Partei wird weitergrünen bis ans Ende. Hört auf zu träumen, lauft über!

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